Angefangen
am 14.06.2009 (Sonntag) - Letztes Update war am 31.01.2010 so
gegen 20 Uhr - Inzwischen sind 3 Bilder im Album :)
Mail an Bertl
Bilder zur Story
Teil 1 bereits gelesen? Hier gehts zur Fortsetzung :-)
Die wahren Schriften Bertls - Wird
eigentlich täglich erweitert oder zwischendrin etwas
eingefügt oder geändert ;)
Das
Hauptproblem dürfte immer der Anfang sein, denk ich mir
jedenfalls. Wie fängt man an, mit was fängt man an,
fängt man überhaupt an, wenn ja, wann fängt man an?
Vielleicht erzählt man zuerst
wieso man den ganzen Text hier schreibt? Oder man erklärt am
Anfang um was in etwa es geht, also die Handlung? Damit sich der Leser
oder die Leser bzw. die Leserin gleich nach zwei Zeilen denkt, das es
sich gar nicht lohnt weiter zu lesen? Ehrlich gesagt: Ich hab keine
Ahnung.
Und deswegen schreibe ich einfach drauf los, ohne Rücksicht auf
irgendwelchen bestehenden Normen, Statistiken oder sonst irgendwelches
Zeugs woran sich zigtausende von
anderen Schreibern mit Sicherheit halten und jetzt schon die Hände
überm Kopf zusammenschlagen wenn sie bis hierher gelesen haben.
Meine Satzformulierungen sind garantiert nicht das was ein gebildeter
Mensch "Erstklassig" nennen würde. Mit Sicherheit sind im Laufe
der noch folgenden Seiten massig Tippfehler zu finden, aber ich frag
mich ob das wirklich so wichtig ist oder obs einfach reicht wenn der,
der es liest, trotz allem genau weis was ich mitteilen will.
Egal ist mir auch ob irgendwelche Absätze zwischendurch eingebaut
sind oder nicht, wenn ich meine jetzt passt einer rein, dann werde ich
in auch einbauen. Das selbe gilt übrigens auch für
Satzzeichen aller Art, abgesehen von Punkten. Auch mit den Kommas ist
es bei mir so eine Sache, manchmal wird man eins finden wo es nicht
reinpasst, manchmal wird man eins vermissen wo es reingepasst
hätte. Aber wie gesagt, das soll nicht mein Problem sein sondern
das vom dem, der damit eins hat bzw. sich damit eins macht :-)
Was mir auch öfters passiert beim intensiven Schreiben, der
Anfangsbuchstabe des folgenden Wortes befindet sich manchmal noch am
Ende des vorherigen Wortes.
Ich werde zwar versuchen mich da sehr zurückzuhalten, aber
Garantie gibts keine dafür. Ebenso für eventuelle
Buchstabendreher :-)
Bayrisch-Kenntnisse sind von Vorteil, aber nicht zwingend nötig,
denn ich werde mich anstrengen und versuchen alles so gut wie
möglich in Deutsch zu schreiben. Trotzdem wird es sich nicht
vermeiden lassen das ich einige bayrische oder österreichische
Ausdrücke oder Sätze zwischendurch mit einbauen muss. Da aber
sowohl Bayrisch wie auch Österreichisch allgemeine Weltsprachen
sind, dürfte es keine Probleme geben es auch zu kapieren.
Im übrigen gibts ja auch "Die Schriften Lenins" und die
brühmten Schriftrollen von irgendwann die irgendwo einmal von
irgendwem gefunden wurden.
Speziell drauf hinweisen möchte ich auch noch auf diese drei Punkte:
1. Es kann durchaus vorkommen das ich während des Schreibens vom
eigentlichen Thema soweit abkomme, das es mir nicht mehr möglich
ist zum eigentlichen Thema wieder zurück zu finden und dann
irgendwann vielleicht über mehrere Umwege doch wieder auf das
eigentliche Thema oder zumindest ein ähnliches Thema wieder
zurückfinde.
2. In der Zeit wo alles anfängt, da gabs solche Zeichen wie
:-) nicht. Ich werd das Zeichen aber trotzdem öfters
einsetzen, weil heute eh jeder weiss was es zu bedeuten hat.
Sollte es trotzdem jemand geben der es nicht weis, immer wenn ein Satz
oder ein Abschnitt oder irgendwas hier mit einem :-) abgeschlossen
wird, dann solls (zumindest meiner Meinung nach) etwas lustiges gewesen
sein, über das man Lachen, Grinsen, Gackern oder sonst was tun
kann wenn man sich freut.
Man muss natürlich nicht, denn erfahrungsgemäß findet
nicht jeder das lustig was ein anderer lustig findet. Das kann ich gut
verstehen, denn ich lache auch nicht immer über das was andere
erzählen.
3. Sämtliche im Lauf der folgenden Seiten erscheinenden Namen,
egal ob Vornamen oder Nachnamen, können entweder richtig sein oder
frei erfunden sein. Somit ist zusätzlich Platz für
irgendwelche Spekulationen, Vermutungen, Ahnungen und was halt sonst
noch so im Hirn dessen auftaucht der das alles liest. Die Namen von
Orten sind alle hundertprozentig echt, ebenso die Straßennamen.
Nur die Namen diverser Firmen werde ich vorsichtshalber weglassen oder
verändern, damit nicht nachträglich ein ehemaliger Chef der
sein Fett abgkriegt, nach Jahren auf Rache sinnt :-) Aber wer genau
liest, der wird schon draufkommen wer gemeint ist.
Soviel zur Einleitung damit dann niemand sagen kann er hats nicht
gewusst was hier auf ihn zukommt. Wobei ich ehrlich gesagt selber nicht
so genau weis wo und bei was diese Schreiberei hier endet wird, wenn
ich überhaupt je ein Ende damit finden werde :)
So diverse Gschichtln und kurze Erzählungen habe ich schon sehr
viele und auch sehr oft abgelassen, nicht nur seit es das Internet gibt.
Schon in meiner glorreichen Schulzeit war ich meist derjenige, dem
seine Aufsätze immer am längsten waren und es am meisten zum
Lachen gab, obwohl ich fast jedesmal das eigentliche Thema verfehlt
habe, oder Anfangs zwar beim vorgegebenen Thema des Lehrers geblieben
bin, aber noch einigen Sätzen davon abgekommen bin. Manchmal kams
aber auch vor, das ich Anfangs von ganz was anderem schrieb und erst
nach einigen Sätzen auf das vorgegebene Thema gekommen bin.
Trotzdem hab ich für meine diversen Aufsätze die ich in der
Schulzeit verfasst habe, nie eine schlechte Note bekommen. Schon damals
meinte so mancher Lehrkörper, das ich irgendwann mal Bücher
und Geschichten schreibe werde.
Ehrlich gesagt, mit dem Gedanken spiele ich schon seit etwa 30 Jahren,
habe öfters angefangen und genau so oft wieder aufgehört. Bis
auf einmal, da kamen etwa hundert hinten und vorne beschriftete
Schreibmaschinenseiten zusammen. Das Problem bei meiner Schreiberei war
schon immer das, das ich oft während des Schreibens über
meinen eigenen Schmarrn lachen musste. Und zwar nicht nur so vor mich
hinkichern, nein, ich bekam deswegen öfters richtige
Lachkrämpfe bis ich Bauchweh hatte. In der Schule damals hab ichs
auch oft geschafft andere, völlig unbeteiligte Schüler, mit
meiner Lacherei anzustecken :-) Die Lacherei über irgendeinen
Blödsinn, manchmal auch nur über irgendeinen Satz der mir
grade einfiel, oder die Vorstellung wie das was ich gerade schrieb in
Wirklichkeit ablaufen könnte, zog sich manchmal über mehrere
Stunden hin. Plötzlich wars dann aber auch wieder vorbei und man
wurde wieder recht ernst.
Aber das jetzt nur so nebenbei, denn eigentlich wollte ich ja ganz was
anderes erzählen. Jedenfalls was meine Schulzeit angeht, da wird
man noch einiges zu lesen bekommen im Lauf der noch folgenden vielen
tausend Seiten ;)
Vielleicht sollte ich erst einmal etwas über mich erzählen. Nicht jeder kennt mich, was mich eigentlich wundert.
Geboren wurde ich am 20.Februar 1961. Das war ein Montag und es war in
München. Und zwar so gegen 12.35 Uhr, soweit ich mich erinnere.
Also grad noch rechtzeitig zum Mittagessen. Was es an dem Tag gegeben
hat weiss ich nicht mehr. Ehrlich gesagt kann ich mich auch nicht mehr
daran erinnern was es an den folgenden Tagen gegeben hat.
Dafür kann ich mich noch sehr genau daran erinnern was meine
älteste Erinnerung ist, die ich überhaupt habe seit ich als
Norbert Seitz auf der Welt bin.
Ich war damals etwa zwei Jahre alt. Ich hatte ein dunkelblaues
Babyanzügerl an und eine weisse Pudelmütze. Ich sass bei
meinem Opa auf dem Arm und neben dran stand einer meiner Onkels. Der
Onkel hatte eine bronzefarbene Blechdose in der Hand und ich einen
Schlüsselbund. Mit diesem Schlüsselbund klapperte ich auf der
Blechdose herum und komischer Weise hat sich damals niemand aufgeregt
weil ich so einen Radau gemacht hab. Das hat sich im Lauf der Jahre
natürlich dann geändert :-)
Ich erinnere mich auch daran, das ich einmal ein ziemlich helles
Babyanzügerl an hatte, mit dem ich dann die dreckigen
Treppen zum Speicher raufgekrabbelt bin und zusätzlich auch noch
über die staubigen Bodenbretter im Speicher. Meine Oma war damals
droben im Speicher und hat Wäsche aufgehängt. Ich seh sie
noch richtig vor mir mit den zusammengeknoteten Haaren, die damals noch
dunkelbraun waren, der Schürze (in Bayern "da Schurz") mit den
kleinen Blümchen drauf und daneben der geflochtene
Wäschekorb, von dem wir einen kleineren und einen
größeren hatten. In dem leeren Korb wurde ich auch oft
herumgetragen wie ich noch klein war.
Das ich etwa zwei Jahre alt war weiss ich deswegen so genau, weil mein Opa an Krebs gestorben ist bevor ich drei Jahre alt war.
In der Zeit wo mein Opa gestorben ist, also die paar Tage danach, da
durfte ich zu einer meiner Tante nach Garching. Die hatte einen
Hühnerstall hinterm Haus und einen kleinen Hund. Einen goldbraunen
Pudel der Meiko geheissen hat. So gut wies mir dort auch gefallen hat,
so froh war glaub ich die Tante wie ich wieder abgeholt wurde. Ich
hatte so super Einfälle wie den Hühnern einige ihrer gelegten
Eier wieder hinzuwerfen damit sie was zu fressen haben. Man hat mir ja
gesagt das Eier gesund sind, also sollten die Hühner auch gesund
leben. Gefuttert ham sie glaub ich keins davon und die Tante war nicht
sehr begeistert von meiner Fütterung :-) Ebenso wenig angetan war
sie davon das ich den Knochen von dem Hund in einem ihrer Blumenbeete
verbuddelt habe. Besonders gemerkt hat man das an ihrer seltsamen
Gestikuliererei die sie machte, wie sie sah, das der Hund den Knochen
gefunden hat und die Erde zwischen seinen Hinterbeinen nach hinten
warf, wo zufälligerweise die frisch gewaschene und getrocknete Wäsche im
Wäschekorb auf einer Wiese stand.
Naja, harmlose Scherze eines lieblichen Knaben. Und so nebenbei
erwähnt, Anfang der 1960ger Jahre war es eine halbe Weltreise um
von Perlach bis nach Garching zu kommen.
Aufgewachsen bin ich damals eh in der Wohnung von meiner Oma. Da hat
sie drin gewohnt, mein Vater und meine Tante. Und zwar in Altperlach.
Nachdem mein Opa gestorben war sind wir also zu Viert in der Wohnung
gewesen. Mein Vater hat damals schon immer zu mir gesagt "Bua,
dua ja ned heiran, do host bloß an Ärger" ;)
Das zur
sofortigen Erklärung wieso ich nicht bei Mama und Papa in der
Wohnung gelebt habe. Geschadet hat das jedenfalls nichts, denn wenn ich
mich so an meine Kinderzeit zurück erinnere, dann hatten fast alle
sowohl Papa wie auch Mama. Das Problem dabei war dann immer, wenn der
Papa nein gesagt hat wurde die Mama gefragt. Wenn die Mama auch nein
gesagt hat, dann hatte man meist schlechte Karten. Ich dagegen hatte
meistens dann das Glück das ich gleich die Oma
gefragt hab, und die hat meistens ja gesagt :-) Das wiederrum hat so
manchen meiner Freunde aus Kindertagen geärgert und schon gabs die
ersten Leute in meinem Leben, die mich beneidet haben. Manche meiner
damaligen Freunde hatten auch noch einen oder mehrere Brüder oder
Schwestern oder gar beides. Ich hatte das Glück weder Bruder noch
Schwester zu haben und somit schon wieder ein paar Probleme weniger wie
manche anderen. Ich musste weder irgendwelche Klamotten eines
großen Bruders
auftragen noch mich mit irgendeinem Bruder oder irgendeiner Schwester streiten
wegen der Aufteilerei einer Tafel Schokolade oder einer Packung
Gummibären oder sonstiger Süßigkeiten. Das mag heute
vielleicht komisch klingen, aber damals war das sehr von Vorteil. Auch
hatte ich nie das Problem mir anhören zu müssen das
"dein Bruder/Schwester in der Schule viel besser ist" oder
ähnliche Vergleiche. Auch sowas war durchaus von Vorteil.
Der Nachteil war allerdings das man auch keinen großen Bruder
hatte den man hätte schicken können wenn man von einem
anderen angefegt wurde. Wobei es da natürlich auch auf den
jeweiligen großen Bruder ankam, denn als kleiner Junge hab ich
auch öfters mal mitbekommen das sich der große Bruder um den
kleinen Bruder einen Dreck geschissen hat oder selber zu feig war
irgendwas zu tun um dem kleinen Bruder zu helfen. Somit war der Nachteil schon wieder so klein das es
eigentlich wurscht war ;)
Wie oben kurz erwähnt bin ich in München-Altperlach
aufgewachsen. Und zwar direkt am Pfanzeltplatz. Damals gabs nur
Perlach. Neuperlach gabs damals noch nicht. Da wo heute Neuperlach mit
seinen Bunkern und Hochhäusern steht, da waren zu meiner
Kinderzeit Wälder, Wiesen, Felder. Die Leute liessen dort ihre
Hunde frei laufen und niemand hat sich aufgeregt. Man sah dort Hasen
und viele Vogelarten, die einige sicher nur noch aus Tierbüchern
kennen. Manchmal konnte man dort sogar Rehe sehen.
Perlach war damals der Pfanzeltplatz, der war sozusagen das
Herzstück von Perlach. Auf der einen Seite gings raus zum
Perlacher Bahnhof, wo damals übern Tag verteilt ein paar Züge
zur Kreuzstrasse rausfuhren und in der andern Richtung zum
Ostbahnhof und zum Hauptbahnhof. S-Bahn gabs damals noch nicht und kannte auch keiner. Der
Perlacher Bahnhof, bzw. der Bahnübergang rechts davon an der
Sebastian-Bauer-Strasse und der links davon an der Neubiberger Strasse,
waren sozusagen die für mich theoretischen Grenzen von Perlach in
dieser Richtung. Am rechten Übergang, also an den Schranken, da
war rechts einer der Bauernhöfe die es in Perlach gab. Der dort hat
mir als Kind und auch als Jugendlicher am besten gefallen, denn da war
direkt an der Strasse noch ein eingezäunter Garten in dem ein Esel
rumgelaufen ist. Ich war ja als Kind schon sehr tierlieb und bin es bis
heute auch geblieben. Oft war ich als Kind lange an der Bahnschranke.
Zum einen natürlich wegen dem Esel mit dem ich damals Freundschaft
geschlossen hatte und zum andern wegen der Züge. Schon als kleiner
Junge interessierte ich mich für Züge, Busse und
Fahrpläne. Das ist auch so eine Sucht die mich bis heute nicht
losgelassen hat. Allerdings hat es sich inzwischen mehr auf Busse
verlagert. Dazu aber später mehr.
Die Schrankenanlage
mit dem Warnsignal war eine von denen, die damals durchaus üblich
waren. So eine kleine Metallhaube gegen die ein Schlegel
hämmerte. Dazu noch ein rotes blinkendes Licht. Anfangs
waren es lange Schranken die über die ganze Strasse gereicht
haben. Später wurden sie dann durch kürzere ersetzt, damit
jemand der zufällig grad dazwischen stand auch noch raus konnte.
Im damaligen Perlacher Bahnhof sass auch immer einer von der Bahn. Der
fertigte die Züge ab und verkaufte Fahrkarten. Die heute
üblichen Fahrkartenautomaten gab es damals noch nicht. Die
Fahrkarten damals waren auch wesentlich stabiler wie die, die es heute
gibt.
Am Übergang links, also der an der Neubiberger Strasse, da stand
(bzw steht bis heute) ein Schrankenwärterhäuschen. Da sass
auch immer einer von der Bahn drin und liess die Schranken auf beiden
Seiten "händisch" runter. Also nix Elektronik, alles solide
Handarbeit. Eins der Highlights (wie man heute sagen würde) war es
für mich, wenn sich am Perlacher Bahnhof zwei Züge getroffen
haben. Soweit ich mich erinnere kam das aber äusserst selten vor.
Vorm Bahnhof war noch eine Bushaltestelle. Da fuhr manchmal ein roter
Bus (der von der Bundesbahn) und manchmal ein gelber Bus (der von der
Post). Der rote fuhr nach Neubiberg und der gelbe nach Glonn. Soweit
ich mich erinnere war der rote ein sogenannter SETRA-Bus und der gelbe
glaube war einer von Magirus-Deutz. Ich erinnere mich noch gut daran,
das sich ich und ein Spezl von damals oft in den gelben Bus setzten und
die
eine Station bis zum Pfanzeltplatz mitgefahren sind. Ich selber konnte
mich dafür wesentlich mehr begeistert wie der Spezl :-) Am
Pfanzeltplatz selber gabs auch vier Bushaltestellen. Die eine war
damals eigentlich mehr in der Kurve wo die Ottobrunner Strasse in den
Pfanzeltplatz mündet, beim damaligen besten und einzigem
Schuhgeschäft von Perlach. Da fuhr der 95ger nach Waldperlach. Ein
paar Jahre später wurde diese Haltestelle dann direkt an den
Pfanzeltplatz verlegt. Für mich war das von Vorteil denn wenn ich
zum Fenster rausschaute, dann konnte ich direkt die Bushaltestelle
sehen ;) Die zweite war direkt neben der Volksschule am Pfanzeltplatz
(in die ich übrigens auch von der 1. bis zur 4. Klasse ging). Da
fuhr zum einen ebenfalls der 95ger Bus zum Ostbahnhof und der damalige
9913er Bus zum Hauptbahnhof. Der 9913er war einer der roten, also ein
Bahnbus. Der wiederum fuhr an der Haltestelle direkt vorm "Gasthaus zur
Post" bis nach Bad Aibling. Ebenfalls von dieser Haltestelle fuhr noch
der andere rote, vor zum Perlacher Bahnhof. Bei der Sparkasse war
ebenfalls eine Haltestelle, dort hielten die beiden Busse die vom
Perlacher Bahnhof wegfuhren. Im Lauf der Jahre
kamen dann so diverse Buslinien dazu, andere verschwanden oder wurden
umbenannt.
Verschwunden ist irgendwann der gelbe Postbus und der rote von der Bundesbahn bekam die Liniennummer 414.
Nachträglich fällt mir noch ein, das es noch so einen komisch
grün-grau-farbenen Bus gab, der kam aus Faistenhaar und fuhr
glaube ich ebenfalls bis zum Hauptbahnhof. Allerdings viel seltener wie
der 414ner und noch seltener wie der 95ger.
Der Pfanzeltplatz war, wie schon erwähnt, damals das
Herzstück von Perlach. Rund um den Platz fand man eigentlich alles
was man so brauchen konnte. Ab der Josef-Beiser-Strasse entgegen
dem Uhrzeigersinn gesehen gabs damals den KATRA-Laden, der
für mich als Kind sehr wichtig war, weils dort viele
Süßigkeiten gab. Direkt vorm KATRA war auch die
Bushaltestelle. Am selben Haus war noch ein Zigarettenautomat. Da hat
damals, soweit ich mich erinnere, eine Schachtel Zigaretten 1 Mark
gekostet. Interessant war auch, das es damals manche Zigarettenmarke
nur in bestimmten Automaten gegeben hat. Die damaligen Automaten waren
fast alle schwarz, hatten hinter der Glasscheibe ein Gitter und
silberne Schubladen. Wenn man Pech hatte blieb die Zigarettenschachtel
beim öffnen der Schublade zwischen Schacht und Schublade
hängen. Ich wohnte damals in der Josef-Beiser-Strasse 25 im
zweiten Stock und konnte es recht gut hören wenn ein Raucher
dieses Pech hatte. Da wurde dann geschimpft und geflucht und mit der
Faust gegen den Automaten gehaun und dann hat man versucht die
Schachtel irgendwie rauszukriegen, was meistens damit endete, das die
Verpackung zerfieselt und zerrissen drinnen hängenblieb und manch
geübter Raucher es schaffte, zumindest ein paar der Zigaretten zu
retten. Neben diesem Gebäude war dann eine Einfahrt und
Zugang für das sogenannte KATRA-Haus, wo hinter und über dem
Laden auch noch einige Mietwohnungen waren. Gleich daneben dann ein
Zeitschriftenladen. Meine Oma ist da jeden Tag in der Früh
hineingeflitzt und hat eine Zeitung gekauft. Soweit ich mich erinnere
war das damals immer eine BILD-Zeitung und später eine tz. In
diesem Laden wechselten öfters die Besitzer. Irgendwann sah ich
dann eine wunderschöne Frau drin abeiten. Sie hieß Ilse und
hatte lange Haare und meist einen kurzen Rock und hochhackige Schuhe an. Ilse hat mir von
Anfang an super gefallen. Das Gute in dem Laden war, das Ilse erst drei
oder vier Stufen runtersteigen musste bevor sie im Verkaufsraum stand.
Die paar Sekunden die sie brauchte um die Stufen runterzugehen habe ich
immer sehr genossen. Besonders wenn sie ihren kurzen Rock anhatte :)
Und in meinen damals kindlichen Gedanken hab ich mir oft ausgemalt wie
es wäre wenn sie meine Freundin wäre. Hach ja... gesagt habe
ich ihr jedenfalls nie etwas, ich hab mich damals nicht getraut. Ausser
Ilse hat da drin auch noch eine ältere Frau gearbeitet, das war
die Mutter von Ilse. Ich bin dann jeden Tag freiwillig in den Laden
gerannt um die Zeitung zu holen oder für 2 Pfennig einen
Gummi-Teufel zu kaufen, in der Hoffnung das Ilse drin ist und nicht ihre Mutter.
Und wenn Ilse nicht drin war dann war ich ganz enttäuscht. Direkt
daneben war (bzw ist immer noch) die Metzgerei Sedlmeier. Ob der Meier
jetzt richtig geschrieben ist weiss ich nicht, aber von der Aussprache
ist es ja egal ;)
Ausserdem hatte der Konni (also Konrad, der Metzger) hinten im Hof zwei Hunde mit denen wir (also ich und so
diverse andere Perlacher Kinder) recht gern gespielt haben. Wenn das
Hoftor zu war dann konnte man die Hunde auch ein bissl ärgern. Die
haben dann laut und lang gebellt und irgendwann ist dann der Konni oder
sein Vadda rausgekommen und hat geschimpft und wir sind abgehaun.
Das "Wir" bezieht sich übrigens immer auf mich und so diverse
Spezln die sich im Lauf der Kinderjahre kennengelernt haben. Dazu dann
nacher noch ausführlich mehr.
Neben der Metzgerei war dann so ein kleiner eingezäunter, etwas
höher gelegter Garten, wo manchmal ein alter Mann drin arbeitete
und Erdbeeren angepflanzt hat.
Gleich daneben war dann ein Haus wo oben Mietwohnungen waren und unten
zwei Geschäfte. Das eine auf der rechten Seite war ein
Modegeschäft und das auf der linken Seite so eine Art
Kruschgschäft, wo man alles mögliche bekam was man als Kind
unbedingt braucht. Diverse Spielsachen, die damals echt gigantischen
Wundertüten, Juckpulver, einige Bücher und im Fasching massig
gute Ausrüstung die man brauchte wenn man Cowboy oder Indianer
oder Prinzessin sein wollte. Ausserdem gabs eine große Auswahl an
Klebebildchen, zum einen für die Poesie-Alben die meistens die
kleinen Mädels damals hatten und zum anderen die Sammelbilder die
damals grade ihren Einzug in die Kinderzimmer hatten. Zwei oder drei
von denen habe ich sogar noch. Komplett vollständig habe ich aber
nie eins bekommen. Jedenfalls war ein Besuch in dem Geschäft immer
eine kostspielige Angelegenheit entweder für meinen Vadda oder
für meine Oma. Auch ein Großteil des damaligen Taschengeldes
(das ich z.b. in täglichen Raten bekam) blieb in dem Laden drin.
Gleich daneben war dann wieder eine Einfahrt zum Parkplatz vom
"Gasthaus zur Post". Da gings auch noch zu diversen anderen
hochinteressanten Gebäuden und Plätzen, dazu aber dann auch
später wenn ich es nicht vergesse ;)
Dann logischerweise das "Gasthaus zur Post". Der damalige Wirt hatte
ein paar Doggen. Das heisst, damals hatte er nur eine. Eine Doggin,
also eine weibliche Dogge. Es ist klar das ich und der Hund uns gut
kannten. Irgendwann wurde die Doggin dann schwanger und bekam massig
Kinder. Es dürfte auch klar sein das ich einen Großteil
meiner Zeit bei den Hunden verbrachte. Ich erinnere mich daran, das ich
einmal in dem Hundezwinger war. In dem Zwinger war auch noch eine
Hundehütte. In dieser Hundehütte war dann ich drin und eins
der Hundekinder. Irgendwann sind dann ich und das Hundekind in der
Hütte drin eingeschlafen. Ich weiss noch ganz genau wie meine Oma
dann plötzlich draussen geredet hat und der Wirt von der
Wirtschaft gelacht hat wie sie mich und den Hund in der Hütte
schlafend gefunden haben. Damals hat sich übrigens keiner aufgeregt
oder Gedanken gemacht das ein kleines Kind zerfleischt werden
könnte oder sich irgendwelche Krankheiten holen könnte.
Damals war auch völlig egal wenn wir zu zweit oder zu fünft
nacheinander aus einer Flasche getrunken haben. Es war auch völlig
egal wenn einem mal ein Lutscher auf den Boden gefallen ist. Kurz
abgewischt oder im Wasser des nahen Hachinger Baches schnell gewaschen
und fertig, das wars. Krank geworden sind davon jedenfalls weder ich
noch meine damaligen Freunde.
Neben dem "Gasthaus zur Post" war damals kurzzeitig ein weiteres
Lebensmittelgeschäft welches schlicht und einfach "Konsum"
geheissen hat. Da drin sahs in etwa aus wie heute bei den
ALDI-Läden, alles auf Paletten und direkt aus Kartons, aber von
den Preisen her wesentlich billiger wie der KATRA. Allerdings hat man
als Kind beim KATRA manchmal einen Lutscher oder einen Gummibären
geschenkt bekommen, was man beim KONSUM vergessen konnte. Irgendwann
war der KONSUM dann weg und dann war plötzlich einer der ersten
CO-OP drinnen. Soweit ich mich erinnere hat sich der zwei oder drei
Jahre gehalten und war dann auch weg. Daneben war dann noch eine
Raiffeisenbank, wo zwei ganz bezaubernde Damen drin gearbeitet haben,
die wir im Lauf der Zeit auch etwas besser kennengelernt haben. Dazu
aber dann auch später mehr, denn eigentlich sind wir aus dem
Uhrzeigersystem inzwischen schon fast raus.
Der Pfanzeltplatz wurde durch den Hachinger Bach getrennt.
Gegenüber dem "Gasthaus zur Post", also drüberhalb des
Hachinger Bachs war auch eine Wirtschaft, wo man auch Fremdenzimmer
haben konnte. "Zum Bräu". Den gibts auch heute noch, damals sah er
allerdings ganz anders aus wie heute und viel schöner war er auch.
Wenn man davor stand war rechts ein Biergarten mit
Kastanienbäumen. Direkt am Biergarten waren auch die
Erdgeschossfenster von der Wirtschaft. Da konnte man unauffällig
reinklettern und am Flipperautomaten spielen. Das war zwar rein
theoretisch nicht erlaubt das Kinder flippern, aber gestört hats
eigentlich auch niemand. Oft haben irgendwelche Leute geflippert die
dann nicht wussten wo man draufdrücken muss damit das nächste
Spiel beginnt. So hat also mancher ein Fuchzgerl oder ein Markl
reingeschmissen und hat nach einem Spiel den Raum verlassen. Das war
dann die Gelegenheit :-)
Neben dem Bräu war dann die Neubiberger Strasse. Und gleich neben
der war die Sparkasse. Da hatte auch meine Oma und meine Tante und mein
Vater ihr Konto und ich später auch. Neben der Sparkasse, auf der
Seite wo die Putzbrunner Strasse ist, war damals ein großer
schöner Bauernhof. Das ist genau da wo heute der Tengelmann steht.
Wenn
man dann von der Sparkasse über die zweispurige Putzbrunner
Strasse gegangen ist, dann war da ein zweites Modegeschäft. Das
war allerdings sauteuer und ich hab eigentlich nie irgendwen rein oder
rausgehen sehen. Im selben Gebäude war auf der linken Seite ein
weiteres Schreibwarengeschäft. Die damalige Besitzerin hat mit
Nachnamen Fischer geheissen und hatte lange blonde Haare. Manchmal sass
sie im Minirock auf einem Hocker und man hatte auch bei ihr einen
wunderbaren Blick auf die Beine.
Im Vergleich
zu dem Laden von der Ilse war das von der Fischerin mindestens 4x so
groß. Das Hauptgeschäft machten die beiden
Schreibwarenläden sowieso mit den Schülern bzw. mit deren
Eltern. Mit den Schülern eher mehr was Süßigkeiten
angeht, die natürlich auch in beiden Läden angeboten wurden.
Bei der Fischerin gabs u.a. auch die damals grad in Mode gekommenen
Schleck-Muscheln. Das waren Plastikmuscheln mit Honig gefüllt. Der
Honig war natürlich hart.
Übrigens, von den Beinen her konnte die Fischerin mit der Ilse
schon mithalten, aber die Ilse hatte immer schönere Schuhe an.
Neben diesem Haus war (bzw ist noch immer) eine Einfahrt in einen Hof,
wo ganz früher ein Laden und eine Werkstatt der Firma Nordmende
war. Da war ich manchmal mit meiner Oma drin wenn daheim irgendein
Elektrogerät kaputt war oder wenn wir einen Radio oder einen neuen
Fernseher gekauft haben. Ich war damals schon sehr begeistert von den
Leuten die sowas reparieren konnten. Damals war das alles noch solide
Bauweise, sowohl vom Gehäuse wie auch vom Inhalt des selbigen.
Damals, als recht kleiner Junge, fasste ich den Entschluß das ich
auch einmal so etwas beruflich machen möchte. Daraus wurde
natürlich nichts und aus sämtlichen anderen kindlichen
Berufswünschen wurde eigentlich auch nix. Doch dazu dann auch
irgendwann später mehr. Später verschwand der Nordmende und
ein anderes Radio- und Fernsehgeschäft, ebenfalls mit Werkstatt,
zog in die Räume ein.
Radio Perlach, so der Name des Nachfolgers. Bei denen wars zwar auch
ganz interessant, aber was Freundlichkeit (speziell Kindern
gegenüber) anbelangte, da wars ein haushoher Unterschied im
Vergleich zu dem Nordmende-Laden. In Perlach hatte der Nordmende
übrigens zusätzlich auch noch einen Verkaufsladen, aber dazu
auch später irgendwann mehr.
Ebenfalls in dem Hinterhof befand sich noch ein etwas kleinerer
Friseur-Salon. Darüber kann ich allerdings so gut wie gar nichts
mehr berichten, weil ich da nicht ein einziges mal drin war. Dazu
auch später irgendwann... ihr kennt das ja inzwischen ;)
Ja, dann wären wir wieder an der bereits erwähnten
Bushaltestelle angelangt, wo u.a. der 95ger zum Ostbahnhof gefahren
ist. Haltestelle ist etwas untertrieben, es war sogar ein kleines
Wartehäuschen mit einer kleinen Bank drin und auf der
Rückseite waren Glasscheiben drin, durch die man aber so gut wie
nicht durchschauen konnte. Nicht weil sie so dreckig waren, sondern
weils so eine Art Milchglas war. Wenn man auf der Bank saß, dann
war
links ein kleiner Holzzaun. Ein ganz normaler Zaun aus diesen
greisligen, mit der Zeit grau gewordenen Holzlatten. Und dahinter
befand sich teils sehr Interessantes. Zum einen warfen viele der
wartenden Fahrgäste alles mögliche über diesen Zaun.
Manche schafften es sogar es bis hinters Wartehäuschen zu werfen.
Zum andern flog auch einiges aus dem kleinen Fenster auf der
Rückseite des Friseurladens nach hinten. Als junger Knabe ist es
natürlich kein Problem schnell über den Zaun zu klettern und
sich da hinten etwas umzuschaun. Wenn dann der Bus kam (falls man
überhaupt auf den gewartet hat) dann ist man ebenso schnell wieder
auf der andern Zaunseite oder man flitzte schnell um den Friseurladen
und rannte beim Hoftor hinaus. Jedenfalls fand man hinter dem Zaun
einiges an interessanten Dingen. Speziell solche Dinge, die man als
Kind gut brauchen konnte. Nicht abgestempelte Fahrkarten, z.b., oder
ein Feuerzeug, manchmal sogar etwas Kleingeld das irgendwem
runtergefallen und unten durch den Zaun gerollt ist. Auch so manche
Haarspange oder wie man in Bayern sagt "a Klammal / a
Hoaklammal" fand man dort. Und natürlich einen Haufen alter
Blätter von den Bäumen die dieses Grundstück den anderen
Zaun entlang von der Schule gleich daneben trennten.
Das war die immer noch bestehende "Volksschule am Pfanzeltplatz". Dort
verbrachte ich die ersten vier Klassen meiner glorreichen Schulzeit.
Das Gebäude selber war damals (und ist glaube ich auch heute noch)
ein ziemlich in Grau gehaltener Bau, mit massig Fenstern. Nur wenige
Meter neben der Bushaltestelle war der Vordereingang, natürlich auch mit einem kleinen Holzzaun. Links dann am
Gebäude war eine ziemlich große und breite Steintreppe,
über die man eine schwere, große Eingangstüre
erreichte. Ging man an der Treppe vorbei, dann kam man direkt zu den
Radlständern, die damals schon großzügig überdacht
waren. Im Lauf meiner dort verbrachten vier Jahre war ich oft dabei
wenns drum ging aus einem Radl die Luft rauszulassen :-)
Ein Stück weiter vorn war dann die sogenannte Pausenwiese. Eine
recht große, und sehr gepflegte, schöne grüne Wiese, an
die auf der rechten Seite die damalige Perlacher Schnapsbrennerei
grenzte, auf der vorderen Seite Ackerland und noch weiter vorne eine
andere Schulwiese, wo auch diverse Sportstunden abgehalten wurden. Auf
der linken Seite war die sogenannte Perlacher Mädchenschule und
ein Kindergarten, die beide von Klosterschwestern betrieben wurden.
Dazu auch später noch einiges mehr :)
Ging man aber am Schulhaus vorbei, dann war gleich daneben eine kleine
Einfahrt mit einem dunkelgrünen Gittertor, das fast immer
verschlossen war. Dahinter war irgendeine große Holzkiste die
obenrum mit Teer bestrichen war damit kein Wasser hineinkommt. Es hat
lange gedauert bis ich draufkam das da drin Sand war, der im
Winter gestreut wurde. Dazu muss ich sagen, das die Winter in den
1960ger Jahren auch noch richtige Winter waren. Viel Schnee, saukalt
und auch große Eiszapfen und einfach alles was man für einen
gscheiten Winter so brauchte :) Zu den Wintern und Sommern und was man
damals alles so angestellt hat, ebenfalls irgendwann später...
Daneben war dann ein Ledergeschäft, eine Sattlerei. Der Besitzer
hat Schiele geheissen. Meist waren er und/oder seine Frau im Laden
drin. Meine Oma hat mir da drin damals meinen ersten Schulranzen
gekauft. Ein hellbrauner Schulranzen aus Leder mit einem Tragegriff
oben und zwei Gurten damit man ihn umhängen konnte. Einen
goldfarbenen Schnappverschluß hatte er und sogar ein kleines
Schloß war in dem Verschluß drin und zwei kleine
goldfarbene Schlüssel gabs dazu. Unnötig zu erwähnen
dass das Schloß relativ schnell kaputt war weil mir einer der
Schlüssel drin abgebrochen ist. Ich bin heute noch stolz drauf das
bis einschliesslich heute nie jemand gemerkt hat, dass das Schloß
kaputt war.
Allerdings war ich sehr lange damit beschäftigt den abgebrochenen
Teil des Schlüssels wieder aus dem Schloss rauszukriegen.
In dem Laden gabs auch noch andere Sachen, für die sich aber mehr
die älteren Leute interessiert haben. Gürtel und Taschen und
lauter so Zeugs und auch vieles was die Bauern aus den umliegenden
Höfen für ihre Tierhaltung benötigten. Damals gabs in
Perlach massig Kühe, Pferde, Hühner und auch Hunde. Am
Sonntag ganz in der Früh wenn es recht ruhig war und in meinem
Zimmer das Fenster im Sommer offen war, dann konnte man die Kühe
hören und die Hunde bellen. Lustig wars immer dann, wenn einer der
Hunde zu bellen anfing und sich dann so nach und nach jeder Hund in
Hörweite angeschlossen hat. Unter der Woche hörte man eher
die Motoren der Lastwägen und Busse und der vielen Autos die
tagtäglich den Pfanzeltplatz passiert haben. Dazu aber auch später... jaja ;)
Im selben Haus war neben der Sattlerei war die zweite Perlacher
Metzgerei. Das war die damals kleinste Metzgerei die es dort gegeben
hat. Dort gabs aber die mit Abstand besten Leberkässemmeln die man
als Volksschüler überhaupt bekommen konnte. Dafür gabs
beim Sedlmeier die besseren Schnitzel. Aber genau genommen ist und war
das alles Geschmackssache. Ich hatte ja das
Glück gleich ganz in der Nähe zu wohnen und Perlach war
damals auch noch recht klein und die Leute kannten sich fast alle
untereinander. Das hatte z.B. den Vorteil das ich in der Früh vor
Schulbeginn in diese Metzgerei gehen konnte, mir eine oder zwei
Leberkässemmeln holen konnte und gesagt hab, das meine Oma
später eh kommt und die dann bezahlt. Der Nachteil an dem
untereinander kennen war, das man fast unmöglich irgendwas
anstellen konnte ohne das man sofort erkannt wurde. Natürlich nur
wenn man erwischt wurde :-) Die damaligen Besitzer dieser
Metzgerei war die Familie Wagmüller. Die hatten auch Kinder und
untereinander kannte man sich
natürlich. Der Vorteil in dem Fall war, das sie eine Tochter
hatten die mir im Lauf der Jahre auch immer besser gefallen hat.
Allerdings hat sich nie was festes ergeben.
Neben dieser Metzgerei war dann ein Hauseingang, weil oberhalb der
Läden waren Mietwohnungen. Zu dieser Eingangstüre musste man
auch ein paar graue Steinstufen besteigen.
An der Ecke dieses Hauses war mein absolutes Lieblingsgeschäft.
Ein Friseur. Mit dem Inhaber habe ich mich bestens verstanden und ich
würde fast sagen, von den älteren Leuten die rund um den
Pfanzeltplatz ansässig waren, war dieser Mann mit Abstand mein
bester Freund den ich je in Perlach hatte. Zum einen hat er auch mit
Vornamen Norbert geheissen und zum anderen hat er mir die Haare immer
so geschnitten wie es mir gefallen hat und nicht so wie meine Oma oder
mein Vater gemeint haben das er sie mir schneiden soll.
Der Norbert,
von den meisten nur Nobbe (nein, nicht Nobbi) genannt, war ein sehr
netter Mann. Mit vollem Namen hat er Norbert Gartmeier (der Meier in
der Schreibweise auch hier... keine Garantie). Bei ihm im Laden haben
sowohl ich wie auch manche meiner damaligen Spezln viel Zeit verbracht.
Wir durften da auf dem zweiten, meist nicht benutzten Friseurstuhl
sitzen, wir durften uns gegenseitig mit Kämmen und Bürschten
in den Haaren rumwerkeln oder mit dem Wassersprüher vollspritzen.
Und das ganz Besondere am Nobbe war, wenn mal keine Kunden im Laden
waren, dann hatte er immer ein offenes Ohr für meine Probleme und
die der anderen Kinder. Wobei Probleme jetzt so zu verstehen sind, das
rein zufällig irgendwo beim Fußballspielen eine Scheibe
kaputt ging und man nicht so recht wusste was man tun soll, oder das
man irgendwo an einer Türklingel an der Aussenseite eines Hauses
ein Zündhölzl so reingesteckt hat das es Sturm klingelt, man
konnte einfach über alles mit ihm reden und er wusste immer was zu
tun ist. Und manchesmal hat er uns auch direkt aus der Patsche geholfen
wenn einer von uns irgendwem im Winter einen Schneeball ins Gnack
geworfen hat und der Getroffene keinen Spaß verstand und dann den
Werfer wütend und fluchend verfolgt hat. Und wenns nicht grad ein
Montag war (da hatte der Laden nämlich zu) dann hat man sich zum
Nobbe in den Laden geflüchtet. Dem ist dann schon was eingefallen.
Auch Jahre später wie ich schon viel älter war (aber noch
genau so kindisch) ist er mir immer mit Rat und Tat zur Seite
gestanden. Dazu später dann auch mehr.
Neben diesem Gebäude dann war wieder eine Einfahrt. Durch die kam
man zum Hintereingang der Volksschule und zum Haupteingang der
Mädchenschule bzw. des Kindergartens.
Ausserdem kam man weiter hinten noch zu einem kleinen Durchgang wo man
direkt im Ackerland landete. Man kam auf dem Weg auch zu der vorher
erwähnten Sportwiese und zu einer anderen kleinen Schule, wo es
eine große Turnhalle und ein einziges kleines Klassenzimmer gab.
Ich hatte dort 1 Jahr von meiner Schulzeit verbracht und es war
eigentlich recht schön dort. Vom Gebäude und von der Umgebung
meine ich.
Gleich neben der Einfahrt war (und ist auch heute noch) das Haus der
Freiwilligen Feuerwehr Perlach. Es war klar das sowohl ich wie auch
meine damaligen Freunde (hauptsächlich die Jungs) jeden der
Feuerwehrmänner kannten. Die meisten der Feuerwehrler waren
sowieso die jüngeren Burschen aus den umliegenden Geschäften.
Immer wenn wir irgendwo in Hörweite waren und die Sirene auf dem
Dach ders Schulhauses anfing zu heulen, bekamen wir "schnelle Fiass" um
ja gleich am Feuerwehrhaus zu sein und gleich zu wissen wo es brennt.
Wenns irgendwo in der Nähe gebrannt hat dann sind wir entweder
gleich zu Fuß hingeflitzt oder mit dem Radl hingefahren. Im
Feuerwehrauto selber durften wir nie mitfahren, ausser vielleicht sehr
selten wenn eine Löschübung gewesen ist. Im Feuerwehrhaus
drin waren zwei Löschfahrzeuge. Ein kleines und ein großes
mit einer gigantischen Leiter.
Ich weiss nicht wie oft wir zugeschaut haben wenn sie rausgefahren sind
und nach getaner Arbeit wieder reingefahren sind, wie oft wir
zugeschaut haben wenn die Schläuche und das andere Glump wieder
verstaut wurde. Und immer wieder wars interesant :-) Langweilig
wurde es erst dann wie nicht mehr die Sirene über irgendeinen
Brand informiert hat, sondern die Feuerwehrler alle einen
Funkempfänger hatten. Da wars dann Glückssache wenn man
schnell genug mitbekommen hat das was los ist.
Die Sirene hörte man dann nur noch wenn einmal im Jahr ausprobiert wurde ob sie noch funktioniert.
Neben dem Feuerwehrhaus war ein großer Bauernhof. Wie die
Besitzer geheissen haben weiss ich leider nicht mehr. Jedenfalls konnte
man in dem Bauernhof auch Kartoffeln, Zwiebeln, gelbe Ruam und alles
was halt auf den Äckern in der Gegend so wuchs, kaufen. Ich
erinnere mich noch genau an so einen riesigen Raum wo echt bis unter
die Decke alles vollgestopft mit Kartoffeln war. Gleich neben diesem
Bauernhof war wieder ein anderer. Leider weiss ich auch da den Namen
der Besitzer nicht mehr, jedenfalls ging einer deren Kinder mit mir in
die selbe Klasse. Und der hat mit Vornamen Lenz geheissen. In Bayern
"da Lenze".
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, das ich bis fast zum Ende
meiner Schulzeit gedacht habe, das es sich bei dem Lied mit dem Titel
"Veronika der Lenz ist da" um einen Mann handelt der mit Vornamern Lenz
heisst. Erst da wurde ich von einem gebildeten Lehrer darauf aufmerksam
gemacht das der Lenz kein bayrischer Mann ist, sondern eine
geschwollene Ausdrucksweise für den Frühling. An diesem Tag
bekam der Inhalt dieses Liedes zwar eine völlig andere Bedeutung,
aber gefallen hat es mir trotzdem nicht.
Neben diesem Hof war dann die Perlacher Kirche, aber dazu dann
später einiges, weil die Kirche ja eigentlich nicht mehr direkt im
Rund des Pfanzeltplatzes war.
Bleibt auf dieser Seite des Hachinger Baches also nur noch das
Kriegerdenkmal. Als kleiner Junge hatte ich keine Ahnung wozu das
Kriegerdenkmal gut sein soll. Mich hat eigentlich nur der steinerne
Löwe interessiert der gleich nach dem Aufgang auf einem steinernen
Sockel stand. Sehr oft bin ich damals auf dem Löwen gesessen und
hab ein Eis gegessen. Direkt am Löwen war ein hoher Obelisk (den
Ausdruck kannte ich damals natürlich noch nicht, es war eben "a
Schdoanaturm". Und dahinter war eine breite Mauer in die massig
Namen und Daten eingemeisselt waren. Waren kann man eigentlich nicht
sagen, denn soweit ich weiss steht das alles auch heute noch in etwa so
da wie es damals war.
Irgendwann
fing ich an die Namen zu lesen und so mancher kam mir doch
sehr bekannt vor. Meine Oma sagte mir dann, das dies alles Namen sind
von Leuten die im Krieg gefallen sind oder vermisst werden.
Natürlich nur von den Leuten die in Perlach oder der näheren
Umgebung gewohnt haben. Schon damals hab ich nicht verstanden wozu ein
Krieg gut sein soll. Dicht am Kriegerdenkmal standen auch noch einige
Bänke wo man
stundenlang rumsitzen konnte und einen herrlichen Blick über den
Pfanzeltplatz hatte. Dahinter war eine Wiese, eingezäut mit einer
niedrigen Hecke. Natürlich war es kein Problem mit einem gewissen
Anlauf über die Hecke zu springen um irgendeinem grantigen
Mitbürger zu entfliehen der kein Verständnis hatte das man
als Kind unbedingt auf dem Löwen sitzen musste.
Neben dem Kriegerdenkmal kam dann die Schmidbauerstrasse, die damals
ebenfalls in jede Fahrtrichtung eine Spur hatte, die vom Hachinger Bach
getrennt wurden.
Somit sind wir wieder auf der "drüberen" Seite des Baches, wo die
Schmidbauerstrasse entweder eine Rechtskurve in die Ottobrunner Strasse
macht oder eben gradeaus zum Pfanzeltplatz führt. Und an dieser
Ecke gabs noch ein Lebensmittelgeschäft. "Speckl" hat das
geheissen. Das war größer wie der KATRA und im
Kassenbereich gabs damals schon die noch heute berühmten
Ständer, Aufsteller und Behälter mit allen möglichen
Süßigkeiten. Nicht zu vergessen die Eistruhe, die im
Gegensatz zu anderen Geschäften dieser Art nie abgeschlossen war
und wo man sich sein Eis selber rausholen konnte. Besonders beliebt war
damals das neu in Mode gekommene Wassereis in einer etwa 20 bis 30
Zentimeter langen Plastikhülle. Drei oder vier Sorten gabs damals
und es war eigentlich echt nur gefrorenes, gefärbtes Wasser. Der
Unterschied zum KATRA war auch der, das die Verkäufer beim Speckl
blaue Kittel anhatten und die beim KATRA entweder weisse oder graue. In
beiden Läden gabs übrigens auch die damals begehrten
Rabattmarken. KUNO-Marken ham die glaub ich geheissen. Der KATRA hatte
andere wie der Speckl und bei beiden gabs ein sogenanntes Markenbiachl
wo man dann seine Rabattmarken einkleben konnte und wenn das Biachl
ganz oder zumindest Seitenweise voll war, dann bekam man Bargeld
dafür. Wieviel das war weiss ich leider nicht mehr. Die
Markenbiachln hatten alle etwa 10 Seiten und waren ockerfarben. Bei
manchen war auf der Rückseite später auch eine Werbung der
Süddeutschen Zeitung drauf, damals noch die mit dem schwarzen
Pudel der die Zeitung im Maul hatte. Von der Werbung gabs übrigens
damals auch so gelbe Metallschilder die an manchen Hauswänden zu
finden waren. Manche dieser Metallschilder hatten sogar ein Thermometer
mit drin. Selbige gabs auch von Jägermeister, die hingen
allerdings mehr an den Hauswänden wo eine Wirtschaft drin war.
Gleich neben dem Speckl war irgendein Geschäft wo man
Holzöfen, Briketts und Kohle kaufen konnte. Damals hatte fast
jeder Haushalt einen Ofen wo Holz, Kohle, Briketts und dergleichen
verheizt wurde. Auch wir hatten zwei solcher Öfen in der Wohnung.
Das gute an dem Geschäft war, das auch die einen kleinen Hinterhof
hatten. Und da trieben sich zwei jüngere Hunde herum die man
wunderbar ärgern konnte. Wenn sie dann so richtig sauer waren und
gebellt haben was das Zeugs hält, dann kam immer eine alte
weissharige Frau heraus und schimpfte fürchterlich. Wir ham dann
immer gelacht und ham Grimassen geschnitten und sind dann abgehaun. Ja
es war schon eine schöne Zeit :-)
Nicht mehr direkt im Rund des Pfanzeltplatzes, aber trotzdem noch nahe
dran, war ein weiteres Friseurgeschäft das damals von zwei schon
recht alten Damen betrieben wurden.
Auch hier weiss ich den Namen nicht mehr so genau. Die beiden Damen
hatten hochgesteckte Haare und waren immer gut mit Schmuck behangen.
Das war der Friseur den meine Oma sehr bevorzugt hat. So weit ich mich
erinnere war sie etwa alle 3 Monate einmal dort. Und neben diesem
Geschäft war dann noch ein Laden wo es Farben und
Teppichböden und Tapeten gab. Keine Ahnung ob der Laden heute noch
dort ist. Farben Wurzer, so stand über dem Eingang an der
Hauswand. Ich und auch einer meiner besseren Spezln waren damals
öfters beim Wurzer Manne um ihm zu helfen und dafür dann ein
Fuchzerl oder ein Markl zu bekommen :-) Der Wurzer Manne war auch ein
recht netter junger Mann mit dem wir uns sehr gut verstanden haben.
Irgendwann hat der Wurzer Manne dann geheiratet und da wars dann
ziemlich schnell vorbei mit unserer Helferei weil, wie mein Vater
gesagt hat, der Wurzer Manne unter der Fuchtl von seiner Oidn steht.
Tja....
Daneben war dann noch eine kleine Strasse die keinen Namen
hatte. Viele Jahre später wurde er umbenannt in "Schwester
Adelmunda Weg". Eigentlich war es mehr ein Weg, eine Durchfahrt, von
der man von
der Ottobrunner Strasse in die Schmidbauer Strasse kam oder umgekehrt.
Direkt dort war auch ein fast immer verschlossenes großes Tor und
eine große, hellbraune Mauer. Irgendwann bin ich dann auf die
Schultern meines Spezls geklettert und hab über die Mauer
geschaut. Bis dahin wussten wir ja nicht was dahinter ist und die Leute
haben uns immer erzählt das dahinter wilde Tiere hausen oder ein
böser Mann ist der kleine Kinder frisst. In Wirklichkeit wars
nichts anderes wie der Garten vom Perlacher Krankenhaus. Wenn man die
kleine Durchfahrt entlang ging, dann war da zum einen die
Rückseite vom Wurzer-Haus und zum andern der Hintereingang vom
damaligen einzigen und besten Radlgeschäft von ganz Perlach.
Georg Poiger hat der Besitzer geheissen. Also der "Poiger Schorsch".
Bei manchen auch nur "da Schoasche" genannt.
Ziemlich jeder der in Perlach ein Radl hatte hats entweder beim Poiger
gekauft oder irgendeinem abgekauft der es irgendwann beim Poiger
gekauft hat. So ziemlich jeder der irgendwas reparieren musste an
seinem Radl oder irgendein Zubehör gebraucht hat, hats beim Poiger
gekauft. Der Schorsch war ein etwas älterer Mann, was aber nicht
heissen soll das er alt war. Er war gut beinand und hatte immer ein
Grinsen im Gesicht. Und egal wann man als Kind mit seinem Radl ankam weil
irgendwas kaputt war, der Schorsch hatte immer gleich Zeit und hat sich
drum gekümmert. Irgendwann hat er dann ein bissl
vergrößert und man konnte auch Mofas bei ihm kaufen. Und so
mancher Motorradfahrer hat dort im Hinterhof seine Maschine repariert.
Der eigentliche Eingang zu seinem Laden war dann schon wieder in der
Schmidbauerstrasse.
Und wir gehen jetzt gedanklich diese kleine Durchfahrt wieder
zurück, am verschlossenen Tor des Perlacher Krankenhausgartens
vorbei und landen dann bei der damaligen recht beliebten Wirtschaft
"Beim Hufnagl". In Bayern "beim Huafnogl" oder "da Huafe". Meistens am
Sonntag nach der Kirche sind viele Leute zum Hufnagl gegangen und haben
dort gegessen. Sehr interessant waren da auch die beiden
Geldspielautomaten vor dem Klo. Damals hat ein Spiel 10 Pfennig
gekostet und so mancher hat vieles von seinem Geld hineingeworfen und
nichts herausbekommen. Auch ich hab schon damals manches Zehnerl
reingeworfen und hab mich dann tierisch gefreut wenn ich was gewonnen
habe.
Natürlich war es streng verboten das Kinder an Spielautomaten
spielten, noch dazu wo man damals erst mit 21 Jahren volljährig
war. Aber wie es halt so ist, solang einem keiner erwischt regt sich
auch keiner auf :-)
Neben dem Hufnagel war ein recht großer Bauernhof. Ich glaube,
die Besitzer haben Berold geheissen. Ich und einer meiner Spezln waren
recht oft dort und haben viel Zeit im Heustadl und im Kuhstall
verbracht. In dem Bauernhof ist damals auch mein Spezl von einem Brett
abgerutscht und in die Odelgrube gefallen. Er ist zwar nicht ganz
reingefallen sondern nur etwa bis zu den Knien dringestanden, aber
gestunken hat er durchs ganze Dorf. Der Berold-Bauernhof war
übrigens der letzte in Perlach der alles verkauft hat.
Alle anderen haben sowohl Hof und Äcker und allen Grund und Boden
verkauft, für viel Geld, und darauf steht heute alles das was
damals für uns Kinder undenkbar gewesen ist. Meist greislige
Betonbunker, Versicherungen, Bürogebäude und Mehrfamilienhäuser.
Gegenüber vom Hufnagel war die ESSO-Tankstelle. Radlmeier hat der
Besitzer geheissen. Man merkt so langsam, es gab einige Meier in der
Gegend. Auf die richtige Schreibweise dieses Meiers gibts ebenfalls
keine Garantie. Der Radlmeier war auch ein recht lockerer Mensch der
sich so
leicht nicht aufgeregt hat. Damals war die Tankstelle die einzige
in der Gegend und es war fast immer etwas los dort. Eis gabs dort auch,
allerdings waren die Eltern nicht so begeistert wenn man sich dort eins
gekauft hat, weil das ja alles nach Benzin stinkt und schädlich
ist und überhaupt. Uns war das Wurscht, denn dort gabs wieder ein
ganz anderes Eis wie beim KATRA oder beim Speckl. Und vom Geschmack her
war es immer erstklassig, von wegen schmeckt nach Benzin. Abgesehen
davon hätte uns der Radlmeier niemals ein Eis gegeben das was nix
getaugt hätte.
Damals kam auch grad die Aktion "Rettet den Tiger" auf, wo ESSO auch
mitgemischt hat. Da gabs an der Tankstelle die schönsten Aufkleber
mit Tigerköpfen drauf, Tiger-Poster, Tiger-Fähnchen und das
beste von allem war so ein Tiger-Umhang. Das waren zwei
Plastikhüllen die man mit einem Plastikband seitlich
zusammenbinden konnte
und wie ein T-Shirt tragen konnte. Hinten und Vorne war jeweils ein
Tigerkopf drauf. Fast jeder von uns hatte damals so eins. Den
eigentlichen Sinn hat von uns Kindern damals keiner so richtig
verstanden, aber Hauptsache man hatte seinen Tiger. Der Radlmeier hat
dann später auch vergrößert und hat noch eine
große Werkstatt und ein kleineres Autohaus eröffnet. Wobei
ich mir jetzt bei der Werkstatt nicht so ganz sicher bin obs die damals
nicht schon länger gegeben hat. Tatsache war aber, das man vorm
Maschendrahtzaun der Werkstatt oft ein paar ganz brauchbare Sachen wie
Schrauben, Beilagscheiben oder kleine Glühbirnen gefunden hat.
Links neben der Tankstelle war ein weiterer Bauernhof. Leider weiss ich
auch hier den Namen nicht mehr. Der Bauernhof war nicht ganz so
groß wie die anderen, dafür hatten die einen recht
großen Heustadl und einen gigantischen Holzbalkon der fast ums
ganze Haus herumging. Viele Jahre später siedelte sich in diesem Bauernhof ein Getränkemarkt an.
Gleich daneben war so ein kleines Tennis Fachgeschäft, das man
leicht übersehen konnte wenn man schnell vorbei ging oder mit dem
Auto vorbei gefahren ist. Der Inhaber war der Mann von der, die auch
den KATRA hatte. Deswegen wars ganz normal das der Mann manchmal in dem
Tennisladen war und manchmal im KATRA. In dem Tennisladen haben damals
einige bekannte Leute eingekauft die sich im Tennissport einen Namen
gemacht haben. Namentlich erwähnen kann ich leider niemand weil
ich mich damals nicht für Tennis interesiert habe. Jedenfalls gabs
da drin sauteure Tennisklamotten, Bälle, Schläger usw. Und
ich schätze das der Perlacher Tischtennisverein auch alles da drin
gekauft hat.
Allerdings gebe ich zu das mir schon damals die jungen Damen in ihren kurzen Tennisröcken sehr gut gefallen haben.
Daneben war dann eine Apotheke. Auch hier musste man einige Steinstufen
erklimmen bevor man an die Eingangstüre kam. Die Apotheke war
immer ein etwas aussergewöhnliches Geschäft. Oft hab ich meine Oma oder
meine Tante begleitet wenn sie da irgendwas abgeholt haben. Es roch
immer recht komisch da drin und der Apotheker hatte auch immer so einen
ernsten Blick drauf. An was ich mich aber gut erinnere war die
Personenwaage die drin stand. Die Anzeige sah ein bissl aus wie eine
große Uhr. Es war ein dicker schwarzer Zeiger der dann auf
irgendwelche Zahlen gezeigt hat. Jedesmal wenn ich mit in der Apotheke
war habe ich mich draufgestellt. Einige Zeit später war die Waage
dann weg und es stand eine neue drin. Da musste man sich dann auf so
ein Trittbrett stellen und an einem Griff festhalten. Und es kostete 5
Pfennig wenn man sich wiegen wollte. Dafür bekam man dann eine
weisse kleine Karte wo sein Gewicht aufgestempelt war. Ab da war die
Waage und die Apotheke nicht mehr so interessant, denn seine 5 Pfennig
hat man doch lieber in etwas anderes investiert, noch dazu wenn die
Tante daheim auch eine Waage hatte, die zwar keine gestempelten
Kärtchen auswarf, dafür aber kostenlos war.
Neben der Apotheke war die Post. Ich weiss nicht wie oft ich in der
Post drin war, es war jedenfalls sehr oft. Zum einen war da drin eine
Telefonzelle in der es sehr ruhig war wenn man drinstand. Es war
eigentlich mehr eine Kabine. Drin waren viele Telefonbücher und
auch die Geldanzeige am Telefonkasten selber war ganz anders wie bei
den Telefonzellen.
Der Betrag wurde farbig angezeigt und das eingeworfene Geld sah man
auch. Und die Post selber war auch sehr interessant. Jeden Tag, ausser
am Samstag hatten die von 12 Uhr bis 15 Uhr geschlossen. Kurz vor 15
Uhr haben sich dann immer einige Leute angesammelt die gewartet haben
das geöffnet wird. Das war immer sehr interessant für mich
wenn ich dabei war, denn viele haben erzählt was sie in der Post
machen oder wem sie was schicken oder das sie Geld abholen. Der
eigentliche Postraum war recht groß. Im hinteren Bereich waren
soweit ich mich erinnere zwei größere Tische wo viele
Kugelschreiber, Stempel und massig Zettel rumlagen. Da gabs damals die
rosafarbenen Überweisungsbelege, Postanweisungen haben die glaube
ich geheissen, dann gabs blaue Zahlkarten, Paketkarten und und und.
Eine wahre Fundgrube für den interessierten Knaben :-) Die Schalter selber wo man abgefertigt wurde waren alle so mit
Milchglas eingefasst und teilweise waren gelbe Abdeckungen davor. Bei
jedem der dort gearbeitet hat war auch ein Schild dort wo entweder der
Name des Mitarbeiters drauf stand oder ganz einfach nur "Geschlossen"
:-) Draussen neben dem Eingang waren ein paar hochinteressante Automaten.
Zum einen der Briefkasten, der damals wesentlich öfters am Tag
entleert wurde als wie nur einmal, und sogar am Sonntag und am Feiertag
wurde er ausgeleert. Und zum andern ein Automat wo man Postkarten
rausholen konnte. Natürlich gegen Bezahlung. Das waren normale
Postkarten wo schon eine Marke drauf war. Aber keine aufgedruckte
Briefmarke sondern eine aufgeklebte. Am Automaten selber war sogar noch
ein Schild dran wo genau erklärt wurde wie oft man die Kurbel
drehen muss damit die Karte rauskommt. Ratet mal, wie oft das ich
einfach so aus Spaß gekurbelt hab und dann eine Postkarte
rauskam? Da sieht man, schon damals gabs Leute die zu blöd zum
Lesen waren :-) Daneben war dann noch ein Doppel-Briefmarken-Automat. Soweit ich mich
erinnere gabs da Marken zwischen 10 Pfennig und 2 Mark. Für jede
Marke gabs entweder einen Druckknopf oder auch eine Kurbel.
Unnötig zu erwähnen das man da auch manche Marke kostenlos
bekam, die man dann versucht hat in der Post drin gegen Bargeld
umzutauschen.
Im selben Haus wo die Post war gabs an der Rückseite einen
weiteren Eingang. Da gings zum einen zum Hintereingang der Post und zum
andern zum Hauseingang des Mietshauses. Oberhalb der Post waren einige
Mietwohnungen. Und hier war auch eine Arztpraxis. Damals praktizierte
dort ein gewisser Doktor Bayer. Ein Mann, der nicht nur einen recht
guten Körperumfang hatte, sondern auch eine dicke Brille und immer
etwas fettige Haare. Zu dem ging ich als Kind sehr ungern. Er war
zwar recht nett, aber trotzdem hatte ich immer ein komisches
Gefühl wenn ich zu dem gehen musste. In Perlach gabs noch einen
weiteren Arzt, dazu aber auch später dann mehr. Übrigens, der Hinterhof von der Post war auch noch aus einem
anderen Grund sehr interessant, denn in den dortigen Papiertonnen,
genau genommen in den Mülltonnen, weil reine Papiertonnen gabs
damals noch nicht, fand man allerhand brauchbares was man auch für
diverse, kindliche Spielchen gut brauchen konnte. Beliebt war damals
auch das sogenannte "Büro-Spiel" manchmal auch "Post-Spiel" oder "Bank-Spiel"
genannt, wo man eben irgendwelche Abläufe in irgendeinem Büro
oder in der Post nachgespielt hat. Mit solchen harmlosen Spielchen
konnte man sich einen ganzen Nachmittag vertreiben. Ich erinnere mich
noch genau daran, das ich und mein bester Spezl damals, einen riesigen
Haufen an allen möglichen Zetteln und Stempeln und dergleichen
zusammen gesammelt hatten und jeder für sich alles in einem
großen Karton lagerte. Anfangs hatte jeder eine kleine
Schuhschachtel :-) Jeder versuchte den anderen zu übertrumpfen mit seiner Sammlung.
Irgendwann schmiss meine Oma dann den ganzen Krempel weg während
ich von der Schule aus in so ein beschissenes Kindererholungsheim
musste. Dazu auch später etwas mehr wenn ich es nicht vergesse.
So, zurück zur Rundreise um den Pfanzeltplatz. Den Posthinterhof
und das Artzhaus haben wir jetzt verlassen. Eine Steinmauer trennte
(die steht sogar heute noch) die Einfahrt vom Posthof zum Durchgang in
andere, sehr interessante und sehr wichtige Hinterhöfe. In diesen
Hinterhöfen hat sich dann im Lauf der Jahre sehr viel abgespielt.
Dazu gehe ich später auch noch sehr genau und sehr
ausführlich drauf ein ;) Gleich neben dem Durchgang war damals ein
Blumengeschäft. Blumen Lösch, so der Name. Der Laden selber
war für mich absolut uninteressant, aber die kleine Tochter der
Inhaber war dafür um so interessanter. Denn diese war damals meine
allererste Freundin die ich je hatte. Ich war damals vielleicht 4
oder 5 Jahre alt, sie etwa 2 oder 3, als wir uns das erste mal gesehen
haben. Sie hat Regina geheissen. Keine Ahnung ob sie ob sie geheiratet hat oder sonst was. Dazu im Lauf der
nächsten tausend Seiten auch noch viel mehr :-)
Bei der Reihenfolge der nächsten 3 Läden bin ich mir nicht
mehr so hundertprozentig sicher, das ist aber eigentlich auch egal,
denn so wie sie damals waren sind sie heute schon lange nicht mehr.
Also ich glaube, neben dem Blumengeschäft war ein
Schreibwarenladen, der eigentlich mehr ein Lottogeschäft war wo
man Zeitschriften und Zigaretten und kleine Schnapsflaschen kaufen
konnte. Soweit ich mich erinnere ist da meist mein Vater reingegangen
wenn er seinen Lottozettel abgegeben hat. Klar, die Inhaber kannte man
im Lauf der Zeit auch und man grüßte sich auch wenn man sich
sah, aber irgendwie hatte der Laden nichts, das bei mir etwas
bleibendes hinterlassen hat.
Neben dem Laden dürfte eine Wäscherei gewesen sein. Die
Wäscherei gabs schon bevor es mich gegeben hat. Jedenfalls war sie
schon da wie ich ohne Begleitung alleine ausserhalb der Wohnung bzw.
des Hauses herumlaufen durfte. An die ersten Inhaber erinnere ich mich
nicht mehr, aber ich erinnere mich daran, das es in der Wäscherei
immer recht gut gerochen hat. Vor allem dann, wenn Baumwollbettlaken
gewaschen wurden. Die inzwischen bekannte "April Frische" gab es damals
noch nicht.
Irgendwann habe dann die Besitzer gewechselt und die hiessen mit
Nachnamen Franke. Da bin ich mir ganz sicher, denn die hatten einen
Sohn und der war Preuße!
Klar, der Sohn konnte nichts dafür das er als Preuße geboren
wurde, aber als Preuße in Bayern hat man damals schon so seine
Probleme gehabt. Allein schon von der Sprache her war es sehr schwer
einen Preußen zu verstehen wenn er mit einem geredet hat. Das
musste ich später dann in der Schule auch feststellen und zwar
schon in der 1.Klasse.
Neben der Wäscherei (die übrigens Jahre später zu einem
schlecht gehenden Reisebüro umfunktioniert wurde) war das einzige
Schmuckgeschäft von Perlach. Der Besitzer hat Schulz geheissen und
war ebenfalls ein Nicht-Bayer. Aber er war ein sehr netter Mann. Herr
Schulz war einer von der Sorte Mann, zu dem man selbst als gscheada Bua
nicht einfach Du gesagt hat. Ich weiss noch genau das weder ich noch
einer meiner damaligen Spezln jemals du zu ihm gesagt hat. Herr Schulz
war ein älterer Herr mit hellen Haaren und starker Neigung zur
Glatze. Im Schaufenster des Geschäftes lagen immer ganz viele
Schmuckstücke. Ringe, Armbänder, Ketten und auch Uhren.
Manchmal ging meine Tante in den Laden hinein und hat sich irgendwas
zeigen lassen oder etwas gekauft. Manchmal war ich auch dabei. Herr
Schulz hatte immer so ein schwarzes Dings was er sich ins Auge klemmte
und damit schaute er dann irgendwelche Schmuckstücke an und machte
ein intelligentes Gesicht. Ich erinnere mich noch genau wie ich ihn
gefragt habe was das für ein schwarzes Dings ist und was er damit
macht. Er hat mir dann erklärt das es eine Lupe ist und er damit
die Stempel anschaut die in die Schmuckstücke eingraviert sind.
Ich durfte dann auch einmal durchschauen. Als ich dann schon viel
älter war, habe ich auch einmal eine Armbanduhr bei Herrn Schulz
gekauft. Da er damals schon etwas älter war, nehme ich an, das er
inzwischen gestorben ist. Herr Schulz hatte auch eine Frau, die hat
Frau Schulz geheissen.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, das zwischen dem vorher
erwähnten Lottogeschäft und der Wäscherei noch ein
Schuhgeschäft war. Und zwar das vorher erwähnte wo die
Bushaltestelle war. Das Schuhgeschäft gehörte zwei
älteren Damen, also älter heisst so um die Fünfzig.
Fünfzig war damals natürlich schon recht alt für einen
noch nicht mal schulpflichtigen Knaben :-) Die beiden mochten
scheinbar Buben nicht so besonders, weil sie haben sich immer
fürchterlich aufgeregt wenn mein Spezl und ich vor der
Eingangstür auf der kleinen Steintreppe gesessen sind und die
vorbeifahrenden Autos gezählt haben. Oft genug wurden wir
verscheucht und oft genug haben sie sich bei einigen Eltern beschwert.
Viele Jahre später wars dann allerdings so, das die übrig
gebliebene Dame mir schon fast in den Hintern kroch wie ich als fast
erwachsener junger Mann einmal Schuhe kaufen wollte. "Ja Herr Seitz,
gerne Herr Seitz, schönen Tag noch Herr Seitz, beehren sie uns
bald wieder Herr Seitz". Jaja, so ändert sich das im Lauf der
Jahre :)
Wie
dem auch sein, der Laden und auch die Inhaberinnen sind auch schon
lange aus dem Perlacher Umfeld verschwunden und haben wahrscheinlich
bereits das Zeitliche gesegnet.
Dann kam ein Modegeschäft. Die Besitzer hatten einen Sohn und eine Tochter mit denen
ich gut befreundet war. Der Sohn, genannt: Karli, ist übrigens der
öfters zitierte beste Spezl von dem ich schon öfters
geschrieben habe und noch schreiben werde. Der Karli, die Regina (aus
dem Blumenladen) und ich, wir waren eigentlich die meiste Zeit unserer
Kindheit zusammen und haben so manches angestellt und viel Spaß
zusammen gehabt. Wir haben alles angestellt was für junge Buben
wichtig ist. Ich glaube, wir haben nichts ausgelassen :-)
Die Regina war natürlich kein Bub, aber sie war trotzdem recht oft
dabei wenn wir irgendeinen Blödsinn angestellt haben.
In
diesem Modegeschäft arbeiteten auch im Lauf der Zeit diverse
Verkäuferinnen und Verkäufer. An eine erinnere ich mich noch
ganz gut. Sie hatte rotbraune Haare, meist ein blaues Kostüm an
und immer sehr schöne Schuhe. Seltsamerweise interessierte ich
mich als kleiner Bub schon mehr für schöne Beine wie für
große Möpse ;) Und es kam oft vor wenn ich mim Karli bei
seinen Eltern in dem Laden war, das mir direkt vor, neben oder hinter
dieser Verkäuferin etwas hinuntergefallen ist und ich es dann
umständlichst aufgehoben habe. Den Namen dieser Frau weiss ich
allerdings nicht mehr. Der Modeladen hatte seinen Eingang direkt an der Ecke dieses Hauses, in
dem übrigens sowohl ich wie auch der Karli wohnten.
Gleich daneben
war eins der wichtigsten Geschäfte von Perlach überhaupt. Die
Bäckerei Brücklmeier (wieder ein Meier und auch hier keine
Garantie für die richtige Schreibweise) wo es das mit Abstand
beste offene Eis von ganz Perlach gegeben hat. Natürlich auch
alles
andere was man so in einer Bäckerei eben kauft. Meine Oma hat da
sehr oft ein Hausbrot gekauft oder Semmeln oder Brezn. Das war
übrigens die Zeit, wo es nicht mehr lange dauerte bis die
sogenannten "Breznsemmen" erfunden wurden. Die Verkäuferinnen in
beim Brücklmeier waren eigentlich alle sehr nett. Die beliebteste
von allen war allerdings eine, die Paula geheissen hat. Paula war das
was man unter einer "gscheadn Bayerin" versteht. Alle
Kinder rund um den Pfanzeltplatz waren verliebt in Paula, denn bei ihr
waren die Eiskugeln immer am größten und die
Kuchenstücke, die damals noch nicht vorgeschnitten waren, die
waren auch immer etwas breiter wie bei den anderen. Oft hat uns Paula
auch die fast leeren Blechkisten mit dem Eis geschenkt und dazu ein
paar Eislöffel, die es damals in verschiedenen Farben gegeben hat.
Sehr oft waren wir dann entweder im Hinterhof oder vorn am Haus an der
sogenannten "Radlstange" gesessen und ham uns das Eis schmecken lassen.
Ich hab schon damals Vanille, Schoko und Mokka bevorzugt. Daran hat
sich eigentlich bis heute nicht viel geändert :) Im hinteren Teil
der Bäckerei war noch ein Abschnitt wo ein paar Stühle und
ein paar Tische standen. Das war das Cafe. Ich war allerdings niemals
da hinten gesessen und habe einen Kaffee getrunken. Auch in
späteren Jahren nicht. Das große Fenster, das am hinteren
Teil des Ladens war, führte übrigens genau in einen der
Hinterhöfe wo wir einen Großteil unserer Kindheit verbracht
haben. Wenn das Fenster geöffnet war, dann war das oft sehr von
Vorteil wenn man als Kind von einem wütenden Erwachsenen
flüchten musste. Dann sprang man durchs Fenster in die
Bäckerei und lief dann zur Türe wieder hinaus. Der Verfolger
hatte nicht den Hauch einer Schangs :)
Neben der Bäckerei war eine weitere Metzgerei. Die dritte die es
damals im Kreis des Pfanzeltplatzes gab. Die Inhaben hiessen mit
Nachnamen Kauderer. Der Vorteil bei dieser Metzgerei war der, das ich
bzw. meine Oma ohne das Haus verlassen zu müssen hinten
hineingehen konnten. Auch hier haben wir unzählige Schnitzel,
Braten, Leberkässemmeln und Wurscht gekauft. Meine Oma legte
damals wert drauf, das jedes Jahr an Ostern oder an Weihnachten der
Braten in einer anderen der Metzgereien gekauft wurde.
Gut war er immer, egal wo er gekauft wurde. Und als Kind gabs
auch immer ein "Radl" Wurscht umsonst. Aufgeregt hat sich deswegen
niemand und es bekam deswegen auch niemand eine Abmahnung oder wurde
gar angezeigt und entlassen. Es war damals völlig normal. Und
pleite gegangen ist wegen sowas auch niemand.
Der letzte Laden im Rund des Pfanzeltplatzes ist eine weitere
Bäckerei, genauer gesagt, eigentlich mehr ein Cafe. Die Inhaber
hiessen Edlbauer. Soweit ich mich erinnere gabs hier eigentlich mehr
Kuchen und Torten, Kaffee und Eis, Bier und Schnaps und Zigaretten zu
kaufen. Da drin ist mein Vater öfters gesessen und hat ein bis
drei Halbe getrunken und viel geraucht. Und ich hab mir als Kind da
drin unzählige Eis gekauft :-) Der Vorteil hier war auch der, das
man ohne das Haus verlassen zu müssen in das Cafe hineingehen
konnte.
Die Edlbauers hatten einen Sohn der Franz geheissen hat. Also "da
Franze". Der war schon etwas älter und nicht mehr der Typ der sich
mit kleinen Kindern abgibt. Recht nett war er aber trotzdem. Was in dem
Laden gefehlt hat war eine Kult-Verkäuferin wie die Paula vom
Brücklmeier :-) Einmal hat da drin für einige Zeit eine
Verkäuferin gearbeitet die so eine richtig geniale 1960ger-Frisur
und einen ziemlich großen Busen hatte. Sie hatte immer eine
weiße Bluse an und einen schwarzen, relativ eng anliegenden Rock
und so komische Gesundheitsklapperl die nach nix ausgeschaut haben.
Wenn sie mich oder meinen Spezl im Hausgang gesehen hat, dann hat sie
sich immer gefreut und ihn umarmt und mit dem Kopf zwischen ihren
großen Busen gedrückt. Ich glaube, sie hat mit Vornamen
Christa geheissen. Die Haupteingangstür und die
Hinterausgangstür vom Cafe wurden auch öfters als
Fluchtmöglichkeit benutzt wenn man einen der Hausbewohner so
geärgert hat, das er einen drohend nachgelaufen ist. Jahre
später wars vorbei mit dem Cafe und es wurde eine Kneipe draus, wo
sich mehr seltsame Gestalten herumgetrieben haben und die, wenn es
draussen dunkel war, durch die Gitter der Kellerfenster gebrunzt haben.
Ein sehr wichtiger Punkt des Pfanzeltplatzes, sozusagen der
Mittelpunkt, ist die sogenannte Anlage. Das ist ein ovaler Platz wo
einige Kastanienbäume draufstehen, dazwischen einige Bänke,
neben (fast) jeder Bank war ein kleiner Abfalleimer. Von der
Josef-Beiser-Strasse aus rechts gesehen auf der Anlage, also
gegenüber des Geschäfts mit den genialen Wundertüten,
war zum einen eine Telefonzelle und zum andern eine
Litfaßsäule. Links neben der Litfaßsäule war in
einigem Abstand noch so ein komischer großer Kasten, wo die
Elektronik für die Ampeln drin war. Damals gabs, soweit ich mich
erinnere, gleich daneben noch einen Kaugummiautomaten. Aber keiner von
den bekannten Roten mit dem Drehknopf, sondern einer von Wrigley's. Die
Kaugummis schmeckten allerdings ziemlich grätzig und irgendwann
verschwand der Automat auch. Vermisst hat ihn glaub ich niemand. An der
Hauswand von der Wäscherei gabs übrigens auch einen
Kaugummiautomaten. Der war zwar auch von Wrigley's, aber die Kaugummis
schmeckten wesentlich besser wie die von dem andern Automaten. War
schlimm wenn man als Kind ein paar Zehnerl reingeworfen hat und dann
eine Packung Kaugummis bekam, die schon so trocken waren das sie
zerbröselt sind wenn man sie ausgepackt hat. Bei den Drehautomaten
wars oft so, dass das Zehnerl hängengeblieben ist und man nicht
rumdrehen konnte. Somit war das Geld futsch und bekommen hat man auch
nix. So mancher hat aus Wut dann gegen den Automaten getreten. Manchmal
kam durch die Wucht des Schlags dann sogar was raus. Der Traum von mir
und meinem Spezl war immer der, das wir so ein kleines Taschenmesser
rausbekommen. Wir haben oft hingeklopft das eins der kleinen
(übrigens absolut ungefährlichen) Messer weiter nach unten
rutscht. Unzählige Zehnerl haben wir im Lauf der Zeit reingeworfen
aber so ein Messer hat keiner von uns rausbekommen. Irgendwann wars
dann eh wurscht weil wir dann in ein Alter kamen wo einen solche Sachen
nicht mehr besonders interessiert haben :)
Die Telefonzelle war jedenfalls recht interessant. Im Inneren der
Zelle, unten am Boden, waren links und rechts den ganzen Rand entlang
so eine Art Luftschlitze. Die waren zwar nicht besonders
groß, aber immerhin groß genug das herunterfallende
Münzen durchfallen konnten. Wenn mal eine Münze da durchfiel
dann rollte sie nicht unbedingt draussen auf die Pflastersteine sondern
blieb manchmal in dem kleinen Zwischenraum zwischen Zellenboden und
Pflastersteinen hängen. Es gehörte damals eigentlich zu den
täglichen Kontrollgängen dort nachzuschaun ob jemand Geld
runtergefallen ist oder nicht. Ausserdem war in der Telefonzelle noch
ein gelb-silbernes Metallgestell drin, wo der oder die Telefonierer
ihre Tasche draufstellen konnten. Unter diesem Gestell war auch ein
Zwischenraum von etwa 2 Zentimetern und auch hier wars gut möglich
das ein Geldstück drunterrollen konnte. Im Lauf der Jahre kam da
schon einiges an Geld zusammen das man gefunden hatte. Im Winter hatte
man an der Telefonzelle doppelten Spaß. Stand jemand drin und
telefonierte, dann haben wir als Kinder öfters Schneebälle
gegen die Scheibe geworfen und haben uns bestens amüsiert wenn der
Telefonierer mächtig erschrocken ist.
Wir standen natürlich auf der anderen Strassenseite damit
ein eventuell sehr wütend werdender Telefonierer keine Schangs hat
einen von uns zu erwischen.
Ebenfalls durch die Anlage floß (und fliesst auch heute noch) der
Hachinger Bach. Dieser Bach war auch sehr wichtig. Ich erinnere
mich noch genau daran wie wir damals auf der einen Seite vom Bach
standen und uns gefragt haben ob wir es schaffen über den Bach zu
springen und auf der anderen Seite wieder anzukommen ohne uns weh zu
tun oder hineinzufallen. Eigentlich wars ja keine große Kunst
denn ich schätze mal mehr wie 1 Meter dürfte der Abstand
nicht gewesen sein. Aber zum einen waren wir ja noch kleine Kinder und
zum andern war recht nahe am anderen Rand des Baches eine Art Hecke und
gleich hinter der Hecke irgendwelche Metallstangen. Die wurden da
hinbestellt damit ein eventuell von der Strasse abkommender Autofahrer
mit seinem Wagen nicht durch die Hecke in den Bach schlittert.
Vorgekommen ist sowas allerdings öfters in der Zeit in der ich
dort gewohnt habe. Einer hats sogar mal geschafft mit einem derartigen
Tempo von der Ottobrunner Strasse in die Pfanzeltplatz-Kurve zu fahren,
das er der Länge nach im Bachbett gelandet ist. Ja und dann wars
ja noch so das man auch keinen großen Anlauf nehmen konnte, weil
auf der Seite des Baches wo man stand mehrere kleine Stauden verteilt
waren und die kleine Wiese gleich neben dem Bach auch mit einer kleinen
Absperrung eingezäunt war. Kurz gesagt, man musste also aus dem
Stand etwa einen Meter weit springen und das so hinkriegen das man
nicht ind er Hecke landete. Mit den Händen an der Hecke abfangen
war auch nicht drin, weil die Stacheln und Dornen hatte. Es war also
wei weitem nicht so einfach wie man es sich vielleicht vorstellt. Ja,
so standen damals ich und mein Spezl am einen Ufer des Bachs und keiner
hat sich so recht getraut. Mehrmals haben wir angefangen bis 3 zu
zählen und ausgemacht das wir dann beide gleichzeitig springen.
Bei 3 ist dann keiner gesprungen weil sich keiner getraut hat. Wer dann
als erster gesprungen ist weiss ich heute nicht mehr, jedenfalls haben
wir es dann riskiert und auch geschafft. Und je öfter wir
gesprungen sind umso mehr Übung hatten wir. Irgendwann wars dann
gar kein Problem mehr über den Bach zu springen. Doch eines Tages
haben wir dann gemerkt das man unaufmerksam wurde. Bei einem Sprung
rutschte mein Spezl dann ab und landete im Bach.
Das war zwar nicht weiter schlimm weil der Bach nicht tief war, ich
tippe mal auf höchstens 30 Zentimeter, aber die Betoneinfassung
vom Rand bis zum Grund des Baches dürfte etwa ein Meter gewesen
sein. Und so schrammte der Spezl mit einem Bein die Betoneinfassung
hinunter. Ich lachte natürlich und amüsierte mich
köstlich, während der Spezl mit nassen Socken aus dem Bach
krabbelte und sich in die Wiese hockte. Da sah man dann die Bescherung.
Aufgeschrammtes Schienbein und am Knie blutete er auch leicht. Damals
war sowas aber keine Tragödie. Da wurde nicht gejammert und
gewinselt oder weinend zu den Eltern gelaufen. Nein, da zog man eine
Socke aus, tupfte sich das Blut ab und desinfizierte dann alles mit dem
Wasser aus dem Bach. Danach nochmal mit der Socke trocknen und gut
wars. Ein anderer Spezl schrammte sich auf die Art auch einmal
das Schienbein auf wie er etwas zu schnell von einem Baum
runterkletterte. Der jammerte zuerst auch etwas herum und dann bieselte
er sich kurzentschlossen über den Fuß um alles zu reinigen
:-)
Wie dem auch sei, wir hatten verdammt viele Kratzer, Schrammen und
sonstige Verletzungen, aber bis auf ganz wenige Ausnahmen hat man nie
einen Arzt oder einen Verband gebraucht. Irgendwelche Krankheiten oder
sonst irgendwas hat sich auch keiner geholt. Pflaster drauf und gut
wars. Damals gabs eben noch richtige Jungs die was ausgehalten haben.
Die meisten jedenfalls, denn einige Jammerlappen und Heuler gabs
natürlich auch damals.
Auf der Anlage standen auch einige Kastanienbäume. Ich kann mit
stolz von mir sagen das ich im Lauf der Jahre auf jedem einzelnen der
Bäume einmal hinaufgeklettert bin und nicht einmal runtergefallen
bin. Ich habe auch nicht ein einziges mal einen Ast abgebrochen. Der
King ist man dann gewesen wenn man in der Zeit wo die Kastanien reif
waren auf einen der Bäume geklettert ist und durch schütteln
der Äste oder mit Nachhilfe eines Stocks massig Kastanien nach
unten beförderte. Unten standen dann meist viele Kinder mit
Tüten und Körben und haben die Kastanien gesammelt. Viele
haben sie dann an die Tiere der umliegenden Bauernhöfe
verfüttert und einige auch an den Münchner Tierpark
überreicht. Einige der Kinder bastelten mit Zahnstochern oder
Zündhölzern lustige Kastanien-Tiere. Ich hab immer jedes Jahr
ein paar mitgenommen und aufgehoben.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, wenn man auf dem Baum sass und
schüttelte, dann konnte man es natürlich auch so einrichten
das eine Ladung Kastanien nach unten fiel wenn direkt unter dem Ast
jemand stand den man nicht besonders mochte. Denn so eine Kastanie in
der Schale hatte schon eine gewisse Wirkung wenn sie aus ein paar
Metern Höhe auf irgendwelche Köpfe gefallen ist :-)
Manchmal haben wir auch so schöne Kastanienschlachten
veranstaltet. Das es eigentlich gar nicht so ungefährlich war wenn
man mit Kastanien um sich wirft, das war uns damals nicht klar.
Mancheiner bekam eine fliegende Kastanie an den Kopf. Und rund um den
Pfanzeltplatz waren auch die Strassen. Und auf diesen Strassen war
eigentlich immer was los. Und so mancher harmlose Autofahren bekam eine
oder mehrere Kastanien gegen die Scheibe oder das Blech des Autos. Klar
das manche nicht so begeistert davon waren wie wir :-) Allerdings ging
durch die Kastanienwürfe weder eine Fensterscheibe noch eine
Autoscheibe noch das Glas einer der Laternen kaputt.
Die Sommermonate damals in Perlach, so ab Mitte der 1960ger Jahre
gesehen, waren noch so richtig schöne heisse Sommer. Meistens
liefen wir barfuß durch die Gegend.
Die Gullideckel und die Kanaldeckel waren brütend heiß von
der Sonne und wenn man drauflatschte dann blieb man nur sehr kurz drauf
stehen so heiß waren diese Deckel. Sogar der Teer an manchen
Stellen der Strassen und Wege war von der Sonne so aufgeheizt das man
mit den Fingern etwas davon rauskratzen konnte. Das taten ich und mein
Spezl auch recht gern. Was aber keiner von uns bedachte, der Teer wurde
ja irgendwann wieder hart und musste unter den Fingernägeln wieder
raus. Das wurde dann daheim mit der Wurzlbürschtn erledigt. Die
hatte schon eine gewisse Reinigungskraft. Mit der wurde im Lauf der
Jahre mehrmals ein sogenannter Bamhackl von gewissen Körperstellen
entfernt.
Die Entfernung des selben wurde meist vom Vater erledigt und da bekam
selbst der härteste Knabe feuchte Augen. Zugegeben hat es
allerdings nie einer von uns.
Die
Wintermonate damals waren auch noch so richtige Winter wo es
saukalt war und viel Schnee gab. An den Dachrinnen hingen Eiszapfen und
wenn man irgendwo hingespuckt hat und ein paar Stunden später
nochmal hingeschaut hat, dann war das festgefroren. Und der Hachinger
Bach hatte in den Wintermonaten kein Wasser. Irgendwann kurz vor
Wintereinbruch wurde das Wasser irgendwo abgestellt und im Bachbett
fand man nur noch die gefrorenen Reste des Wassers und den
hineingefallenen Schnee. Und natürlich all den etwas
schwereren Abfall den so mancher Autofahrer aus dem Fenster und so
mancher Fußgänger übers Brückengeländer
geworfen hat.
Zu den Sommern und Wintern und den Erlebnissen werde ich später dann noch mehr erzählen.
Das berühmte Eckhaus am Pfanzeltplatz in dem ich und mein Spezl
wohnten ist eins der ältesten Häuser von Perlach. Auf dem
Dach sind viele Türmchen die teilweise an eine Ritterburg
erinnern. Ich wohnte damals in der Hausnummer 25 und mein Spezl in der
Hausnummer 23. Ganz am Anfang hatte das Haus die Adresse Pfanzeltplatz
16 in 8 München 56. Irgendwann kam dann ein schlauer Bürokrat
auf die Idee, das man das ändern muss, denn der Eingang ist ja
eigentlich nicht am Pfanzeltplatz sondern in der Josef-Beiser-Strasse.
Da hatte er zwar recht, aber die Umbenennung war damals gar nicht so
gerne gesehen von den Mietern. Zum einen war der Name
Josef-Beiser-Strasse viel länger wie Pfanzeltplatz und zum andern
wars einfach ungewohnt wenn man plötzlich eine andere Adresse
hatte obwohl man noch genau da wohnt wie vorher auch. Abgesehen
davon wusste ich lange nicht wer dieser Josef Beiser eigentlich war.
Wichtig musste er gewesen sein, denn sonst ätte man ja keine
Strasse nach ihm benannt.
Zur Info: Josef Beiser gehörte zu einer der gut bestückten
Familien aus Perlach, aus der auch mehrere Bürgermeister
"entsprangen".
Sowohl die
Nummer 23 wie auch die Nummer 25 hatten beide 3 Stockwerke, einen
Keller und einen Speicher. Damals wars üblich das man u.a.
Brennholz, Briketts und Kartoffeln im Keller gelagert hat und das man
im Speicher seine Wäsche aufgehängt hat. Im Hinterhof gabs
auch noch zwei Plätze mit Wäscheleinen wo manchmal im
Hochsommer die Wäsche aufgehängt wurde. Geklaut wurde soweit
ich mich erinnere nie etwas. Das Treppenhaus war bei beiden Hausnummern
sehr ähnlich und doch irgendwie völlig unterschiedlich. Im
Haus 25, also da wo ich wohnte, wars eine Treppe aus kräftigem,
braunen Holz, immer schön gewischt und gebohnert. Ein kunstvoll
geschwungenes Treppengeländer aus Eisen, weiss angemalt, welches
die durchgehende Holzstange mit der eigentlichen Treppe verband. Diese
durchgegende Holzstange reichte vom 3.Stock (wo in beiden Häusern
der Speicher war) bis runter ins Erdgeschoß.
Von einem Stock zum anderen gings relativ steil runter und da wo an den
jeweiligen Stockwerken die einzelnen Wohnungstüren waren, da wars
dann vorbei mit der Steilheit.
Deswegen konnte man leider nicht durchgehend vom Speicher bis ins
Erdgeschoss an der Stange runterrutschen sondern nur immer von einem
Stockwerk zum nächsten. Angefangen hatte man ganz am Anfang,
sozusagen als Amateurstiangglandaowerutscha
(Stiegengeländerhinabrutscherneuling) :) irgendwo in der Mitte der
Holzstange zwischen 1.Stock und Erdgeschoß. Irgendwann traute man
sich dann zu das man vom 1.Stock aus runterrutschte. Aufpassen musste
man in den Kurven. Da gabs in jedem Stockwerk 2 zu überwinden wenn
man runterrutschen wollte. Denn rutschte man zu schnell runter, dann
hatts schon sein können das man beinahe vom Geländer
runtergefallen wäre, allerdings immer in Richtung Treppe. Und wenn
man zu stark abgebremst hat dann ist man auf der Stange praktisch
stehengeblieben und es hat leicht sein können das man dann das
Gleichgewicht verliert und runterfällt oder das man sich an den Händen die Haut aufreibt. Eine gewisse Übung
hats also schon gebraucht. Irgendwann haben es dann sowohl ich wie auch
mein Spezl geschafft auch vom 2.Stock runter zu rutschen. Das konnte
man aber nur dann machen wenn man absolut sicher war das keiner der
Hausbewohner seine Wohnung verlässt, denn da hats dann schon
ziemliches Geschimpfe und Geschrei gegeben, weil es hätt ja sein
können das der Bua owefoid und hi is :) Wie gesagt, owegfoin ist
keiner und großartig verletzt hat sich auch keiner und draufgegangen ist dabei erst recht keiner. Die einzigen
die Probleme damit hatten waren die Hausbewohner, speziell die Eltern
und die Leute die sich ja sowieso immer und überall einmischen
mussten. Solche gabs auch damals schon :-)
Eine weitere Spezialität von uns Kindern war das sogenannte
Treppenrutschen. Hier konnte man problemlos im 3.Stock anfangen denn es
war so gut wie unmöglich das hier jemand runterfallen kann. Die
Treppe vom 3. in den 2.Stock war allerdings ungeeignet fürs
Treppenrutschen. Das Holz dieser Treppe war irgendwie so komisch grau
und rutschig wars auch nie. Vielleicht lags daran das die Treppe zwar
jede Woche (meist am Samstag) gewischt, aber nie gebohnert wurde. Am
besten waren jedenfalls die Treppen vom 2. in den 1. und vom 1. ins
Erdgeschoß zum Rutschen geeignet. Die besten Rutscher konnte man
hinlegen wenn man lange Hosen anhatte. Mit kurzen Hosen war die Gefahr
das man sich die Unterseite des Oberschenkels oder die Arschbacken
aufreibt. Und so eine Verletzung hält lange an, vor allem im
Sommer wenn man doch immer ein bissl schwitzt. Bei kurzen Hosen musste
man in einer komischen Haltung
rutschen und man knallte bei jeder einzelnen Stufe dermassen auf den
Hintern das es keinen Spaß gemacht hat. Bei langen Hosen und bei
frisch gebohnerter Treppe konnte man schon ordentliche
Geschwindigkeiten erreichen. Mein Spezl, der Karli, war schon als Kind
etwas mopsiger wie ich. Dem machte es weniger aus wenn er zehn oder
zwanzig mal mit dem Hintern auf den Stufen aufschlug. Lustig war auch,
das jeder von uns seine spezielle Lieblingsstufe hatte. Ich weiss es
klingt blöd, aber so war es nun mal. Mir haben immer die am besten
gefallen die in der Ecke waren. Keine Ahnung warum. Und es war bei uns
ein ungeschriebenes Gesetz das sich keiner auf die Lieblingsstufe des
anderen setzte wenn er nicht ausdrücklich dazu aufgefordert bzw
eingeladen wurde.
Ganz unten am Ende des Treppengeländers war in beiden Häusern
so eine Art Metallkugel angebracht, die scheinbar das Ende der Treppe
signalisieren sollte. Ich kann mich noch genau daran erinnern wie ein
Kind welches damals zufällig anwesend war wie wir beim
Geländer runtergerutscht sind, auch rutschen wollte. Es war ein
Junge der schon etwas älter war wie wir. Der rutschte völlig
falsch hinunter. Wir sind ja immer mit dem Rücken nach hinten,
also mit dem Arsch in Richtung Erdgeschoss, gerutscht. Der Junge
rutschte andersrum hinunter und knallte dann voll gegen die
Abschlußkugel unten am Geländer. Der fing schon zu weinen an
wie er noch auf dem Holzbalken sass. Ganz langsam stieg er dann
runter und jammerte und wie dann jemand aus einem der Hintertüre
eines Geschäfts rauskam, da haute er ab. Mein Spezl hat das seinem
Vater erzählt und am nächsten Tag hat er mir dann
erzählt das sein Vater gesagt hat das bei sowas die Eier
kaputtgehen. Naja, mit sowas kannten wir uns damals noch nicht aus.
Die Treppen im Haus 23 waren auch recht gut zum Rutschen geeignet. Aber
auch da wars so das die vom 3. in den 2. Stock ungegeignet war.
Interessant war auch, das sich die Hausbewohner in der Nummer 23 eher
aufgeregt haben wenn wir Treppengerutscht sind als wie die Bewohner vom
Haus 25. Das Treppengeländer vom Haus 23 war dem vom Haus 25 sehr
ähnlich. Von der Farbe des Holzes gabs Unterschiede und irgendwie
auch ganz leicht von der Art des geschwungenen Eisens vom
Geländer. Auch die Eingangstüren in die Wohnungen waren
irgendwie anders. Jedenfalls haben wir uns als Kinder oft viele Stunden
mit Geländerrutschen oder Treppenrutschen vertrieben.
In beiden Teilen des Hauses waren speziell die Keller und die Speicher
interessant. Im Speicher vom 23ger Haus war ich im
Höchstfall fünf mal drin. Ich erinnere mich nur noch daran
das einige Wäscheleinen gespannt waren und im hinteren Bereich des
Speichers einige durch Holzlatten aufgeteilte Abteile waren. Der Keller
im 25ger Haus war sowieso viel interessanter. Die Eingangstüre war
aus schwerem, weiss angemalten Holz mit zwei Fenstern drin. Die
Steintreppe führte mit einer Linkskurve und einer Rechtskurve ins
Kellergewölbe hinab. Der Keller allgemein war zwar nicht besonders
groß, aber trotzdem sehr geräumig. Jede Wohnung hatte ein
Kellerabteil. Dazu noch irgendein Abteil für die Hausmeisterei,
ein paar Schächte für den Kaminkehrer und ein etwas
größerer Raum der mit einer dicken Eisentür
verschlossen war. An der Eisentür war kein normales Schloß.
Es gab zwar ein Loch für den Schlüssel, aber interessant war
ein großes, eisernes, schon gut angerostetes Rad das in der Mitte
der Türe war. Meine Oma hat mir erklärt das dies ein
Luftschutzraum war wenn im Krieg (also im 2.Weltkrieg) die Flieger
Bomben abgeworfen haben. Dieser Raum war hochinteressant. Schon
deswegen weil er dauernd verschlossen war. Bei jeder Gelegenheit die
sich ergab ging ich mit hinunter in den Keller und hab
überprüft ob die Türe offen ist.
Bei uns im Keller
wurden damals Brennholz, Kohlen und Briketts gelagert. Meine Oma hatte
ganz am Anfang auch noch einen großen Sack Kartoffeln unten, aber
wie sie festgestellt hat das die aus irgendeinem Grund zum Schimmeln
angefangen haben, da hat sie die Kartoffeln schimpfend weggeschmissen
und seitdem lag nichts essbares mehr in unserem Kellerabteil. Besonders
schön fand ich es den Berg von Kohlen und Briketts raufzuklettern
um dann von unten durch das Gitter des Kellerfensters nach oben zu
schaun. War klar das bei solchen Klettereien so manche Hose etwas
schmutzig wurde :-)
So allgemein gesehen war der Keller ein seltsamer Ort. Als Kinder
bekamen wir so manche Geschichten zu hören die sich angeblich da
unten abgespielt haben.
Wie gesagt, das Haus war schon an die hundert
Jahre alt, ebenso der Keller. Hier sei auch erwähnt, das ich nach
neuesten Informationen einer interessierten Leserin, bekannt geben
kann, das jenes Haus im Jahre 1899 fertiggestellt wurde.
Mancher hat erzählt das vor langer
Zeit da unten ein Sandler, ein Gammler, also ein Obdachloser oder ein Vagabund oder
wie immer man es nennen möchte, in einer dunklen Ecke
eingeschlafen ist. Er schlief so fest und lag so im dunklen das die
Maurer die dort einige Ausbesserungsarbeiten machten ihn nicht sahen
und schlafend einmauerten. Und immer wenn man in der Nacht irgendwelche
Klopfgeräusche hört, dann ist es der Gammler der versucht aus
seinem steinernen Gefängnis zu entfliehen. Wir haben die
Geschichte nie geglaubt. Allerdings gabs in der Tat eine
Mauerfläche im Keller, die irgendwie anders klang wenn man mit der
Faust dagegenhaute. Und ein damals schon sehr alter Hausbewohner hat
sogar bestätigt das vor langer Zeit die Keller von Haus 23
und Haus 25 miteinander verbunden waren und aus irgendeinem Grund dann
getrennt wurden. Jedenfalls bewirkte die Geschichte das der Keller zwar
interessant war, aber man trotzdem irgendwie Schiß hatte alleine
hinunter zu gehen. Zu zweit sahs schon wieder anders aus. Manchmal
gingen ich und mein Spezl hinunter. Und manchmal wenn er vorausging bin
ich schnell umgedreht, die Treppe rauf, das Licht aus und die Tür
zu :-)
Das haben wir auch gerne gemacht wenn sich der Hausmeister oder
irgendein Hausbewohner unten im Keller befand ;) Irgendwann wurde dann
unten im Keller noch ein zweiter Lichtschalter eingebaut. Spinnen gabs
da unten auch einige, von ziemlich kleinen bis zu echt fetten
schwarzen, die gerne an der Decke gehangen sind. Damals hatte ich noch
die volle Panik vor Spinnen und immer wenn jemand zu mir gesagt hat das
ich eine Spinne auf dem Kopf oder auf der Kleidung hatte, da bekam ich
Panik. Es war zwar nur Spaß, aber trotzdem fühlte ich mich
dabei immer sehr unwohl. Seltsam an der Keller-Geschichte ist,
das noch heute, über 40 Jahre später, ich mich im Traum oft in diesem
Keller befinde und durch irgendwelche dunklen Gänge und Treppen
wandere und irgendwelche Stimmen höre und auch die Schritte
irgendwelcher Leute. Es ist nicht direkt ein Alptraum, aber komisch
finde ich es trotzdem.
In den 1960gern befand sich der Hauseingang direkt an der
Josef-Beiser-Strasse. Es war eine der damals durchaus üblichen
Haustüren, eine Kombination aus Holz und Eisen, mit einem hochkant
gestellten, quadratischen Fenster in der Mitte vor dem ein eisernes X
montiert war. Die Türklinke war ein schweres Messingteil, bei dem
man echt was in der Hand hatte. Über der Türe war ein
sogenanntes Oberlicht, das sowohl im Sommer wie auch im Winter meistens
gekippt war. Direkt hinter der Türe waren die Briefkästen.
Fünf oder sechs Briefkästen waren es. Jede Wohnung hatte
einen Briefkasten unten hängen und direkt an der Wohnungstüre
war auch noch ein sogenannter Briefkastenschlitz. Fast die komplette
Post landete allerdings unten in den Kästen. Es waren große
Briefkästen von denen jeder einen Klappdeckel oben hatte. Es
waren alles unterschiedliche Kästen, also nicht diese sterilen
Briefkastenelemente wie man sie heute kennt. Jeder Briefkasten hatte vorne
ein Namensschild und mancher Hausbewohner deponierte im Briefkasten
seinen Ersatzschlüssel für die Wohnung. Die Angst das jemand
den Schlüssel klaut und dann in die Wohnung einbricht gab es
damals nicht. Bis zu dem Tag wo an einem Samstag in aller
Herrgottsfrühe jemand versucht hat die Hintertüre von der
Metzgerei aufzubrechen. Die Tür war sehr stabil und mehr wie eine
Menge Holz im Bereich des Schlosses und der Klinke rauszubrechen hat
der Einbrecher nicht geschafft. Damals waren die Hausbewohner noch aus
anderem Holz geschnitzt und es war völlig normal das einige im
Schlafanzug oder im Nachthemd im Hausgang standen und laut riefen und
somit den Einbrecher in die Flucht geschlagen haben. An dem Vormittag
war dann recht viel los im 25ger Haus. Die Polizei war da und alles war
sehr wichtig und sehr interessant und auch ich wurde von einem
Polizisten gefragt ob ich was gehört oder gesehen habe. Ich glaube
zwar nicht das ich irgendwelche wichtigen Informationen abgegeben habe,
aber trotzdem nahm der Polizist alles sehr ernst was ich gesagt habe
und er hat sich auch etwas aufgeschrieben. Die Sache mit dem Einbruch
war dann recht lange ein Gesprächsthema. Und bis heute weiss ich
nicht ob der Täter jemals gefasst worden ist. Jeder hatte so seine
Vermutungen, aber etwas genaues hat niemand gewusst. Jedenfalls hat
dieser Einbruchsversuch im Haus für ein paar Veränderungen
gesorgt. Die Wohnungstüren wurden alle besser gesichert, jeder
baute irgendwelche Zusatzschlösser ein, die beiden
Hintertüren zu den Geschäften wurden zusätzlich mit zwei
stabilen Eisenstangen gesichert und sogar die ganz hinten, die fast
unsichtbare Eistruhe vom Cafe Edlbauer wurde mit einem dicken
Schloß auch tagsüber gesichert. Und die Leute im Haus wurden
mistrauischer gegenüber Leuten die sie nicht kannten.
Einige Zeit später wurde dann im Erdgeschoss des Hauser einiges
umgebaut. Die vertraute Eingangstüre kam weg, das Oberlicht auch,
ebenso die Briefkästen und da wo der Hauseingang war wurde alles
zugemauert und ein großes Fenster mit Milchglas kam hinein. Der
Hauseingang wurde auf die Rückseite des Hauses verlegt und eine
Klingelanlage wurde eingebaut. Vorher hatte zwar jeder Bewohner neben
der Haustüre, meist im Türstock, eine Klingel, aber unten an
der Eingangstüre waren nur ganz wenige. Die meisten haben eh nie
funktioniert, aber das hat keinen gestört. Mit der neuen
Klingelanlage sah es schon anders aus. Jeder Mieter bekam eine eigene
Klingel, dazu ein mit Plastik abgedecktes Namensschild und sogar ein
Extra-Knopf für das einschalten der Treppenhausbeleuchtung wurde
mit eingebaut. Und ein Lautsprecher war auch unten in der Anlage. In
jede Wohnung wurden Kabel gezogen und jeder bekam eine Sprechanlage mit
Türöffner eingebaut. Soweit ich mich erinnere hat von diesen
Anlagen allerdings nie eine funktioniert :-)
Eine neue Eingangstür kam her, aus braunem Holz, ohne Sichtfenster
zum durchschaun, ohne schöner goldfarbener Türklinke. Und so
mancher lief übern Tag verteilt schimpfend durchs Treppenhaus wenn
unten jemand geklingelt hat. Man musste jetzt runterlaufen und
nachschauen wer geklingelt hat. Besonders angenehm war das für ein
paar ältere Hausbewohner, die vom 1.Stock bis zur Türe locker
5 Minuten gebraucht haben. Das war das was man damals Fortschritt
nannte. Einzig die Briefkästen blieben noch die alten.
Doch auch
hier kamen im Lauf der Zeit Einheitsbriefkästen her und jeder
hatte den selben Briefkasten. Und etwas kleiner waren die auch und so
kam es, das mancher Postler größere Briefe oder Kataloge
einfach unten am Boden vor dem Briefkasten ablegte, falls er
überhaupt ins Haus reinkam, denn die Generalschlüssel die
mancher Postler heute hat, die gabs damals nicht. Einen Vorteil hatte
der neue Eingang allerdings. Man war jetzt wesentlich schneller an den
Mülltonnen als wie vorher. Vorher musste man um zwei Ecken ums
Haus gehen um zu den Mülltonnen zu kommen. Das waren damals
einzelne Tonnen, etwa 10 Stück dürften an unserm Haus hinten
gestanden haben. Die waren sowohl für die Bewohner von Haus 25 wie
auch von Haus 23. Auch die vom Haus gegenüber, bei denen der
Zugang zu den Wohnungen durch unseren Hinterhof führten, leerten
ihre Abfallkübel in diese Tonnen. Über den Tonnen war ein
uraltes schwarzes Blechdach. Als kleine Kinder liefen, standen,
saßen wir oft auf diesem Blechdach. Zum einen wars im Sommer
angenehm warm und trotzdem irgendwie im Schatten, zum anderen bekam man
immer schnell mit wenn jemand etwas wegwarf das man vielleicht noch
brauchen konnte. Mit dem neuen Hauseingang kam auch das
altbekannte Mülltonnendach weg und die Tonnen wanderten direkt an
die Trennmauer zwischen der Zufahrt von Haus 25 und dem Hinterhof von
Haus 23. Irgendwann kam dann jemand auf die Idee das diese alten
Mülltonnen die Gegend verschandeln und sie kamen weg und wurden
ersetzt durch drei Großraummüllcontainer mit Klappdeckel und
Rädern. Zuerst waren die Dinger sehr
gewöhnungsbedürftig, aber schon bald stellte man fest, das
man hier viel einfacher größere Müllteile reinwerfen
konnte als wie in den kleinen.
Nachteil war, das ja viele der Hausbewohner Holz- und Kohleöfen
hatten, die auch massig Asche produzierten. Und jeder schüttete
natürlich seine Aschebehälter in die Tonnen rein und wenn
dann jemand seinen normalen Abfallkübel ausleerte dann staubte es
gewaltig in der näheren Umgebung der Mülltonnen und so
mancher Abfallentleerer grantelte vor sich hin. Die
Müllmänner kamen ab da auch mit einem anderen Lastwagen, aber
es war noch immer so interessant zuzuschauen wie die Tonnen entleert
wurden wie vorher ;)
In den ganz frühen 1970ger Jahren wurde im 1.Stock unseres Hauses
ein weiterer Umbau gemacht. Die Wohnung rechts von der Treppe wurde
etwas verkleinert und eine neue Mauer wurde eingezogen. Neben dem
Lichtschalter fing man an ein riesiges Loch in die Wand zu haun und es
gab mächtig Krach und Dreck im Haus. Nachdem alles fertig war gabs
im 1.Stock dann 3 Wohnungen. Die dritte Wohnung, also die ganz neue,
war allerdings nur ein kleineres Zimmer, das nicht mal ein Klo oder ein
Bad hatte. Der Mann der in dieses Zimmer einzog musste in der Wohnung
rechts von der Treppe das Klo benutzen. Soweit ich weiss bekam die
Bewohnerin dieser Wohnung dafür einen Nachlass bei der Miete.
Die Mieten waren damals übrigens recht niedrig, also wenn jemand
50 bis 75 Mark bezahlt hat im Monat, dann war das schon sehr viel. Dafür
gabs aber auch kein Bad in den Wohnungen und das Geld das die Leute
damals verdienten war bei weitem nicht soviel wie heute. Die
Monatsmiete kassierte immer die Hausmeisterin oder wenn die krank war
entweder ihr Mann oder die Hausmeisterin vom Haus gegenüber. Die
kam dann immer und hat in ein sogenanntes "Mietbiachl" das Datum und
den Betrag eingetragen und dann haben sowohl die wie auch meine Oma
unterschrieben. Das wars auch schon. Konnte jemand nicht bezahlen dann
man nächste oder übernächste Woche und hat dann
kassiert.
Damals hat man sich im Haus untereinander auch noch
gerne gegenseitig mit etwas ausgeholfen wenns nötig war. Mal
brauchten die einen Mieter ein paar Eier, mal die anderen Mehl oder
Zucker, es wurde nie lange rumgeredet, es war völlig normal sich
untereinander zu helfen. Mal abgesehen von mir, meiner Oma, meinem
Vadda und meiner Tante, lebten in den anderen Wohnung entweder
ältere Ehepaare oder alleinstehende, ältere Frauen. Die
Wohnung gegenüber der unsrigen gehörte damals zu der
Metzgerei die sich unten im Erdgeschoß befand. Im ersten Stock
wohnte auf der linken Seite ein älteres Ehepaar, die Machenschall
hiessen. Der Mann ging täglich zur Arbeit und seine Frau war
Hausfrau. Glaube ich zumindest, denn sie war immer daheim. Auf der
rechten Seite wohnte eine ältere Frau die sehr oft Besuch von
ihrer Enkelin hatte. Das war Frau Sroka. Meine Oma hat mir einmal
gesagt das die aus dem Ausland kommt, weil ich gefragt habe wieso die
so eine komische Aussprache hat. Mit den Machenschalls hatte meine Oma
einen etwas engeren Kontakt. Sie unterhielten sich oft wenn sie sich im
Hausgang trafen und manchmal waren sie auch gegenseitig zu Besuch in
der Wohnung des anderen. Mir hat gefallen, das wenn ich bei denen in
der Wohnung war der Blick aus dem Fenster völlig anders war wie
bei uns im zweiten Stock. Viel näher, viel größer, viel
gigantischer. Trotzdem hätte ich nicht um alles in der Welt unsere
Wohnung gegen eine andere tauschen wollen.
Bei Frau Machenschall bekam
ich öfters mal einen selbstgekochten Pudding. Sie war auch
diejenige die sich immer am meisten aufgeregt hat wenn ich beim
Stiegengeländer runtergerutscht bin. Oft hab ich bei ihr an der
Wohnungstüre geläutet damit sie rauskommt und mich sieht wie
ich runterrutsche. Sie hat dann immer geschimpft und ich hab gelacht.
Mit Frau Sroka auf der rechten Seite hatte ich schon als Kind etwas
engeren Kontakt. Sie war eine sehr nette Frau. Ich schätze das sie
damals schon um die 60 Jahre alt gewesen sein dürfte. Sie
hatte helle, fast weisse Haare die immer mit einem Dutt zammgebunden
waren. Irgendwie sah sie immer gleich aus. Meistens hatte sie eine
Weste an und eine der damals üblichen Hausfrauenschürzen. Ich
habe sie immer freundlich gegrüßt wenn ich sie gesehen habe
und sie hat sich immer gefreut und gesagt, das ich ein recht netter Bub
bin. Manchmal bekam ich von ihr auch Schokolade geschenkt.
Schokoladensorten gabs damals nicht so viele. Dafür waren die die
es gab aber irgendwie besser wie die, die es heute so gibt, obwohl
Sorten wie Milka und Sarotti auch damals schon zu bekommen waren. Mir
persönlich hat Milka immer besser geschmeckt. Und dann gabs noch
eine Schokolade die in einem schwarz-weiss karierten Papier
eingewickelt war, da war vorne auch so ein kleiner Hund, ähnlich
dem von der Süddeutschen Zeitung daruf. Die war von Suchard und
hat auch sehr gut geschmeckt. Bei den Schokoriegeln hatte ich auch so
meine Lieblinge. Damals gabs bereits "Milky
Way, Mars und Bounty". Anfangs liebte ich den Milky Way, aber dann war
der Mars mein Favorit und der ist es bis heute auch geblieben ;) Bounty
mochte ich nie so recht weil man sich das Kokoszeugs immer zwischen die
Zähne reingebissen hat. Und den Kokosgeschmack mag ich eh nicht so
besonders. Den Kokosduft dagegen schon. Mein Vadda hat einmal eine
Kokosnuss mitgebracht, die haben wir dann umständlich versucht
aufzumachen und haben es nicht geschafft. Irgendwann hat mein Vater
dann einen Hammer geholt und draufgehaun und auf war sie ;) Allerdings
gut verteilt über den Tisch und die in der Nähe stehenden
Sitzgelegenheiten. Geschmeckt hat sie mir trotzdem nicht.
Ob es auch schon Snickers gab weiss ich jetzt nicht, aber Snickers war
auch kein Liebling von mir. So nach und nach kamen immer neuere
Schokoriegel oder ähnliches Zeugs auf den Markt. Eins davon hiess
"Caramac". Eine flache, in orange gehaltene Aufreißverpackung mit
einer flachen Tafel drin die stark nach Karamell geschmeckt hat.
Anfangs konnte sich jeder an dem Zeugs blödfressen, irgendwann ist
es mir zumindest dann bei den Ohren rausgehangen und ich konnts nicht
mehr sehen. Irgendwann war Caramac dann verschwunden und kam etwa 20
Jahre später wieder auf den Markt. Und ja, so zwischendurch ziehe
ich mir recht gerne wieder eins rein :-) Aber eigentlich bin ich jetzt etwas vom eigentlichen Erzählthema
abgekommen, denn ich wollte ja von dem Haus erzählen in dem wir
wohnten.
Über uns, also im 3.Stock, war (und ist noch immer) der
Speicher. Der Speicher war damals so groß wie die die
drunterliegenden Wohnungen je Stockwerk zusammen. Jeder im Haus
hängte seine Wäsche auf und bewahrte irgendeinen Haufen Zeugs
in Kisten und Kartons und Koffern verpackt drin auf, obwohl es
eigentlich damals schon verboten war wegen eventueller Brandgefahr.
Gebrannt hat es da oben allerdings nie, zumindest nicht in den von
heute ab zurückgerechneten 48 Jahren. Für uns Kinder war der
Speicher natürlich hochinteressant. Die Holzbalken haben
natürlich zu Kletterkünsten animiert und die Aussicht aus den
Speicherfenstern war super. Bei Fön hatte man einen erstklassigen
Gebirgsblick, der heute übrigens schamlos in manchen Mietangeboten
erwähnt wird und dafür extra abkassiert wird. Im Speicher
waren ausser Wäsche und Koffern auch noch andere interessante
Dinge, wie z.b. der Verteilerkasten der Hausantenne. Auf dem Dach stand
eine ganz normale Antenne wie sie damals auf jedem Hausdach teilweise
mehrfach vorhanden waren. Die, die wir hatten war eine recht gute
Antenne, denn wir konnten damals auch die beiden österreichischen
TV-Programme empfangen, und zwar ohne Flimmern oder sonstiger
Störungen. Ich erinnere mich, wie ich einmal auf die Idee kam
einige Stecker aus
dem Kasten zu ziehen und wo anders wieder reinzustecken. Die Wirkung
stellte sich dann ab dem späteren Nachmittag ein, wenn die ersten
Bewohner ihre Fernseher eingeschaltet haben.
Damals wars übrigens
so, das die Programme meist erst gegen 16 Uhr anfingen, meist mit einer
Programmvorschau für den aktuellen Tag und dann kamen erst einmal
Nachrichten. Ausnahme war das 3.Programm, wo manchmal schon ab 7 Uhr
früh das sogenannte "Telekolleg" gesendet wurde und das damalige
Schulfernsehen. Ich hab das allerdings so gut wie nie angeschaut weils für
mich zumindest damals recht uninteressant war. Auf den beiden
ORF-Sendern gabs manchmal auch schon ab 9 Uhr früh was zu sehen.
Das war damals das sogenannte Schichtarbeiterprogramm. Da sieht man,
das die Österreicher schon damals weit voraus waren im Gegensatz
vom Deutschen Fernsehen. Sendeschluß war meist so gegen
Mitternacht, im ARD manchmal auch schon vor 23 Uhr. Kann man sich heute
gar nicht mehr vorstellen. Der ORF sendete auch oft am Nachmittag
Kindersendungen oder Spielfilme.
In den Schulferien, also in den österreichischen Schulferien, gabs
den ganzen Nachmittag Sendungen für Kinder und wenn im ORF
Sendegebiet das Wetter recht schlecht war, dann gabs schon ab Vormittag
Kindersendungen. Das war das sogenannte Regenbogen-Programm des ORF. Der ARD bei uns was das wurscht. So kams das ich als
Kind eigentlich alle ORF-Sendungen recht gut kannte und mir auch die
Moderatoren des Senders gut bekannt waren. Das Highlight war immer die
Kaschperl-Sendung. Da wars immer recht lustig und zu gewinnen gabs auch
immer was. Ich hab jede Woche eine Postkarte hingeschickt, aber nie was
gewonnen. Aber zum Thema Fernsehen damals schreib ich später noch
einiges, jetzt kommen wir zurück in den Speicher :-)
Sehr interessant war auch die Dachluke ganz oben, wie soll ich sagen,
an der Decke des Speichers. Eigentlich gab es zwei davon, die eine war
ganz in der Mitte des Raums, natürlich auch oben, aber
unerreichbar. Nur der Kaminkehrer hatte eine geeignete Leiter mit der
er da hinkam. Die andere war von der Türe aus gesehen rechts
hinten. Oben auf dem Speicher stand noch eine große Leiter,
komplett aus massivem Holz. Als Kinder mussten wir mindestens zu zweit
sein um diese Leiter überhaupt bewegen zu können. Und selbst
da war es eine Höchstleistung die auch nur 1 Meter zu verschieben.
Einmal waren wir zu viert und da haben wir es geschafft. Da man die
Speichertüre nicht zusperren konnte, haben wir die Regina aus dem
Blumengeschäft sozusagen Schmiere stehen lassen. Und wir vier
Jungs haben dann die Leiter an einen Holzbalken gelehnt damit sie so
steht das man raufklettern und an die Dachluke kommt. Mein Spezl stieg
als erster rauf. Es war ganz schön hoch. Die Wände in den
Wohnungen hatten durchschnittlich 3,50 bis 4,50 Meter Höhe. Der
Speicher war natürlich noch höher wegen dem Dach. Der Spezl
zitterte ganz schön was zusammen auf der Leiter, dann werkelte er
an der Luke herum, bekam sie aber nicht auf.
Für zwei Leute war die Leiter etwas zu klein. Also haben wir alles
stehengelassen wie es war und haben uns fest vorgenommen das wenigstens
einer von uns irgendwann mal aufs Dach klettert und dann mit einer
Kreide oder einem Stift seinen Namen hinkritzelt damit ein anderer auch
sehen kann das er wirklich auf dem Dach war. Doch bis es soweit war
sollte es noch einige Zeit dauern. Dazu dann später mehr ;)
So, die letzte Wohnung in dem Haus wär dann die wo wir gewohnt
haben. Es war eine 4 Zimmer Wohnung mit einem langen Gang und Klo. Die
Eingangstüre hatte noch so ein richtig schönes altes
Türschloß mit einem großen Schloßkasten und
einer komplizierten Mechanik. Das sah man aber nur von innen, denn von
aussen war nur das Schlüsselloch zu sehen.
Das waren Türschlösser die noch so richtig stabil waren.
Gleich rechts neben der Tür, bzw teilweise sogar über der
Tür, war der Stromzähler. Ein recht großer schwarzer
Kasten mit weissen Verschraubungen in denen diverse Sicherungen waren.
Und dann noch so ein silberfarbenes Dings mit einem roten Laufstreifen,
welches alles hinter einem Sichtfenster war.
Zu dem Dings gehörte noch ein zehnstelliges Nummerndisplay. Da
wurden die Kilowattstunden zusammengerechnet. Und das silberne Dings
mit dem roten Laufstreifen war so eine Art Rädchen mit einer roten
Markierung. Je mehr elektrische Geräte in der Wohnung
eingeschaltet waren, umso schneller drehte sich das Rädchen und
der rote Streifen. Ich konnte mich damals lange damit beschäftigen
herauszufinden mit welchen Geräten man die Drehung dieses
Rädchens stark erhöhen kann. Solche Versuche konnte ich
allerdings nur machen wenn entweder niemand daheim war ausser mir, oder
wenn gegen Abend dann alle vorm Fernseher hockten. Ein- oder zweimal im
Jahr kam dann ein Mann mit einem dicken Block und hat die Zahlen hinter
dem Sichtfester abgeschrieben. Das war der Mann vom E-Werk, also der
Stromableser, wie wir damals gesagt haben. Telefon haben wir damals noch keins gehabt. Das war eigentlich gar
nicht so normal das jeder Haushalt ein Telefon hatte. Ich glaube, wir
haben unseres erst so gegen Ende der 1960ger Jahre bekommen. Die Eltern
von meinem Spezl hatten ihres schon etwa 1 Jahr früher bekommen,
aber das waren ja auch hauptberuflich Geschäftsleute. Wenn von uns einer telefonieren wollte, dann ist er entweder zur
Telefonzelle gegangen oder zur Post oder hat unten in der Metzgerei
oder im Cafe telefoniert.
Natürlich war das Telefon von den Eltern vom Spezl sehr
interessant. Wir haben oft damit rumgespielt und irgendwelche Nummern
gewählt und uns dann amüsiert wenn sich der andere am andern
Ende der Leitung aufgeregt hat. Was wir allerdings nicht wussten war,
das der Vater vom Karli eine Art Doppelanschluss hatte. Mit anderen
Worten: Wenn in der Wohnung jemand den Höhrer abgenommen hat, dann
hat unten im Geschäft ein Lämpchen geblinkt oder geleuchtet
und signalisiert das die Leitung belegt ist. Was wir ebenfalls nicht
wussten war, das dem Karli sein Vater auch mithören konnte wenn
wir unsere Sprüche ins Telefon abgelassen haben. Endergebnis war
dann eines Nachmittags, das er plötzlich hinter uns stand und sich
furchtbar aufgeregt hat und dem Karli eine runtergehaun hat und mich
heimgeschickt hat. Der Karli hat dann ein paar Tage Hausarrest bekommen
und das Telefon an der Wählscheine ein kleines Schloß.
Irgendwann war dann wieder alles ok und ich war wieder einmal beim
Karli in der Wohnung und da stellte sich dann raus, das wir etwas
wussten was dem Karli sein Vater nicht wusste. Wenn man nämlich in
unregelmässigen Abständen mit dem Finger auf die Telefongabel
gehaun hat, dann war das so wie wenn man eine Nummer wählt und
eine Verbindung wurde aufgebaut. Allerdings hatten wir keine Ahnung
wohin der Anruf ging. Und so kams das sich dem Karli sein Vater wieder
aufgeregt hat wie er die Telefonrechnung bekommen hat :-) Der Rest war
wie gehabt, a drumm Schelln fürn Buam und ein paar Tage
Hausarrest. Naja, Eltern eben.
Schuld war übrigens immer ich, denn der eigene Sohn wäre ja
nie auf solche Ideen gekommen, das war ja immer ich der ihn zu sowas
angestiftet hat. Jaja, wenn der Mann gewusst hätte. Aber das
weiß er schätzungsweise bis heute noch nicht :-)
Wie dann wir unser Telefon bekommen haben hat sich die Geschichte
übrigens sehr ähnlich wiederholt. Die erste Telefonrechnung
hat meinen Vater fast aus den Socken gehoben.
Er hat zwar auch ein bissl herumgeschimpft, aber er hat sich schnell
wieder beruhigt und ich bekam weder Watschn noch Hausarrest noch wurde
der Karli weggeschickt.
Das war der Unterschied zwischen unseren Vätern. Aber dazu dann
später auch mehr, denn so kleine Geschichten zum Thema Söhne
und Eltern kommen hier noch öfters vor.
Wenn man nach links gegangen ist, also den Gang entlang, dann stand da
eine rot-weisse Garderobe mit einem Spiegel an der Tür. Die
Garderobe war mal im Zimmer von meiner Tante, aber die hat sich dann
irgendwann eine neue gekauft und die gebrauchte wurde dann in den Gang
gestellt. Das war recht praktisch, denn darin konnte man ausser den
Klamotten auch noch einiges an Kruschzeugs verstaun. Soweit ich mich
erinnere war da auch das Schuhputzzeugs drin und so manches
Putzmittelchen. Am Ende des Gangs war das Waschbecken. Wie damals gar
nicht so unüblich war das Waschbecken aus irgendeinem Metall und
recht groß und rechteckig. Der Wasserhahn war bestimmt einen
halben Meter über dem Waschbecken und es gab auch nur kaltes
Wasser. Zur damaligen Zeit gabs auch noch viele Wohnungen in denen gar
kein Wasseranschluß drin war. Da gabs in jedem Stockwerk ein
Waschbecken das die Bewohner des jeweiligen Stockwerks benutzt haben.
Wenn bei uns jemand warmes Wasser brauchte, also z.B. zum Haarewaschen,
dann wurde ein großer Topf mit Wasser gefüllt und auf dem
Ofen erhitzt. Wenn das Wasser dann eine angenehme Temperatur hatte,
dann wurde mit einer Kanne oder einer Schüssel Wasser entnommen
und dem Haarwäscher über den Kopf geschüttet. Jener
stand natürlich nicht einfach so da sondern hatte den Kopf
über das Becken gebeugt. Jeden Samstag und/oder Sonntag war
Badetag. Badewanne hatte fast überhaupt keine Wohnung in Perlach
eingebaut. Meistens hatte jeder eine große Plastikwanne, die
wieder mit heißem Wasser gefüllt wurde. Diese "Badetage"
waren so richtig Kult, mir hats immer sehr gut gefallen. Danach hat man
sich den Schlafanzug angezogen und auf die Couch gehockt und in den
Fernseher gegafft. Bei der Gelegenheit sei noch erwähnt, das die
Samstagabende vorm Fernseher wesentlich interessanter waren als wie
heute.
Links hinten am Ende des Gangs war dann die Türe zum Klo. Das Klo
war damals schon sehr geräumig und nicht so ein kleiner Raum wo
man Platzangst bekommt. Ich schätze mal das die Entfernung von der
Tür bis zur Kloschüssel bestimmt 6 Meter waren. In dem Raum
stand auch noch eine sogenannte Stellage (a Schdellasch) wo alles
mögliche an Zeugs aufbewahrt wurde. Die Winterstiefel, Putzeimer,
Besen und lauter so Zeugs was man nicht so oft braucht. Das Klo selber
war auch beste Qualität. Der Spülkasten war fast unter der
Decke, natürlich auch aus irgendeinem Metall, daran hing eine
lange Metall-Gliederkette an deren Ende ein Holzgriff war. Daran
gezogen schoss das Wasser die gut 3,50 Meter durch das Rohr herunter
und hatte eine enorme Schubkraft. Oder wie meine Oma immer gesagt hat
"Mit dem Heisl schiabts da de grässdn Heiffa owe" :-)
Es war einfach ein brauchbares Qualitätsklo. Einfach, aber genial.
Schräg überm Klo war dann noch das Klofenster. Ein einfaches
Fenster mit einem weissen Rahmen und einem schwarzen Verschluß.
In diesem Klo an diesem Fenster hab ich übrigens mit 7 Jahren
meine erste Zigarette geraucht :-) Bei der Stellage die noch drinstand
wars auch sehr verlockend oben raufzuklettern, also praktisch der
Stellage aufs Dach zu steigen. Da konnte man als interessierter
Jüngling dann zuschauen was sich in dem Wasserkasten abspielt wenn
man den Abzug betätigt hat. Das praktische an der Sache war ja,
das man nicht unbedingt am Griff unten ziehen musste, man konnte auch
den Metallbügel oben im Wasserkasten runterdrücken und hatte
den selben Erfolg. Im Wasserkasten drin war so ein ganz kleiner
messingfarbener Wasserhahn. Aus diesem Wasserhahn lief das Wasser in
den Spülkasten hinein. Nach einigen Tests habe ich dann
rausgefunden das sich der Wasserhahn automatisch abstellt wenn das
Wasser eine gewisse Höhe erreicht hatte. Irgendwann kam ich dann
auf die ruhmreiche Idee den Wasserhahn etwas nach oben zu drehen. Das
hatte dann ungeahnte Auswirkungen. Denn der spritzte lustig nach oben
an die Decke und hörte nicht mehr auf, weil er so blöd war
und dachte der Kasten ist noch nicht voll Wasser. Meine Tante hats dann
gemerkt und ist schreiend und schimpfend durch die Wohnung gelaufen.
Mir war gleich klar was Sache ist. Schnell auf die Stellage geklettert
und den Hahn wieder nach unten gedreht. Viel später hat mir dann
einmal ein Handwerker erklärt, dass das Wasser solange aus dem
Hahn läuft bis der eine Hebel mit dem kleinen Schwamm eine gewisse
Höhe erreicht hat und damit dem Hahn signalisiert das er abstellen
kann. Tja.... hätte ich das früher gewusst wäre uns der
Maler erspart geblieben :-)
Für dieses Scherzchen habe ich
auch weder Watschn noch Hausarrest bekommen.
Nur den dezenten Hinweis von meinem Vater, das wenn ich den Wasserhahn
noch einmal anfasse ich dermassen den Hintern voll kriege das ich die
nächsten vier Wochen nicht mehr sitzen kann. Angedroht hat er mir
sowas öfters, aber gemacht hat er es dann doch nie.
Einige Zeit später hat sich meine Tante dann eingebildet das ein
Warmwasserboiler her muss weil das nervig ist mit dem Wasserkochen. Und
bei der Gelegenheit wurde dann gleich das ganze Waschbecken und auch der
Hahn ausgewechselt. Resultat war dann eins der handelsüblichen
weissen Waschbecken mit einem geschwungenem Wasserhahn wo man wahlweise
warmes oder kaltes Wasser rauslaufen lassen kann. Der Boiler war damals
von Stiebel-Eltron und hatte ein interessantes rotes Licht und ein noch
interessanteres Drehschalterchen :-) Bald kam ich drauf, je mehr man
den Drehschalter nach rechts dreht umso heisser wird das Wasser.
Als
erster hat das mein Vater gemerkt wie er sich rasieren wollte. Ich
weiss noch genau wie er vor dem Spiegel stand, Rasierschaum im Gesicht
hatte, seinen Nassrasierer in der einen Hand hielt und mit der anderen
unter das heisse laufende Wasser gelangt hat. Recht schnell hat er
seine Hand zurückgezogen, dann hat er geflucht und dann ist meine
Oma rausgelaufen und hat ihm die Hand unter das kalte Wasser gehalten.
Irgendwie hatte ich da das Gefühl das er mir liebend gern eine
geballert hätte, aber er hat dann ziemlich geschimpft und gut
wars. Jedenfalls war die Laufgeschwindigkeit des Wassers das aus dem
neuen Wasserhahn floß sehr gewöhnungsbedürftig. Wenn
man aus irgendeinem Grund ein volles Becken wollte, dann hat man viel
Zeit gebraucht. Ich habe diesen Wasserhahn immer gehasst. Dann kam der
Tag wo meine Tante sich eine Waschmaschine eingebildet hat. Das war
schon fast purer Luxus für die damalige Zeit. Irgendwann kam sie
dann, eine weisse Waschmaschine, ich glaube sie war von Bauknecht. Denn
schon damals hat Bauknecht genau gewusst was Frauen wünschen ;)
Mir und meinem Vater wurde gleich nach dem erfolgreichen Aufstellen und
Anschliessen der Waschmaschine klargemacht, das wir unsere Pfoten davon
lassen sollen weil wir eh nur alles kaputtmachen. Bedient hat sie also
nur meine Tante. Ob sie sie aber auch selber bezahlt hat glaube ich
nicht.
Zusätzlich zur Waschmaschine musste dann noch eine
ausziehbare Trockenvorrichtung an die Wand. Witzigerweise hat sie da
meinem Vater erlaubt sie an die Wand zu schrauben. Die Wände
damals bei uns in der Wohnung waren der Wahnsinn. Entweder man hatte nicht die geringste Schangs einen Nagel in die Wand
zu haun weil er sich entweder beim ersten Schlag verbogen hat, oder
nach dem spätestens zweiten Schlag fiel der Nagel raus und nahm
gleich ein Stück von der Wand mit. Ähnlich wars bei der
Bohrerei. Bohrmaschine hatten wir keine. Wozu auch. Aber ich habe
irgendwann zu Weihnachten einen kleinen Werkzeugkasten geschenkt
bekommen und in dem war ein kleiner, roter Handbohrer mit einer Kurbel.
Mein armer Vater war sehr lange beschäftigt bis die Löcher in
der Wand waren. Er hat auch einiges an Gips verbraucht weil
zwischendurch immer wieder die Wand rauskam. Irgendwann hat das Dings
dann gehalten und mein Vater war so sauer das er erst einmal in die
Wirtschaft gegangen ist. Genau, ins "Gasthaus zur Post" ;) Oft benutzt
hat meine Tante das Teil sowieso nicht und mein Vater hat gesagt, das
er sich immer ärgern muss wenn er das depperte Teil da an der Wand
sieht. Lange hats nicht gedauert und meine Tante hat sich dann ein
großes zusammenklappbares Wäschetrockengestell gekauft, weil
sowas viel praktischer ist. Das Teil hat sie dann ins Zimmer von mir und
meinem Vadda reingestellt weils da, wie sie sagte, am wenigsten im Weg
umgeht. Trotzdem muss ich zugeben, das der Geruch von frisch
gewaschener Baumwolle schon irgendwie angenehm war in so mancher Nacht.
Jahre später hat sie sich dann einen
Wäschetrockner eingebildet ;) Somit standen Waschmaschine und
Wäschetrockner in gefährlicher Nähe des Waschbeckens und
so manches mal stiess man sich unbeabsichtigt den Bürzel wenn man
sich etwas nach vorne gebeugt hat. Irgendwann haben ich und mein
Vadda die beiden Teile einfach um einen halben Meter nach hinten
versetzt und meine Tante konnte nichts dagegen machen weil sie rein
körperlich nicht in der Lage war die Geräte zu bewegen.
Leicht schräg gegenüber der Eingangstüre gings zur
Küche. Genauer gesagt war es eine Wohnküche, also eine
Kombination aus Küche und Wohnzimmer, was in manchen Altbauten
auch heute noch üblich ist. Der Vorteil bei sowas ist z.B. der,
das man nicht lange durch die Wohnung rennen muss wenn man was aus dem
Kühlschrank braucht. Wie groß die Wohnküche genau war
weiss ich nicht mehr, aber man hatte jedenfalls zu viert genügend
Platz drin. Der Boden war komplett mit Linoleum ausgelegt. Ein sehr
einfacher, aber auch sehr robuster Bodenbelag, den man eigentlich so
gut wie gar nicht ruinieren konnte. Im Lauf der kommenden Jahre hat
meine Oma unzählige Flüssigkeiten und Flecken von diesem
Linoleum weggewischt, ohne das man irgendwelche Rückstände
sah. Nur an einem Punkt war ein Fleck den man nicht mehr wegwischen
konnte. Da ist irgendwann einmal meinem Vater die Glut von seiner
Zigarette runtergefallen und er hat zulange gebraucht um sie wieder
aufzuheben. Dieser schwarze Brandfleck verschwand dann eines Tages
unter einem Teppich. Gleich rechts neben der Türe stand ein alter
(damals natürlich hochmoderner) Kohleofen mit mehreren
Fächern zum aufmachen und aufschieben. Die Kochfläche bestand
aus einer etwa 1x1 Meter großen, schwarzen Metallfläche, in
die 2 große und 2 kleine herausnehmbare Metallplatten drin waren.
Diese vier Platten konnte man mit einer kleinen Metallstange
herausnehmen. Drunter loderte im wahrsten Sinn des Wortes das Feuer.
Wenn man direkt unter den Platten ein paar Kohlen reinwarf, dann wurden
nicht nur die Platten verdammt heiss sondern auch das Essen. Oder das
Wasser. Je nach dem was man draufgestellt hat.
Tatsache ist jedenfalls, das sowohl ich wie auch mein Vater es
öfters geschafft haben etwas anbrennen zu lassen. Links am Ofen
ging das Ofenrohr raus, ein großes, silberfarbenes
Rohr, welches dann in der Wand neben der Türe verschwand.
In der Wand war wiederum der Abzug für die Kamine welche wiederum
in den Speicher führten und von da aufs Dach. Alles in allem eine
saubere und sehr gute Sache, denn wenn der Ofen beheizt war dann merkte
man nach 5 Miuten schon wie das Zimmer sehr angenehm warm wurde. Der
Ofen hatte auch noch einen weiteren Vorteil. Man konnte ausser Holz und
Kohlen und Briketts auch alles mögliche an anderem Zeugs
verfeuern. So schmissen mein Vater und auch meine Onkels immer
die Kippen ihrer Zigaretten hinein und ich so manche zerrissene Socke
:-) Seltsamerweise hat meine Oma die Kippen die drin verbrannten nie
gerochen, die Socken allerdings immer. Der einzige Nachteil des Ofens
war der, das man zumindest im Winter jeden Tag mindestens einmal
runterlaufen musste um die Asche aus dem Behälter in die
Mülltone zu kippen. Das war zwar so gesehen keine schwere Arbeit,
aber trotzdem hat sie niemand besonders gerne gemacht. Eine sehr
beliebte Arbeit war es vor allem dann wenn es draussen stark gewindet
hat. Direkt vor dem
Ofen war noch ein silberfarbenes Metallblech am Boden, falls einem beim
Rumstochern in der Glut eine heisse Kohle rausfällt. Soweit ich
mich erinnere ist das allerdings so gut wie nie passiert, dafür
ist meinem Vater so manche noch glühende Zigarettenkippe
runtergefallen wenn er nicht gscheit gezielt hat und nicht in die
Öffnung des Ofens getroffen hat sondern irgendwo daneben hin.
Gleich neben dem Ofen war dann die Spüle. Natürlich keine
moderne wie man sie heute kennt, sondern ein großer, etwa 1 Meter
hoher Kasten, wo unten zwei geräumige Fächer für
Töpfe und Pfannen waren und gleich darüber ein aufklappbarer
Bereich wo zwei große Plastikschüsseln in einer Halterung
waren. Das waren die Spülschüsseln. Eine fürs
Spülwasser und eine für das gewaschene Geschirr zum
Abtropfen. Neben dem Kasten hingen immer zwei bis drei
Abtrocktücher. Das einzige was an der ganzen Spüle
Edelstahl war, das waren die oberen und unteren Abschlußleisten
der Türen von den Fächern unten. Oberhalb des Kastens waren
noch zwei
Schränke wo sich Tassen, Teller und Gläser befanden, also
eher tägliche Gebrauchsgegenstände fürs Essen und
Trinken. Zwischen dem Kasten und den Schränken darüber war an
der Wand eine Dreifach-Steckdose. Das weiss ich noch so genau weil wir
damals drei elektrische Küchengeräte hatten. Eine
Kaffeemühle, einen Handrührer und eine kleine elektrische
Kochplatte. Die Kochplatte wurde meist dann benutzt wenn nur schnell
eine Kanne Wasser gekocht
wurde oder wenn sich mein Vater zur späteren Stunde ein paar
Spiegeleier in die Pfanne gehaun hat. Witzigerweise ist ihm auf der
kleinen Kochplatte nie etwas angebrannt. Dann hatten wir noch eine
sogenannte Backhaube. Hinter dem geschwollenen Ausdruck verbirgt sich
nichts anderes wie eine Art transportabler elektrischer Backofen. Also
sowas wie heute in jedem Herd zu finden ist. Das Teil war total super.
Man konnte es überall hinstellen und es hatte eine
Innenbeleuchtung und ein großes Sichtfenster. Meine Oma hat darin
massenweise Plätzerl zu Weihnachten gebacken und auch so manchen
Guglhupf oder Marmorkuchen. Oft hat sie auch Brot selber gebacken.
Alles in dieser Backhaube. Für Schweinsbraten oder sonstige
Gerichte war es allerdings ungeeignet. Sowas wurde alles auf dem
Kohleofen gemacht. Backhauben gibts auch heute wieder welche,
allerdings sehen die ganz anders aus wie damals. Zu Weihnachten hat sie
meistens Anisplätzerl gebacken und, ich nehme mal an
hauptsäclich wegen mir, die sogenannten "Ausgschdechdn". Also
Plätzerl die die Form eines Tieres, eines Mondes oder eines Sterns
hatten. Die Plätzerl selber waren mir als Bub eigentlich gar nicht
so wichtig, ich habe mich mehr für den Teig interessiert. Den Teig
von den Anisplätzerl konnte man vergessen, der war geschmacklich
eher bäh, aber der von den Ausgschdechdn, der war optimal.
Manchmal hat sie extra ein bissl mehr Teig gemacht weil sie genau
wusste das ich immer einiges davon klaue. Mein Vater war da
übrigens auch nicht besser, der hat auch ganz gern in den Teig
gelangt. Manchmal hat sie die Ausgschdechdn
auch doppelt aufeinandergelegt und dazwischen Marmelade reingetan. Oft
haben wir uns gedacht das es viel zuviele Plätzerl geworden sind,
aber es kam sehr selten vor das nach Heilig 3 König noch welche
übrig waren. Die Plätzerl wurden übrigens immer in einer
ganz normalen Pappschachtel gelagert, ausgelegt mit irgendwelchen
Butterbrotpapieren, Deckel drauf und fertig. Also nix sauteure
Tupperschüsseln oder sowas in der Art. Hart geworden sind sie nie
und vom Geschmack her waren sie gut bis zum letzten Bissen. An
Weihnachten hat dann jeder Onkel bzw jede Tante eine Tüte voller
Plätzerl bekommen. Einer meiner Onkel hat meist noch am Heiligen
Abend seine Tüte leergefuttert und meine Oma hat dann immer
großzügig nachgefüllt. Zu den Weihnachtsfesten dann
auch irgendwann später mehr.
Zurück zur Wohnküche.
Neben der Spüle stand immer so ein uralter Holzstuhl, den
irgendwann jemand weiss angestrichen hat. So alt und wacklig wie dieser
Stuhl auch war, so stabil und beliebt war er.
Schon als ganz kleiner Junge hab ich auf dem Stuhl rumgeturnt und jeder
von uns ist oft draufgesessen. Dieser Stuhl war bereits lange vor mir
da und hat sich immerhin bis in die früher 1980ger Jahre am selben
Platz gehalten bis er irgendwann dann entsorgt wurde und ein anderer
Stuhl mit Sitzpolster seinen Platz einnahm. Neben dem Stuhl fing dann
praktisch der Wohnbereich an. Er fing an mit einem gemütlichen
alten Sofa das irgendwann mein Großvater gekauft hat und schon
viele Jahre auf dem Buckel hatte. So alt wie es auch war, so
gemütlich war es. Man sass und lag und schlief wunderbar darauf.
Ich hab keine Ahnung ob es jetzt wirklich ein Sofa war oder wie mancher
sagte, eine Ottomane, ist eh ein blöder Ausdruck, vielleicht wars
auch eine Couch oder was auch immer, jedenfalls war es ein sehr
beliebtes Möbelstück. Und da ich der liebe kleine Bub war
durfte ich die meiste Zeit drauf sitzen.
Und wenn ich drauf sass dann
war da zu meiner linken der Stuhl auf dem mein Vater immer sass, mir
gegenüber der Platz wo meine Oma immer sass und zu meiner rechten
der Platz von meiner Tante. Und natürlich der große
Holztisch, den man auf beiden Seite noch ausziehen konnte. Der Tisch
war ebenfalls ein sehr stabiles Teil und der hat 60 Mark gekostet. Das
weis ich deshalb so genau weil auf der Unterseite vom Tisch mit Kreide
60 DM draufstand. Heute kriegst so einen Tisch garantiert nicht unter
mindestens hundert Euro.
Rechts vom Sofa und direkt in der rechten Ecke
des Wohnbereichs stand ein dunkelbraunes Holzkastl auf dem der
Fernseher stand. Das Holzkastl hatte vier dunkelbraune Füße
die unten rum mit einem goldfarbenen Blech überzogen waren. Zwei
Schwingtüren waren drin und hinter denen befand sich ein sehr
interessanter Inhalt, denn in dem Kastl waren die
Süßigkeiten und Knabbereien die man so während eines
Fernsehabends verdrückte. Ich dagegen musste nicht unbedingt
fernsehen um etwas davon zu verdrücken. Zum Beispiel war da
die beliebte schwarz-weiss karierte Schokolade drin, die ich oben
irgendwo erwähnte, und manchmal schnappte ich mir unauffällig
eine Tafel und nach wenigen Minuten war sie dann in mir. Meine Oma und
meine Tante haben sich manchmal gewundert das die Schokolade an
Schwindsucht leidet :-) Kartoffelchips gabs eigentlich nie welche, denn
die waren bei uns nicht so beliebt. Ich weiss noch das wir
Club-Cräcker hatten (die gibts heute glaub ich auch nicht mehr)
und so salziges Kleinzeugs und Erdnüsse. Manchmal hat meine Tante
aus der Stadt auch diese sauguten Orangenkekse mitgebracht. An denen
hab ich mich als Kind schon blödfressen können. Und oft hatte
ich dann auch am Tag danach einen zünftigen Dünnpfiff. Aber
was nimmt man nicht alles in Kauf wenns einem halt gar so gut schmeckt.
Der Fernseher war natürlich schwarz-weiss weils damals entweder
noch gar kein Farbfernsehen gab und wenn, dann waren die Farbfernseher
sauteuer. Ich glaube ich hab schon erwähnt das wir immerhin 5
Programme empfangen konnten. ARD, ZDF, BR, ORF1, ORF2. Wobei das ZDF
erst irgendwann in den späteren 1960ger Jahren bei uns im Haus
empfangbar war. Die wo im Haus gegenüber wohnten, also da wo der
KATRA drin war, die bekamen komischerweise das ZDF rein. Der Fernseher
war natürlich ohne Fernbedienung. Eine Fernbedienung gabs damals
noch gar nicht, die kam erst Jahre später raus und war meist
ziemlich wuchtig und mit einem Kabel mit dem Fernseher verbunden.
Das war zwar schon irgendwie bequemer, sah aber auch ziemlich
bescheuert aus. Also kein Vergleich zu den Fernsteuerungen die es heute
so gibt. Abgesehen davon waren die Leute damals noch nicht so faul wie
heute und haben sich aus dem Stuhl erhoben und das Programm per Hand
umgestellt. Oben auf dem Fernseher stand zum einen eine kleine Uhr und
ein gerahmtes Bild von meinem Opa. Scheinbar war es schon immer sehr
beliebt oben auf die Fernseher irgendwas draufzustellen. Und
natürlich war es auch völlig normal das durch die Vibration
des Geräts sowohl das Bild wie auch die Uhr in
unregelmässigen Abständen entweder verrutschte oder
runtergefallen ist.
Bei den inzwischen in Mode gekommenen flachen
Fersehern ist man dieses Problem los weil man oben eh nix mehr
draufstellen kann. Aber solche Art von Fernseher gabs damals nicht und
ich glaube wenn jemand von sowas geredet hätte, dann hätte
man ihn für deppert gehalten. Vom Fußboden bis zum Boden des
Fernsehkastels warens etwa 30 Zentimeter Zwischenraum. Da konnte ich
als kleiner Bub locker durchkriechen und den Fernseher von hinten
betrachten. Denn schon als kleiner Bub hab ich mich sehr für
Fernseher und für Radios interessiert. Und so kams das der
Fernseher mehrmals ziemlich verstellt war und man nur noch den
berühmten Schneefall sah. Auch bekam ich recht bald raus was es
für eine Wirkung hat, wenn man das Antennenkabel aus der Dose (TV)
zog und in die Dose (R) steckte. R = Radio. Mein Vater musste das dann
alles in Ordnung bringen aber ich wusste Bescheid was es für
Auswirkungen hat.
Radios die man an die Hausantenne anschliessen konnte hatte eigentlich
niemand den ich kannte. Die meisten Radios hatten entweder eine
Stabantenne oder eine Wurfantenne und oft hat man sich geärgert
das der Empfang plötzlich schlechter wurde weil die Antenne
wackelte. Manchmal verschwand auch der komplette Sender und man
hörte nur noch Rauschen. Und oft kam er dann auf seltsame Weise
von selber wieder zurück. Kabelfernsehen und Kabelradio gabs
nicht. Jahre später war ich oft bis spät in die Nacht damit
beschäftigt mit selbstgebastelten Antennen irgendwelche fernen
Radiosender zu empfangen. Dazu dann aber auch später mehr.
In der Mitte der Wand, also genau zwischen der rechten und der linken
Zimmerecke (geniale Beschreibung) war das Fenster. Das war auch nicht
so ein modernes 08/15-Fenster wie sie es heute gibt, sondern ein
sogenanntes Doppelfenster mit einem echten Holzrahmen. Das bedeutet,
das Vordere Fenster war das Hauptfenster, das man mit einem schönen
silberfarbenen Drehgriff öffnen konnte. Zwei Fensterflügel
eröffneten sich nach links und nach rechts, darüber ein
Oberlicht das man entweder aushängen konnte oder kippen konnte.
Das innere Fensterbrett war ebenfalls komplett aus Holz. Direkt unter
dem Fensterrahmen war eine kleine Rinne aus Metall in der sich das
Regenwasser sammelte wenn man entweder vergessen hat das Fenster
rechtzeitig zu schliessen oder wenns nicht gscheit zu war. In der Mauer
unter dem Fensterbrett war dann ein Auffangbehälter, ebenfalls aus
irgendeinem Blechzeugs, die Vorderseite war normalerweise immer so
angestrichen wie die Zimmerwand. Im Inneren des Auffangbehälters
war allerdings nur selten Wasser, weil die Fenster, so alt wie sie auch
waren, ziemlich dicht waren. Also nicht so ein neumodisches Glump was
nix oder nicht viel taugt. Dafür ist an den Fensterrahmen aber
öfters die Farbe etwas abgebröckelt. Im Auffangbehälter
fand man aber hin und wieder eine Spinne. Einmal hab ich auch eine
Schachtel Zigaretten von meinem Vadda drin versteckt. Die hat er dann
gesucht und nicht gefunden und ich hab auch nicht mehr drangedacht und
irgendwann war die Sache vergessen. Und noch irgendwanne hab ich sie
dann wieder gefunden, von der Feuchtigkeit ziemlich verändert habe ich
die Schachtel und den Inhalt dann unauffällig verschwinden
lassen. Ach ja, ab dem Frühling bis zum Spätherbst war
immer nur eins der Fenster drin, nur im Winter wurde dann in allen
Zimmern das zweite mit eingehängt. In der Wohnküche wars
somit immer sehr angenehm warm auch wenns draussen noch so kalt war.
Ja, soviel zu den Fenstern.
Links vom Fenster hatten wir noch eine
kleine Eckbank und einen Esstisch. Die Eckbank wurde allerdings bald
entfernt, ich glaube sie war schon nicht mehr da wie ich in die
1.Klasse ging. Soweit ich mich erinnere wars eine Bank aus hellbraunem
lackierten Holz und einem roten Kunstlederbezug. Interessant war vor
allem die Ecke der Eckbank, denn da konnte ich als kleiner Junge
problemlos dahinterkriechen und die Rückseite mit Buntstiften und
Wachsmalkreiden verschönern. Nachdem die Bank dann rausflog wurden
meine Kunstwerke entdeckt, aber aufgeregt hat sich darüber dann
niemand mehr. Bei meinen Kunstwerken an der dahinterliegenden Tapete
sahs schon etwas anders aus, aber mein Vater hat gemeint, das wir da eh
neu tapezieren also wars wieder mal nicht so schlimm.
Ein ganz besonderes Erlebnis in dieser Ecke hatte ich an einem Sonntag.
Ich sass wieder einmal hinten im Eck und verzierte die Rückseite
der Bank, als mein Onkel und meine Tante zu Besuch kamen. Aus
irgendeinem Grund hatte ich keine Lust von da hinten raus zu kommen.
Nach einiger Zeit dann nahmen alle am Tisch Platz und jene Tante setzte
sich genau so hin das man von hinten ihre Füße und ihre
Schuhe sehen konnte. Sie hatte so schwarze Pumps an wie sie in den
Spät-1950gern und auch in den 1960gern modern und beliebt waren.
Ich ging zwar noch nicht mal in die Schule, aber trotzdem hat mich
dieser Anblick sehr fasziniert. Vor allem wie sie mir dann beim
Hervorkriechen völlig unabsichtlich mit dem Schuh über den
Bauch gefahren ist. Ich wusste zwar damals noch nicht was das alles
bedeuten könnte, aber ich glaube, das ich zu jener Zeit schon
meine Vorliebe für solche Sachen hatte. Ab dem Tag hab ich dann
immer ganz genau aufgepasst was meine Tanten (ausser der, die bei uns
wohnte) für Schuhe anhatten.
Wenn man auf der
Eckbank sass dann war zur rechten Seite die Eingangstüre zum
Zimmer meiner Tante. Neben der Türe war dann der sogenannte
Küchenschrank. Darin befanden sich die etwas besseren Gläser
und Teller und das gute Kaffeegeschirr das immer dann benutzt wurde
wenn Besuch kam. In der kleinen Glasvitrine in der Mitte des Schranks
waren ein paar Weingläser, echt wuchtige Teile die wesentlich
schwerer waren wie die normalen Gläser. Meine Oma hat immer gesagt
das diese Gläser als "Römer" bezeichnet werden. Ich fands
zwar irgendwie blöd das die so heissen, aber eigentlich wars mir
ziemlich egal. In einem der Weingläser hat mein Vater im Lauf der
Jahre so manche Flaschenkorken gelegt. Ebenfalls in der Vitrine war so
ein komisches Teeservice meiner Tante, auf dem lauter ausländische
Figuren zu sehen waren, dunkelhaarige Frauen mit massig Schmuck und
tausende von Verzierungen. Ich glaube das war alles irgendso indisches
Zeugs. Solange ich mich an diesen Küchenkasten erinnere, niemals
hat jemand einen Tee aus diesen Tassen getrunken. Links und rechts von
der Vitrine waren noch zwei Türen hinter denen zwei
Einlegeböden waren. Darin standen Tassen und Teller und ein
weiteres Teeservice, das bei meiner Tante fast täglich in Gebrauch
war. Auf der andern Seite war zusätzlich noch ein Kaffeeservice
drin, das auch mehrmals die Woche in Gebrauch war. Zusätzlich
waren auf der linken Seite noch Mehl, Zucker und ein paar
Gewürzdosen drin. Und unter der Glasvitrine war noch ein
Klappdeckel mit diversen Einschüben. In denen waren lauter
Glasbehälter in denen einige Sachen waren die man
öfters mal braucht so über die Woche verteilt. Alles offen
reingeschüttet. Salz, Zucker, Mehl usw. Das war recht praktisch
denn man brauchte nur entweder mit den Fingern oder einem Löffel
reinzulangen und schon hatte man alles um Kaffee oder Suppen oder was
auch immer zu würzen ;) Im Unterteil des Küchenkastens waren
dann größere Töpfe, die Teekannensammlung meiner
Tante, Kuchenplatten und lauter so Zeugs das man nicht so oft
braucht. Unter den oben erwähnten Glaseinschüben war
noch eine kleine Niesche, in der war der Brotkasten. So ein
schöner alter aus Holz und davor eins der damals in vielen
Haushalten vorhandenen Deckchen auf denen irgendein meist nutzloses
Zeugs stand.
Mir sind von damals noch einige Wohnungen bekannt, wo meist ältere
Mieter für allen möglichen Mist an allen möglichen
Stellen, meist im Wohnzimmer bzw in der Wohnkücke, irgendwelche
Deckchen liegen hatten auf denen irgendwas draufstand. Kleine Uhren,
irgendwelche Figuren, manchmal war sogar auf dem Esstisch eins wo Salz-
und Pfefferstreuer draufstanden, bzw. auf einem Extra-Tisch, der nur
zum Kaffeetrinken benutzt wurde, auf dem Deckchen stand dann meist eine
Zuckerdose und manchmal sogar noch ein silberner Greifer mit dem man
den Würfelzucker aus der Dose holte. Bei uns wars nicht so
schlimm, da holte man den Zucker entweder mit den Fingern raus oder man
benutzte Streuzucker.
Tja, und ganz rechts zwischen Wand und Küchenkasten war dann noch
etwa 30cm Platz. Und da stand so eine komische Halterung wo man
Plastiktüten an den Henkeln einhängen konnte, da wurde immer
der Abfall reingeschmissen. Übrigens, an der Wand über
der Couch und überm Fernseher war noch eine Art Holzbalken auf dem
diverse Figuren standen. Hummelfiguren und lauter so Zeugs was nicht
grad billig war. Unter anderem auch ein aus Holz gemeisseltes
Minigebirge auf dem eine Tanne und ein Reh waren.
Das Zimmer meiner Tante war eine andere Welt. Sie liebte es irgendwie
die etwas feinere Dame raushängen zu lassen und so sah auch ein
Großteil ihrer Zimmereinrichtung aus.
Sie musste einen sauteuren Schreibtisch haben, an dem weder ich noch
sonst jemand aus der Familie sie jemals sitzen sahen. Sie hatte eine
Schrankwand im Zimmer, sie hatte bessere Teppiche und Läufer im
Zimmer, die Lampe sah auch irgendwie ganz anders aus wie die restlichen
in der Wohnung und auch das ganze Kleinzeugs das man so rumstehen hat
wirkte irgendwie vornehmer wie das in den anderen Zimmern. Ganz am
Anfang hatte sie zwei Betten drinstehen. Eins links und eins rechts von
der Türe und als ganz kleiner Junge durfte oder musste ich in
ihrem Zimmer drin schlafen. Vorteil: Sie hat fast nie
geschnarcht. Nachteil: Wenn ich mal furzte stand sie auf und
öffnete das Fenster ;)
Wie ich dann etwa 6 Jahre alt war zog ich um ins Zimmer meines Vaters,
da wars viel gemütlicher. Dazu später dann noch
ausführlich mehr.
Das Zimmer meiner Oma sah da ganz anders aus wie das meiner Tante.
Zudem wars auch das kleinste Zimmer in der Wohnung, aber gleichzeitig
auch das, wo sich jeder am liebsten drin aufhielt. Nachteil von dem
Zimmer war auch der, das man durchgehen musste wenn man in das Zimmer
von meinem Vater und mir rein wollte. In Omas Zimmers stand gleich
rechts an der Wand ein wuchtiger Schrank der etwa 3 Meter hoch
war. Auf dem Dach des Schranks standen das ganze Jahr über
Weckgläser mit eingekochter Marmelade oder sonstige Früchten.
Schon als Kind haben mir von allen Beeren und Früchten die
Brombeeren am besten geschmeckt. Keine Ahnung wieso. Daran hat sich
übrigens bis heute nichts geändert. Hab ich die Wahl greife
ich immer zu Brombeeren. Ganz unten am Schrank waren zwei ebenso
wuchtige Schubladen, wo man schon gscheit hinlangen musste um sie zu
öffnen. Der Schrank selber hatte zwei große Türen von
denen eine einen großen Spiegel hatte. Dieser Spiegel war
ebenfalls sehr beliebt in der Familie und jeder der sich frisierte
stand meist vor diesem Spiegel. Gleich neben dem Schrank war dann das
Bett meiner Oma. Ein schweres, altes Bett, mit massivem Holzrahmen und
einer dreiteiligen Matratze und einer Federung wo man sehr schön
drauf rumspringen konnte. Ich hab als kleiner Bub immer versucht so
hoch zu springen das ich mit den Fingerspitzen die Zimmerdecke
berühre.
Weil ich das nie geschafft hab bin ich irgendwann auf die Idee gekommen
mit einem Kugelschreiber die Höhe meiner Sprünge an der
Tapete zu markieren. Zu meiner Freude kann ich sagen, es hat bis zu dem
Tag an dem die Zimmerdecke neu gestrichen wurde niemand bemerkt
;) Über dem Bett hing ein altes Bild, in schwarz-weiss, auf
dem lauter Leute drauf waren die mir fast alle unbekannt waren. Meine
Oma hat mir im Lauf der Zeit mehrmals erklärt wer diese Leute
sind, aber bis auf sie selber (sie war auch noch ein kleines Kind) und
einem kleinen Hund, blieb mir eigentlich niemand so richtig im
Gedächtnis. Jedenfalls waren sowohl ihre Eltern wie auch ihre
Großeltern drauf zu sehen, dazu noch diverse Tanten und Onkeln
und alle natürlich im Outfit der frühen 18-hundert-Jahre.
Wobei schwarzweiss kann man eigentlich gar nicht sagen, es war mehr so
weiss-dunkelbraun von der Farbe her. Jedenfalls konnte man alles gut
erkennen.
Neben dem Bett das Nachtkastl, ebenfalls aus schwerem Holz
und einer Marmorplatte oben drauf. Und was war auf der Marmorplatte?
Genau, ein Deckchen ;) Auf dem stand ein Wecker und meist lag noch das
Buch oder das Heftl drauf das meine Oma grad gelesen hat und eine
kleine Nachttischlampe mit weissem Kabel und einem Schalter. In der
Schublade vom Nachtkastl war lauter so Zeugs drin, Haarklammern, ein
Kamm und vieles was sie so unter der Woche alles in der Wohnung
eingesammelt hat und in die Tasche der Schürze gesteckt hat und
beim abendlichen Umziehen aus der Tasche gefallen ist. Manchmal war
diese Schublade eine wahre Fundgrube. Im unteren Bereich war ebenfalls
eine Türe und dahinter ein Fach mit einem Einlegeboden. Soweit ich
mich erinnere war da immer ein paar Hausschuhe drin und ihre
Handtasche.
Neben dem Nachtkastl war ein weisser Schaukelstuhl. Der stand
eigentlich zuerst im Zimmer meiner Tante weil sie sich den eingebildet
hat aber irgendwann dann doch loswerden wollte. Bevor er ins Zimmer
meiner Oma kam stand dort ein ganz normaler Stuhl, der dann raus musste
und den alten Holzstuhl in der Wohnküche ersetzte. Nachdem meine
Tante den Schaukelstuhl loswerden wollte hat er ihr ja nicht mehr
gehört sondern meiner Oma. Und plötzlich sassen auch ich oder
mein Vater öfters mal drin. Daneben an der Wand stand eine kleine
Kommode mit zwei kleinen Schubladen oben und zwei größeren
Schubladen drunter. Oben auch hier eine schwere Marmorplatte, die
übrigens in den heißen Sommermonaten oft angenehm kühl
war. In den kleinen waren unter anderem einige Seidentücher die
meine Oma nur zu ganz besonderen Anlässen benutzte. Massig
Stofftaschentücher, Strümpfe und Strumpfhosen und in den
größeren Leintücher und Bettbezüge von den Betten
von mir und meinem Vater und von dem von meiner Oma.
Die von meiner
Tante befanden sich natürlich in deren Zimmer, weil die waren ja
was besseres.
Neben der kleinen Kommode war dann die Türe die zum
Zimmer von mir und meim Vadda führt. Und neben der Türe war
noch die große Kommode von meiner Oma, auch hier oben eine
schwere Marmorplatte. Da waren im oberen Bereich zwei kleine Schubladen
und drunter eine Türe und dahinter glaube ich sogar drei
Einlegeböden. In der großen Kommode waren ebenfalls viel
Bettzeugs und eine Menge an Handtüchern und Spültüchern.
Auf der großen Kommode stand u.a. ein Bild von meinem Opa und
irgendeine Kassette mit diversen Schmuckstücken. Viele
Schmuckstücke hatte meine Oma nicht weil sie das Zeugs nicht
braucht, hat sie immer gesagt. Soweit ich mich erinnere war da echt nur
ein oder zwei paar Ohrringe drin und ein Rosenkranz. Zum Vergleich:
Meine Tante hatte massenweise Ringe und Broschen, die sie aber nie
getragen hat weil sie könnten je beschädigt werden. Eine
Kerze stand auch noch drauf, aber die wurde nie angezündet.
Und auch in dem Zimmer war noch eine kleine Nische zwischen
großer Kommode und der Wand. Da stand meistens ein Besen dahinter
und ich hab mich auch oft gern dahinter versteckt weil wenn die
Zimmertüre offen war, dann verdeckte sie die ganze Nische. Um mich
dahinter zu verstecken und auch die Türe offen zu haben, musste
ich die Türe mit leichtem Schwung nach hinten ziehen. Oft knallte
sie dabei an die Ecke der großen Kommode und so nach und nach
merkte man sowohl an der Kommode wie auch an der Türe eine leicht
abgewetzte Stelle. Somit würde kurzerhand ein Schaumgummidings an
die Ecke geklebt und gut wars. Ganz am Anfang war nur ein Linoleumboden
in diesem Zimmer und ein kleiner Teppich in der Mitte. Später
wurde das Linoleum zum Teil rausgerissen und durch die in Mode
kommenden Teppichfliesen ersetzt. Ich erinnere mich noch genau wie
damals ein Mann kam der das alte Linoleum rausriss und das neue
hineinlegte. Unter der alten Linoleumschicht waren einige Seiten aus
Tageszeitungen der 1950ger Jahre. Der spätere Teppichboden machte
allerdings schwer was her. Der Nachteil war aber der, das man einige
Flecken die man beim Linoleum einfach wegwischte total umständlich
und vorsichtig rauswischen musste, damit man keine Farbunterschiede bei
den Fliesen sehen konnte. Wie sich im Lauf der Jahre dann rausstellte
war das gar nicht so einfach und irgendwann wars dann jedem wurscht ob
man da eine "gesäuberte" Stelle sieht oder nicht. Meine Tante
hatte übrigens dann auch einen Teppichboden in ihr Zimmer legen
lassen und ab da durfte ausser ihr niemand mehr dieses Zimmer betreten
damit der Boden nicht zu sehr beansprucht wurde. Allerdings waren die
damaligen Zimmertüren fast alle mit dem gleiche Schloß
ausgestattet, nur die Schlüssel hatten ganz kleine Unterschiede.
Es waren auch keine so kleinen Schlüssel wie man sie heute so hat
sondern relativ große Schlüssel bei denen man auch
spürte etwas in der Hand zu halten.
Ein Handwerker hat mir
dann einmal gesagt, das man von so einem Schlüssel nur den Bart
links und rechts abfeilen braucht, dann sperrt er an jedem Schloß
bei dem man ihn reinstecken kann. Es dürfte klar sein das ich
einige Tage später dann so einen Schlüssel organisiert habe
und somit konnte man das Tantenzimmer immer besichtigen wenn ausser mir
niemand in der Wohnung war oder wenn meine Oma gelegentlich ein
Mittagsschläfchen gemacht hat. Eine übermässige
Beanspruchung des Teppichs scheint es aber trotzdem nicht gegeben zu
haben, denn meine Tante hat nie etwas bemerkt das ausser ihr jemand
über den Teppich gelatscht ist.
Und jetzt kommen wir zum wichtigsten Zimmer der Wohnung. Das Zimmer von
mir und meinem Vater. Dazu muss ich sagen, zu der Zeit wo ich noch ein
kleiner unschuldiger Knabe war, da sah dieses Zimmer eigentlich
völlig normal aus. Das hat sich dann aber im Lauf der kommenden,
sagen wir mal, 20 Jahre, sehr stark geändert. Ich fange jetzt mal
bei der Zeit an wo ich noch ziemlich klein war. Unverändert
blieben die beiden großen Fenster auf der rechten Seite des
Zimmers von der Türe aus gesehen, ebenso das Fenster auf der
Vorderseite und die Balkontüre und natürlich auch der Balkon.
Gleich rechts in der Ecke stand so ein kleiner Nierentisch, wie er in
den 1950ger Jahren hochmodern war. Ungefähr in der Mitte vor den
beiden Fenstern stand noch ein größerer Tisch, das war aber
ein ganz normaler Tisch. Auf dem wurde an Weihnachten immer der
Christbaum draufgestellt und auf dem Rest der Tischplatte die Geschenke
verteilt. An der Vorderseite des Zimmers stand noch ein etwas
größerer Kleiderschrank, der das Fenster komplett verdeckte.
Allerdings war hier zwischen Schrank und Wand bzw. Fenster soviel
Zwischenraum, das man durchgehen konnte. Genauer gesagt konnte man
eigentlich um den ganzen Schrank rumgehen. Daneben die Balkontüre.
Neben der Türe, also an der linken Wand stand eine Art
Minikommode. Die war ziemlich niedrig, dafür aber recht breit und
über der Kommode war ein großer Spiegel an der Wand. Daneben
das Nachtkastl meines Vaters und dann das große Doppelbett in dem
ich und mein Vater schliefen. Was sich alles in Kommode und
Vater-Nachtkastl befand, das weiss ich nicht mehr. Mein Vater hatte
jedenfalls öfters seine Zigaretten in der Schublade und ein paar
Taschentücher und eine stark verzierte Blechkassette wo er
irgendwelches Zeugs von der Versicherung aufbewahrte. Auf der andern
Seite vom Bett war mein Nachtkastl. Das war das erste Nachtkastl das
ich überhaupt jemals hatte und ich war stolz drauf weil ich da
reintun konnte was ich wollte. Soweit ich mich entsinne war das meiste
irgendein Kruschzeugs was man als Kleinkind halt so hat und
braucht. Das Bett selber war auch eins von der Sorte das pro Bett
drei einzelne Matratzen hatte und man schlief bestens darin. Irgendwann
hab ich im Fernsehen mal einen Film gesehen wo ein Kind unter bzw
zwischen den Matratzen irgendwelche Süssigkeiten versteckt hat und
das tat ich dann natürlich auch. Blöd war nur das die
Schokoladenstücke im Hochsommer sehr schnell weich wurden und
einen ziemlichen Dreck hinterlassen haben, über den meine Oma dann
am Tag drauf alles andere wie erfreut war. Ich weiss noch genau wie sie
die Matratzen rausnahm und abgewaschen hat und dann aufrecht stehend in
der Sonne platziert hat. Mit ein paar freundlichen Worten, unter
anderem fragte sie mich mehrmals ob ich spinne oder kein Hirn habe, hat
sie dann alles wieder in Ordnung gebracht und ich habe gelernt, das man
Schokolade nicht in der Sonne und nicht unter der Matratze und auch
nicht in den Zwischenräumen von Matratzen versteckt. Nachdem diese
Angelegenheit dann vergessen war habe ich immer nur Gummibären
oder irgendwelchen Kaugummis dazwischen versteckt.
In der linken
Zimmerecke von der Tür aus gesehen stand ein Ofen. Es war auch ein
Kohle- und Brikettofen, allerdings viel kleiner wie der in der
Küche. Der war aus rotbraunem Metall und die Farbe sah super aus
wenn die Sonne drauf schien. Der Ofen hatte vorne ein Sichtfenster wo
man sehen konnte wie es innen drin brennt ;)
Dieser Ofen war nur in den kalten Wintermonaten in Betrieb und auch in
diesem Zimmer wurde es innerhalb weniger Minuten angenehm warm. Auch
hier ging ein Ofenrohr direkt in die Wand, dieses Rohr war
natürlich auch viel kürzer wie das vom Ofen in der
Küche. Wenige Jahre später kam leider jemand auf die
glorreiche Idee den Ofen aus dem Zimmer zu entfernen. Ich weiss zwar
nicht wer das war, aber der oder die gehört nachträglich noch
mehrmals in den Hintern getreten. Der Boden in dem Zimmer war auch
damals reines Linoleum und ums Bett rum war so ein weisser wuschliger
Teppich. Also eine Bettumrandung wie der Gebildete sagen
würde. An der Decke war eine sogenannte Spitztütenlampe.
Eine ganz normale Deckenlampe wo die Lampenschirme (ich glaub es waren 5
an der Zahl) die Form einer nach hinten hin spitz zulaufenden
Papiertüte hatten. Ebenfalls Kult in den 1950ger und frühen
1960ger Jahren. Scheinbar waren damals auch die Glühbirnen
wesentlich besser wie sie es heute sind, denn ich kann mich ehrlich
gesagt nicht daran erinnern das besonders oft eine ausgewechselt wurde.
An mehr erinnere ich mich nicht aus der ganz frühe Zeit was dieses
Zimmer betrifft.
Etwas später dann, als meine Tante auf die Idee kam ihre
Zimmereinrichtung gegen eine neue zu ersetzen, also gegen die vorher
erwähnte Schrankwand, wanderten ihre alten Möbel dann ins
Zimmer von mir und meinem Vater. Soweit ich mich erinnere haben wir nur
den Schrank behalten und dafür den, der vorher in unserem Zimmer
stand weggeschmissen. Der alte von meiner Tante war auch viel
höher und breiter und man konnte viel mehr Zeugs hineintun. Ich
glaube das war auch die Zeit wo der Ofen aus dem Zimmer verschwand.
An dem Tag wo der Schrank die Zimmer wechselte waren noch zwei meiner
Onkel da, die meinem Vater geholfen haben alles abzubaun, zu tragen und
im andern Zimmer wieder aufzubauen. Den alten Schrank hat dann soweit ich mich erinnere irgendjemand aus dem Haus
mitgenommen. Der neue alte Schrank hatte links und rechts eine
Schwingtüre und in der Mitte eine Doppelschwingtüre. In der
Mitte hingen die Jacken, Hosen und Hemden von meinem Vater und in dem
Fach darüber irgendwelche Pullover.
Meine Jacken und Hemden (Shirts hatte ich damals keine) hingen hinter
der rechten Türe und meine Socken und Unterwäsche lagen in
eine der Fächer darüber.
Mein Vater hatte auch noch seine etwas besseren Schuhe unten am
Schrankboden stehen. Meistens hatte er eh nur so schwarze spitze Schuhe
an und braune Lederjacken bei denen er meistens den Kragen aufstellte.
Einige Leute sagten immer er sieht aus wie eine Mischung aus James Dean
und Bill Haley. Bill Haley kannte ich schon bevor ich in die Schule
kam, James Dean dafür nicht, was aber nicht weiter schlimm
war, denn wie sich bald rausstellen sollte tendierte ich sowieso
musikalisch gesehen mehr zu den rockigeren Klängen als wie zur
Volksmusik oder gar zu irgendwelchen Opern.
Zurück zum Schrank
bevors wieder zu spät ist. Hinter der linken Türe hingen
einige Mäntel. Da Mäntel normalerweise länger sind
wie Jacken, war auf dieser Seite vom Schrank sonst nichts zu finden.
Hüte oder Kappen hatten weder ich noch mein Vater. Meine Oma hatte
einen Hut, den sie höchstens mal aufsetzte wenn sie zu irgendeiner
Beerdigung eingeladen war. Meine Tante hatte einige Hüte, die
ziemlich dämlich aussahen. Allerdings hatte auch sie meist keinen
auf.
Bei der Gelegenheit fällt mir jetzt ein, was die Schuhe anging, so
hatte meine Tante zwar einiges an Pumps, allerdings alles solche die
man als Gesundheitsschuhe bezeichnen konnte. Mit anderen Worten:
Absatzhöhen von höchstens 2 Zentimeter. So, zurück zum
Schrank bevor ich komplett vom Thema abschweife. Interessant war das
Dach des Schranks. Zum einen war es sehr stabil und ich konnte locker
drauf rumsitzen oder liegen. Stehen ging nicht weil ich sonst mit dem
Kopf an die Zimmerdecke geknallt wäre. Zum andern konnte man da
oben durchaus einiges verstecken was nicht unbedingt jeder gleich sehen
sollte. Denn ausser mir kam eigentlich niemand auf die Idee auf das
Dach vom Schrank zu schauen um zu kontrollieren ob ausser Staub sonst
noch was da oben rumliegen könnte. Jahre später dann baute
ich auf dem Dach des Schranks einiges an Lautsprecherboxen auf und
sogar eine Lichtorgel, die, soweit ich mich erinnere acht bunte Lampen
hatte und ein Steuergerät. Dazu aber später dann mehr.
Jeweils links und rechts von den Fenstern hingen schwere
dunkelrot-hellbraune Vorhänge und an den Fensterscheiben weisse
Gardinen. Also solche Vorhänge die man direkt an den Fensterrahmen
hinhängt. Die Vorhänge wurden allerdings so gut wie nie
zugezogen, erst viele Jahre später als mein Vater die Arbeit
gewechselt hat und öfters Nachtschicht hatte, da schlief er dann
unter Tags und da zog er manchmal die Vorhänge zu.
Wenn man
aus den Fenstern rechts hinausschaute, dann sah man von beiden Fenstern
aus entweder direkt auf das schräge Hausdach vom Haus
gegenüber oder wenn man den Blick senkte sah man direkt auf die
Josef-Beiser-Strasse. Blick nach rechts zeigte ebenfalls auf die
Josef-Beiser-Strasse, man sah hinauf bis zum Ende der Strasse, die am
Ende eine leichte Steigung hatte. Am Ende der Strasse querte die
Unterhachinger Strasse. Und genau gegenüber am Ende der Strasse
stand damals ein altes Haus, wo unter anderem einige Kräne der
Firma Schmidtbauer auseinandergebaut herumstanden und ausserdem wohnte
in dem Haus eine italienische Familie, deren Sohn Orfeo später
dann einer meiner besten Freunde werden sollte, dazu dann aber mehr
wenns zum Thema "Schulanfang" kommt.
Vom Fenster das auf der rechten Seite links war (grins) sah man zum
einen recht gut über den Pfanzeltplatz und die beschriebene
Anlage, ebenso bis hinauf "Zum Bräu", direkt zu der hierher
verlegten Bushaltestelle und wenn man sich ganz links etwas
hinauslehnte konnte man auch den Eingang vom KATRA sehen. Beim Fenster
neben der Balkontüre sah man eigentlich den ganzen Pfanzeltplatz
und auch das Schulgebäude wo ich 1967 dann meine Karriere als
allseits beliebter Schüler begann. Auf dem Balkon selber hatte man
die beste Aussicht. Von da aus sah man sowohl den Pfanzeltplatz wie
auch den KATRA, "Zum Bräu" und die ganze Häuserfront
mit den Geschäften bis hinauf "Zur Post" und sogar noch ein
Stück die Sebastian-Bauer-Strasse hinauf. Auf der andern Seite sah
man die Perlacher Kirche St. Michael, das Kriegerdenkmal, den damaligen
Taxistand, das Feuerwehrhaus und den "Speckl" und noch ein ganzes
Stück die Schmidbauerstrasse hinauf. Im Winter wenn die
Kastanienbäume "nackert" waren, also ohne Laub, dann sah man auch
bis zur Sparkasse und die Bushaltestelle neben der Schule. Allerdings
hats in den früheren 1960ger Jahren geheissen das die Balkone
baufällig wären und man nicht unbedingt hinausgehen sollte.
Wie dem auch sei, weder unser Balkon noch irgendein anderer an dem Haus
ist jemals abgestürzt.
Ja, soviel für den Anfang zu den Zimmern in unserer damaligen
Wohnung und wie sie damals aussahen. Im Lauf der Zeit veränderte
sich fast jedes Zimmer nicht nur einmal. Am stärksten
veränderte sich im Lauf der Jahre das von mir und meinem Vater.
Dazu erzähle ich dann nach und nach noch mehr, aber ich kann jetzt
schon sagen, jeder der mich dann als Teenie in diesem Zimmer besuchte
hat mich beneidet.
Und jetzt verlassen wir das Zimmer und die Wohnung
und gehen wieder auf die Strasse hinunter und schauen uns im Hinterhof
etwas genauer um. Den Mülltonnenbereich hab ich ja vorher schon
erwähnt, auch die Mauer wo die Mülltonnen standen. Und hinter
der Mauer war dann der eigentliche Hinterhof. Dort waren, wie auch
schon erzählt, das Fenster von der Bäckerei Brücklmeier
und die Eingangstür zu Haus 23 und die Hintertüre vom
Friseurgeschäft. Wenn man im Hinterhof stand, dann konnte man auch
die Fenster der Wohnungen von Haus 23 sehen. Soweit ich mich erinnere
wohnten damals auf der rechten Hausseite im ersten Stock eine Frau
Pascal.
Eine etwas ältere Frau, das heisst, älter ist ein dehnbarer
Begriff, sie dürfte höchstens 50 Jahre alt gewesen sein, aber
als kleiner Junge ist eine Frau mit 50 natürlich schon recht alt,
wenn man allerdings selber auf die 50 zugeht, dann ist es
natürlich nicht alt. Sie war eine sehr nette Frau und sie hatte
lange dunkle Haare und die anderen Hausbewohner mochten sie nicht so
besonders weil sie sich desöfteren einen in den Kragen
schüttete, also desöfteren Alkohol trank. So besonders gesund
sah sie eigentlich auch nie aus, aber wie gesagt, zu mir und auch zu
meinem Spezl und auch zur Regina aus dem Blumengeschäft war sie
immer sehr nett und hat uns auch öfters Schokolade geschenkt oder
ein Eis gekauft.
Eines Tages war sie dann plötzlich verschwunden
und ich hab sie nie wieder gesehen. Ich nehme an, sie ist entweder
gestorben oder in irgendeiner Klinik gelandet.
Im zweiten Stock wohnte
eine alte, grantige Hexe die 24 Stunden am Tag schlecht gelaunt war und
immer mit dem Spazierstock oder der Faust drohte wenn wir im Hof zu
laut waren. Sie hatte schneeweisse Haare und ihr Name war Maria Ernst.
Genannt "d'Ernst Mare". Allerdings hatte sie nicht den Hauch einer
Schangs einen von uns zu erwischen weil sie sehr langsam ging. Also
praktisch keine besondere Gefahr. Nachteil war, das sie als ehemalige
Hausmeisterin natürlich bestens bekannt war und auch sehr gute
Kontakte zum Hausbesitzer hatte. Der Hausbesitzer war auch der Besitzer
sämtlicher Wohnungen von Nr. 23 und 25. Ich glaube, das ihm auch
noch mindestens zwei weitere Häuser in der Josef-Beiser-Strasse
gehörten. Ich kannte dafür den Sohn des Hausbesitzers recht
gut, war mit ihm schon als kleiner Junge auf Du und was sollte mir da
schon großartig passieren. Die alte Gewitterziege war jedenfalls
sehr unbeliebt bei uns Kindern und wenn wir im Hinterhof im Sommer
manchmal auf der Decke lagen und spielten und die Alte kam aus der
Haustüre raus, dann sind wir sofort alle schreiend abgehaun und
haben alles stehen und liegen lassen. Einer von uns Kindern hat dann
nach einiger Zeit nachgeschaut ob sie weg ist und dann sind wir
zurück zur Decke. Wenn die Alte dann wieder heimkam, dann hat sich
alles wiederholt, nur mit dem Unterschied das wir genau beobachteten ob
sie auch wirklich die Treppe raufging. Damals machten wir uns auch
öfters den Spaß und haben bei ihr an der Tür geklingelt
und sind dann abgehaun.
Witzigerweise wusste abends wenn ich heimkam meine Oma immer ganz genau
das ich die Frau Ernst geärgert hatte. Und das, wo weder wir noch
die Frau Ernst Telefon hatten. Aber so ist das nun mal, fast jeder
kannte fast jeden und bei den alten Weibern die damals in der Umgebung
wohnten war es völlig normal das sie sofort zu den Eltern rannten
wenn sie eins der Kinder dabei erwischten wie sie irgendwas angestellt
haben oder irgendwen geärgert haben. Glück hatte da der, der
einen Vater hatte wie ich, ausser vielleicht mal einen halben Tag
Hausarrest ist mir nie was verabreicht worden. Tja, eines Tages dann
waren wir wieder mal im Hinterhof und ganz leise weil wir auf der Decke
lagen und die Papa-Moll-Hefte aus der Apotheke anschauten. Ich und ein
Mädl aus dem Nachbarhaus konnten schon einigermassen gut lesen
bevor wir eingeschult wurden, und so lasen wir beide den anderen die
Geschichte vor. Plötzlich erschien dann die Ernst Mare auf der
Bildfläche. Still und heimlich, keiner hatte sie kommen
hören. Wir waren so überrascht das keiner von uns abhaute
sondern gespannt auf der Decke blieben. Sie hob ihren Stock und deutete
auf mich und sagte, ich soll in einer Stunde bei ihr oben an der
Türe klingeln, sie hat was für mich. Dann ging sie wortlos
ihren Weg. Ich hatte keine Ahnug was sie von mir wollte und wir spannen
uns die gruseligsten Geschichten zusammen was wohl passiert wenn ich
bei ihr läute und vielleicht sogar noch in die Wohnung reingehe.
Ich gebe zu, ich hatte schon ein bissl Angst und die Geschichten
steigerten mein mulmiges Gefühl noch mehr. Ich weiss noch genau
das einer dann meinte, wenn ich nicht hingehe verzaubert sie mich. Kurz
und gut - Es war egal was ich tat, es konnte auf jeden Fall schlimm
enden. Irgendwann waren wir dann alle weg aus dem Hof und trieben uns
irgendwo in der Nähe herum. So langsam war die Stunde auch vorbei
und ich machte mich auf den Weg zur Mare. Allein traue ich mich nicht,
hab ich gesagt, aber keiner war bereit mit mir mitzugehen,
höchstens auf der Treppe im ersten Stock warten. Bis auf Regina,
die setzte sich sogar auf die Treppe am zweiten Stock.
Das war so die Zeit wo ich das erstemal merkte das ich Regina
eigentlich ganz gerne mag. Ich stand vor der Tür. Neben der
Tür war noch ein kleines Fenster das ein geschwungenes Gitter
davor hatte und mit einem dunklen Vorhang verhängt war. Ich
klingelte. Natürlich in abhaubereiter Haltung falls sie nach mir
haut oder greift. Wenige Sekunden nack dem Klingeln bewegte sich der
Vorhang am Fenster und dann hörte ich wie sich der Schlüssel
im Türschloss drehte. Dann ging die Türe auf und die Mare
stand mit ihrem Stock bewaffnet vor mir und sie sagte ich soll
reinkommen. Ich weigerte mich, ich hatte Schiss. Und siehe da, sie
konnte sogar lächeln. Unglaublich. Und da nahm ich meinen ganzen
Mut zusammen, wahrscheinlich auch um Regina etwas zu imponieren und
trat ein. Zumindest ins Kabinett, also in den kleinen Vorraum nach der
Haustüre. Dann machte sie die Tür zu und sagte mir, es gibt
keinen Grund vor ihr Angst zu haben, sie ist eben eine alte Frau und
das Gehen fällt ihr schwer und da regt man sich halt schnell auf.
Dann hat sie mir eine Tafel Schokolade geschenkt und hat gesagt das ich
den anderen sagen soll sie brauchen nicht immer abhauen wenn sie daher
kommt. Wunder über Wunder, die grantige Hexe konnte richtig nett
sein.
Dann hat sie die Türe aufgemacht und ich hab mich bedankt und bin
wieder runter zum Hof. Natürlich war ich der King weil ich mich
zur Mare in die Wohnung getraut habe.
Den Schoko haben wir ziemlich schnell aufgegessen und erst danach meinte
einer, das der auch vergiftet sein hätte können. Allerdings
bekamen wir weder Durchfall noch starb einer von uns, die Tafel
Schokolade war einwandfrei in Ordnung. Wir sind zwar dann nicht mehr
abgehaun wenn die Mare daherkam, aber so ganz wohl war uns in der
ersten Zeit dann doch nicht in unseren Häuten. Ich hab dann am
selben Tag noch meiner Oma erzählt was passiert ist und sie hat
gelacht und gesagt, das die Mare nicht so bäs ist wie immer gesagt
wird. Ja es kam dann sogar soweit das jeder von uns sie sogar
grüßte wenn sie einem von uns begegnete.
Und als die alte
Frau wenige Jahre später starb, da war jeder von uns doch ein
bissl traurig. Damals hab ich gelernt, das man so manchen Mensch erst
dann kennenlernt, wenn er gestorben ist. Aber ich glaube, das die
alte Ernst Mare im Grunde schon gewusst hat das wir gar keine so
schlechten Kinder sind wie manche Leute erzählt haben.
Im dritten Stock rechts gesehen wohnten zwei alte Damen. Frau Meier und
Frau Kromer. Frau Kromer hatte eine echt geniale Frisur. So eine
Turmfrisur wie sie auch in den 1950ern in war. Sie war auch immer sehr
schön angezogen und hatte immer lange Ohrringe dran. Meist hatte
sie einen weissen Regenmantel an und irgendwie merkte man ihr schon an,
das sie aus besseren Kreisen kam. Sie schimpfte nie und lächelte
immer wenn sie einen von uns sah und kannte bei fast allen Kindern aus
dem Haus den Vornamen. Viel wusste ich nicht über sie, aber ich
wäre nie auf die Idee gekommen sie zu duzen oder zu ärgern. Frau Meier dagegen
wirkte schon wesentlich älter als sie eigentlich war. Sie hatte
eine Haarpracht die man als Sturmfrisur bezeichnet und das noch mit
Korkenzieherlocken. Auch sie war recht nett zu uns Kindern.
Im Hinterhof war auch der Hintereingang oder Ausgang, je nach Belieben,
des Friseurgeschäftes. Der Chef von diesem Friseurgeschäft
war
einer wie man ihn sich aus der damaligen Werbung vom Gard Haarstudio
vorstellt. Er hatte immer ein Sakko an und fuhr einen gelben Opel GT
mit auf- bzw. zuklappbaren Scheinwerfern und manchmal auch einen
dunkelroten VW, allerdings keinen Käfer sondern eher so ein VW
Cabrio. Was es genau für ein Auto war weiss ich nicht weil ich
mich schon als Kind nie so besonders für Autos interessiert habe.
Abgesehen davon langts in Bayern voll und ganz wenn man einen BMW kennt.
Die Klappscheinwerfer vom Friseur-Auto waren jedenfalls der Hammer und es hat mich immer
wieder fasziniert wenn ich sah wie sie auf und zu klappten. Irgendwie
bildete ich mir da ein das ich auch so einen Opel GT wollte. Der
Friseurladenchef hatte auch immer so eine große Pilotenbrille
auf. Eigentlich war er recht nett und hat auch immer gegrinst wenn er
uns Kinder sah und so manches mal liess er auch ein paar Münzen
fliegen damit wir uns ein Eis kaufen konnten. Kurz gesagt, der Mann war
bei uns Kindern recht beliebt und wir haben auch oft auf sein Auto
aufgepasst wenn er es vorne an der Strasse stehen hatte. Manchmal nahm
er auch ein paar von uns mit auf eine kurze Spritztour um den
Pfanzeltplatz oder raus zum Bahnhof und wieder zurück.
Eine der
Damen die im Friseursalon arbeiteten hiess Ingrid. Sie hatte blonde
Haare, auch etwas aufgetürmt und einen Pickel im Gesicht. Dachten
wir jedenfalls. Doch manchmal war der Pickel weg, dann war er wieder
da. Irgendwann hat sie uns dann erklärt das es kein Pickel ist
sondern ein Schönheitsfleck der mit irgendeinem Stift aufgetragen
wird. Hochkompliziert also. Und mich als Junge hat das eigentlich sowieso
nicht besonders interessiert. Was mich aber schon interessiert hat
waren ihre engen kurzen Röcke und die meist recht schönen
Schuhe die sie anhatte. Wie gesagt, ich merkte schon sehr früh das
ich bei einer Frau immer zuerst auf die Schuhe und auf die Beine glotzte. Woher ich diese
Sucht habe weiss ich nicht und es hat mich auch nie gestört. Oft
sahen wir eine oder mehrere von den Friseurdamen wenn sie im Hinterhof
auf der Bank vom Friseurladen sassen und rauchten oder in irgendwelchen
Zeitschriften blätterten. Von uns Jungs hatte jedenfalls jeder so
seine Lieblingsfrau ausgewählt. Bei mir wars die blonde Ingrid,
eben wegen der kurzen Röcke und der schönen Schuhe. Einer von
uns ging weniger aufs Äussere sondern mehr danach was er an
Schokoriegeln geschenkt bekam. Auch eine Möglichkeit sich seine
Traumfrau auszusuchen. Da die Damen ja bei einem Friseur
arbeiteten wechselte natürlich auch öfters die Frisur oder
die Haarfarbe, und manchmal konnte man schon durcheinanderkommen welche
Dame jetzt grad welche Haarfarbe hatte.
Im ersten Stock wohnte mein Spezl mit seiner Schwester und seinen
Eltern. Zur Erinnerung: Das Modegeschäft auf der Vorderseite des
Hauses gehörte denen. Im Sommer sass sein Vater öfters in der
Küche mit einer Rechenmaschine und rechnete irgendwas zusammen. Es
muss jedenfalls eine sehr lange Rechnung gewesen sein denn die
Papierrolle von der Rechenmaschine reichte runter bis in den Hof. Ich
schätze mal es werden irgendwelche Inventurberechnungen gewesen
sein. Diese Wohnung war auch eine der ganz wenigen die mir bekannt
waren die ein Bad eingebaut hatten. Also eine echte weisse Badewanne
mit Brause und Dusche und so. Auch das Wohnzimmer war irgendwie besser
eingerichtet wie die anderen Wohnzimmer die ich so kannte. Auch die
Küche war extra, also keine Kombination aus Küche und
Wohnzimmer. Das hatte natürlich hier den Nachteil das man eine
ziemliche Strecke in der Wohnung zurücklegen musste um sich beim
Fernsehen was aus dem Kühlschrank zu holen. Ich glaube aber das
die Kinder vorm Fernseher eh nix essen durften. In dieser Wohnung sah
ich später dann auch den ersten Farbfernseher den ich je gesehen
habe. Und da sah ich auch zum ersten Mal wie Ben Cartwright von der
Ponderosa in Bonanza in Farbe aussah. War schon ein Erlebnis. Und auch
die ZDF Heinzelmännchen sahen in Farbe ganz anders aus wie in
schwarzweiss. Bei schwarzweiss Serien wie "Funkstreife Isar 12" oder
"Kommissar Freytag" wars allerdings egal, die sahen in einem
Farbfernseher auch nicht besser aus als wie in einem schwarzweiss
Fernseher. Und der andere Kommissar, der Erik Ode, der kam dann
später am Freitag um 20.15 Uhr im ZDF und der war in schwarzweiss
sogar viel spannender wie er in Farbe gewesen wäre.
Interessant war beim Spezl auch der Blick ausm Fenster bzw. vom Balkon
runter. Zum einen wohnte der ja im ersten Stock und da war die Strasse
viel näher als wie bei mir im zweiten Stock. Wenn man bei ihm vom
Balkon schaute, dann sah man zur rechten auch noch ein bissl was von
der Anlage und auch das Feuerwehrhaus und ein kleines Stück vom
Kriegerdenkmal und den Speckl sah man komplett. Zur linken sah man bei
ihm den Hufnagl und den Teil der Hausfront wo das Blumengeschäft
war. In dem Punkt hab ich ihn ein bissl beneidet weil er da mehr die
Gelegenheit hatte die Regina zu sehen. Über dieser Wohnung, also
im zweiten Stock, da wohnte noch eine Familie, die hiessen Vorwick oder
so ähnlich, hatten aber nichts mit dem Vorwerk-Staubsaugern zu
tun. Und im dritten Stock war und dürfte auch heute noch der
bereits erwähnte Speicher sein.
Bei der Gelegenheit fällt mir noch ein, das es in beiden
Häusern auch pro Stockwerk ein Stiegenhausfenster
(Schdianghausfensda) gab. Anfangs waren es ganz normale Fenster wie sie
auch in den Wohnungen waren, später kam dann irgendein
Hirngastritiker auf die Idee, diese schönen Fenster mit denen man
wunderbar lüften konnte, durch Fenster aus undurchsichtigen
Glasziegeln zu ersetzen die lediglich rechts oben in der Ecke ein
kleines Lüftungsloch hatten das man mit einer Metallschnur
öffnen und schliessen konnte.
Der Erfolg dieser voll greisligen Fenster war dann der, das es in den
Hausgängen ziemlich müffelte und man auch nicht mehr hinaus-
bzw hineinschauen konnte.
Deswegen war dann meistens die Haustüre unten den ganzen Tag geöffnet.
Ein ganz anderes, sehr niedriges Gebäude war auch noch am
Hinterhof. Das damalige Waschhaus. Waschmaschinen hatte damals so gut
wie niemand, wenn man dreckige Kochwäsche hatte, dann wanderte die
in einen sehr großen Topf und der wurde mit Wasser gefüllt
und dann gscheit erhitzt. Ich schätze mal dadurch wurden
Temperaturen erreicht die die beste Waschmaschine nicht schafft.
Umgerührt wurde mit einem großen Spezialkochlöffel, den
meine Oma gelegentlich auch dazu benutzte mir eine auf den Hintern zu
haun wenn es nötig war. Und die meisten Klamotten waren eh reinste
Baumwolle oder Leinen, also alles Kochwäsche die sehr hohe
Temperaturen vertragen konnte und somit auch immer wieder gut sauber
wurden obwohl es damals weder Mega-Pearls noch irgendwelche
Superfleckenwaschpülverchen gab, die erfahrungsgemäß
meistens eh nichts oder nicht viel taugen. Für schwierige
Fälle wie z.b. meine Hosen hatte meine Oma dann immer noch
Kernseife und die Wurzlbürschtn. Und damit ging eigentlich so gut
wie
alles raus, manchmal auch die Farbe der Hose. Die Kernseife und die
Bürschte wirkte übrigens auch sehr gut bei dreckigen
Bubenhänden wenn der sogenannte Bamhackl dran war, habe ich eh
schon mal erzählt. Übersetze Bamhackl - Nicht möglich :)
Zusätzlich hatten
wir für sehr dreckige Hände auch noch eine Büchse Reinol
daheim. Das brauchte mein Vater öfters wenn er die Hände
schwarz vom Teer hatte.
Das Waschhaus hatte zwei Eingänge, welche
soweit ich mich erinnere, beide in den selben Raum führten. Drei
große Fenster waren in der Wand und im innern des Raums zwei
große steinerne Waschbecken. Da konnte man größere
Mengen an Wäsche reinschmeissen und das heisse Wasser gleich mit
reinlaufen lassen. Ein paar große Waschbretter waren auch noch
drin, auf denen meine Oma dann die saubere nasse Wäsche irgendwie
umeinanderhaute und danach an der Wäscheleine aufhängte oder
wieder mit in die Wohnung nahm. Irgendwann wurde das Waschhaus dann
geschlossen und ausgeräumt und man glaubt es nicht, es wurde
vermietet und es zog eine Familie aus Jugoslawien ein.
Diese hießen mit Nachnamen Doblic und sie waren sehr nett zu uns
Kindern. Eigentlich blieb ihnen auch nichts anderes übrig, denn
sowohl alle Fenster wie auch die Eingangstür führten direkt
in den Hinterhof. Sie hatten auch eine Tochter die Maria hiess.
Die dürfte damals auch etwa 6 oder 7 Jahre alt gewesen sein und
sie verstand sich auch recht gut mit uns. Oft bekamen wir von Frau
Doblic einen Pudding oder einen Kuchen geschenkt und manchmal auch auch
einiges an Gemüse. Ich glaube das der Herr Doblic irgendwo bei
einem Bauernhof mitgearbeitet hat. Besonders gut war immer das Gulasch
das es bei denen gab. Wenn gerade jemand von uns im Hinterhof war und
Hunger hatte, dann durfte er jedesmal mitessen. Und selbst wenn man
nicht hungrig war, dieses Gulasch hat nie einer von uns
abgelehnt. Leider wohnten die Leute bloß wenige Jahre in dem
Waschhaus und zogen dann aus. Keine Ahnung wohin. Die Räume
wurden dann wieder etwas umgebaut und auf der linken Seite kam dann ein
Radlstellplatz hinein und auf der andern irgendein Abstellraum für
irgendwelches Maurerzeugs. Übrigens gabs im Hinterhof auch zwei
Geheimbodenplatten. Der ganze Hof war gepflastert mit einer Menge von
dunkelroten und leicht schwarzen Steinplatten die etwa 20x20cm
groß waren. Zwei dieser Platten haben wir in langwieriger
Kleinarbeit so gelockert das man sie hochheben konnte und wieder
hinlegen konnte ohne das es auffiel das sie locker waren. Den Boden
unter diesen Platten haben wir ein bissl ausgegraben so das eine kleine
Mulde darunter war. Da versteckten wir wichtige Sachen wie z.b. ein
Feuerzeug oder ein Taschenmesser das wir mal gefunden hatten. Nur ich,
der Karli und die Regina wussten davon. Eines Tages scheint aber dann
doch jemand etwas entdeckt zu haben denn wie wir nachschauten war alles
verschwunden und wir haben es auch nie wieder gefunden. Ab dem Tag
haben wir auch nie wieder was unter den Platten versteckt.
Schräg neben dem Hinterausgang des Friseurgeschäfts war noch
ein kleiner Durchgang. Dieser Durchgang hatte links und rechts ein
kleines Mäuerchen und die waren etwa ein Meter füchzig hoch
und hatten oben ein Abdeckblech, das auch schon bessere Zeiten gesehen
hat. Unter dem Blech sassen im Sommer meist einige Spinnen und die
spannen so in der Gegend herum. Das linke Mäuerchen war
nicht so breit wie das rechte, und wenn man auf das linke
Mäuerchen kletterte und sich streckte, dann konnte man das
Ende der Seitenmauer vom Waschhaus anfassen. Wenn man dann noch etwas
hochsprang dann konnte man sich mit den Händen am Rand der
Waschhausmauer festhalten. Und wenn man sich dann noch hochzog und mit
den Füßen etwas nachhalf, dann konnte man auf diese Art auf
das Dach vom Waschhaus klettern. Die Dächer der umliegenden
Häuser hatten alle etwas interessantes an sich und mir war klar
das ich auf soviele Dächer wie möglich klettern wollte.
Sozusagen den Leuten aufs Dach steigen. Das Dach vom Waschhaus war ein
ziemliches Flachdach auf dem einige Rollen Dachpappe verlegt wurden die
man mit Teer abgedichtet hat. Das Dach selber war eigentlich nichts
besonderes, dafür war aber die Dachrinne umso interessanter. Da
fand man ausser alten Blättern und dem üblichen Dreck auch so
manches was im Lauf der vergangenen Zeit irgendwann mal aufs Dach flog
und vom Wind und Regen in die Rinne geschoben wurde. Da ich schon als
Knab im Klettern und Kraxeln einer der besten war, war ich
natürlich immer derjenige der aufs Dach klettern musste wenn z.b.
beim Ballspielen der Ball auf dem Dach blieb oder in der
Dachrinne. Komischerweise haben sich die älteren Leute auch
immer erschrocken aufgeregt wenn sie mich oder eins der Kinder auf dem
Dach sahen, weil der Bua konn ja owefoin und konn se wos brecha :)
Weder ich noch einer meiner Freunde damals ist jemals von irgendeinem
Dach runtergefallen. Wenn man auf dem rechten Mäuerchen war, dann
konnte man auf das Dach der Garage vom Karli seim Vater klettern. Alle
Garagen in den Hinterhöfen hatten ein ziemlich stark geschwungenes
Wellblechdach. Natürlich regten sich auch hier manche Leute auf,
denn wir könnten ja das Blech ruinieren oder durchs Blech
durchfallen und was weiss ich noch was alles hätte passieren
können. Tatsache ist, weder ich noch einer meiner Freunde ist
jemals vom Garagendach gefallen. Und das Blech haben wir auch
nicht ruiniert weil wir da vom Gewicht her zu wenig drauf hatten. Ich
erinnere mich aber daran, das einmal ein Arbeiter der die
Garagendächer geputzt hat beinahe runtergefallen wäre. Der
rutschte aus und schlitterte in Richtung Ende des Daches. Aus
irgendeinem Grund fiel er aber dann doch nicht runter. Bei dieser
Garage konnte man übrigens auf der Rückseite hinter der
Garage durchgehen. Zwischen Garagenrückwand und Hauswand waren
etwa 30cm Platz, durch die wir als Kinder locker durchgepasst haben.
Jeder musste einmal durchgehen sonst war er ein Feigling. Der
Karli und ich haben übrigens später einmal hinter dieser
Garage unsere ersten Zigaretten gepafft. Dazu aber auch später
etwas mehr.
Neben der Garage war zum einen eine Teppichklopfstange aus
dunkelbraunen Metall, gehalten von zwei etwa 2 Meter hohen
Betonpfeilern. Meine Oma hat damals auch einmal im Monat einen Teppich
nach dem andern runtergetragen und mit dem Teppichklopfer dann solange
auf den Teppich eingehauen bis kein Staub mehr davongeflogen ist. Mit
dem Teppichklopfer hat sie manchmal auch Jagd auf mich gemacht wenn ich
irgendwas schlimmes angestellt hatte. Meist ist sie mir dann solange
nachgelaufen bis sie so ausser Atem war das sie keine Kraft mehr hatte
zum Zuhauen. Im Sommer war das sowieso wurscht weil wir Jungs damals
immer kurze bayrische Lederhosen anhatten und da musste man schon sehr
kräftig draufhaun das man überhaupt was gespürt hat. Die
kurzen Lederhosen waren recht praktisch. Zum einen warens wahre
Stossdämpfer die bei Teppichklopfern und Kochlöffeln und
flachen Händen echte Wunder wirkten, und zum andern wenn einer
bieseln musste konnte man das linke oder rechte Hosenbein mit der Hand
etwas nach oben ziehen und dann irgendwo hinbieseln.
Der Sohn von denen
von der Wäscherei hatte auch eine Lederhose. Aber der war ja ein
Preusse und somit viel zu blöd um auf so eine Idee zu kommen. Der
hat immer den Latz vor der Hosn geöffnet und dann gebieselt. Bis
der ausgepackt hat waren wir schon immer fertig. Schon damals als
kleine Jungs haben wir also festgestellt, das der Bayer dem
Preußen rein hirntechnisch stark überlegen ist. Neben
der Teppichstange, also seitlich von der Garage war ein etwa 4 auf 2
Meter großer Platz wo ein bissl Gras und ein paar kleinere
Sträucher entlang der Hauswand wuchsen. Einiges an Zeugs und Dreck
lag auch da hinten und ein paar kleinere Steine. Eine Hauswand war die
Rückseite von irgendeinem Geschäft auf der vorderen
Häuserfront an der Ottobrunner Strasse. Diese Hauswand verband
durch einen uralten Holzzaun die hintere Hauswand vom
Schuhgeschäft.
Hinter dem Holzzaun war ein etwa ein Quadratmeter großer Platz wo
wirklich alles mögliche an Dreck drin lag. Auch Glasscherben. Es
war schon ein kleines Risiko wenn wir mit unseren Klapperln (jaja,
Sandalen) da hineinkletterten. Jeder von uns war mindestens einmal da
hinten drin aber man fand nie etwas brauchbares. Der kleine Zaun war
allerdings trotzdem sehr wichtig, denn wenn man es schaffte sich von
der Teppichstange mit den Beinen auf den Zaun zu schwingen und sich
dann vorsichtig nach vorne kippen liess und sich mit den Händen an
der Mauer festhielt, dann konnte man aufs Dach vom Schuhgeschäft,
bzw. vom Lottogeschäft klettern und dann bis zum Blumenladen
spazieren um dort dann entweder auf die Strasse zu schaun oder vorne
beim Blumenladen das Schrägdach vom Kellereingang wieder
runterzugehen. Andersrum gings natürlich auch, das man also das
Schrägdach vorne raufkletterte und dann auf dem Dach bis zum Zaun
lief und da dann runterkletterte. Aber wir waren ja Kletterprofis und
keine Anfänger. Allerdings haben sich die Damen vom
Schuhgeschäft regelmässig beim Hausmeister oder bei den
Eltern beschwert wenn ich oder einer der anderen auf dem Dach rumliefen
weil es dadurch angeblich die Feuchtigkeit durchgedrückt hat.
Irgendwann haben wir das alles nicht mehr geglaubt und wollten die
Wasserflecken sehen. Seltsamerweise waren die dann immer verschwunden.
Damals
fiel mir dann auf, das wenn ein Kind einen Erwachsenen beim Lügen
ertappt, sich der Erwachsene furchtbar aufregt und das Kind
schimpft. Umgekehrt schien es aber völlig in Ordnung zu sein wenn
man Kindern weismachte das sie nicht lügen dürfen. Da
sieht man auch wieder das es zu jeder Zeit immer irgendwelche Deppen
gibt und die werden auch nie aussterben solange es irgendwo auf der
Welt noch Menschen gibt.
Hinter dem Waschhaus war auch noch eine
Garage. Darin stand das Auto vom Hausmeister. Das Dach dieser Garage
war auch aus ziemlich stark geschwungenem Wellblech und man kam nur
rauf wenn man entweder mit einem Spezl die Räuberleiter machte
oder mit einem Fuß auf den Türgriff stieg und sich dann
hochzog. Da der Türgriff dieser Garage aber schon etwas locker
war, haben wir es meist mit der Räuberleiter versucht. Vom
Garagendach aus konnte man mit etwas springen und strecken auch
über die Rückseite auf das Dach vom Waschhaus klettern. Da
hinten wo die Hausmeistergarage stand, da war in den frühen
1960ger Jahren noch ein weiteres Haus. Das war nicht so hoch und hatte
nur 1 Stockwerk und ein Speichergeschoss. Es war damals schon ein
ziemlich verfallenes Haus bei dem fast alle Fensterscheiben eingeworfen
waren und das Dach hatte auch schon einige Löcher. Und trotzdem
wohnte in diesem verfallenen Haus eine sehr alte Frau, die mit
Nachnamen Kaiser geheissen hat. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern
wie sie aussah, aber sie war recht klein und warf auch einen ziemlichen
Buckel. Mein Vater hat immer gesagt das sie eine Hexe ist. Und diese
Hexe, die eigentlich ganz nett war, hat uns Kindern auch öfters
mal Guadln oder Schokolade geschenkt. Mit anderen Worten: Frau Kaiser
war bei uns Kindern sehr beliebt, wurde grundsätzlich
gegrüßt und auf keinen Fall wurde sie von uns geärgert.
Da das Haus schon ziemlich verfallen war hatte es auch keine
abschliessbare Haustüre mehr und so konnten wir öfters durch
das Haus gehen und uns etwas darin umschauen. Bei dem meisten
Räumen lagen die Reste der zerbröselten Wände drin,
einiges an Dreck und Abfällen und wurmstichige Holzbalken. Die
Treppe in den ersten Stock knarrte fürchterlich wenn man drauftrat
und in den Speicher konnte man gar nicht mehr weil diese Treppe schon
komplett zusammengebrochen war. Den Keller konnte man auch nicht mehr
erreichen weil der Zugang voller Schutt und Steine war. Immer wenn ein
Gewitter kam und es stürmte, dann hörte man die Fenster in
dem Haus klappern und wenns dann noch langsam Nacht wurde, dann sah es
schon richtig gespenstig aus. In der Dämmerung sassen auch oft
einige Raben auf dem Dach oder in den Löchern wo einmal Fenster
waren.
Zwischen dem "Kaiser-Haus" und dem Waschhaus war ein freier
Platz. Darauf war eine nicht mehr so besonders aussehende Wiese,
irgendein tiefes Loch über das eine Metallplatte gelegt war damit
niemand reinflog und so drum rum sah es auch nicht besonders einladend
aus. Trotzdem war das ein beliebter Ort wo wir oft und gerne gespielt
haben.
Wenn man so stand das man das Waschhaus auf der linken Seite hatte,
dann war vor einem noch ein niedriger Bau wo im Erdgeschoss zwei
Wohnungen waren. Beim Fußballspielen passierte es öfters das
der Ball über den niedrigen Bau flog und dann irgendwo vorne auf
der Josef-Beiser-Strasse landete. Meist tat er das, manchmal landete er
aber auch auf einem Autodach und da kams dann drauf an wem das Auto
gehörte. Da wir im Fall eines Ballüberflugs des Hauses immer
alle gemeinsam zur Strasse vorliefen konnte man niemand nachweisen wer
den Ball geschossen hat. Da haben wir immer eisern zusammengehalten. So
wars dann meist so, das sich der Autobesitzer einige Zeit aufgeregt
hat und wir mit betroffenen Gesichtern zugehört haben. Irgendwann
hat sich der dann wieder beruhigt und wir sind abgezischt und haben
weiter gespielt.
Ebenfalls in dem hinteren Hinterhof war auch der Hintereingang des
Blumengeschäfts. Und genau dort lernte ich als kleiner Junge der
noch nicht einmal in den Kindergarten ging, meine erste große
Liebe kennen. Regina. Sie war damals höchstens 3 Jahre alt und
sass in einem Laufstall drin. Sie hatte blonde Haare und sie lachte wie
sie mich sah. Kann auch sein das sie mich ausgelacht hat oder das sie
lachen musste wie sie mich sah, kann aber auch sein das sie sich nur
freute weil sie mich sah. Regina und ich haben uns eigentlich sofort
bestens verstanden und wir waren zusammen bis ich etwa 14 war und sie
etwa 12. Natürlich nicht die ganze Zeit fest zusammen wie ein
Paar, aber, wie man damals so schön sagte, wir sind lange Zeit
miteinander gegangen. Sehr zum Bedauern ihrer Eltern, denn die hielten
nicht soviel von mir wie Regina von mir hielt. Einzig ihre Tante war
recht locker drauf und die fand mich voll ok. Von dem Tag an wo wir uns
das erste mal sahen verging die ersten Jahre fast kein Tag an dem wir
nicht zusammen waren. Meistens Montag bis Freitag und ganz selten am
Samstag. Am Sonntag sahen wir uns so gut wie nie, weil Sonntags
das Blumengeschäft meist geschlossen war. Ich lernte Regina damals
wie man sich aus dem Laufstall befreien konnte und wir haben sehr viele
Sachen zusammen angestellt von denen manche Kinder in dem Alter heute
nur noch träumen können. Natürlich gabs immer viel
Gemecker von ihrer Mutter oder ihrer Oma wenn sie aus dem Laufstall
abgehaun ist. Ich glaube das mein Spezl oft ein bissl eifersüchtig
war weil sie mich lieber mochte wie ihn und die anderen Buben in der
Gegend. Über Regina erzähle ich später auch noch mehr.
Schräg gegenüber vom Blumenladen, also praktisch hinter dem
Hinterhof von der Post, war das Schlachthaus von der Metzgerei
Kauderer. Das war die Metzgerei die bei uns im Haus ihren Laden unten
hatten, wo man bei uns im Hausgang hinten reingehen konnte, also die,
zwischen Bäckerei Brücklmeier und Cafe Edlbauer. Es war nicht
nur irgendein Schlachthaus, es war auch noch ein großer Garten
davor mit ein paar Bäumen. Im Garten liefen immer zwei Hunde herum
die auch recht gerne bellten wenn man sie ärgerte.
Geschimpft hat der Metzger jedenfalls so gut wie nie, meist hat er uns
ein paar ganz frische Wiener geschenkt damit wir abhaun und die Hunde
Ruhe geben. Neben dem Schlachthaus war dann ein weisses Gebäude
das auch ein Stockwerk hatte. Da drin wohnte unter anderem der
Hausbesitzer und es waren einige Büros drin. Was genau damals da
gearbeitet wurde weiss ich nicht mehr. An der Hauswand war jedenfalls
ein Blechschild auf dem "Wolfram" stand und noch irgendwas. Und in
diesem Haus wohnte auch noch ein gewisser Dobler, so der Nachname, der
als Gärtner im Perlacher Krankenhaus arbeitete. Der Dobler war
einer von der Sorte die sich relativ schnell ärgerten und
aufregten, somit war klar das immer wenn er daheim war bei ihm an der
Tür geklingelt wurde und dann sind wir schnell abgehaun. Er ist
das ganze Jahr über in bayrischer Tracht rumgelaufen und wenns
Winter wurde hatte er immer einen grünen Lodenumhang um und einen
grünen Lodenhut auf. Da er im Erdgeschoss wohnte und er auch noch
nicht so alt war, wurde gleich nach dem Klingeln sofort abgehaun und
dann aus sicherer Entfernung beobachtet ob er sich gscheit aufregte
oder nicht. Manchmal wars so schlimm das er sogar mit der Faust drohte.
Ob er im Ernstfall wirklich einem von uns was getan hätte, ich
glaube es nicht, aber gscheit Angst eingejagt hätte er dem, den er
erwischt hätte bestimmt.
Sehr beliebt war es auch auf der Strasse vor seinem Fenster zu stehen
und Grimassen zu schneiden. Wenn er dann sauer wurde kam er raus und
schimpfte und wir sind abgehaun.
Damals ahnte ich natürlich nicht das er etwa 10 Jahre später in der Wohnung gegenüber von uns wohnen würde.
Dann kam irgendwann der Tag wo die alte Frau Kaiser gestorben ist.
Niemand von uns hat es mitbekommen aber wie wir es erfahren haben waren
wir schon ein bissl traurig.
Und dann dauerte es auch nicht lange bis Bagger ankamen und das alte
Haus wurde abgerissen. Für uns Kinder war das natürlich ein
Erlebnis. Die meisten der Arbeiter waren Jugoslawen und mit denen
verstanden wir uns prächtig. Sie waren sehr nett und haben sich
mehr mit uns beschäftigt wie so mancher Vater. Jeder von uns durfte
einmal im Bagger drinsitzen und ein paar Hebel betätigen, jeder
durfte einmal mit einem Schubkarren (den keiner von uns so richtig
halten konnte) rumfahren und jeder durfte einmal mitschaufeln.
Nach ein paar Tagen lagen da wo einst das alte Haus stand nur noch
Berge von Steinen, Holzbalken und Dreck. Die Arbeiter verschwanden und
bald drauf kamen ein paar Tage lang Lastwägen und die
transportierten den ganzen Mist weg. Allerdings war da noch die Zeit
nach dem Abriss des Hauses bis zum Abtransport. Wir Kinder
durchstöberten natürlich alles weil es hätte ja sein
können das wir etwas finden was wir brauchen konnten. Und es lag
so einiges zwischen dem ganzen Schutt. Das meiste allerdings irgendein
Zeugs das wirklich keiner mehr brauchen konnte. Aber, wie es dann so
ist, je mehr man sucht umso weniger findet man. Und die, die nicht
suchen sondern bloß so durchgehen, die finden dann was.
Ich will ja jetzt keine Namen nennen, aber einer von uns fand einen
Tausendmarkschein zwischen dem Dreck. Das war damals verdammt viel
Geld. Ich kann jetzt auch nicht garantieren ob der Schein echt war oder
von irgendeiner Reklame war. Tatsache ist, das sich jemand aus unserem
Freundeskreis den Schein schnappte und sagte, den geb ich meinem Vater,
der weiss dann schon ob der echt ist oder nicht. Der Schein wurde dann
auch nie wieder gesehen. Wie gesagt, keine Namen, aber Tatsache ist,
das in den darauffolgenden Wochen jemand seinen Laden gut renoviert
hat. Ein Schelm wer jetzt Böses dabei denkt. Aber wie es so ist,
nach einer gewissen Zeit hat von uns eh niemand mehr an den Geldschein
gedacht. Nachdem der ganze Dreck weg war, war da hinten eine sehr
große freie Fläche und wir waren gespannt was da hinten
hingebaut wird. Irgendwie war uns aber schon klar das es völlig
anders aussehen würde wie vorher.
Bevor gebaut wird gehen wir nochmal zurück zu Haus Nr. 25, und
zwar zu der Stelle wo man von der Josef-Beiser-Strasse in den Hinterhof
reingeht, also die kleine Einfahrt.
Dort, direkt neben dem Waschhaus, war das niedrige Haus von dessen
Rückseite öfters der Ball übers Dach auf die Strasse
flog. Die Zimmerwände in diesem Niedrigbau waren nicht so hoch wie
bei uns im Haus, ich schätze mal das die etwa auf 2 Meter
Höhe kamen. Einen ersten Stock gabs auch noch. Da führte eine
Holztreppe hinauf und da oben waren soweit ich mich erinnere, 2
Wohnungen. Einen kleinen Vorgarten wo glaube ich zwei oder drei
kleinere Birken standen gabs auch noch. Das ganze eingezäunt mit
einem Holzzaun der mit den Jahren auch schon mehr einen grauen Eindruck
machte. Unten war auf der linken Seite eine Wohnung und auf der rechten
Seite waren zwei abgesperrte Türen. In der linken Wohnung unten
wohnte eine Familie Goldstein. Ich bin nicht mehr ganz sicher obs eine
vollständige Familie war oder nur Mutter und Sohn, wobei der Sohn
auch schon viel älter war wie wir und die Mutter natürlich
noch älter. An die Mutter erinnere ich mich nicht mehr, die ist
auch schon gestorben wie wir noch ziemlich kleine Kinder waren. Der
Sohn sass oft bei offenem Fenster im Stuhl und schlief seinen Rausch
aus. Die beiden abgeschlossenen Türen rechts waren sehr
interessant. Es waren zwar auch noch zwei Fenster zwischen den
Türen, aber da war der Vorhang dermassen im Weg das man nicht
durchschauen konnte. Eines Tages dann bekam ich zufällig mit wie
die Türe ganz rechts geöffnet wurde. Und total neugierig war
ich gleich zur Stelle und siehe da, dahinter war ein Raum in dem volle
und leere Getränkekisten gestapelt waren, die im Cafe Edelbauer
ausgeschenkt bzw. verkauft wurden. Also 50% des Geheimnisses waren
somit gelöst und ich habs auch so schnell wie möglich meinem
Spezl erzählt. Aber die andere Tür, was war da drin? Neugier!
Um es gleich zu sagen, wir ham nie rausbekommen was hinter dieser
Türe war. Das Schloß war knacksicher und nicht mal mit einem
abgefeilten Ersatzschlüssel kam man rein.
Aber eines Tages war die
Türe offen, der Raum dahinter komplett leer und ein
schwarzhaariger Jugoslawe stand davor und redete viel und fuchtelte mit
den Armen in der Luft herum. Wie der Mann dann uns Kinder sah fing er
an zu grinsen und er freute
sich sehr uns zu sehen. Jeden einzelnen von uns begrüßte er
und wie er hörte das wir gleich nebenan im Haus wohnen, zumindest
zwei von uns, freute er sich noch mehr und er griff in die Hosentasche
und holte ein ganzes gerolltes Bündel Geldscheine raus, liess die
Scheine durch die Finger gleiten und schenkte uns sage und schreibe 10
Mark damit wir uns alle ein Eis kaufen können. Er bestand nur
darauf das wir dann alle wieder herkommen damit er uns sehen kann.
Dieser großzügige Mann aus Jugoslawien hiess mit Vornamen
Josef, also geschrieben nach der jugoslawischen Version, aber in Bayern
wurde damals sowieso jeder der Josef heisst, egal aus welchem Land er
kommt, Sepp genannt. Ausser natürlich er ist Preuße. Den
Nachnamen weiss ich nicht mehr, aber er hat garantiert mit "vic"
oder"ic" geendet, wie das bei jugoslawischen Nachnamen üblich ist.
Dieser Jugo-Sepp, war relativ bald sehr
bekannt in Perlach und soweit ich mich erinnere gabs kein Kind das ihn
nicht mochte. Er war immer sehr nett und hat auch nie geschimpft wenn
wir geplärrt haben oder irgendwas angestellt haben.
In diesem Raum hat er dann jedenfalls eine kleine Schneiderei
eingerichtet. Irgendwann stand die Türe offen und der Jugo-Sepp
und noch irgendwer waren drin und nähten mit ein paar Maschinen
Kleidungsstücke zusammen. Wie er mich gesehen hat, hat er sich
gefreut und hat mir einen blau-weissen und einen rot-weissen
gestreiften Frottee-Pulli geschenkt.
Jeder von uns bekam dann in den kommenden Tagen zwei solcher Pullis von
ihm geschenkt. Ja, der Jugo-Sepp dürfte der mit Abstand
beliebteste Ausländer in Perlach gewesen sein.
Im Lauf der nächsten 20 Jahre hat er in meinem Leben oft eine
große Rolle gespielt. Wie ich noch ein kleiner Junge war hat er
mir oft geholfen wenn ich irgendwas angestellt habe, hat mir
unzählige Eis gekauft und später dann oft mit mir geredet wie
ich in dem Alter war wo man langsam aber sicher seie diversen
Pubertätsprobleme bekommt. Auch mit den anderen Kindern hat er
sich oft unterhalten und ich bin sicher, so mancher verdankt ihm einige
nicht entdeckte kleinere Taten die eigentlich jeder von uns so begangen
hat.
Im ersten Stock des Hauses
starb irgendwann irgendjemand und in die freie Wohnung zog ein etwa
mittelalterliches Ehepaar ein, an die man sich erst einmal
gewöhnen musste.
Der Mann war etwas kleiner und ein bissl mopsig aber nicht dick, die
Frau machte eher den Eindruck wie wenn sie in der Ehe die Hosn anhat,
wie mein Vater immer sagte.
Pitzer
hiessen die mit nachnamen. Der Mann stellte sich als recht
netter Herr raus, der sich auch ganz gut mit den Kindern verstand und
sich nicht gleich aufregte wenn es mal etwas lauter wurde. Die Frau
dagegen schimpfte recht schnell und war somit auch ein recht beliebtes
Objekt zum Ärgern :-) Im Hochsommer hatte der Mann immer einen
Strohhut auf und meistens eine graue Hose an, die sich in der Gegend
des Hinterns kräftig in die Höhe geschoben hat. Unten im
Haus, ganz
auf der linken Seite war noch eine Wohnung wo ebenfalls zwei
ältere Leute wohnten. Den Namen weiss ich leider nicht mehr,
irgendwas mit dem Wort Pflug im Nachnamen wars jedenfalls. Auch hier
war witzigerweise der Mann eher derjenige der bei den Kindern beliebt
war. Er stand oft stundenlang mit einer Pfeife oder einem Zigarillo am
Zaun und starrte in die Gegend. Nachmittags sassen die älteren
Leute oft auf einer Bank die auf einem betonierten Abschnitt des
Vorgartens stand und unterhielten sich. Auch an solchen
Nachmittagen warens meist die Ehefrauen die schimpften. Neben dieser
Wohnung, also ganz links unten am Haus, da war noch eine dunkelbraune,
etwas schmalere Tür, wo sich dahinter irgendeine Werkstatt befand.
Es gelang uns nur selten einen Blick in diesen Raum zu werfen und auch
durchs Fenster das auf der Rückseite des Hauses war, sah man
nichts bis gar nichts ausser einem schwarzgrau gemusterten Vorhang.
Dieser eingezäunte Vorgarten war eigentlich gar nicht so
interessant, bis eines schönen Sommernachmittags plötzlich
zwei Arbeiter mit einem kleinen Transporter daherkamen und anfingen
irgendwas abzumessen und dann einen kleinen Holzzaun in den Boden
rammten. Wir standen natürlich interessiert dabei und wollten
wissen was da gemacht wird, aber die Arbeiter waren entweder taubstumm
oder sie wollten nicht mit uns reden. Von den Hausbewohnern wusste auch
niemand was los war. Am nächsten, ebenso schönen Sommertag,
kam dann ein grosser Lastwagen an und schüttete eine riesige
Ladung Sand in den abgezäunten Bereich. Wir Kinder waren schwer
begeistert und jeder von uns wollte natürlich gleich ganz oben auf
dem Sandhaufen stehen. Kurz drauf kam dann der Hausbesitzer, also
genauer gesagt, der Sohn, also der junge Herr Wolfram, und freute sich
darüber das wir uns freuen und er wünschte uns viel
Spaß mit dem neuen Sandspielplatz. Ja, sowas gabs damals
tatsächlich das der Hausbesitzer etwas für die Kinder
spendierte und nicht einmal die Miete wurde erhöht. Der Zaun bekam
bald drauf noch eine Eingangstür die man von aussen verriegeln
konnte. Die geschlossene Türe ielt allerdings nur ganz kleine
Kinder zurück, weder ich noch mein Spezl hatten Probleme
drüber zu klettern. Regina dagegen kam noch nicht alleine
drüber. Dieser Sandkasten, besser gesagt, Sandgarten, bewirkte,
das wir fast den ganzen Tag da drin spielten und unsern Spaß
hatten. Zusätzlich waren wir auch noch gut unter Kontrolle weil
wir eigentlich immer gut zu sehen waren. Wir haben in diesem Sand
massenweise Burgen gebaut, Tunnels und Berge, unzählige Autorennen
veranstaltet, x-mal die lustigsten, selbsterfundenen Spiele gespielt,
es war einfach wunderbar. Und nicht einmal hat ein Hund
hineingeschissen oder irgend ein Penner hineingebrunzt. Es flogen weder
Zigarettenkippen noch Glasscherben hinein, es war jahrelang ein sauberer Spielplatz,
massenweise
Matchboxautos lagen oft über Nacht drin und niemand
hat eins davon geklaut. Jeder hat mit allem möglichen Spielsachen
gespielt, egal wem die gehörten, und jeder von uns hatte oft Sand
in den Socken, im Hemd, in den Haaren, in den Schuhen, und manchmal
auch im Mund. Oft waren wir auch barfuß im Sandkasten und hatten
abends dann Sand unter den Fußnägeln und unter den
Fingernägeln und manchmal auch in den Ohren. Oft wurde auch
irgendein Auto das zuerst stundenlang im Sand lag aus irgendeinem Grund
in den Mund genommen, mit den sandigen Händen wurde Eis gegessen
oder Schokolade oder Gummibären. Und das Beste war: Nie wurde
jemand von uns deswegen krank. Unglaublich. Und das obwohl nie
irgendwas desinfiziert oder sonst was war. Ja, sowas gabs damals.
Manchmal sind auch ein paar Leute am Zaun gestanden und haben uns
zugeschaut wie wir da drin alles mögliche gebaut haben. Oft haben
wir auch eine Giesskanne voll Wasser gehabt und haben Ritterburgen
gebaut und den Burggraben mit Wasser aufgefüllt. Das ist zwar
immer bald versichert und der Sand wurde dadurch etwas griffiger, aber
es war immer recht lustig und sehr oft wenn ich dann abends im Bett lag
dachte ich daran was wir am nächsten Tag noch alles machen und
bauen könnten. Wie gut war es doch das keiner von uns in die
Schule ging oder in den Kindergarten. Wobei ich ja der älteste war
und bei mir näherte sich die Zeit des Kindergartens so langsam
aber sicher. Dazu später dann mehr. Tatsache ist jedenfalls, das
ich heute auch noch mit fast 50 Jahren (zum Zeitpunkt an dem ich das
schreibe) oft Lust hätte mit ein paar Kindern im Sand zu spielen
und Burgen zu bauen. Nur wennst das heute in dem Alter machst, dann
wirst entweder abgeholt und eingeliefert oder die besorgten Anwohner
rufen sofort die Polizei weil du könntest ja ein
Kinderschänder sein. Gut, komische Leute gabs damals auch, aber
trotzdem kams öfters mal vor das ein etwas "sehr viel älteres
Kind" plötzlich bei uns im Sandkasten sass und einfach mal ein
paar Minuten mitgespielt hat. z.B. der Jugo-Sepp oder der
Friseur-Nobbe. Der oben erwähnte Herr Pitzer hatte übrigens
im Haus 25, also
da wo ich wohnte, ein Kellerabteil und da unten werkelte er öfters
umeinander. Und sehr oft musste der arme Mann dran glauben wenn
irgendein frecher Bengel das Kellerlicht ausmachte und die Tür
zumachte. Sehr oft hat er da unten dann laut geschimpft und geflucht
und sehr oft haben wir oder auch nur einer von uns herzhaft
drüber gelacht. Ich glaube aber, er hat sich schon denken
können das einer von uns das immer war. Direkt geschimpft hat er
uns deswegen aber nie, obwohl er manchmal Andeutungen gemacht hat was
das Kellerlicht betraf.
Tja, und in der Zeit wo wir uns mit dem Sandkasten anfreundeten, da
fingen auch die Bauarbeiten an wo früher das Kaiser-Haus stand.
Viele Monate lang liefen da im hinteren Hinterhof viele Arbeiter herum
und viele Lastwagen kamen und sogar ein Kran wurde aufgebaut. Viele
wichtige Leute in Anzügen liefen da hinten herum und schimpften
mit denen die nicht so wichtig waren. Manchmal wusssten wir nicht so
recht ob wir jetzt im Sandkasten spielen sollten oder den Bauarbeitern
zuschauen sollten. Irgendwann einigten wir uns darauf im Sandkasten zu
spielen und wenns an der Baustelle etwas lauter wurde wie
gewöhnlich, dann liessen wir sofort alles liegen und stehen und
rannten zur Baustelle. Das war alles nicht so einfach, weil wir mussten
ja auch losflitzen wenn die Sirene auf dem Schuldach loslegte und die
Feuerwehr ausrückte. Ganz schlimm wars wenn dann beides auf einmal
passierte, was durchaus auch vorgekommen ist. Direkt von daheim aus
konnten sowohl ich wie auch der Karli die Baustelle sehen. Ich durchs
Klofenster und der Karli aus dem Küchenfenster. Und wie wir da mal
rein zufällig zur selben Zeit aus den Fenstern schauten, da hatten
wir die Idee das es gar nicht so schlecht wäre wenn wir irgendein
Seil oder sowas in der Art als Verbindung von seinem Küchenfenster
zu meinem Klofenster hätten. Wie es der Zufall wollte lief just an
jenem Wochenende dann im Fernsehen irgendein Kinderfilm wo zwei Buben
aus irgendeiner Hochhaussiedlung den selben Gedanken hatten. Welcher
Film das war weiss ich nicht mehr, es dürfte aber irgendeiner der
damals recht beliebten tschechischen Kinderfilme gewesen sein. Nein,
Pan Tau wars nicht :-) Die beiden Knaben hatten das so gelöst das
sie eine Schnur gespannt haben und an jedem Fenster eine kleine
Garnrolle angebracht haben die sich drehte wenn man an der Schnur
gezogen hat. An der Schnur hing noch eine kleine Tüte wo dann
wichtige Sachen hin und hertransportiert wurden.
Geniale Idee, das war auch was für uns. Das Organisieren der
Garnrolle war kein Problem, die gabs massig beim Spezl seinen Eltern im
Geschäft, die Schnur war auch kein Problem, die bekamen wir von
einem netten Postler geschenkt. Nur, wie bekommen wir die Schnur von
einem Fenster zum anderen? Irgendwie unmöglich. Probiert haben wir
es trotzdem.
Und zwar so: Der Karli war am Küchenfenster und
ich warf die leere Garnrolle samt umgebundener Schnur zu ihm hinauf.
Soweit ich mich erinnere hat das recht schnell geklappt.
Dann bin ich heim, rein ins Klo, Fenster auf, nausgeschaut. Unten stand
schon der Karli und hat x-mal versucht die Rolle bis in den zweiten
Stock zu werfen. Hat nicht geklappt, es war einfach zu hoch. Da kam ich
auf die Idee das Klofenster offen zu lassen, runterzugehen und es
selber zu versuchen, denn ich hab schon immer etwas höher und
weiter werfen können wie der Karli. Wir habens oft versucht und
oft die Wand getroffen und manchmal auch echt beinahe durchs Fenster.
Geklappt hats natürlich nicht. Und wie es der Zufall wollte kam
der Jugo-Sepp vorbei und hat sich amüsiert. Er hatte dann die Idee
das wir es andersrum machen müssen, also zuerst sollte ich die
Rolle irgendwo festmachen und dann aus dem Fenster werfen und dann erst
zum Karli in den 1.Stock. Ja das war die Lösung. Ich also
samt Schnur und Rolle wieder in die Wohnung, rein ins Klo, ran ans
Fenster, Schnur am Fensterrahmen befestigt und leere Rolle aus dem
Fenster geworfen und dann gleich wieder die Treppe runter in den
Hinterhof. Ich war unten und der Karli lief rauf ans
Küchenfenster, ich die Rolle hochgeworfen, voll durchs offene
Fenster getroffen und dann hats geklirrt. Der Karli verschwand und kam
kurz drauf mit hochrotem Kopf wieder ans Fenster und sagte das die
Rolle eine Kaffeetasse getroffen hat, die ist runtergefallen und
zerbrochen. Was tun? Die Lösung hatte wieder der Jugo-Sepp, er gab
mir einen von seinen Stoffresten, ich rannte rauf zum Karli, dann haben
wir die zerbrochene Tasse in den Stoffetzen getan, ein paar kleinere
Scherben irgendwo unter einen Schrank geschoben, schnell
wieder runtergerannt und den Stoffetzen samt Scherben in die
Mülltonne geworfen. Der Karli hat allerdings vor Schreck die
Rolle mit der Schnur wieder rausgeworfen und deswegen mussten wir dann
einen neuen Versuch starten. Diesmal hats geklappt, an beiden Fenstern
hing die Schnur. Tja, dann war nur noch die Frage wie wir die Rollen
jeweils so am Fenster befestigen das sie auch hält. Zuerst einmal
mussten wir es so hinkriegen das niemand das ganze Schnurzeugs
überhaupt bemerkt, dann so betrachtet fiel es schon sehr auf das
da eine Schnur in der Luft hängt. Von unten gesehen
natürlich nur wenn man hinschaute, aber von oben gesehen sah man
es sofort. Vorteil war, das es damals noch keine
Sommerzeit-Uhrenumstellung gab und es so gegen 20 Uhr oder 20.30 Uhr
herum dunkel wurde. Der Karli hat also bei sich am Fensterbrett
aussen mit massig Tesafilm die Schnur befestigt und ich hab bei mir am
Fenster die Schnur im Fensterrahmen eingezwickt und die Rolle in die
Ecke gedrückt. Glücklicherweise war das Klofenster bei uns so
hoch oben das nur mein Vater aufs Fensterbrett schauen konnte ohne
irgendwo drauf zu steigen. Tags drauf in der Früh gabs dann
allerdings Gemecker und mir war gleich klar um was es ging. Irgendwer
hatte die Schnur entdeckt und natürlich gleich Alarm geschlagen
bei unseren Erziehungsberechtigten. Der Erfolg war dann der, das zum
einen Schnur und Rollen verschwanden und zum andern einer von uns ein
paar Watschn bekam und den Rest des Tages Hausarrest und der andere
hatte gar keine Probleme. Jetzt kann sich jeder selber überlegen
wer der war, der keine Probleme bekam. Somit war also die Idee
mit der Transportiererei erledigt und wenn wir dann einige Tage
später drüber geredet haben, dann sind wir draufgekommen, das
wir sowas eigentlich gar nicht brauchen und das es doch immer wieder
Leute gibt die nichts anderes zu tun haben als wie sich über alles
zu beschweren und aufzuregen. Wer es aber war, das haben wir leider
nicht rausbekommen. Beim Karli und bei mir war die Schnur-Sache schon
sehr bald vergessen, aber mancher ältere hat sich dann doch nach
Monaten immer noch drüber aufregen können.
In der Zwischenzeit wurde am Neubau im hinteren Hinterhof fleissig
weitergebaut. Am interessantesten war natürlich der Kran, denn
sowas hatten wir bis dahin noch nicht aus der Nähe gesehen. Soweit
ich mich erinnere war damals so zwischen 17 und 18 Uhr für die
Arbeiter Feierabend und die Baustelle stand verlassen da. So mancher
Anwohner machte seine ganz persönliche Besichtigung und auch wir
Kinder waren dabei. Die Erwachsenen durften überall reinschauen
und hinlangen aber wenn von den Kindern irgendjemand hinlangte, dann
machte sich sofort jemand wichtig wie gefährlich das doch sein
kann und das man nicht alles anfasst. Zum Brüllen war das
teilweise wie sich da manche wichtig gemacht haben.
Irgendwann war jedenfalls Ruhe und auch der letzte Neugierige hatte
sich verzogen. Es war noch hell draussen, aber es dämmerte schon
wie sich drei kleine Gestalten dem Gebäude näherten und durch
eins der Fensterlöcher ins Haus kletterten. Ich und mein Spezl
machten dann die provisorische Haustüre auf damit Regina auch rein
konnte. Drinnen wars sehr interessant, massig Zimmer die so halbfertig
waren, also noch keine verputzten Wände, Fenster und Türen
fehlten und Licht gabs natürlich auch noch keins. Trotzdem konnte
man schon sehen was irgendwann mal das Klo wird. Ein paar Reste von
irgendwelchen Kabeln und Rohren lagen drin verstreut herum, ein bissl
was davon haben wir eingeschoben, es kann ja sein das man es einmal
brauchen kann. In den Keller haben wir uns nicht getraut weils da unten
ziemlich dunkel war.
Ja und da stand dann wieder der Kran, gelb, hoch, interessant. Wir
haben dann gewettet wer sich traut raufzuklettern. Die
Wetteinsätze waren damals natürlich ziemlich lächerlich.
Es ging um solche Sachen wie "Wenn ich gewinne darf ich im Sandkasten
mit deinem Auto spielen" oder "darf ich deine Schaufel nehmen",
kindische Sachen eben, die damals aber sehr wichtig für uns waren.
Das Problem bei der Geschichte war, das ich ja zu dem Zeitpunkt schon
sehr auf Regina abgefahren bin und ihr natürlich beweisen musste,
das ich mich mehr traue wie der Karli. Somit musste ich automatisch
immer etwas höher klettern wie er. Das Ende vom Lied war dann, das
wir beide, einer links einer rechts, hinaufgeklettert sind
und nach ein paar Metern jemand zu schreien angefangen hat und wir dann
runtergeklettert und abgehauen sind. Bei solchen Fluchten wars
dann immer so, das einer vorn rum und einer hinten rum abgehaun ist,
und das wir uns vorne beim KATRA wieder getroffen haben. Regina hat
sich dann meistens nur hingesetzt und hat zu weinen angefangen, das hat
immer Mitleid erregt und somit ist ihr eigentlich nie großartig
was passiert. Naja, jedenfalls war der Bau dann irgendwann fertig, die
Fenster waren drin, die Tür auch und das Licht brannte ebenfalls.
Da wo früher der breite Durchgang neben dem Kaiser-Haus war, da
war jetzt eine Durchfahrt und der Rest war Haus. Weisse Wand. Weiss!
Keine Balkone.
Wir alle waren eigentlich der Meinung das dieses Haus potthässlich
ist und die Gegend verschandelt. Nach einiger Zeit wars dann eigentlich
jedem egal wie das Haus aussieht, da wars dann viel interessanter wer
in das Haus alles einzieht. Da ja jeder das Innere besichtigt hat
wussten wir, das die größeren Wohnungen aus zwei Zimmern
bestanden, die meisten aber nur 1 Zimmer hatten. Die 2-Zimmer hatten
ein Klo drin und teils sogar eine Badewanne oder eine Dusche. Die, die
in den 1-Zimmern wohnten mussten sich ein Etagenklo teilen. Auf
deutsch: 1 Gemeinschaftsklo im Erdgeschoss und eins im ersten Stock.
Die älteren Leute maulten da schon das es ja nix gscheites sein
kann was da einzieht wenns alle auf ein Häusl gehen müssen.
Uns Kindern war das ziemlich egal, wir waren gespannt wer alles
einziehen würde. Im übrigens wurde bei der Gelegenheit auch
gleich der hintere Hinterhof etwas beschönigt und die Fläche
die vorher aus Wiese und Sträuchern und irgendwelchen
Wildwuchspflanzen bestand, betoniert. Mit anderen Worten: Fiel man
früher da hinten hin, dann ist nicht viel passiert und man hat
sich höchstens dreckig gemacht. Fiel jetzt jemand hin dann konnte
er sich das ganze Knie aufschrammen. Vorteil: Man konnte auf dem
schwarzen Beton oder Teer oder was auch immer, wunderbare
Kreidezeichnungen hinterlassen, wo sich so manch Erwachsener
natürlich wieder furchtbar aufregte, der Hausbesitzer dagegen nur
meinte, das es beim nächste Regen sowieso weggewaschen wird. Bis
zu dem Zeitpunkt wussten wir noch nicht das es auch Wachsmalkreide gibt
;) Der Hausbesitzer wusste es und warnte uns eindringlich davor eine
solchene zu benutzen, denn sonst dürfen unsere
Erziehungsberechtigten alles saubermachen. Es dürfte klar sein das
wir es trotzdem probiert haben, denn bei Regina im Blumenladen gabs
solche Kreide. Und somit haben wir eine kleine Fläche mit weisser,
roter und blauer Wachsmalkreide verziert und haben uns die
größte Mühe gegeben das unsere Kastl fürs
sogenannte Kastlhupfa schön zu sehen sind. Kastlhupfa dürfte
ja jeder kennen der ein gewisses Alter hat, es werden ein paar
größere Quadrate (Kastln) in Form eines Kreuzes aufgemalt
und da wird dann in hineingesprungen. Wie genau das funktioniert habe
ich nie kapiert, aber es war ja sowieso mehr ein Spiel für
Mädchen. Also haben die Regina, die Schwester vom Karli und
die Tochter vom Wagmüller-Metzger, die Gertrud, mitgespielt.
Geschimpft bekamen komischerweise nur der Karli und ich, obwohl wir nur
gemalt aber nicht mitgespielt haben. Und so kam es dann, das meine Oma,
die Oma von der Regine und der Vater vom Karli die Malerei entfernen
mussten, jeder bekam gscheit geschimpft, einer bekam wieder mal
Hausarrest, der Regina wurde klargemacht das weder ich noch der Karli
ein passender Umgang für sie sind und der Gertrud ihr Vadda hat
uns bei nächster Gelegenheit ein paar Wiener geschenkt weil wir ja
doch so nette Buam san :-) Der Sohn vom Hausbesitzer-Wolfram hat
auch nur gegrinst und die Sach war bei den Kindern schneller vergesen
wie bei manchem Erwachsenem.
So nach und nach zogen dann da hinten auch die ersten Mieter ein. Ich
weiss beim besten Willen nicht mehr wer da alles einzog, aber drei sind
mir in Erinnerung geblieben.
Zum einen war da eine ältere Frau, deren Fenster in Richtung
Kauderer-Schlachthof ging. Das war auch eine von der Sorte die den
ganzen Tag aus dem Fenster gaffte und sich gleich aufregte wenn eins
der Kinder laut war oder irgendwas gemacht hat was der gnädigen
Frau nicht gepasst hat. Da reichte es schon wenn wir mal den Hund vom
Kauderer geärgert haben und der dann gebellt hat. Dem
Kauderer-Metzger wars wurscht, der wars ja gewöhnt, und dann hat
sich die Frau aufgeregt weil sich der Kauderer nicht aufgeregt hat.
Da sieht man wieder was manche Leute damals schon für ein Problem
hatten. Der Kauderer hat damals nur gesagt, das es ihn nicht wundert
das sie Witwe ist, die wird ihren Alten entweder aufgearbeitet haben
oder er hat sich umgebracht. Der Spruch hat gesessen, somit war sie
dann auf den Kauderer mehr sauer wie auf uns Kinder.
Eine andere,
etwas jüngere Frau, ich schätze mal sie war so um die 30, zog
im Erdgeschoss ein. Sie hatte eine Zwei-Zimmer und somit ein Klo und
eine Badewanne in der Wohnung. Die Frau hatte etwas längere, rote
Haare und mein Vadda hat immer gesagt, das die eine Hex ist weil Hexn
immer rothaarig sind. Ich persönlich glaube aber das sie ihm recht
gut gefallen hat. Dem Karli seinen Vadda hat sie glaube ich auch ganz
gut gefallen, aber der war ja verheiratet und mein Vadda war es
nicht. Ich weiss allerdings nicht ob mein Vadda jemals mit der
Rothaarigen etwas gehabt hat. Mir und dem Karli hat die auch ganz gut
gefallen, aber sie hat mich überhaupt nicht mögen. Manchmal
kam sie raus und hat einen Pudding oder ein Eis in der Hand gehabt und
das hat dann fast immer der Karli bekommen. Der Regina wars wurscht
denn die hatte ja mich. Und dann zog noch ein weiterer Jugoslawe ein.
Ein großer Mann mit leichtem Bauchansatz, fast schwarzen Augen
und einem strengen Blick. Er hatte damals schon eine ähnliche
Frisur wie sie Elvis in den früheren 1970ger Jahren hatte. Sein
Name war Iwan. Nachname weiss ich nicht mehr. Iwan war immer korrekt
gekleidet, also Anzug, Krawatte, und im Winter einen passenden Mantel.
Beim Iwan wars eher so das er mich am liebsten von uns Kindern hatte
und auch Regina mochte er recht gerne. Und er unterhielt sich recht oft
mim Jugo-Sepp in der Landessprache und wir haben so gut wie gar nix
verstanden. Im Lauf der Jahre lernten wir dann natürlich einige
jugoslawische Ausdrücke kennen und die beiden haben sich immer
sehr gefreut wenn wir sie gesagt haben.
Von Iwan hab ich auch oft ein Eis bekommen und fast immer wenn er von
der Arbeit heimkam und mich auf der Strasse gesehen hat, dann ist er
immer hergekommen, hat mich auf die Backe getätschelt und mich
gefragt wie es mir geht. Iwan war zwar nicht unbedingt der Typ der sich
in die Probleme anderer eingemischt hat, aber er gehörte trotzdem
zu den Perlachern die ich als gute Spezl bezeichnet habe. Er war auch
einer der ganz wenigen die man nie betrunken aus der Wirtschaft kommen
sehen hat und er hat sich nie aufgeregt wenn er im Winter einen
Schneeball drauf bekam. Übrigens, gut 40 Jahre danach hab ich ihn
wieder gesehen, ich hab ihn gar nicht mehr erkannt, aber er mich
sofort. Von der Frisur her hat er sich gewaltig verändert, aber
die korrekte Kleidung war noch immer vorhanden. Meine Oma hat immer
gesagt, schaue jemand in die Augen, die verändern sich nie, egal
wie alt jemand ist. Und ein tiefer Blick in Iwans Augen liess dann
längst vergangene Erlebnisse auferstehen. Aber zurück in die
mittleren 1960ger Jahre.
Nachdem das Haus also komplett bezogen war erschienen wieder Arbeiter
und wichtige Leute und bald drauf war da hinten wieder eine Baustelle.
Diesmal wurde das kleine Haus wo sonst immer der Ball drüberflog
etwas erhöht. Glücklicherweise war die Rückseite nur
Hauswand und es war nicht ein Fenster drin. Die doch ziemlich hohe
Hauswand hatte den Vorteil das man jetzt so richtig auf den Ball
draufhauen konnte, denn über dieses Dach flog er so gut wie nie
drüber. Allerdings waren die Leute die hinter dieser Wand
wohnten nicht so begeistert, denn in der Wohnung hörte man
natürlich sehr gut wo der Ball (übrigens ein echter FC-Bayern
Lederfußball) gegen die Wand donnerte. Und so kams das sich
spätestens nach 5 Minuten immer irgendjemand beschwerte. Somit war
die Fußballspielerei im hinteren Hinterhof fast unmöglich.
Im vorderen Hinterhof, also vorm Waschhaus, da gings aber noch ganz
gut. Wenn der Ball gegen die Wand vom Waschhaus donnerte war das egal,
da wohnte eh keiner mehr drin. Wenn er gegen das Fenster donnerte wars
auch egal, denn die Vergitterung war noch immer dran. Schlimmer wars
wenn er gegen die Fenster auf der Hausseite donnerte. Das war ja, wie
inzwischen bekannt, das Fenster vom Cafe-Teil der Bäckerei
Brücklmeier. Und da hats dann doch manchesmal einen ruhigen
Kaffeetrinker der am Tisch in seinen Edelmokka sinnierte vom Stuhl
gehoben. Meistens wars dann so das jemand das Fenster öffnete und
die Paula erschien und uns ein paar fast leere Eiskübel gab und
meinte, wir sollen was anderes spielen. Bei Paula kein Problem, was die
gesagt hat wurde sofort von uns akzeptiert denn die Paula war ja sowas
wie die Freundin von jedem von uns. Manchmal wars aber auch jemand
anderes aus der Bäckerei der oder die rausschimpfte, und da konnte
man dann nicht so einfach aufgeben. Da hamma zwar dann nicht mehr Ball
gespielt, dafür aber dann rumgeplärrt oder laut gesungen.
Besonders schlimm wars wenn das Fenster sowieso geöffnet war. Da
hat dann manchmal der Gast selber gemeckert bevor dann Paula schnell
mit einem Eiskübel angerannt kam und alles in Ordnung gebracht
hat. Allerdings kams nie vor das wir einen Ball durchs offene Bäckereifenster geschossen haben. Auch keinen Schneeball.
Jetzt gehen wir mal ein bissl die Josef-Beiser-Strasse von damals
entlang. Gegenüber vom Sandkasten, das KATRA-Haus. Damals war vorm
Haus eine etwa zwei Meter hohe grüne Hecke, die in Richtung
Pfanzeltplatz spitz zugelaufen ist. Dahinter war eine ziemlich
grüne Wiese und manchmal sind da hinten ein paar Hühner und
Gockeln rumgerannt. Die Leute wo im Erdgeschoss gewohnt haben hatten
also direkten Blick auf Hecke, Wiese und Geflügel. Die Wohnung
gleich neben dem Hauseingang hatte eine auch schon etwas
ältere Frau, die mit meiner Oma gut bekannt war. Der Hausgang war
mit so gelb-orangen Fliessen gepflastert und die Briefkästen waren
schwarz. An recht viel mehr erinnere ich mich nicht mehr weil ich
ausser dem Eingang bzw. dem vorderen Teil des Hausgangs nie viel
gesehen habe vom inneren dieses Hauses. Ich war zwar einige Male dabei
wenn meine Oma jemand besucht hat, aber nicht oft genug um mich noch
genau zu erinnern. Jedenfalls weiss ich noch genau das wenn man im
Erdgeschoss aus dem Fenster schaute, man einen super Ausblick hatte,
auch wenn man nicht recht weit schauen konnte weil die Hecke an der
Stelle weniger wie einen Meter vom Fenster entfernt war. Wenn man
vor der Haustüre stand, dann war rechts die Hecke mit der Wiese
dahinter und links war auch noch eine kleine Hecke, dahinter war aber
nur Beton und ein Gulli wo das Regenwasser abgelaufen ist. Direkt
neben der Haustür war links und rechts, sozusagen als Abschluss
noch ein Maschendrahtzaun über den wir als Kinder auch öfters
drübergeklettert sind. Meistens dann, wenn der Ball oder sonst
irgendwas drübergeflogen ist mit dem man spielte. Manchmal fand
man auch irgendwelches Zeugs das jemand drübergefallen ist oder
das jemand drübergeworfen hat.
In den Wundertüten waren nämlich manchmal so kleine farbige
Flugzeuge drin die man in einen Gummi einspannen konnte und die man
dann fliegen lassen konnte. Es waren einfache Plastikflieger die noch
eine abnehmbare Halterung hatten an der man das Flugzeug aufsetzte,
dann den Gummi einspannte und dann den Flieger nach hinten zog. Je nach
Spannung machte sich der Flieger dann auf die Reise und man musste
schon ziemlich blöd sein wenn man es schaffte sich den Flieger
oder den Gummi auf die Hand zu schnalzen.
So mancher Flieger landete auf einem Hausdach, blieb in einem Baum
hängen, flog in den Hachinger Bach und verschwand zusammen mit dem
Wasser, oder er landete eben hinter der Hecke. Wir wussten ja wie man
ihn retten konnte, aber so manch anderer verspielter Knabe hatte
natürlich keine Schangs. Die meisten solcher Flieger die nicht
einem von uns gehörten fand man meistens auf dem Dach der Garage,
auf dem Dach des Waschhauses und auf den Dächern der
Geschäfte an der Ottobrunner Strasse. Diese Flieger gabs jahrelang
und ganz plötzlich waren sie dann verschwunden.
Bei der kleinen
Hecke, also die links von der Haustüre, gabs an der "spitzen"
Seite noch eine in die Hauswand eingelassene Eisenstange. Wozu die gut
war wusste niemand so genau, jedenfalls hat so mancher Kunde vom KATRA
entweder seinen Hund dran angebunden oder sein Fahrad dort hingesperrt.
Zwischen Stange und Ende der Hecke gabs einen ganz schmalen Durchlass.
Mein Spezl war ja schon als Kind ein bissl fülliger wie ich, und
er konnte sich mit großer Mühe und Baucheinziehen grade noch
durchquetschen. Ich kam eigentlich ohne Probleme durch und Regina
konnte so durchgehen das sie nicht mal die Wand berührte. Hinter
diesem kleinen Teil der Hecke war auch noch ein Fenster das zu einem
kleinen Nebenraum vom KATRA gehörte. Vom zweiten Stock des Hauses
in dem ich wohnte, genauer gesagt, von den Fenstern vom Zimmer von mir
und meim Vadda und auch von dem von meiner Oma, konnte man von oben
direkt hinter diese kleine Hecke sehen. Mit anderen Worten: Wenn ich
vom Fenster aus sah das ein Flieger oder sonst was dahinterlag, dann
schnell runter und rausgeholt bevors vielleicht zu regnen anfängt
oder es jemand anderer holt.
In dem Haus wohnte übrigens noch irgendeine Familie die einen Sohn
mit Namen Hans-Peter hatten. Der war noch ziemlich klein und hatte
blonde Haare und meist eine Hose mit Latz an, wo er alles mögliche
in die Latztasche steckte was er so auf der Strasse fand. Ich erinnere
mich daran das er nach einem heftigen Regen Würmer und Schnecken
einsammelte und in seiner Hosentasche bzw. Latztasche verstaute. Dann
ging er heim und kurz drauf hörte man eine Frau kreischen. Ich
nehme mal an, Hans-Peter hat seine Taschen ausgeleert :-) So dann gehen
wir mal die Strasse entlang nach oben, ich bin selber gespannt an was
ich mich noch so erinnere. Bleiben wir auf der linken Strassenseite.
Neben dem Haus mit der Hecke kam ein weiteres Eigenheim mit einem
Stockwerk und Speicher. Da wohnte (bzw wohnt noch ?) die Familie
Fackler. Da gabs damals auch Kohlen und Briketts zu kaufen und
Brennholz glaube ich auch. Die hatten auch einen kleinen Sohn der
manchesmal mit uns gespielt hat. Wie der mit Vornamen geheissen hat
weiss ich auch nicht mehr. Soweit ich mich erinnere wohnten in dem Haus
die Oma und ihr Mann, der ihr Sohn und dem seine Frau und eben der Sohn
vom Sohn, also der Enkel von der Oma. Anfangs konnte man da beliebig
hineingehen in das Anwesen. Meine Oma ist oft hingegangen und hat
Kohlen gekauft oder bestellt und der Sohn hat sie dann geliefert und
kassiert.
Irgendwie war der Sohn ein komischer Vogel. Und ich glaube, bei denen
im Haus hatte nur die Oma was zum sagen und die andern mussten kuschen.
In diesem Garten und auch auf diesen Dächern haben wir niemals
gespielt und uns nur aufgehalten wenns gar nicht anders ging.
Daneben
war dann das Schlachthof der Metzgerei Wagmüller. Der Chef, der mit
Vornamen Eduard hiess, also Edi (auf bayrisch "Äde"), war auch
einer von denen der bei uns sehr beliebt war. Er war ein sehr
großer und kräftiger Mann, gegen den sogar das Jugo-Iwan
etwas klein wirkte. Der Äde war auch immer nett zu uns und hat uns
auch unzählige Wiener geschenkt und uns auch manchmal einen
Schweinskopf oder einen Kuhkopf gezeigt um uns gscheit zu erschrecken.
Einmal hat er uns ein Kuhauge gegeben und hat gesagt, wenn wir das
zerdadschen können dann kriegt jeder von uns soviele Wiener wie
wir essen können. Ich erinnere mich noch genau daran das wir den
ganzen Tag damit verbracht haben das Kuhauge zu zerquetschen. Mit an
die Wand werfen, drauftreten, draufspringen, eine der Steinplatten
draufwerfen, das Ding war sowas von stabil, es ging nicht kaputt. Gegen
Abend sind wir dann wieder zum Äde gegangen und ham ihm gesagt das
wir das Auge nicht kaputtgekriegt haben. Er hat dann recht laut gelacht
und hat jedem von uns ein paar Wiener geschenkt. Das Auge hamma dann
irgendwann weggeschmissen. Man sieht, damals hatte man eine ziemlich hohe Ekelgrenze. Heute
würde ich sowas ehrlich gesagt nicht mehr in die Hand nehmen
wollen. Aber als Kind sah man eben alles ganz anders. Beim Äde
hinten im Schlachthof und auch davor auf der Wiese und hinten in der
Garage haben wir oft und gerne gespielt. Verstecken war eins der
Lieblingsspiele in solchen Umgebungen. Und natürlich das
"über die Mauer klettern". Das war etwas das nicht jeder konnte.
Oft wars ja so, das die Mauern auf der einen Seite viel niedriger waren
wie auf der anderen, und man oft erst merkte wie weit es da doch
runtergeht wenn man oben auf der Mauer sass. Mit der Zeit kannten wir
natürlich jede Mauer in der Pfanzeltplatzgegend und sowas war auch
oft sehr hilfreich bei eventuellen Fluchtversuchen vor grantigen
Mitbürgern. Beim Äde jedenfalls waren wir immer gern gesehen.
Und auf der Wiese neben dem Schlachthaus war auch eine
Wäscheleine. Und die Wiese war eingezäunt und an den
Zaunenden hin zur Strassenseite waren jeweils ein Betonsockel. Auf
diesen Sockeln sind wir auch x-mal gesessen und ham uns die Sonne
draufscheinen lassen oder sind runtergesprungen und raufgeklettert und
grad schön wars. Auch sehr beliebt war, das man sich auf den Zaun
stellte und an der Wäscheleine festhielt und dann den ganzen Zaun
entlang auf diese Art entlang ging. Unzählige male haben wir das
gemacht und eines Tages ist es dann passiert das der Karli aus
irgendeinem Grund runtergefallen ist. Er ist zwar gleich wieder
aufgestanden, aber hat dann bald angefangen zu jammern das ihm sein Arm
weh tut. Er ist auch nicht in die Wiese gefallen sondern auf die andere
Seite, also auf die Strasse. Nach einiger Zeit ist der Arm dann
angeschwollen und wir sind alle zusammen zu seinem Vater gegangen und
haben ihn dort abgeliefert. Der hat ihn sofort geschnappt und ist mit
ihm ins Perlacher Krankenhaus gelaufen. Dort wurde er dann untersucht
und geröngt und siehe da, er hatte sich den Arm gebrochen.
Für ihn wars sicher Scheiße, für uns wars recht
interessant, weil wir durften mitgehen wie dem Karli der Arm eingegipst
wurde. Ein bissl feuchte Augen hatte er schon, aber der Doktor hat dann
gesagt, das er mit dem Gipsarm gscheit zuhauen kann und er damit jeden
k.o. haut der ihm zu nahe kommt. Und wie der Gips dann hart war und wir
alle draufgeklopft haben und der Karli nix gespürt hat, da hat er
sich dann doch ein bissl gefreut. Jedenfalls hatten sowohl ich wie auch
die Regina in den folgenden Tagen immer irgendwo eine Beule weil der
Karli mit dem Gips zugehaun hat. Ich weiss nicht mehr wie lange er den
Gipsarm hatte, aber in der Zwischenzeit hat jeder von uns etwas
draufgemalt oder Fingerabdrücke hinterlassen. Die Regina hat
damals von ihrer Tante einen Lippenstift geklaut und hat sich die
Lippen angemalt und dem Karli auf den Gips geküsst. Wie der Gips
dann runterkam hat der Karli darauf bestanden das er so aufgeschnitten
wird das der Kußabdruck nicht kaputtgeht und danach hat er den
Gips mit heimgenommen. Es hat sich nie geklärt wer damals schuld war an dem Unfall, es
gab auch kein großes Geschrei oder sonst was, wir haben uns auch
nicht gestritten und es wurde niemand angezeigt wegen Verletzung der
Aufsichtspflicht und es wurde auch nicht der Hersteller der
Wäscheleine verklagt. Jedenfalls war der Karli damals der King
weil er der einzige von uns war der wo sich jemals was gebrochen hat.
Die Mauer beim Äde hinten war auch ein beliebtes Kletterobjekt.
Von der Innenseite her kam man eigentlich immer rauf weil der Äde
meistens irgendein Zeugs da hinten hingestellt hat auf dem jeder
raufklettern konnte. Also irgendwelche Kisten oder Wannen oder
Biertragl. Die Kunst war, auf der anderen Seite der Mauer
runterzuspringen. Da gabs mehrere Möglichkeiten. Entweder setzte
man sich oben auf die Mauer und schob sich nach vorne und sprang dann,
oder man drehte sich um und liess sich mit den Beinen zuerst herunter
und liess sich dann fallen. Bei der "nach vorn schieb Methode" konnte
fast nix schiefgehen, ausser man stellte sich aussergewöhnlich
blöd an. Bei der "Beine zuerst Methode" konnte es passieren das man
nicht weit genug von der Mauer weg war und beim loslassen man mit den
Knien oder mit der Nase an der Wand entlangschrammte. Das kam gelegentlich vor, und so
manche Hose ging in der Kniegegend etwas kaputt. Die dritte Methode
war, das man sich auf der Mauer in der Hocke befand und dann sprang.
Das erhöhte die Sprunghöhe natürlich ein bisschen
und es sah alles viel höher aus wie es eigentlich war. Und die
vierte Methode war, das man sich aufrecht auf die Mauer stellte und
dann sprang. Dazu brauchte man aber schon einiges an Mut. Vor allem war
vor der Mauer auch keine Wiese sondern eine Art breiter Weg der gut mit
Kieselsteinen belegt war. Und da konnte es schon mal weh tun wenn man
mit den Handflächen oder mit den Knien hineinklatschte. Ich bin
immer nach der sitzen und vorschieben Methode gesprungen. Später
dann auch mit der aus der Hocke Methode. Problematisch wars auch wenn
man aus irgendeinem Grund von der hohen Seite auf die Mauer musste um
in den Schlachthof zu flüchten.
Hochspringen und sich mit den Fingern oben an der Mauer
festhalten und dann hochziehen. Das war die einfachste Methode, kostete
aber auch einiges an Kraft. Aber auch da merkte man, je öfter man
es versucht umso eher schafft man es. Ich habs einmal geschafft wie ich
alleine da hinten war und natürlich hats mir niemand geglaubt.
Irgendwann sind wir dann auf die Idee gekommen das man ja
zusätzlich an der Seite an eine der Halterungen von der Dachrinne,
also eher vom Ablauf der Dachrinne, steigen könnte und sich dann
mit Schwung nach oben schieben könnte. Irgendwann hats dann
problemlos geklappt. Zu Zweit wars natürlich kein Problem, weil da
wurde die Räuberleiter gemacht und man war oben. Einer zumindest.
Aber was tat der andere? Da war die Lösung mit der
Dachrinnenhalterung optimal. Die Regina hat sich übrigens weder
auf der einen noch auf der andern Seite getraut, aber sie war ja auch
die kleinste und jüngste von uns. Wenige Jahre später ist sie
dann auch über ziemlich jede Mauer geklettert.
Der besagte Kiesweg
führte übrigens zu der Schreinerei Kuhn. Die war zwar nicht
mehr direkt in der Josef-Beiser-Strasse, aber der Weg ging direkt von
der Strasse ab zur Schreinerei. Dieser Weg war auch ein sehr beliebtes
Platzerl wo wir uns gerne aufgehalten haben. Wobei der Weg selber nicht
interessant war sondern mehr die Gebüsche auf der rechten Seite.
Dahinter konnte man sich bestens verstecken und selbst wenns mal
geregnet hat wurde man da hinten nicht so nass wie wenn man im Freien
gestanden wäre.
Ein Teil dieser Gebüsche hatten so weisse
Beeren dranhängen, sogenannte "Platzbeeren" (Blatzbean). Wenn man
die auf den Asphalt oder gegen eine Wand warf, dann zerplatzten die und
machten so ein lustiges Geräusch.
Manchmal warfen wir uns die auch gegenseitig an den Kopf oder steckten
sie uns in den Kragen und hauten drauf oder wenns recht nass draussen
war auch in die Gummistiefel.
Klar gabs Flecke in den Hemden, aber wie gesagt, zumindest meine Oma
bekam alle wieder raus. Manchmal haben wir auch hinter den Büschen
irgendwas vergraben. Irgendein Zeugs das wir irgendwo gefunden haben
und vielleicht irgendwann mal wieder brauchen konnten. Auf diese Idee
kamen wir auch durch einen Kinderfilm der damals im Perlacher Pfarrsaal
gezeigt wurde. Dazu dann auch später mehr wenn wir in die Gegend
der Kirche gehen. In dem Film verbuddelten Kinder auch an verschiedenen
Stellen irgendwelche Gegenstände, die sie dann irgendwann
vielleicht wieder einmal brauchen können. Die Grundidee war
eigentlich gar nicht schlecht, auf die Art konnte man z.b. ein
Feuerzeug oder einen Flaschenöffner verstecken und wenn man dann
einmal ein Feuerzeug oder einen Flaschenöffner brauchte, diesen
wieder ausbuddeln und benutzen. Ja ich weiss, klingt blöd, war
aber manchmal recht hilfreich. Manchmal haben wir uns auch hinter den
Büschen versteckt wenn der Schreiner oder jemand aus seiner Firma
den Weg entlang gefahren ist.
Ausserdem wusste man mit der Zeit auch genau wie man hinter den
Büschen am schnellsten durchrennen konnte ohne irgendwo
hängenzu bleiben. Bei einer Flucht vor gewissen Leuten, sehr von
Vorteil.
Der Herr Kuhn, ein etwas älterer Mann der meist einen
grauen Arbeitskittel anhatte, war auch sehr nett. Er hatte einen Enkel
der Herbert geheissen hat und sicher auch heute noch Herbert heisst.
Den habe ich einmal durch Zufall kennengelernt. Der Herbert war ein
blond gelockter Jüngling, ich glaube er war 1 Jahr älter wie
ich.
Er las im Gegensatz zu mir kein Fix und Foxi, sondern Micky Maus. Im
Garten der Kuhns stand noch ein kleiner Pavillion mit einem Tisch und
zwei Bänken drin. Da sassen dann der Herbert und ich und haben
zusammen das Micky Maus gelesen. An dem Tag las ich also das erste
Micky Maus. Welche Geschichte es war weiss ich nicht mehr, jedenfalls
spielte Donald Duck die Hauptrolle. Herbert meinte, das Micky Maus viel
besser sei wie Fix und Foxi weil die Geschichten einfach interessanter
und witziger sind. Ich hielt dagegen mit Lupo, Knox und den
Schlümpfen. Er meinte, das es da zwar auch gute Geschichten gibt,
aber gegen Donald Duck komme die alle nicht an. Nun ja. Anfangs teilte
ich seine Begeisterung nicht so sehr, aber nachdem ich meine Oma dann
überzeugt habe das sie mir bei ihrem täglichen
Zeitungsholgang einmal die Woche ein Micky Maus mitbringt, da habe ich dann so nach und
nach meine Meinung geändert. Das Fix und Foxi wurde immer
uninteressanter und die Donald Duck Geschichten umso interessanter.
Sogar meine damals innig geliebten Felix-Hefte waren plötzlich
nicht mehr so interessant wie sie mal waren. Donald Duck hatte von mir
Besitz ergriffen. Und so kams das ich jede Woche das neue Micky Maus
und auch manchmal den Felix bekam. Als Sonderzugabe zum Taschengeld.
Meine Leidenschaft für Donald Duck Geschichten ist übrigens
bis heute erhalten geblieben und ich kann mich immer wieder drüber
amüsieren, wenn ein paar wichtige Herren mir seltsame Blicke
zuwerfen weil ich keine Fachzeitschrift sondern Donald Duck lese und
zwischendurch regelrechte Lachkrämpfe bekomme. Dazu später
auch noch irgendwann mehr.
Zurück zur Josef-Beiser-Strasse.
Neben
dieser Einfahrt war noch eine kleinere Firma, allerdings
habe ich keine Ahnung mehr was in dieser hergestellt wurde und wie es
da aussah. Dann war da noch ein etwas größerer Platz wo in
der Mitte
ein paar Bepflanzungen waren. Drumrum führte ein kleiner
Plattenweg und dahinter war auch ein Haus, wo oben Wohnungen waren und
unten irgendeine kleine Elektrofirma war. Irgendjemand in dem Haus
hatte einen Hund. Einen Dackel. Der Dackel hieß Burschi und wir
haben oft und gern mit ihm gespielt und haben ihn Gassi geführt.
Neben diesem blümierten Platz war dann ein Häuschen neben dem
anderen, jedes mit einem Stockwerk und einem Speicher und einem mehr
oder weniger schönem Garten davor bzw. rund rum ums Haus. Die
Gärten teilweise getrimmt und mim Lineal abgemessen und teilweise
schön gepflegt aber natürlich gelassen. Auf der linken Seite
stach nur eins der Häuser ins Auge. Das war
das Haus eines Architekten. Wollner hat der geheissen. Es war von der
Bauform schon anders wie die anderen und es fiel einfach auf.
Die
Familie hatte auch einen Sohn und der hiess auch Norbert. So genau
erinnere ich mich nicht mehr an ihn, aber er hat auch jedesmal servus
gesagt wenn er mich bzw wenn ich ihn getroffen habe. Das Ende der
Strasse ging dann einen kleinen Berg hinauf. Also kein richtiger Berg,
eher so eine Erhebung der Josef-Beiser-Strasse die dann in die
Unterhachinger Strasse mündete. Später bin ich sehr oft mit
dem Rad den Berg runter und da hab ich immer versucht bis zur Mitte der
Strasse so einen Schwung zu bekommen das ich bis vor zum Pfanzeltplatz
nicht mehr pedalisieren musste. Mit der Zeit hatte man dann schon raus
wie man es anstellen musste. Zum Thema Rad dann auch nachher noch ein
bissl was.
Die rechte Strassenseite, ab da gesehen wo der
Krankenhausgärtner Dobler wohnte, sah in etwa so aus: Neben diesem
Haus war eine Einfahrt in eine weitere kleinere Firma, die
Installationen machte und mit der ziemlich jeder Perlacher Einwohner
schon mindestens einmal was zu tun hatte. Das Haus gleich neben der
Einfahrt gehörte ebenfalls zur Firma.
Und das alles gehörte
der Familie Wirnshofer. An die alten Wirnshofers kann ich mich nur noch
schwer erinnern, dafür an die jüngeren umso besser.
Da gabs
einen Robert. Genannt "Les". Keine Ahnung wieso er so genannt wurde,
vielleicht hatte
er mal eine Gitarre von Les Paul. Ist ja auch egal. Der Les hatte eine
wunderschöne blonde Frau und die hatte einen blauen Fiat
500. Und mit diesem Fiat 500 hat sie irgendwann mal mich, den
Hans-Peter und die Regina auf eine Spritztour mitgenommen. Ich glaub
die ging damals die Unterhachinger Strasse runter und dann irgendwo die
Salzburger Autobahn entlang, jedenfalls haben wir drei bemerkt wie uns
der Hintern auf dem Rücksitz immer heisser und heisser wurde.
Irgendwann hat dann einer von uns was gesagt und die Frau vom Les ist
gleich an den Strassenrand gefahren und hat die Motorhaube aufgemacht
und da hats dann mächtig gequalmt. Es war schon ein Erlebnis an
dem Tag.
Handys und so Zeug gabs damals noch nicht, aber doch so
manchen hilfsbereiten Autofahrer. Einer hat uns dann alle vier
mitgenommen und am Pfanzeltplatz abgesetzt. Dann sind wir alle zusammen
mit zum Les gegangen und haben zugehört wie er sich mit seiner
Frau gestritten hat. Jedenfalls stand das Auto dann am nächsten
Tag in der Früh wieder vor dem Haus, wahrscheinlich hats irgendein
Abschleppdienst gebracht. Damals dachte keiner daran das der Les noch
etwa 20 Jahre hatte bis er starb.
Auf der rechten Seite ging von der
Josef-Beiser-Strasse noch eine Seitenstrasse (Böhmstrasse) weg, die
vor zur Ottobrunner Strasse führte und an der Esso-Tankstelle
endete.
Ich bin nicht mehr so ganz sicher in welcher Reihenfolge
die Hauser auf der rechten Seite alle kamen, deswegen lege ich mich
jetzt nicht drauf fest welches als erstes kam.
Eins der Häuser
hatte einen sauguten Garten. Ein paar Bäume und leicht verwildert
und statt eines Zauns eine Gartenmauer die dieses Grundstück vom
Nachbargrundstück trennte. Eine der Familien hiess Schlaucher. Die
hatten zwei Söhne von denen einer Herbert und der andere Reiner hiess. Der Rainer war schon
eher ein Herr, der Herbert dürfte so um die 16 oder 17 gewesen
sein. Beim Herbert war ich manchmal im Zimmer und hab mit ihm Musik
gehört. Er hörte nicht mehr die Säuglingsmusik wie so
manch anderen Kinder in meinem Alter sondern schon die bessere
Beat-Musik. Durch ihn lernte ich damals u.a. "Mouth & McNeal"
kennen. Das dürfte aber schon ganz am Ende der 1960ger
gewesen sein, wenn nicht sogar schon am Anfang der 1970ger. Der Herbert
hatte eine gute Plattensammlung und las auch Wastl Comichefte. Ich
stand damals mehr auf Fix & Foxi, speziell auf die Geschichten mit
Lupo oder Knox oder den Schlümpfen. Der Papa Schlumpf hiess damals noch Großschlumpf, Schlumpfinchen
war glaub ich noch gar nicht da und der komische böse Zauberer
hatte den Namen Gurgelhals. Viele Jahre später hiessen die dann
alle ganz anders, sahen aber noch genau so aus wie damals. Comics gabs
damals schon recht viele. Ausser Fix & Foxi gabs noch Wastl,
Superman, Primo und YPS, auch Micky Maus war schon sehr verbreitet und
hatte ganze Scharen an Lesern. Zur Micky Maus kam ich aber erst einige
Zeit später. Siehe die kurze Erzählung mit dem Herbert Kuhn weiter oben.
Also weiter in der Strasse.
Ein weiteres wichtiges Haus war das wo die Eheleute Lerner wohnten. Die
hiessen nicht nur Lerner, bei denen konnte man auch was lernen. Beide
waren ehemalige Volksschullehrer und alles andere wie deppert. Die Frau
Lerner war eine nette ältere Dame, stets freundlich und gut
gekleidet. Der Herr Lerner (zu dem ich übrigens als einziges Kind
aus der Strasse du sagen durfte) war auch ein etwas stämmigerer
Typ, der auch unter der Woche mit Weste und Krawatte rumlief. Oft hatte
er auch einen Hut auf und einen Spazierstock dabei.
Immer wenn er mich auf der Strasse sah winkte er mich zu sich und
stellte mir eine Frage. Wenn ich richtig geantwortet habe bekam ich ein
Guadl geschenkt. Er hatte aber nicht die billigen Bonbons sondern die
besseren, sowas wie die Werthers Echten. Und die waren echt gut. Wenn ich falsch
geantwortet habe hat er immer gesagt ich solle überlegen und wenn
ich die Antwort weiss zu ihm kommen, dann bekomme ich ein Guadl
geschenkt. Ja, das war auch eine Art etwas zu lernen. Er selber gab
nebenbei auch Klavierunterricht. Irgendwann kam meine Oma auf die Idee,
das ich zum Herrn Oberlehrer (das war seine Berufsbezeichnung die ihm
bis zu seinem Tod erhalten blieb) gehen solle und dort Klavierspielen
lernen solle.
Naja, seine Art von Klavierspielen hat sich nie mit meinen
Vorstellungen gedeckt. Er war mehr der klassischen Klavierspielerart
angetan und ich mehr dem Rock'n'Roll.
Das war aber eine Musikart die er ablehnte und somit habe ich bis heute
nicht Klavierspielen gelernt. Wobei ich fairerweise sagen muss, er hats
wirklich zwei Stunden mit mir versucht, aber dann hat er entnervt
aufgegeben. Naja, egal, mir war damals eh viel mehr nach E-Gitarre.
Natürlich hatte ich keine und es sah auch nicht so aus wie wenn
ich jemals eine bekommen sollte. Ich bekam auch keine, erst Jahre
später wie ich mir selber von meinem allerersten Gehalt als
Lehrling eine gekauft habe. Dazu aber dann viel später noch
einiges. Beim Oberlehrer war auch meine Oma oft mit dabei. Es gab dann
Kaffee und selbstgebackenen Kuchen oder Plätzerl. Ich bekam immer
einen Kaba und durfte soviel Kuchen essen wie ich wollte. Immer wenn
meine Oma dann gesagt hat, das reicht, hat der Oberlehrer gesagt, der
Bub soll nur soviel essen wie er mag, nur so lernt er wenn er genug
hat.
Da war schon was dran an den Worten, denn ich habe dadurch gelernt
das man ziemliches Bauchweh bekommt wenn man viel zuviel Kuchen isst.
Der Oberlehrer hat immer gesagt, es ist besser wenn man es am eigenen
Leibe verspürt als wie auf irgendwelche Worte zu hören die
man sowieso nicht glaubt. Man sieht, es war ein gescheiter Mensch.
Einige Jahre später starb dann die Frau Lerner und der Oberlehrer
war am Boden zerstört. Es hat nicht sehr lange gedauert, dann ist
er auch gestorben. Mit ihm starb auch gleichzeitig ein Stück
Perlach und ein sehr geschätzter Bekannter von mir.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, in dem ehemaligen
Niedrighaus wo uns der Sandkasten spendiert wurde, da wohnte auch noch
ein alter Mann der mit Nachnamen Preissler geheissen hat. Der hatte das
ganze Jahr über immer einen Strohhut auf und im Sommer einen
braunen Anzug. Einen Spazierstock hatte er auch immer dabei.
Der Herr Preissler ging grundsätzlich nie an der Ampel über
die Strasse sondern immer direkt da wo die Josef-Beiser-Strasse in den
Pfanzeltplatz mündet und da dann über die kleine Brücke
über den Hachinger Bach. Er ging immer einfach auf die Strasse und
winkte mit seinem Stock und hoffte das die Autofahrer dann bremsen. Das
ging lange gut, aber eines Tages hat einer nicht gebremst und den
Preissler voll von der Seite erwischt. Der Preissler ist durch die
Wucht auf die Strassenseite geschleudert worden und entweder starb
er
noch auf der Strasse oder dann kurz drauf im Krankenhaus. So schnell
kanns gehen. Wir Kinder haben daraus gelernt, das man entweder bei der
Ampel vorne über die Strasse geht oder eben schneller über
die Strasse rennt wie der alte Preissler. Dazu muss man sagen, das der
Pfanzeltplatz fast rund um die Uhr gut befahren war. Nur ganz selten in
den Morgenstunden kams vor, das mal einige Zeit kein Fahrzeug
herumgefahren ist.
Aber jetzt wieder zurück zur
Josef-Beiser-Strasse wo wir uns langsam auch dem Ende der rechten
Strassenseite nähern. Da war, bevor das letzte Haus kam, noch eine
kleine Sackgasse mit dem schönen Namen Dudweilerweg. Der war nicht
besonders lang, ich schätze mal das er nicht mal auf hundert Meter
kam, aber er hatte am Ende, also praktisch am Sack der Gasse, eine
wunderbare leicht schräg geneigte Kurve wo man mit dem Rad super
rumfahren konnte. Und das letzte Haus in der Strasse war meiner Meinung
auch das schönste Haus mit dem schönsten Garten. Grüne
Wiese, Bäume, Sträucher, Blumen, in der Mitte ein kleiner
Teich mit Seerosen, vielen Goldfischen und einer kleinen
Windmühle. Ein Traumgarten. Im hinteren Bereich stand noch ein
kleines Holzhaus, also ein Gartenhaus. Immer wenn ich an dem Garten vorbeigekommen bin blieb ich stehn und
schaute lange und begeistert hinein und beneidete die Leute die sowas
schönes hatten. Ich selber bin in meinem Leben, zumindest bis
jetzt, noch nie zu einem Garten gekommen. Nur einmal zu einer Terrasse,
aber dazu viel später dann mehr.
Wenn man am Ende der Strasse rechts abbog, also sich schon in der
Unterhachinger Strasse befand, da war der Hinterhof der Firma Karl
Platten. In den Hinterhof selber kamen wir zwar nicht hinein, aber
dafür konten wir durch die Zaunlatten langen und dahinter befand
sich das was kleine Jungs gerne mögen. Farbkübel und
Farbdosen. Es war irgendeine Farb-Firma oder Malerfirma, so genau weiss
ich das nicht mehr. Die Dosen waren zwar theoretisch leer, aber so ganz
leer war eine mit Farbe gefüllte Dose eigentlich nie. Vor allem
dann wenn die Deckel teilweise weg waren und es geregnet hat und sich
in so mancher Dose dann ein bissl Wasser gesammelt hat. Mit einem
kleinen Holzstückchen oder einem Teil eines abgebrochenen Asts
konnte man das dann so hinrühren das man wieder eine brauchbare
Farbe hatte. Und mit den Farbresten fingen wir dann an den grauen
Lattenzaun untenrum etwas zu verschönern. Der Vorteil da hinten
war, das die Strasse auf dieser Seite eine ganz leichte nach unten
gehende Böschung hatte, die auch ein vorbeifahrender Autofahrer
nicht unbedingt einsehen konnte. Zusätzlich waren noch ein paar
mickrige Büsche dort gepflanzt. Ausser dem Zaun wurden bei diesen
Aktionen auch die Hände und die Klamotten bemalt, die wir grad
anhatten. Die Farbe in den Klamotten waren ein Problem, die an den
Händen weniger, denn da hatte dann der Jugo-Sepp wieder einmal die
Lösung und die hiess Nitroverdünnung. Wie ich mit der
farbverschmierten Hose heimgekommen bin hat meine Oma die Hände
überm Kopf zusammengeschlagen und irgendwas von "Jessas Maria und
Josef" gesagt. Mein Vater hat gelacht. Dann hat sie lange versucht die
Farbe aus der Hose zu bekommen, aber so ganz rausbekommen hat sie die
nicht mehr.
Der Spezl hat schätzungsweise ein paar links und rechts bekommen,
jedenfalls hat er mir erzählt das seine Eltern ziemlich sauer
waren wegen der Hose. Der Regina ist gar nix passiert, denn die hatte
eine kurze Hose angehabt und nur Farbe an den Beinen bis zum Knie rauf,
und das ging alles mit der Nitroverdünnung weg. Die Socken hat sie
bevor sie heimging ausgezogen und weggeschmissen und gesagt, sie hat
sie verloren. Der Herr Platten hat natürlich irgendwann gemerkt
das jemand seinen Zaun bemalt hat und wie er dann rein zufällig
mich mit meiner Oma getroffen hat, da hat er gelacht und hat gesagt,
das wenn der Bub einmal mit der Schule fertig ist er bei ihm das
Arbeiten anfangen kann.
Bis es dann soweit war verging noch viel Zeit und ich bin nicht sicher
ob der Herr Platten dann überhaupt noch gelebt hat. Jedenfalls hat
er nicht nicht aufgeregt und auch nicht geschimpft. Und ich hab aber auch nie beim ihm zum arbeiten angefangen.
So, jetzt machen
wir einen weiteren Spaziergang, vom Pfanzeltplatz aus hinauf die
Sebastian-Bauer-Strasse entlang. Ausgangspunkt ist ab dem Gasthaus "Zur
Post" von dem ich ja schon berichtet habe. Neben dem Gasthaus hat sich
inzwischen da wo vorher der Konsum drin war eine Firma
eingemietet die, soweit ichmich erinnere, für eine große
Modefirma die Klamotten geschneidert und entworfen hat. Zusätzlich
wurden in den oberen Stockwerken auch noch Fremdenzimmer vermietet.
Daneben dann die Raiffeisenbank und dann kam die Specklstrasse. Am
rechten Rand der Specklstrasse, also fast direkt neben der Bank, war
eine kleine Wiese in die ein Strauch gepflanzt war vor dem jedes Jahr
einige Krokusse geblüht haben. Übrigens war vor den
Schaufenstern der Raiffeisenbank noch ein ganz kleiner Vorplatz wo ein
ganz großer Blumenkasten stand in dem auch irgendwelche
Büsche und Sträucher gepflanzt waren. Dahinter haben wir uns
oft als Kinder versteckt und vorbeigehende Passanten mit Wasserpistolen
bespritzt. Einmal hat sich ein Passant ziemlich aufgeregt und hat
versucht einen von uns zu erwischen und er hat gedroht, uns abzufotzn
wenn er uns erwischt. Allerdings musste er uns erst mal erwischen und
da standen seine Schangsn verdammt schlecht. Auserwählt hat er
sich dann mich. Mein Spezl ging vorsichtshalber stiften, allerdings mit
der Wasserpistole. Ich bin dann ein paarmal um den Busch
rumgelaufen, der Passant hinterher (es war übrigens ein Mann,
schätzungsweise gut 40 Jahre alt). Er schimpfte immer lauter und
bekam eine richtige Wut. Die Arbeiter von der Bank haben bereits
geschaut. Ich bin dann abgehaun und in den Hinterhof von "Zur Post" wo
natürlich meine Freunde, die Doggen, waren. Davon wusste der
Passant natürlich nichts. Ich also losgeflitzt, bin über das
Gitter vom Zwinger geklettert und hab mich dann an die Hundehütte
gelehnt. Der Passant führte sich ziemlich auf vor dem Gitter und
die Hunde wurden stinksauer und sprangen an dem Gitter hoch und
knurrten und bellten. Einer der Hunde hat ihn mit der Kralle am Arm
erwischt. Kurz drauf kam der Wirt und hat den Passant gepackt und ihm
links und rechts eine geschmiert und mit ein paar Arschtritten vom Hof
befördert. Dann hat er mich aus dem Zwinger geholt und wollte
wissen was los war. Nachdem ichs ihm erzählt habe ist er in die
Wirtschaft gegangen und hat mir ein großes Eis geschenkt. Mein
Spezl hat danach zugegeben vor lauter Angst die Wasserpistole in den
Hachinger Bach geschmissen zu haben. Die wurde natürlich
abgetrieben und weg war sie. Nur zwengs so einem Depp. Naja, wenige
Tage später hatten wir eine neue Wasserpistole. Besagter Passant
wurde übrigens weder von mir, noch vom Spezl noch vom Wirt
irgendwann wieder in der Gegend gesehen. Keine Ahnung wieso.
Gut, also wie gesagt, gleich neben der Bank war dann die Specklstrasse.
Da war, bzw ist noch immer, zum einen der Parkplatz hinter der Bank und
auch ein Kastanienbaum.
Der Kastanienbaum stand exakt inmitten eines Metallzauns, er trennte
also den Zaun praktisch. Um auf den Baum zu kommen gabs drei
Möglichkeiten. Zum einen auf den Zaun klettern und sich dann an
einem Ast nach oben ziehen, zum zweiten vom Boden aus hochzuspringen
und sich einen Ast zu schnappen und dann hochzuziehen, oder die dritte
Möglichkeit, nicht von der Parkplatzseite aus sondern von der
anderen Seite, einen alten, abgebrochenen Rest eines Astes zu packen,
sich daran festzuhalten, mit einem Fuß auf den Zaun und dann mit
Schwung auf den Baum. Auch hier wars so, das bei einer eventuellen
Flucht immer die zweite Methode angewandt wurde, da es am schnellsten
ging um auf den Baum zu kommen. Natürlich musste man aufpassen das
der Verfolger von der körperlichen Verfassung her nicht in der
Lage war ebenfalls auf den Baum zu klettern. Und selbst dann glaube ich
nicht das er so hoch raufgekommen wäre wie wir, denn wir kamen
fast bis zur Spitze des Baumes rauf. Oft sassen der Karli und ich ein
paar Stunden im Baum und warteten darauf, dass zwei bestimmte Damen der
Bank auf den Parkplatz gingen um eine zu rauchen oder einfach um ein
bisschen dort rumzustehen. Diese beiden Damen waren ebenfalls sehr
beliebt beim Karli und bei mir. Witzigerweise hiess auch von denen eine
Ingrid, also so wie die eine vom Friseursalon. Mit der Zeit haben wir
uns mit den Damen gut angefreundet und auch von denen bekamen wir
manchmal ein Eis. Im Baum sassen wir meist in den Sommermonaten. Bei
Regen wars weniger gut, weils ziemlich nass war und die Äste auch
recht rutschig. Bei den damaligen prächtigen Sommern wars aber
meistens durchaus möglich auf den Baum zu klettern.
Auf der andern
Seite des Zauns war eine etwas längere Zufahrt zu einer Garage und
der Garten eines Hauses und natürlich auch die Haustüre. In
diesem Haus wohnte ein Ehepaar, das beide gute fünfzig Jahre alt
gewesen sein dürfte. Den Namen weiss ich nicht mehr. Der Mann hatte ein Taxi
und einen kleinen Dackel. Neben dem Hauseingang standen zwei
Mülltonnen. Direkt gegenüber des Hauseingangs war ein
Durchgang zum Hinterhof "Zur Post". Ein schwarzes,
schmiedeeisernes Tor, über das wir Jungs natürlich locker
drüberklettern konnten. Die Leute die in dem Haus wohnten regten
sich immer tierisch auf wenn wir über das Tor kletterten oder wenn
wir es offen stehen liessen. Sie regten sich auch auf wenn wir nur
durchgegangen sind und es wieder zugemacht haben, weil es ja ein
privater Durchgang war und nur die Einwohner durchgehen dürften.
So gesehen war der Wirt von "Zur Post" auch ein Einwohner und wir seine
Freunde, also brachten wir das als Gegenargument, was natürlich
von den beiden so ausgelegt wurde, das wir freche Rotzlöffel sind
und keine Erziehung haben und was weiss ich noch alles was sie uns an
die Köpfe geworfen haben. Naja, zwei weitere blöde Erwachsene
eben. Jedenfalls waren das alles gute Gründe um die beiden
desöfteren gscheit zu ärgern. Und das taten wir auch. Zwar
nicht so oft wie bei manchen anderen Leuten, aber sie wohnten ja nicht
direkt bei uns am Haus. So kams also gelegentlich vor das wir an der
Haustür geklingelt haben und abgehaun sind. Wobei wir es dann doch
schöner fanden zu klingeln, abzuhaun und schnell auf den Baum zu klettern,
damit wir auch sehen und hören wenn sie sich ärgerten.
Einmal wollten wir grade klingeln als sich die Haustüre
öffnete und der Mann in selbiger stand und sofort zu schimpfen
anfing und mit den Händen rumfuchtelte. Wir waren ziemlich
erschrocken, sind aber dann auch ziemlich schnell abgehaun. Groß
nachlaufen konnte er uns nicht weil er viel zu dick war um schnell zu
laufen. Im übrigen hat der Dackel auch immer kräftig gebellt
wenns an der Türe gebimmelt hat. Das Beste war aber, das weder er
noch seine Frau wussten wie wir heissen und wo wir wohnen. Einmal liefs
aber dann so blöd, das wir über das Tor geklettert sind und
der Karli mit dem Hosenbein irgendwo hängengeblieben ist. Das hat
der Mann dann ausgenutzt und hat sich den Karli geschnappt und ein
bissl gebeidlt und ihm gedroht das er eine mordsdrum Watschn kriegt wenn er
ihn nochmal erwischt. Wir haben uns dann irgendwo hinverzogen und
überlegt was man tun kann.
Bald drauf ist uns dann etwas
eingefallen. Zuerst gingen wir zum Äde in den Schlachthof und
haben ihn gefragt ob er uns einen Knochen schenkt für einen Hund
den wir gern mögen. Der Äde hat nicht lang gefragt und uns
einen schönen Knochen gegeben. Mit dem Knochen sind wir dann zum
Taxler gegangen. Oft war ja die Haustüre offen und der Dackel sass
vor der Türe. Der Dackel kannte uns ja und er mochte uns auch
recht gerne. Und wie es der Zufall wollte war auch jetzt die Tür
auf und der Dackel kam uns schwanzwedelnd entgegen.
Während der Karli ihm den Knochen gezeigt hat bin ich den Baum
rauf und habe die Paketschnur geholt die wir für eventuelle
Notfälle einmal oben im Baum versteckt hatten.
Den Knochen haben wir dann an die Schnur gebunden und das andere Ende
der Schnur haben wir an den Deckel der Mülltonne gebunden. Den
Deckel haben wir so draufgelegt das er auf jeden Fall runterfällt
wenn man ruckartig daran zieht. Dann haben wir dem Dackel den Knochen
vor die Nase gehalten und dann Wurfbewegungen gemacht. Der Dackel war
voll bei der Sache und wie der Knochen in den Hausgang flog flitzte er
hinterher, schnappte sich den Knochen und rannte damit ins Haus. Der
Deckel der Mülltonne krachte herunter und schepperte durch den
Hausgang, witzigerweise sogar bis in die Wohnung hinein und es gab
einen ziemlichen Radau. Der Karli und ich ham uns die Bäuche
gehalten vor lachen und wie dann dem Taxler seine Frau rauskam und sich
aufregte und schimpfte, da sind wir dann abgehaun. Eigentlich haben wir
ja fast damit gerechnet das die zur Polizei gehen.
In Perlach gabs
damals sogar ein eigene kleines Polizeirevier. Doch das Gegenteil war
der Fall. Wie wir wieder einmal zum Baum wollten um auf unsere
Bank-Frauen zu warten, da hat uns der Taxler kalt erwischt. Er hat
irgendwas erzählt vom Blödsinn und so, und dann hat er
gemeint, ob wir uns nicht vertragen könnten weil eigentlich mag er
ja Kinder recht gerne. Dann hat er jedem von uns zwei Mark geschenkt und gefragt, obs damit
gut sei und wir ihn nicht mehr länger ärgern. Zwei Mark war
viel Geld damals und man bekam auch einiges dafür. Wir waren
einverstanden und habe versprochen den Mann und seine Frau nicht mehr
zu ärgern. Danach sind wir zum Pfanzeltplatz vor und ham uns
für das Geld Eis und Colaflascherl (natürlich die Guten von Haribo) gekauft. An
unser Versprechen haben wir uns übrigens gehalten. Es kam sogar
soweit das wir mit dem Hund Gassi gehen durften.
Ansonsten waren auf der rechten Strassenseite der Specklstrasse nur
Häuser mit Gärten davor. Einzig das letzte Haus in der
Strasse fiel ziemlich auf, weil es ein ziemlich großes Haus war.
Höher wie die anderen, breiter wie die anderen, großer
Garten, Balkone die rund ums Haus gingen, sogar zwei Garagen gabs in
denen teure Autos standen.
Haus und Garten waren in einem sehr gepflegten Zustand und man bekam
sofort den Verdacht, das die Leute die drin wohnten viel Geld haben.
Das alles gehörte dem damals einzigen Zahnarzt in Perlach, welcher
Knaier geheissen hat. Wir kannten das Haus eigentlich nur von aussen,
denn über die Gartenmauer konnten wir nicht drüberschaun und
so sahen wir immer nur das was hoch genug nach oben ging. Das was
hinter der Mauer war, sah ich erst wie ich schon einige Zeit zur Schule
ging, denn einer der Söhne des Zahnarztes, der Paul, genannt "Pauli", ging dann mit mir in die
selbe Klasse. Zum Thema Zahnarzt dann noch desöfteren
einiges. Die Specklstrasse mündete ebenfalls mit einer
Erhebung in die Unterhachinger Strasse.
Auf der linken Strassenseite war gleich am Anfang das einzige Mietshaus
das es in der Strasse gegeben hat. Das zog sich praktisch direkt ums
Eck von Specklstrasse und Sebastian-Bauer-Strasse. Es war von der
Bauweise ungefähr so wie das Haus wo ich und der Karli wohnten.
Also auch mit vielen Vorbauten und ein oder zwei Türmen und einer
schwarzen, schmiedeeisernen Haustüre. Auch auf der linken
Strassenseite waren fast nur Häuser mit Gärten davor, bzw.
dahinter. In einem dieser Häuser wohnte eine Familie die ebenfalls
einen Sohn hatten, der ein bissl jünger war wie der Karli. Dem
seine Eltern waren auch nicht grade die, die man als arm bezeichnen
würde. Damals jedenfalls.
Der Sohn von denen war immer wie aus dem Ei gepellt. Ordentliche Haare,
blitzsaubere Klamotten. Er hatte auch nie dreckige Fingernägel und
er redete auch irgendwie "gewählter" wie wir. Aber er war kein
Preuße, er war auch ein Bayer. Wir sahen uns öfters mal wenn
wir so durch die Gegend zogen und manchmal traf man sich auch vorne am
Pfanzeltplatz wenn er sich in der Bäckerei oder beim KATRA etwas
gekauft hat. Scheinbar bekam er mehr Taschengeld wie ich oder der
Karli. Irgendwann einmal haben wir ihn gesehen wie er mit dem Hund
spazieren ging und ihn vor der Bäckerei angebunden hat. Wir haben
den Hund dann losgebunden und die Leine in der Hand gehalten. Wie der
Knabe dann rauskam fing er gleich an zu weinen und rannte sofort rein
in die Bäckerei und jammerte der Paula vor das zwei Jungs seinen
Hund wegnehmen wollen. Die Paula kam gleich mit raus und hat dem Knaben
erklärt das wir sicher nicht seinen Hund stehlen wollen und er
sich nicht so anstellen soll. Wir haben ihm dann klargemacht das er
selber schuld ist weil er die Leine nicht gscheit festgemacht hat und
der Hund weglaufen wollte. Eigentlich müsste er uns ja dankbar
sein das wir ihm geholfen haben. Klar das wir den Hund sowieso nicht
mitgenommen hätten, sowas wäre dann doch etwas zu weit
gegangen. Erst nachdem die Paula ihm dann ein Colaflascherl (von
Haribo) geschenkt hat, hat er sich wieder beruhigt.
Wir sind dann zu dritt zu ihm nach hause gegangen und er hat uns seinen
Eltern vorgestellt. Vorher mussten wir versprechen nichts davon zu
erzählen das er die Leine nicht gscheit angebunden hat,
weil, wie er sagte, er sonst gewaltig den Hintern vollkriegt. Wir haben
auch nichts gesagt, obwohl dem seine Eltern nicht grade einen
begeisterten Eindruck machten das er uns beide mitbrachte. Jedenfalls
haben wir dann öfters einmal draussen ein bissl zusammen gespielt
und er hat immer sehr darauf geachtet das er sich nicht dreckig macht.
Wir wussten, ein richtiger Junge muss unbedingt dreckige Hände
haben und auch mal die Hose zreissen und überhaupt. Eines Tages
haben wir ihn dann überredet das er mit uns zu den Büschen
geht die bei der Einfahrt zur Schreinerei waren. Er ging dann auch mit
und wir haben ihm gezeigt das wir dahinter manchmal was verstecken und
das er gerne auch immer mitmachen darf. Jedenfalls hat er dann auch
angefangen in der Erde rumzubuddeln und es hat ihm sichtlich Spaß
gemacht. Die Hände wurden dreckig, die Erde pappte unter den
Fingernägeln und an seiner Hose sah man genau das er auch im Dreck
gekniet war. Erst wie es dann ans heimgehen ging, da wurde ihm langsam
mulmig und er bekam ziemlich Angst vor seinen Eltern. Wir sind
dann zu dritt zur Wohnung von ihm gegangen und seine Mutter fing sofort
an zu schimpfen, hat ihm am Arm gepackt und reingezogen, uns dann noch
böse angeschaut und dann hat sie uns die Tür vor der Nase
zugeknallt. Es verging dann eine längere Zeit bis einer von
uns den Knaben wieder gesehen hat und er hat gesagt, das er mit uns
nicht mehr spielen darf. Ganz verhindern konnten es die Eltern
natürlich nicht, denn wie es der Zufall wollte ging der Knabe dann
wenige Jahre später in die selbe Schule wie ich. Eine Freundschaft
hat sich aber trotzdem nie ergeben.
Ungefähr in der Mitte der Strasse ging dann links die
Scherbaumstrasse weg. Das war eine Sackgasse die vor einem Zaun vor
einem großen Feld endete. Links der Strasse waren ebenfalls ein
paar Häuser mit Garten, rechts war so ziemlich unbebaut. Nur eine
Garage war am Ende der Strasse, die auch großzügig von Feld
und Wiese umgeben war. Direkt an der linken hinteren Ecke der Garage
bzw. des Grundstücks wo die Garage draufstand, schloß sich
eine Gärtnerei an. Die Garage, die übrigens aus vier oder
fünf Garagen bestand, war eigentlich uninteressant. Dafür war
die Rückseite der Garagen interessant. Dahinter war auch ein
kleiner Erdwall der zur Unterhachinger Strasse hinaufführte.
Dazwischen ein alter Holzzaun, bei dem zwischendrin schon einige
Zaunlatten fehlten oder herausgefault waren. Zwischen dem schmalen
Streifen zwischen Wall und Garagenrückseite lag so manches an
Müll umeinander, das teils auch aus den vorbeifahrenden Autos
geworfen wurde und teils von Radfahrern und Fußgängern in
der Dämmerung benutzt wurde, um kleineren Sperrmüll
loszuwerden. Da fand man auch so Sachen wie alte Taschenlampen, oder
einen Fahrradsattel, oder ein Feuerzeug, oder Schrauben. Genaugenommen alles
Sachen die man eigentlich nicht braucht, aber man konnte ja nie wissen.
Einmal fanden wir eine alte kleine Schaufel die wahrscheinlich jemand
aus der Gärtnerei weggeworfen hat. Sie sah zwar schon ziemlich
verostet aus, aber zum graben taugte sie schon noch. Also haben wir uns
da hinter der Garage dicht beim Zaun ein weiteres kleines Versteck
angelegt. Allerdings waren wir in dieser Gegend relativ selten und ich
glaube, irgendwann sind wir dann gar nicht mehr da hinten gewesen und
das Zeugs wurde ganz einfach vergessen.
Die Gegend an Scherbaumstrasse war eigentlich eine recht schöne
Gegend. Es gab nur das Feld und die Wiese und die Beete der
Gärtnerei. Etwas weiter vorne sah man die Fasangartenstrasse die
am alten Perlacher Schloß und der Papierfabrik zur
Sebastian-Bauer-Strasse führte. Zur Papierfabrik später dann
auch noch mehr.
Auf der rechten Seite der Sebastian-Bauer-Strasse gabs noch recht
interessante Bauten. Unter anderem eine kleinere Schule mit ein oder
zwei Klassenzimmern und einem Hort, wo so manches Kind bis etwa 17 Uhr
abends untergebracht war. Dort gabs auch einen schönen Spielplatz
mit Klettergerüst und Schaukeln und Sandkasten. Und dann gabs da
noch den einzigen Milchladen in der Perlacher Gegend. Und der
Milchladen war ein richtiger Milchladen wo man mit der Milchkanne
hingehen konnte und die sich dann auffüllen liess.
Auf dem
Ladentisch gabs ein Gestell mit einem großen Hebel und einem
Hahn. Also einen Hahn wo etwas rausläuft. Da drunter wurde die
Kanne gestellt und dann wurde der Hebel hin und her bewegt und die
Milch floß aus dem Hahn in die Kanne. Frische Milch direkt von
den damaligen Perlacher Bauernhöfen. Und die schmeckte bestens.
Oft haben mein Vater und ich dann gleich aus der Kanne getrunken. Ich
glaube ich habe damals an manchen Tagen zwei Liter Milch und mehr
getrunken. In die Kanne passten 5 Liter rein. Es war so eine kleine
silberne Milchkanne mit einem höheren Deckel und einem Tragegriff
aus dickem Draht wo noch eine kleine Holzrolle dran war wo man die
Kanne dann gehalten hat.
Damals gabs auch schon abgepackte Milch. Es waren die berühmten
Dreieckstüten von Hanselmann. Da gabs die blauen wo Milch drin war
und die braunen wo Kakao drin war.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, es gab damals auch diese
absolut kultigen Dreieckspackungen Sunkist in diversen
Geschmacksrichtungen. An dem Zeugs konnte man sich blödsaugen. Ja,
saugen. Weil man es zuerst schaffen musste den dünnen Strohhalm
durch so ein angedeutetes Loch zu stecken ohne das der Halm knickte
oder die Spitze vom Halm sich so verwurschtelte das man sie nicht mehr
durchstechen konnte. Sunkist, mei war das eine super Sache. Wenn die
Packung dann leer war wurde mit dem Strohhalm hineingeblasen und das
Teil dann auf den Boden gelegt und mit einem gezielten Tritt zerplatzte
es dann mit lautem Knall. Das zerplatzen lassen ging übrigens auch
bei den Hanselmann Milch- und Kakoapackungen bestens. Da knallte es
noch lauter weil die Packungen größer waren wie die von
Sunkist. Egal für welche der drei Packungen man sich auch
entschied, das Hauptproblem war immer, das man sie nie so
hundertprozentig leertrinken konnte. Ein minimaler Rest blieb immer
drin. Und wenn dann der Rest etwas mehr war und man mit Wucht
drauftrat, dann konnte es schon vorkommen das der wo dahinter oder
daneben stand, eine Restladung Saft, Milch oder Kakao ans Hosenbein
bekam.
In den ersten paar Schulklassen später wars fast an der
Tagesordnung, das einer einem eine ballerte weil er den Restinhalt
einer Dreieckstüte ans Hosenbein bekam. Aber so war das eben.
Jahre später hab ich übrigens öfters am Samstag in der
Früh meinen damaligen Religionslehrer getroffen wenn ich mit der
Milchkanne unterwegs war und er seinen wöchentlichen Besuch beim
Friseur in der Sebastian-Bauer-Strasse machte. Der Religionslehrer war
übrigens ein echter Kaplan der mit Nachnamen Schmucker geheissen
hat.
Mit Vornamen hiess er glaube ich Andreas, also der Andal, aber da bin
ich nicht mehr so sicher und überhaupt ist das dann doch schon
wieder ein Thema das erst später vorkommen soll, also zurück
zur Strasse.
Tatsache ist jedenfalls, besagten Friseur gabs damals
bereits. Es war ein älterer Mann der zusammen mit seiner Frau den
Laden hatte. Meine Oma bekam einmal ihre Wut weil mir der
Friseur-Nobbe, mein Spezl, die Haare nicht so geschnitten hatte wie sie
sich das vorstellte. Also nix lange Kotletten und so, sondern, wie sie
es nannte, einen ordentlichen Haarschnitt mit dem man auf die Strasse
gehen konnte. Das Problem dabei war nur, das sich ihre und meine
Vorstellungen von einem ordentlichen Haarschnitt nicht einmal
annähernd trafen. Und so kam es, das sie mich mehr oder weniger mit
Gewalt zu diesem Friseur schleppte, den Namen weiss ich nicht mehr, und
ihm klarmachte das ich einen ordentlichen Haarschnitt brauchte. Tja,
der Erfolg war dann, das sich der Friseur austobte mit seinem
Schnittgerät und ich danach aussah wie der junge Adolf in seinen
besten Jahren. Ausrasiertes Gnack und die Ohren rundum komplett frei.
Ich habe sofort angefangen zu heulen und zu schreien, hab mich auf den
Boden geworfen und gestrampelt und die Luft angehalten. Dann bin ich
abgehaun und heimgelaufen und hab mich im Zimmer versteckt. Ich war
sowas von sauer, nur der, dem es mal ähnlich ging, kann mich
verstehen.
Von meinen Spezln wurde ich natürlich gehänselt
und verarscht und das machte mich dann noch wütender. Immerhin war
zu jener Zeit eine Frisur üblich wie sie entweder Jim Morrison
(The Doors) oder Marc Bolan (T. Rex) oder Peter Wyngarde (Jason King
bzw. "Depertment S" Fernsehserie) hatte. Mein Vater hat damals dann
fieberhaft versucht mich zu beruhigen in dem er mir Bilder von Bill
Haley, Buddy Holly oder Jerry Lee Lewis zeigte. An dem Tag schwor ich
mir jedenfalls, irgendwann sind die Haare so lang wie ich will und
unter keinen Umständen lasse ich sie mir schneiden. Viele, viele
Jahre später wars dann soweit, dazu aber auch später dann
mehr.
Nun ja, die Zeit ging trotzdem weiter und irgendwann
normalisierten sich auch die Haare wieder bzw musste mein Spezl mal zum
Friseur und dann hab ich einige blöde Sprüche abgelassen.
Jener Friseur hat mich jedenfalls nie wieder in seinem Geschäft
gesehen.
Ein weiterer durchaus interessanter Laden war in der
Sebastian-Bauer-Strasse die damals einzige Drogerie von Perlach. Der
Laden hatte einiges zu bieten was man wo anders nicht bekam,
höchstens manchmal in der Apotheke. Drinnen gabs massig Zeugs wie
Filme für die Fotoapparate, spezielle Reinigungsmittel und
Wischlappen, auch Rasierapparate oder Kukident-Tabletten. Besonders gut
war die Gestaltung der beiden Schaufenster. Im rechten Schaufenster
waren manchmal ganze Berge von Hipp Gläsern aufgebaut.
Hipp
Babynahrung. Die gibts ja heute (2009) immer noch soweit ich weiss. Auf
dem Etikett des relativ kleinen Glases stand immer drauf was drin ist
und zusätzlich war die Visage von einem dämlich grinsenden
Babykopf drauf. Allerdings nicht so schlimm wie der Grinsekopf vom
Brand-Zwieback oder von der Kinderschokolade. Da gabs massenweise
Menüs. Regina und ich amüsierten uns immer über Leber
mit Spinat, denn das sah im Glas sowas von eklig aus, wie schon mal
gegessen und wieder rausgeschissen und ins Glas abgefüllt. Regina
hatte das Pech, das sie manchmal Hipp essen musste. Allerdings meist
nur die Früchtemenüs und die waren, wie sie sagte, gar nicht
mal so schlecht. So ziemlich das selbe Zeugs gabs auch noch von Alete.
Da war zwar der Name anders und die Gläser sahen geringfügig
anders aus, aber der Inhalt war zumindest optisch sehr ähnlich. Ich
will jetzt Hipp oder Alete echt nicht schlecht machen, für die
damalige Zeit wars für manche Mama sicher eine große
Erleichterung, aber trotzdem kam der damalige kultige Spruch "Alete
kotzt das Kind" nicht einfach von irgendwoher :-) Mir bliebs
glücklicherweise als Kleinstkind erspart. Meine Oma hat gesagt,
sie hat einmal versucht mich mit Spinat aus dem Glas (kann nur Hipp
oder Alete gewesen sein) zu füttern. Ich hab brav den Löffel
leer gemacht und alles im Mund gesammelt und ihr dann alles ins Gesicht
gespuckt. Nach ihren eigenen Aussagen war das auch das einzige Glas von
dieser Babynahrung, danach bekam ich entweder alles frisch oder ich
wurde eben mit dem gefüttert was es halt grad zu Essen gegeben
hat. Geschadet hats jedenfalls nix, denn wer micht kennt der weiss das
ich ein wahrer Prachtkerl geworden bin.
Links und rechts von der Drogerietüre waren zwei Automaten aus
denen man diverses Zeugs rausholen konnte. Natürlich gegen
Bezahlung. Die Preise schwankten damals soweit ich mich erinnere
zwischen 50 Pfennig und 10 Mark. Es waren Automaten mit einem schwarzen
Gehäuse und einem großen Sichtfenster bei den einzelnen
Fächern. Das Sortiment bewegte sich zwischen Schokolade und Filmen
für die Kamera von Agfa und Kodak, Seifen und Rasierklingen und
sonstigem Zeugs was man möglicherweise nach
Geschäftsschluß oder an Sonn- und Feiertagen brauchen
konnte. Ich erinnere mich noch genau daran wie ich bei meinen diversen
Ausflügen in einem der Automaten so eine Filmrolle für eine
Kamera fand. Rein zufällig habe ich einige Wochen davor von einem
Onkel einen alten Fotoapparat geschenkt bekommen. Alt bedeutet jetzt
nicht das es ein altes Glump war das nicht mehr funktionierte. Der
Apparat war bestens in Ordnung und der Onkel hat sich eben einen neuen
gekauft. Es war so ein Teil wo man unendlich viel einstellen konnte
oder musste bis man dann endlich das Bild machen konnte. Ich hatte von
der Sache nicht den Hauch einer Ahnung, ich wusste aber, das man einen
Film einlegen musste. Und so marschierte ich los mit 2 Mark in der Hand
und holte den Film aus dem Automaten. Ziemlich bald stellte ich dann
fest das der Film nicht in den Apparat passt und das Geld futsch war.
Eigentlich schade, denn es wären garantiert gute Bilder geworden
die heute recht interessant anzuschaun gewesen wären. Der
Fotoapparat wanderte somit in irgendeine Schublade und da blieb er dann
für sehr lange Zeit.
Irgendwo in der Sebastian-Bauer-Strasse,
zwischen Drogerie und Milchladen, da gabs noch ein Gartentor hinter dem
eine sehr lange Zufahrt zu einem großen Haus mit großem
Garten war bzw noch immer ist. Das Tor war eigentlich immer offen wenn
man vorbeikam. Diese Zufahrt war noch besser wie die, die zur
Schreinerei führte. Links und rechts war sie gut bepflanzt und man
konnte sich auch hier sehr lange damit beschäftigen hinter den
Büschen und am Zaun herumzuschleichen. Oft haben wir uns
angeschlichen bis fast vors Haus. Wir hatten nichts böses vor, wir
waren nur neugierig und eben ziemlich kindisch. Einmal sind wir
wirklich hinterm letzten Busch gesessen bevor die Wiese vorm Haus
anfing.
Auf dieser Wiese war grade eine jüngere Frau dabei sich
eine Liege auszubreiten und sich in die Sonne zu legen. Sie hat uns
nicht gesehen, dafür konnten wir sie umso besser sehen. Sie hatte
einen Bikini an und schmierte sich mit irgendeiner Sonnenmilch ein.
Mein Spezl glotzte immer auf ihren Busen und für sein Alter war er
schon recht begeistert davon.
Er erwähnte, das der Busen von seiner Tante viel größer
sei und runterhängt. Wir musten
aufpassen das wir nicht zu kichern anfingen. Ich starrte mehr auf ihre
Beine, die waren für mich viel interessanter. Irgendwie hatte ich
den Eindruck das der ihre Beine fast noch schöner waren wie die
von der Fischerin ausm Schreibwarengeschäft.
Kurz drauf kam dann
noch ein Mann aus dem Haus und setzte sich neben der Frau ins Gras. Die
Frau schmierte ihn dann am Rücken mit Sonnenmilch ein und wir
beschlossen vorsichtshalber ganz leise den Rückzug anzutreten.
Soweit ich mich entsinne wohnte in dem Haus auch eine Arztfamilie. Mein
Vater hat irgendwann später einmal erzählt, das zu der Zeit
wo der alte Doktor noch da drin seine Praxis hatte, er (also mein
Vater) und sein Bruder sich öfters in den Garten geschlichen haben
und aus dem Teich ein paar Goldfische geklaut haben. Einige Zeit
später sind sie dann mit den Goldfischen zu dem Doktor gegangen
und haben ihn gefragt, ob er ihnen nicht ein paar Goldfische abkaufen
möchte.
Der Doktor hat ihnen ein paar Mark für die Fische
gegeben und mein Vater ist mit seinem Bruder wieder gegangen. Tags
drauf sind sie dann wieder zum Teich und haben wieder ein paar Fische
mitgehen lassen und wollten sie Tags drauf wieder dem Doktor verkaufen.
Der war aber nicht so dumm wie sie dachten und er machte ihnen klar,
das er nicht vor hat ein zweites mal seine eigenen Fische zu kaufen und
das sie schaun sollten das sie verschwinden bevor er seinen scharfen
Hund auf sie hetzt. Mein Vater musste immer lachen wenn er die
Geschichte erzählte. Vor allem wie er und sein Bruder dann
bemerkten das der scharfe Hund so ein kleines Schoßhündchen
mit Schleife im Haar war. So nebenbei erwähnt, der Bruder von meim
Vadda war später dann mein Onkel. Und zwar mein absoluter
Lieblingsonkel.
Ging man dann noch ein Stück weiter die Strasse entlang, kam man
an den Anfang bzw. ans Ende der Fasangartenstrasse und stand
gegenüber der Papierfabrik. Zur Papierfabrik auch auch später
dann mehr. Bis hierher zerteilte die Sebastian-Bauer-Strasse ebenfalls
der Hachinger Bach. Den Rest der Strasse verlief der Bach noch etwa bis
zu dem Bauernhof wo der am Anfang erwähnte Esel wohnte. An den
Bahnschienen war die Strasse dann zu Ende und ging als Unterbiberger
Strasse weiter nach Unterbiberg, welches damals ein ziemlich kleines
Kuhdorf war wo sich Fuchs und Hase eine gute Nacht wünschten.
Wir gehen jetzt wieder zurück zum Pfanzeltplatz, zum Anfang der
Sebastian-Bauer-Strasse. Ausgangspunkt der anfangs erwähnte
Biergarten vom "Bräu", wir sind also auf der linken Strassenseite.
Gleich hinterm Bräu war links ein kleiner schmaler Durchgang der
zur Neubiberger Strasse führte. Mit einem kleineren Auto konnte
man sogar durchfahren. Was genau in dieser Durchfahrt war weiss ich
nicht mehr so genau, jedenfalls konnte man durchgehen und fertig. Jahre
später wurde da hinten dann ein Teppichgeschäft
eröffnet. Nach der Durchfahrt kam die Fahrschule Kabis. Die
einzige Fahrschule die es damals in der Gegend gab, und der Herr Kabis
hatte eine Tochter welche Michaela hiess und für ihr Alter recht
gut aussah. Jene ging später dann mit mir zwei oder drei Jahre in
die selbe Klasse. Sie war damals auch eine ernsthafte Konkurrenz
für Regina. Gleich neben der Fahrschule war dann das damalige
Polizeirevier Perlach. Meist waren ein bis zwei Polizisten anwesend,
wovon einer auch öfters den Verkehr auf der großen Kreuzung
vorm Bräu geregelt hat. Der Polizist wurde damals auch gern als
Schutzmann bezeichnet. Vor bzw hinter dem Polizeirevier stand so ein
schöner alter BMW. So einer wie man ihn aus der Serie "Funkstreife
Isar 12" kannte. Mein Spezl und ich waren bei den Polizisten gut
bekannt, weil wir uns öfters den Spaß machten und alle
Autokennzeichen aufschrieben die bei rot über die Ampel gefahren
sind. Für die Polizei hatte ich damals auch eine Schwäche.
Lag sicher daran das mein Opa auch Polizist war. Sogar Hauptkommissar,
wie man später auch auf seinem Grabstein lesen konnte. Als
Schüler hatte ich später sogar ersthaft vor Polizist zu
werden. Zwischendurch haben wir die Polizisten auch einmal einfach nur
so besucht. Manchmal bekamen wir von ihnen das damals recht beliebte
"Afri Cola" zu trinken oder eine Wurschtsemmel zu essen.
Ebenfalls in der Sebastian-Bauer-Strasse war das Haus in dem die Regina mit ihren
Eltern und ihren Großeltern wohnte. Auch dieses Haus war verziert
mit diversen Türmchen auf dem Dach. Damals war auch noch ein größerer Garten dabei, der
später ziemlich verkleinert wurde nachdem ihr Vater auf die Idee
kam eine kleine Firma zu eröffnen. Diese befasste sich auch mit
der Herstellung irgendwelcher Elektronikteile.
Der "Perlacher Hof", eine große
Gartenwirtschaft mit Fremdenzimmern im ersten Stock und einer
gigantischen Holzstreppe an der Aussenwand, war ebenfalls in dieser
Strasse. Wer diese Wirtschaft heute kennt, der wird sich schwer
vorstellen können das es früher ein fast schon verfallenes
Gebäude war, wo angeblich sogar einmal ein Gast durch die
Holztreppe fiel weil alles so morsch und baufällig war. Die
Wirtschaft selber war gar nicht so schlecht, es war schon immer was los
in der Gaststube und es waren auch immer viele Betrunkene in der
direkten Umgebung und so mancher hat am Geländer einer der kleinen
Bachbrücken in den selbigen gschbiem oder gebrunzt. In einem der
Fremdenzimmer wohnte ein gewisser Gustl. Eigentlich hat er Gustav
Wittich geheissen aber jeder hat ihn nur Gustl genannt. Der Gustl hatte
einen Narren an mir gefressen und er hat mir recht oft ein Eis gekauft
oder mich mitgenommen wenn er mit seinem Moped rumgefahren ist. Bei ihm
im Zimmer durfte ich später auch immer rauchen und er hat sich
auch nie über irgendwas aufgeregt. Der
Biergarten selber war auch sehr schön. Im Herbst gabs massig
Kastanien und auf die Bäume konnte man auch gut draufklettern.
Irgendwann wurde der Perlacher Hof dann geschlossen und im Lauf der
Zeit verrottete das Haus immer mehr und mich wunderts, das es nicht
vollständig abgerissen wurde.
Ganz in der Nähe ist auch die
evangelische Kirche von Perlach. Im Vergleich zur katholischen eher ein
mickriges Bauwerk. Ich war in dieser Kirche genau zweimal drin. Einmal
als Knab' wie sie zufällig grade offenstand und ich vorbeikam, da
schaute ich einmal kurz hinein. Das zweite mal dann ganz viele Jahre
später wo die Totenmesse für meinen ersten Schwiegervater
war. Manchmal am Sonntag, wenn alles ziemlich ruhig war, dann
hörte man sogar die Kirchenglocke von der evangelischen Kirche.
Auch die Glocken kamen allein schon vom Sound her nicht mal
annähernd an die der katholischen Kirche ran. Ausserdem fiel mir
bereits als Kind auf, dass das Arbeitsgewand eines katholischen
Pfarrers anders aussieht wie das eines evangelischen Pfarrers. Als Kind
war ich tatsächlich der Meinung das ein evangelischer Pfarrer
recht arm dran ist weil er keine so große Einrichtung in seiner
Kirche stehen hat wie ein katholischer Pfarrer.
Ja, und so ziemlich da
wo dann die Fasangartenstrasse daherkommt, da war (und ist auch gleub
ich heute noch) die Autowerkstatt vom Iliasch gewesen. Der hat glaube
ich mit Vornamen Franz geheissen und mein Vater war auch öfters
mal dort und hat irgenwas rumgewerkelt. Bei der Gelegenheit fällt
mir ein, das im Hinterhof von "Zur Post" auf der rechten Seite auch
noch eine Doppelgarage war, in der sich auch eine kleine Autowerkstatt
befand. Dem wo die Werkstatt gehörte war auch ein Spezl von meinem
Vater und in der Garage drin haben sie manchmal mit einem Luftgewehr
rumgeschossen und vorher die Türe zugemacht. Ich durfte da auch
manchmal schiessen. Und da ich grad eh wieder ganz wo anders bin wo ich
eigentlich sein sollte, wenn man an der Doppelgarage vorbeiging, weiter
gradeaus, da war noch ein kleines Gartentor wo man direkt zu der
Schreinerei kam wo von der Josef-Beiser-Strasse aus die Zufahrt
hintergeführt hat.
So jetzt wieder zurück zum Iliasch seiner Autowerkstatt, bzw der
Sebastian-Bauer-Strasse. Im Verlauf der Strasse kamen dann noch ein
oder zwei Bauernhöfe und ein ziemlich kleines
Lebensmittelgeschäft. Über diesem Geschäft stand VIVO.
Keine Ahnung was das genau geheissen hat oder was es bedeutet hat. In
diesem Laden war ich nur sehr selten drin. Vor dem Laden an der Wand
war auch ein Automat. Und zwar einer, wo man PEZ-Riegel rausholen
konnte. Das war auch der einzige PEZ Automat in ganz Perlach.
Das wars dann auch schon mit dieser Strasse. Wenn man weiterging und
auf der rechten Seite blieb, dann ging sie nahtlos über in die
Schneckestrasse. Die Schneckestrasse führte zum einen fast direkt
zum Perlacher Bahnhof und zum andern bis vor zur Neubibergerstrasse.
Links zweigten noch ein oder zwei Strassen ab, in denen ein paar
kleinere Häuser standen und einige Wiesen und Felder waren. In
dieser Gegend war ich so gut wie nie, allerdings wohnte da hinten vom
Karli ein Onkel. Rechts an der Schneckestrasse kurz vorm Bahnhof wurden
damals ein paar kleinere Häuser hingebaut, die alle nur ein
Stockwerk hatten. Und neben diesen Häusern und vor der Zufahrt zum
Bahnhofsplatz war noch eine mittelgroße Wiese, auf der im Sommer
recht oft ein paar Schafe weideten. Später waren auch noch ein
paar Ziegen mit dabei.
In der Schneckestrasse gabs auch noch die
damalige Bahnhofswirtschaft. Normalerweise ist eine Bahnhofwirtschaft
eigentlich immer direkt am Bahnhof, in dem Fall war sie sogar noch vom
Bahnhofsvorplatz ein Stück entfernt. In dieser Wirtschaft war ich
damals ein oder zweimal drin. Viel interessanter war dagegen das
Bahnhofsgebäude bzw. das Lagerhaus das ganz in der Nähe des
Bahnhofsgebäudes war und natürlich die wenigen Gleisanlagen
und überhaupt der ganze Perlacher Bahnhof. Wie vorher schon kurz
erwähnt war der Perlacher Bahnhof damals voll besetzt. Ein
Bahnmitarbeiter sass hinter dem Schalter, manchmal warens sogar zwei.
So übern Tag hielten mehrere Züge am Bahnhof. Meine Oma und
ich sind damals öfters vom Perlacher Bahnhof zum Ostbahnhof
gefahren und dann weiter mit dem Zug nach Dorfen. Das Dorfen, das auf
der Stracke nach Mühldorf liegt.
In Dorfen wohnte irgendeine
Verwandte von mir die ich immer Tante nannte. Genau genommen warens
sogar zwei Verwandte die ich beide Tante nannte. Dazu später mehr
wenn ich es nicht vergesse.
Im Bahnhof drin waren damals auch ein oder zwei Automaten wo es
Süssigkeiten gab und ein Zigarettenautomat. Ausserdem stand so ein
größerer Handwagen drin, der immer dann benutzt wurde, wenn
einer der Züge Postpakete mitbrachte. Oberhalb der Warteraums
waren noch zwei weitere Stockwerke, ganz normale Mietwohnungen, und ich
habe oft die Leute beneidet die da wohnen weil sie dann immer zuschauen
können wie die Züge rein und rausfahren, ebenso die Busse auf
der andern Seite. In diesem Haus wohnte auch eine Familie Schweiger,
die einen Sohn hatten der Herbert hiess und später mit mir fast 5
Jahre in die selbe Klasse ging.
Der Bahnhofvorplatz hatte übrigens
auch einen Strassennamen. Stephensonplatz. Benannt nach irgendeinem
Ausländer der Stephenson geheissen hat und irgendwas mit
Lokomotiven zu tun hatte. In der Schule später lernte ich das, das
dieser Mann vor vielen Jahren bereits Dampflokomotiven gebastelt hat
und praktisch der Erfinder der Eisenbahn ist. So in etwa jedenfalls.
Für mich war der Mann somit hochinteressant, weil ich ja damals
auch schon ein ziemlicher Zug- und Bahnhof-Fan gewesen bin. Und ohne
Züge gäbs auch keinen Bahnhof und ohne Bahnhof auch keine Busse die am selbigen halten würden. Wenn man das
Bahnhofsgebäude bei der normalen Ausgangstüre verlassen hat
und links abgebogen ist, dan war gleich daneben noch ein Mini-Garten
mit vielen bunten Blumen. Daran vorbei führte ein schmaler Weg,
der direkt zur Unterbibergerstrasse ging, wo zum einen die
Bahnschranken sind und zum andern der bereits erwähnte Esel. Links
und rechts von dem Weg war alles ziemlich verwildert, es sah also sehr
interessant aus. Rechts war noch eine relativ große Wiese,
ebenfalls gut verwildert. Irgendwann wurde das dann alles zubetoniert
und ein Haus wurde hineingebaut.
Der Bahnhof selber hatte damals noch keine Unterführung sondern
einen niedrigen Bahnsteig . Vom Gebäude aus konnte man über
eine Art Holzplatte übers Gleis gehen und dann war noch eine
leichte Schräge an der man hinaufging zum Bahnsteig. Erst Jahre
später als die S-Bahn kam, wurde der Bahnsteig komplett neu gebaut
und es kam auch eine Unterführung durch die man gehen musste
um auf den Bahnsteig zu kommen. Vielen war das aber zu umständlich
und sie liefen übers Gleis, was die Polizei sehr freute, denn die
waren oft am Bahnhof und haben dann großzügig Strafzettel
ausgeschrieben.
Die Züge damals waren entweder welche die mit
Dampfloks oder Dieselloks gezogen wurden oder so kleine rote
Schienenbusse. Erst später wurde das dann alles elektrisch
gemacht. Schräg rechts gegenüber vom Bahnhofsgebäude
waren einige Schrebergärten. Von der Einzäunung der
Gärten bis rauf zur Strasse war noch eine kleine Böschung die
teils mit Bäumen und teils mit Sträuchern bepflanzt war. Am
niedergetrampelten Gras sah man das hin und wieder jemand durch die
Büsche runter zum Zaun gegangen ist. Eines Tages dann,
natürlich etwas später als grad zu dem Zeitpunkt von dem ich
eigentlich grade berichte, waren mein Spezl und ich da unten und haben
heimlich geraucht. Da kam einer der Busfahrer runter, stellte sich hin
und brunzte. Wir mussten höllisch aufpassen das wir nicht zum
lachen angefangen haben.
Ziemlich nahe beim Bahnhofsgebäude war,
wie gesagt, das Lagerhaus. Eigentlich nichts besonderes, aber der
größte Teil des Platzes im Erdgeschoss des Lagerhauses wurde
von leeren Gitterboxen bevölkert. Eine Gitterbox ist praktisch
sowas wie eine Holzpalette um die ein Metallgitter ist, das oben hin
offen ist und an einer Seite zwei schwere Klappen hat, wovon eine nach
oben und eine nach unten geöffnet werden kann. Geöffnet
werden die ziemlich leicht, in dem man entweder einen kleinen Riegel
zurückschiebt, natürlich auf beiden Seiten gleichzeitig, oder
man eine Art Metallstab nach oben drückt. Wenn zwei solcher
Gitterboxen übereinanderstehen und man z.b. jemand in die untere
Box hineinsetzt und die Klappe schliesst, dann hat der wo drinsitzt so
gut wie keine Schangs aus dem Teil ohne fremde Hilfe rauszukommen.
Einige Jahre später getestet mit dem Sohnemann der vorher
erwähnten Perlacher Wäscherei. Zu der Zeit war sowas
praktisch eine Art Mutprobe. Um es gleich zu sagen: Der preussische
Wäschereisohn fing ab da zu weinen an wo wir ihn dringelassen haben
und so getan haben wie wenn wir abhauen. Soweit ich mich erinnere war
er höchstens zehn Minuten drin und wie wir ihn rausgelassen haben
war er kurz davor das er vor Angst in die Hose gebieselt hat. Die
Gitterboxen wurden teilweise von Montag bis Freitag (ausser an
Feiertagen) in den späten Nachmittagsstunden immer in einen Waggon
verladen, aus dem Waggon wurden manchmal wieder gefüllte Boxen
ausgeladen. Danach wurde der oder die Waggons aufs Abstellgleis
gebracht und dann kam immer eine kleinere, rotfarbene Diesellok, welche
farblich gesehen auch schon bessere Zeiten hatte, die die Waggons
abgeholt hat.
Auf der andern Seite der Gleise war zum einen viel Feld
und viel Wiese und viel Gebüsch und ein bis drei
größere Firmen. Ganz links aussen war ein Teil des
Geländes der Firma Schindelar. Ein sehr interessantes
Firmengelände, denn dort standen massenweise Unfallautos und alte
Autos und LKWs die verschrottet oder ausgeschlachtet werden. Ging
man also die Gleise entlang, am Lagerhaus vorbei, dann kam man zur
Neubibergerstrasse wo sich der bereits erwähnte Übergang mit
dem Bahnwärterhäuschen befindet. Und ganz in der Nähe
teilte die Neubibergerstrasse das Gelände vom Schindelar. Rechts
und links Unmengen alter Autos, die junge Knaben geradezu eingeladen
haben, ja eigentlich sogar angelockt haben, über den Zaun zu
klettern um sie genau zu besichtigen. Ich und ein anderer Spezl, der
später ebenfalls mit mir zur Schule ging, haben da so manches
Handschuhfach durchsucht und unter so manchen Sitz geschaut und auch so
manchen Kugelschreiber oder Feuerzeug gefunden, viele Sachen die man
ganz gut brauchen konnte. Man konnte da aber nur unter Tags rein, weil
Nachts auf den beiden Geländen Hunde rumliefen. Abgesehen davon
waren wir ja Nachts daheim und im Bett. Wenn man die Neubibergerstrasse
weiter entlang ging oder fuhr, dann kam man nach vielen Feldern links
und rechts, die übrigens auch fast alle den Perlacher Bauer
gehörten, nach Neubiberg. Wer hätte das gedacht.
Weit nach
den Schranken aber auch noch weit weg von Neubiberg, stand auf der
rechten Seite, etwas weiter hinten, ein altes Haus. Dort drin wohnte
unter anderem eine gewisse Christine Hauser, die später ebenfalls
mit mir zur Schule ging und auf die ich ziemlich abgefahren bin :-)
Ging man aber die Bahngleise etwas entlang, dann kam man zu einigen
Stellen links und rechts des Bahndamms, wo viele Brombeeren und
Himbeeren gewachsen sind. Ich war damals sehr oft mit meiner Oma dort.
Wir hatten zwei Eimer dabei und ham dann Brombeeren und Himbeeren
gepflückt. Ich hab oft schon beim Pflücken (welches in Bayern
übrigens "brocken" heisst) gefuttert. Nach dem Beerenbrocken haben
wir alles heimgetragen und meine Oma hat dann alles wieder eingekocht
und in die Weckgläser geschüttet, von denen wir ja inzwischen
wissen das sie oben auf ihrem Schrank im Zimmer gestanden haben.
Bahndämme waren damals hochinteressant für mich und auch meine
Spezln und auch für so manch andere Kinder. Auch am Bahndamm fand
man oft brauchbare Sachen die so manch Reisender aus dem Zugfenster
geworfen hat. Ich hab mich damals schon oft gefragt wie es möglich
ist während der Zugfahrt seinen Schuh oder seine Socke zu
verlieren, denn davon lag auch manchmal einer am Bahndamm oder direkt auf dem Gleis.
Wandern
wir jetzt die Neubibergerstrasse wieder hinunter zum
Pfanzeltplatz. So genau kann ich mich ehrlich gesagt nicht mehr
erinnern, aber auch nahe beim Bahnübergang war noch ein kleineres
Haus mit Garten drumrum, das mit einem grünen Maschendrahtzaun
eingezäunt war. Wer da drin wohnte erfuhr ich auch erst wie ich
zur Schule ging. Vorab nur soviel: Es war ein Preiß.
Auch
irgendwo in der Gegend, rechts gesehen in Richtung Pfanzeltplatz,
war auch noch ein zweites Geschäft von Nordmende, in dem ich ganz
selten meine Oma hinbegleitet habe. Weiterhin gabs dort auch noch eine
zweite Bäckerei vom Brücklmeier. Da drin fand man
gelegentlich auch die Paula, die dort manchmal ausgeholfen hat. Dieser
Laden war allerdings nicht halb so lustig wie der am Pfanzeltplatz. Ein
sehr interessantes Geschäft war auch die Gärtnerei
Weißkopf. Gleich rechts am Haus war ein großer Raum mit
einem riesigen Wasserbecken darin, dagegen war das aus dem Waschhaus
klein und mickrig. In diesem schwammen viele Kohlrabi, Gelbe Rüben
(nein, keine Möhren und keine Karotten, die gibt in Bayern nicht),
viele Radis und Radieserl. Damals gabs übrigens nur weisse Radis,
die rötlichen gabs damals noch nicht. Dahinter vom Boden bis rauf
zur Decke war auch alles voll mit Kartoffeln und Krautköpfen und
überall roch es nach Gemüse. Meine Oma hat dort oft was
gekauft fürs Essen daheim. Und es hat immer gut geschmeckt. Eben
frisch vom Feld auf den Teller. Schon was anderes wie das Zeugs dann
später aus den Supermärkten. Auch bei den Bauernhöfen
die direkt an der Strasse verkauft haben, wurde mal bei diesem und mal
bei jenem gekauft. Damals war das völlig egal ob man etwas weiter
gehen musste um das selbe zu bekommen was man auch beim Bauern um die
Ecke bekommen konnte.
Man kannte sich eben untereinander. Preislich
gesehen wars allerdings ziemlich wurscht wo man kaufte. Und ich als
kleiner Bub hab eigentlich auch von jedem Bauern mal irgendwas
geschenkt bekommen.
Ebenfalls rechts an der Neubibergerstrasse
war das zweite Postamt an der Ecke Neubiberger/Lorenzstrasse. Da waren
wir nur selten, meist dann, wenn ich meine Oma überredet habe das
wir zu dem Postamt gehen weils einfach interessant war für mich.
Tja, und zwischen Post und Sparkasse waren noch ein paar
Mietshäuser. Auf der linken Seite kann ich mich eigentlich nur
noch an die Apotheke erinnern. Das war ein gelb angemaltes Haus, auf
einem ganz kleinen Hügel, wo eine steinerne Treppe
hinaufführte zur Eingangstüre. Ich erinnere mich daran das
ich genau ein einziges Mal in dieser Apotheke etwas geholt habe. Weiter
in Richtung Pfanzeltplatz kam dann der Zugang zum Perlacher Hof von der
Neubibergerstrasse aus und dann ein kleineres Mietshaus und dann war
man auch schon beim "Zum Bräu".
Rechts geht hier dann die
Putzbrunner Strasse weg, gradeaus gings direkt auf die Anlage. Von der
linken Seite vom Anfang der Neubibergerstrasse konnte ich genau zu dem
Fenster sehen das zum Zimmer von mir und meim Vater gehörte. Da
konnte ich immer sehen ob er grad rausschaut oder nicht. War sehr
hilfreich wenn ich später einmal nicht zu der Zeit heimkam wo ich
es eigentlich hätte sollen. Da konnte man dann noch schnell einen
kleinen
Umweg gehen und sich dann hinten rum ins Haus schleichen. Es hat zwar
nie was gebracht wenn ich behauptet habe schon lange da zu sein oder
das ich geläutet habe und niemand hat geöffnet, aber ein
Versuch wars jedenfalls wert.
Und jetzt schauen wir uns die nähere Umgebung der Kirche St.
Michael Perlach an und natürlich die Kirche selber. Heute kann man
ja lang und breit rechts vom Pfanzeltplatz entlanggehen, weil der
baulich verschandelt wurde. Damals wars nicht ganz so leicht, weil ja
der Verkehr rund um den Pfanzeltplatz ging und der hässliche
Dorfbrunnen war auch noch nicht im Weg. Wir gehen also, so Mitte der
1960ger Jahre, brav über die Ampel zur Sparkasse, biegen dann
gleich links ab, gehen über die erste Strasse, das ist der Teil
der Putzbrunner Strasse der in Richtung Waldperlach führt, da
bleiben wir auf der kleinen Verkehrsinsel stehen weil die andere Ampel
erfahrungsgemüäß noch auf Rot ist. Dann gehen wir
über die nächste Strasse, welches der Teil der Putzbrunner
Strasse ist, der von Richtung Waldperlach daherkommt. Beim Weg
über die Strasse sehen wir rechts den kleinen netten Vorgarten des
Hauses, in welchem sich der Laden der inzwischen bekannten
schönbeinigen Fischerin befindet. Jedenfalls gehen wir jetzt
weiter ohne lang zu schaun bis die Wiese hinter dem Kriegerdenkmal
links von uns ist und hier schauen wir noch ein bissl in der Gegend
herum. Den Maibaum gabs damals übrigens auch nicht. Rechts sehen
wir dann ein großes, weiss angemaltes Tor mit einem hohen Zaun
und viel Grünzeugs dahinter. Dahinter ein Wohnhaus in dem auch
irgendwelche Bauersleute von Perlach wohnten.
Ich erinnere mich noch
daran das sie eine Tochter namens Luise hatten und einen Sohn namens
Lenz (und wir erinnern uns an die kurze Geschichte von vorher wenn der
Lenz da ist). Die Tochter ging später auch einige Zeit mit mir in
die
selbe Klasse, der Sohn zwar später in die selbe Schule, die am
Pfanzeltplatz, aber nicht in die selbe Klasse. Und wisst ihr auch
wieso? Weil er jünger war wie ich :-) Kleiner Scherz
zwischendurch. Obwohl, Scherz hin oder her, so ganz sicher bin ich mir
eigentlich auch nicht mehr, vielleicht ging er oder auch nicht mit mir
in eine Klasse? Aber eigentlich ist es ja jetzt auch egal.
Tja, und dann stand man fast
schon vor der Kirche. Gleich rechts war damals eine kleine Bank, wo so
mancher Pensionist den halben Tag draufsass und den Damen nachgaffte
die in die Kirche gingen. So allgemein kann man sagen, das die Messen
die damals unter der Woche zweimal täglich und am Sonn- und
Feiertagen sogar dreimal täglich stattfanden, immer bestens
besucht waren. Mein Vater hat einmal gesagt "De oidn Weiba de wos
oiwei grantln das ned geh kenna wei eana d'Haxn so wäh dean, aba
in Kiach kennas renna um hoiwe simme in da Fria"! Meine Oma hat dann
meistens geschimpft und ich hab gelacht. Naja, so unrecht hatte er
jedenfalls nicht mit dieser Aussage. Die Umgebung direkt um die Kirche
war jedenfalls hochinteressant. Links die Kirchenmauer, rechts die
uralte Ziegelmauer die das Kirchengrundstück mit dem
Bauernhausgrundstück trennte. Dazwischen ein schmaler Weg, Gras
(nein, keine Wiese), ein paar alte Bäume und Sträucher. Wenn
ein Gewitter aufzog und der Himmel fast schon schwarz war und wenn dann
die ersten Blitze zuckten und man dann um die Kirche ging, dann
brauchte man schon eine Portion Mut um sich zu trauen die Kirche zu
umrunden. In der Kirchenmauer waren ein paar Inschriften auf denen
irgendwelche Namen standen von längst verstorbenen Leuten. Ich
glaube, das waren entweder irgendwelche ehemaligen Pfarrer von dieser
Kirche oder irgendwelche wichtigen Perlacher Einwohner die einmal etwas
für diese Kirche getan haben. Etwas weiter hinten in der Mauer war
ein steinerner Totenkopf eingemeisselt der etwas aus der Mauer
hervorstand. Tiefe Augenhöhlen hatte er und es war auch eine noch
größere Mutprobe wenn man zuerst mit zwei Fingern in diese
Augen hineingelangt hat und dann erst um die Kirche herumgegangen ist.
Auf der rechten Seite ganz hinten, kaum mehr sichtbar, weil die
Äste eines Baumes soweit runtergewachsen sind, war ein Grab. Die
Inschrift konnte man kaum mehr lesen und ich kann mich auch nicht mehr
erinnern wer da beerdigt wurde. Schätzungsweise waren das auch
irgendwelche Kirchenleute die schon hunderte von Jahren da rumlagen. Im
Hinteren Rund der Kirchenmauer waren dann noch drei oder vier uralte
Gräber. Meine Oma hat mir mal erzählt, das es der alte
Perlacher Kirchenfriedhof ist, wo angeblich in manch dunkler Mondnacht
noch dunklere Schatten umherschleichen um zu kontrollieren ob rund um
die Kirche alles in Ordnung ist. Die Geschichte sorgte natürlich
dafür das so eine Umrundung noch mulmiger wurde. Vor allem brachte
meine Oma derartige Geschichten dermassen glaubhaft rüber das man
meinte, sie hat es wirklich erlebt oder gesehen. Dazu und zu den
schaurigen Geschichten dann später noch etwas mehr. Die restlichen
Gräber waren eigentlich auch so gut wie unleserlich was die
Beschriftung anging.
Die Bepflanzung war teils auch schon sehr alt,
irgendwelche Stauden die sich eh ewig halten. Wenn man dann die Rundung
hinter sich hat und auf der anderen Seite der Kirchenmauer angekommen
ist, dann sieht man eine Mauer die damals auch schon ziemlich
zugewachsen war. Das war die Seitenwand vom Garten des Pfarrhauses. Und
von da aus sah man dann eh schon den Kirchenvorplatz und man hatte es
geschafft. Gleich rechts ging dann die St. Kolomann Strasse entlang,
die wiederum in die Schmidbauerstrasse gegenüber vom Krankenhaus
mündete.
Also St. Michael, St. Kolomann. Alles Sankt. Wer
hätte damals gedacht das etwa 40 Jahre später in dieser
Strasse mit Blick auf die Kirche ein Massagesalon und ein Puff
eröffnet würde. Die Kirche selber war sowohl von aussen wie
auch von innen ein gigantisches Bauwerk. Der weiss-gelbe bzw
weiss-ockerfarbene Turm, die großen goldenen Uhrzeiger und das
schwarze Dach in Zwiebelform und oben drauf noch so eine goldene Kugel
mit einem Kreuz drauf. Rein von der Optik machte die Kirche schon was
her. Auch die schweren, braunen Holztüren. In dieser Kirche wurde
ich getauft, da drin hatte ich Kommunion, Firmung und dann etwa 20
Jahre später auch noch Hochzeit, welche ich sehr bedauere gemacht
zu haben. Der Sohnemann von der Familie Fackler, also der ganz kleine
Sohnemann,
der hat hier später als Ministrant einen Nebenjob gehabt.
Wie dem
auch sei, meine Erinnerung an das Innere der Kirche sind auch nicht
mehr so umfangreich. Es gab jedenfalls drei Eingangstüren und
irgendwo im hinteren Bereich noch eine kleine Ausgangstüre wo der
Pfarrer im Notfall aus der Sakristei flüchten konnte wenn wütende Gläubige hinter ihm her waren. Nein
Schmarrn, so schlecht haben die Pfarrers auch wieder nicht gesungen.
Ausserdem galt ein Pfarrer damals als heiliger Mann, der weder bedroht
noch verprügelt werden durfte, egal wie laut und falsch er während
der Predigt gesungen hat. Links und rechts in der Kirche waren
Beichtstühle wo man seine Sünden loswerden konnte, falls man
welche begangen hat. Ich hatte eigentlich nie etwas zu beichten weil
ich ja nie was angestellt habe. Und trotzdem bestand der Pfarrer immer
darauf ihm meine Sünden zu beichten. Ich hatte keine Ahnung ob er
durch das komische vergitterte Sichtfenster nicht doch irgendwie
feststellen konnte wer da beichtet. Jedenfalls hab ich dann öfters
irgendwelche erfundenen Geschichten erzählt damit er eine Ruhe
gibt.
Dann hat er immer gemeint ich solle dies und das machen und
irgendwelche Gebete sprechen. Da ich ja eigentlich nix angestellt habe,
hab ich natürlich weder dies noch das gemacht und auch nicht
gebetet. Weder ich noch der Pfarrer bekamen deswegen irgendwelchen
Ärger und jeder war zufrieden. Weiterhin waren in der Kirche
massenweise Figuren irgendwelcher Heiligen verteilt. Direkt gekannt
habe ich von den Leuten niemand, aber scheinbar haben sie irgendwelche
speziellen Taten vollbracht, weil sie ja dann Heilige geworden sind.
Und ganz ganz spezielle Taten mussten die vollbracht haben, die dann
sogar als goldverzierte Gipsfiguren auf vergoldeten Tischen und
Mauerauswuchtungen standen. Eigentlich habe ich damals nur einen
Heiligen gekannt, und das war der heilige St. Florian, von dem haben
mir die freiwilligen Feuerwehrler immer erzählt, das der der
Schutzpatron der Feuerwehrler ist oder so ähnlich. Da gabs auch
den Spruch "Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd
andere an". Jedenfalls ham sich die Kirchenleute die Inneneinrichtung
gewaltig was kosten lassen. Die Holzbänke waren zweireihig
aufgestellt, dazwischen ein breiter Gang, ganz vorn dann der Altar, der
irgendwann in meiner Kindheit einmal ausgewechselt wurde. Ich weis noch
genau wie ich dem Pfarrer dann gesagt habe, das mir der alte Altar viel
besser gefallen hat wie der neue. Links und rechts vom Altar
sassen oder knieten während der Messe immer ein paar Ministranten
und die hatten so einen Viererpack mit kleinen, goldenen Glöckchen
die sie manchmal geschüttelt haben wenn der Pfarrer irgendwas
besonderes gesagt hat.
Auf der linken Seite war noch ein ganz
großes Holzkreuz und daran hing der Jesus. Das Kreuz und auch der
Jesus selber waren eigentlich recht gutaussehend, wenn man es mit so
manch anderen Jesussen in manch anderen Kirchen vergleicht. Der
Perlacher Jesus hatte sogar ein recht sympatisches Gesicht und braune
Augen. Ich selbst war und bin zwar nicht unbedingt das was man
als religiös bezeichnet, aber trotzdem hab ich mich als Kind
öfters dabei erwischt wie ich vor dem Kreuz gestanden hab und
gedanklich mit dem Jesus geredet habe. Manchmal hatte ich sogar den
Eindruck das ein ganz kleines Grinsen über sein Gesicht gehuscht
ist. Und ich gebe auch zu, so dumm es sich vielleicht anhören mag,
oft hatte ich nach so einem stillen Gespräch dann beim Verlassen
der Kirche eine passende Idee für mein Problem. Ich war mir dann
als Kind echt nicht so sicher obs den Jesus jetzt wirklich gegeben hat
und ob der echt alles gemacht hat was der Pfarrer immer so erzählt
hat. Wichtig war jedenfalls das er mir im Lauf der Jahre öfters
aus der Scheiße geholfen hat mit ein paar guten
übermittelten Ideen. Heute bin ich zwar schon lange nicht mehr
katholisch oder evangelisch oder ein überzeugter
Kirchengänger, ich hab dann Jahre später entgültig zum
Buddhismus gewechselt, aber trotzdem, immer wenn ich irgendwo an einem
Wegkreuz vorbeikomme, dann schau ich kurz hin und sag gedanklich "Servus Jesus"
und noch heute ist es so das ich mir einbilde, das ein "Servus
Bertl" zurückkommt.
Naja, vielleicht hab ich auch nur zu oft Don Camillo & Peppone
gesehen, aber was solls, schaden tuts jedenfalls nix.
Oben, also
praktisch im erste Stock der Kirche, über dem Eingangsbereich, da
war die gigantische Kirchenorgel wo so mancher Pfarrer seine
musikalischen Fähigkeiten getestet hat. Meist wars aber ein
Organist der es echt drauf hatte. Ich weiss noch ganz genau wie ich viele Jahre später einen solchen
Kirchenorganisten kannte, und ihn überredete, das er auf der Orgel
den Anfang von "Smoke On The Water" von "Deep Purple" spielt. Das ist zwar nicht
unbedingt ein christliches Lied gewesen, aber auch hier bekamen weder
ich noch der Orgelspieler Ärger und seit dem Tag bin ich der
Überzeugung das Jesus bestimmt auch ein Rock'n'Roller gewesen ist.
Weiterhin gabs in der Kirche noch einige Stellen wo Hefterl und Zettel
ausgelegt waren und natürlich massenweise Opferstöcke wo so
manch sündig gewordene Perlacher Einwohner mit einer
großzügigen Spende versucht hat sein schlechtes Gewissen zu
erleichtern. Ich hab meist ein paar Pfennig während der Messe in
den Klingelbeutel geworfen. Und die hat mir meine Oma mitgegeben.
Manchmal bekam ich auch ein bissl mehr Kleingeld mit, also 30 oder 40
Pfennige, da hab ich dann einen Teil in den Klingelbeutel geworfen und
den andere behalten und mir später ein Eis gekauft. Der Jesus am
Kreuz auf der linken Seite hat deswegen aber nie irgendwas gegen mich
unternommen. Ich glaube sowieso das die meisten sowieso nur deswegen
was in den Klingelbeutel geworfen haben damit jeder sieht das er etwas
hineinwirft. Alles streng katholisch, versteht sich.
So jetzt verlassen
wir die Kirche, da gehen wir im Lauf der Geschichte noch öfters
hinein, und gehen durch den rechten Ausgang die St. Kolomann Strasse
entlang. Das Pfarrhaus war ein recht schönes Haus mit einem Garten
und einer weissen, nicht sehr hohen Mauer davor. Rechts der Eingang.
Soweit ich mich erinnere war ich genau zweimal in diesem Pfarrhaus.
Einmal als Kind, wieso weiss ich nicht mehr, und einmal wo wir (also ich und meine damalige zukünftige Ex-Frau) mit dem
Pfarrer die kirchliche Hochzeit 20 Jahre später besprochen haben.
Daneben der Pfarrsaal und der Kindergarten. Pfarrsaal und
Kindergarten sind jetzt zwei Geschichten für sich, denn den
Kindergarten lernte ich viel früher kennen wie den Pfarrsaal.
Zuerst musste ich allerdings in den Kindergarten gehen der neben der
Mädchenschule war und später dann in diesen Kindergarten. Im
Pfarrsaal wurde dann später so manche Schülerparty gefeiert
und so mancher Film gezeigt. Auf der linken Seite der Strasse waren
wenige Häuser, teils mit Garten. Rechts war gegen Ende der Strasse
noch irgendeine Firma, wo man auch eine kleine Treppe hinaufgehen
musste. Das ist da wo jetzt das Puff drin ist. Wenn man an diesem Ende
der St. Kolomann Strasse dann rechts abbiegt und weitergeht, dann kam
und kommt man auch heute noch zur Holzwiesenstrasse. Die führte
damals mit Ausnahme weniger Häuser ins grüne Perlacher
Hinterland. Heute ist das alles gnadenlos zugepflastert mit Neuperlach.
Dazu dann später mehr. Wenn man aber links abbiegt, dann geht man
die Schmidbauerstrasse runter. Die war damals auch zweispurig, also
eine in Richtung Pfanzeltplatz und eine von Richtung Pfanzeltplatz. Das
hab ich zwar glaube ich schon einmal erwähnt, aber das macht
nichts. Auf der linken Seite waren glaube ich nur drei oder vier
Häuser.
In einem davon wohnte eine gewisse Roswitha. Die
ging dann später auch mit mir in die Schule und teils sogar in die
selbe Klasse. Ein schönes Mädl mit langen schwarzen Haaren,
eine ziemliche Konkurrenz für Regina. Leider hatte ich nie besondere
Schangsn bei Roswitha, weder als Kind, noch als Schüler und auch
zig Jahre später nicht wie wir uns rein zufällig wieder
einmal getroffen haben. Nein, ihr Herz gehörte schon damals
irgendeinem Knaben, der geringfügig älter war und Raimund
geheissen hat. Ich habe damals nie verstanden was sie an dem Knaben so
toll fand und heute versteh ichs auch noch nicht :-) Dann war da noch
das Schustergeschäft von den Heigls. Herr und Frau Heigl machten
damals als einzige in Perlach Reperaturen von Schuhen aller Art. Und
ein kleines Schaufenster hatten sie auch. Es war ein sehr kleiner Laden
in einem sehr kleinen Haus, und trotzdem hatten sie ein gutes Angebot
an Schuhen und eine erstklassige Reparaturwerkstatt. Frau Heigl war
meistens die wo verkauft hat, und Herr Heigl der wo die Schuhe repariert
hat. Die Frau hat mich später dann immer irgendwie an Liesl
Karlstadt erinnert. Vom Gesicht her und auch von der Frisur her. Der
Mann hatte meist eine dunkelblaue Schürze an und ein graues Hemd.
Er hatte große Augen und hinterfrisierte Haare. Beide waren
übrigens schon etwas älter, also mindestes 60 Jahre alt
würde ich sagen.
Sehr oft hat meine Oma dort die Schuhe von mir, und meim Vater und auch
von sich und meiner Tante richten lassen. Ich war fast immer dabei und
hab dem Mann bei der Arbeit zugeschaut. Ich weiss noch genau, das wenn
man bei der Türe reinkam (wo auch sonst), war auf der linken Seite
im Eck ein schwarzer Stuhl wo man sich draufsetzen konnte (ja, wahnsinn
ha?) und darunter war noch so ein Schammal, das die Frau Heigl
rausgezogen hat wo man dann seine Füße draufgestellt
hat. Dann hat sie immer geholfen beim Schuhe anprobieren. Mir
hats in dem Laden immer viel besser gefallen wie in dem andern
Schuhgeschäft vorn an der Ottobrunner Strasse.
Bei der Gelegenheit
fällt mir jetzt ein, es kann schon sein das die Strassennamen
zusammengeschrieben werden oder getrennt, es ist eigentlich völlig
egal, weil man weiss ja was gemeint ist. Da wo man durch das Tor zu dem
Eingang zu Heigls Laden geht, da war noch ein kleiner Hinterhof wo noch
der Eingang zu einem Mietshaus war. Da kann ich mich aber an
Einzelheiten nicht erinnern. Tatsache ist jedenfalls, und daran
erinnere ich mich bestens, das in dem Eckhaus, welches auch das letzte
in der Strasse war, ein Zahnarzt seine Praxis hatte. Der Zahnarzt Knaier.
Genau, der wo in der Specklstrasse das große Haus hingestellt
hat.
Der Zahnarzt war zwar so gesehen ein ganz normaler Mensch, aber
trotzdem hatten so ziemlich alle Kinder große Angst vor ihm und
er war nicht unbedingt ein Freund von mir.
Je seltener ich ihn sah umso
besser war es. Die Praxis war im Erdgeschoss. Rechts neben der
Eingangstür war das Wartezimmer und links von der Tür waren
glaube ich zwei Behandlungsräume. Und neben der Tür hing ein
silbernes Schild wo u.a. Zahnarzt draufstand. Ich erinnere mich auch
noch sehr genau daran wie ich einmal bei ihm war und er ewig gebohrt
hat und ich immer mehr im Behandlungsstuhl versunken bin und heilfroh
war wie ich wieder rauskam. Ich hätte zwar nochmal kommen
müssen zu einer zweiten Behandlung, aber ich hab dann meiner Oma
gesagt das ich fertig bin und nicht mehr hin muss. Im Lauf der
kommenden Jahre hätte ich dann wieder öfters mal hin
müssen, aber ich hab da immer den Krankenschein von meiner Oma
bekommen und ich hab gesagt ich gehe hin und hab mich dann eine Stunde
irgendwo rumgetrieben. Den Krankenschein hab ich zammgeknüllt
in den
Hachinger Bach geworfen und bin dann wieder heim. Das hat mehrmals gut
geklappt, bis meine Oma irgendwie Verdacht geschöpft hat und mir heimlich nachgegangen ist.
Wie ich dann wieder heimkam hat sie mich
gleich gepackt und hat geschimpft und hat mich dann persönlich
beim Zahnarzt abgeliefert. Allerdings hat sie nicht gewartet bis ich
fertig bin sondern ist gleich wieder heimgegangen. Und somit reifte im
Wartezimmer der Plan, das ich sobald ich im Behandlungsstuhl sitze
plötzlich schlimme Bauchschmerzen bekomme. Ich wusste ja das der
Zahnarzt die ersten paar Minuten immer alleine im Raum ist und die
Helferin erst etwas später dazukommt. Tja, und da gab ich dann
eine erstklassige Vorstellung. Glücklicherweise stand das Fenster
auch noch offen. Mitleidig verliess der Zahnarzt kurz den
Behandlungsraum und ich schoss raus aus dem Stuhl und durchs offene
Fenster auf die Strasse hinaus und ward nicht mehr gesehen. Soweit ich mich erinnere war das
dann auch mein letzter Zahnarztbesuch für viele Jahre.
Einer der
Gründe war auch der, das ich oft hingehen musste zum Nachschauen
und ich weder Zahnweh noch sonst was hatte, nach der Bohrung des Arztes
hatte ich aber immer Zahnweh und das sah ich irgendwie nicht ein.
Allerdings musste ich natürlich als Kind dann aufpassen das ich in
Begleitung meiner Oma oder meiner Tante oder meines Vaters den Zahnarzt
nicht über den Weg gelaufen bin. Und man glaubt es kaum, es hat
bestens funktioniert. Kein Zahnarzt, kein Zahnweh, alles in Ordnung.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, da rechts neben dem Krankenhaus
war auch noch eine Konditorei. Ich glaube Michaelis hat die geheissen.
Da gabs erstklassige Kuchen.
Der Laden lief auch bestens weil ziemlich
jeder der im Krankenhaus lag oder der jemand besuchte der im
Krankenhaus lag, dort seinen Kuchen oder Geschenke gekauft hat. Manchmal
an einem Sonntag oder an einem Feiertag hat mir meine Oma Geld gegeben
und mich zum Michaelis geschickt um ein paar Kuchenstückl für
den Nachmittagskaffee zu holen. Meistens hat mir mein Vater dann
zusätzlich noch was gegeben und hat gemeint, ich soll ihm noch ein
paar Schachteln Zigaretten mitbringen oder einen kleinen
Jägermeister. Und auf der linken Seite vom Krankenhaus war direkt
in die Mauer vom Krankenhausgarten noch so eine Tür eingebaut.
Dahinter war irgendein Raum. Irgendwer hat einmal gesagt das da drin
die Leute aufgehoben werden die im Krankenhaus gestorben sind. Anfangs
haben wir die Geschichte geglaubt, später dann nicht mehr.
Allerdings haben wir auch nie rausbekommen was hinter der Türe
wirklich ist. Irgendwann wars uns dann auch wurscht.
So, jetzt gehen wir wieder vor bis zur Sparkasse, an die Ecke
Neubiberger/Putzbrunner Strasse und marschieren die Putzbrunner Strasse
hinauf bis ungefähr zum Friedhof.
Nur deswegen bis zum Friedhof,
weil ich als Kind eigentlich selten weiter raus wie bis zum Friedhof
gekommen bin :-) Wir gehen also auf der rechten Seite der Strasse in
Richtung Waldperlach. Neben der Sparkasse war ein gigantischer
Bauernhof. Abends und am Sonntag in der Früh hat man da die
Gockeln und die Kühe gehört. Daneben waren Felder und
Äcker, auf denen ich als Kind so manchen Kartoffel aus der Erde
gezogen habe. Man konnte weit in die Gegend sehen, bis hinter zum
Bahnhof und zum Schindelar. Alles war unbebaut. Anfang der 1980ger
Jahre wurde alles abgerissen, zubetoniert und verschandelt. Dann stand
ein riesiger Tengelmann dort wo der Bauernhof war und da wo die Felder
und Äcker waren, da standen dann lauter Häuser und es gab
völlig neue Strassennamen, benannt nach irgendwelchen Leuten, von
denen die meisten Perlacher noch nie was gehört hatten. Natürlich ausgenommen der Michl-Lang-Weg. Die Felder
und Äcker auf der rechten Seite gingen runter bis zur
Tribulaunstrasse, die war ein Stück nach dem Friedhof.
Und direkt
gegenüber vom Friedhof wurde dann ebenfalls alles zubetoniert und
eine sogenannte "Europäische Schule" hingestellt. Ein
potthässlicher Betonbunker. Muss schon ein super Gefühl sein
wenn ein trauernder Angehöriger bei der Beerdigung am Grab steht
und zehn Meter weiter plärren und lachen Kinder. Später kams
dann noch schlimmer, da wurde rund um den Friedhof alles zugebaut mit
etwas höheren Häusern und irgendeinem Amt. Alles wurde so
hingebaut das man bestens in den Friedhof hineinschauen kann.
Zurück zu damals ;) Neben dem Friedhof war ebenfalls freies Feld
und auch hier konnte man weit in die Gegend schauen.
Und jetzt gehen
wir über die Strasse und sind dann auf der rechten Seite in
Richtung Pfanzeltplatz.
Direkt beim Friedhof. Dunkelrotes Gemäuer aussenrum und der Turm der
Aufbewahrungshalle überragt das ganze Friedhofsgelände. Oben
in dem Turm war damals glaube ich eine kleine Glocke. Durch das schwere
schwarze Eisentor geht man hinein. Und wenn man links abbiegt, dann ist
da das Grab der Familie Seitz. Zu der Zeit damals wurde es nur von
meinem Opa benutzt, denn der starb ja 1963. Ich war oft mit meiner Oma
dort und wir haben Blumen gepflanzt und die Erde aufgefüllt und
gegossen. Meistens haben wir dann auch noch die beiden Gräber
links und rechts von uns mitgegossen, sowas war damals schon
üblich das man auf ein etwas trockenes Grab Wasser schüttete.
Unser Grab gibts auch heute, 2009, immer noch. Nur liegen inzwischen
mein Opa, mein Vater und meine Oma drin. Ich werd vielleicht auch
irgendwann da drinnen landen. Geht man jetzt weiter, dann endet die
linke Seite nach wenigen Metern an einem Holzzaun vor dem ein
großer Gitterkorb steht in dem damals meist alte Blumen vor sich
hinfaulten. Biegt man rechts ab kommt man zur Aufbewahrungshalle. Wobei
die Bezeichnung irgendwie gar nicht so passend ist, denn in diesem
Gebäude war damals eine Art Büro vom Friedhofsaufseher, ein
Klo und Platz für bis zu drei Verstorbene inkl. Särge. Mehr
Platz brauchte man damals in Perlach nicht, denn es kam selten vor das
mehr wie zwei Tote auf einmal in dem Raum lagen. Über zwei bis
drei breite Steintreppen ging man hinauf und hatte dann zwei
große Fensterscheiben vor sich und in der Mitte eine große
Türe. Rechts an der Wand hing ein kleiner Holzkasten wo ein Zettel
drinhing auf dem stand wer gestorben ist und wie alt er geworden ist.
Natürlich stand nur dann etwas drauf wenn jemand in dem Raum
dringelegen hat. Durch die Türe in der Mitte konnte man dann noch
etwas näher hingehen und genauer hinschauen. Meist sah man den
Sarg, verziert mit Blumen und Kränzen. Doch damals war es durchaus
üblich, das man auf besonderen Wunsch den Sarg auch geöffnet
hineinstellen konnte. Ich erinnere mich noch genau wie einmal eine alte
Frau im offenen Sarg dringelegen hat. Ich und der Karli sind dann etwas
später nochmal zum Friedhof gegangen und haben nochmal
hingeschaut. Danach haben wir uns die schlimmsten Sachen vorgestellt
und am nächsten Tag hat jeder von uns erzählt, das wir recht
schlecht geschlafen hatten. Rechts neben dem Gebäude waren noch
einige Gräber und dann kam noch ein kleines Häusl wo das
Häusl drin war :-)
Also die Besucherklos, getrennt nach
Männlein und Weiblein. Ich war genau ein einziges Mal in dem Klo
im Friedhof. So ziemlich in der Mitte des Friedhofs war ein runder
Platz auf dem viele Blumen gepflanzt waren und in der Mitte der Mitte
stand ein ganz großes Kreuz mit Jesus dran. Manchmal bin ich mit
meiner Oma einfach so noch durch den Friedhof spaziert und sie ist an
manchem Grab stehengeblieben und hat mir gesagt, das sie den oder die
wo da drinliegt gekannt hat.
Vor und gegenüber vom Friedhof war die Bushaltestelle vom
damaligen 95ger Bus. Geht man dann weiter in Richtung Pfanzeltplatz,
dann war neben dem Friedhof ein ganz kleiner Kiesweg und ein Feld. Dann
kam ein Wohnhaus, so eine Art Zweifamilienhaus, dann eine Seitenstrasse
wo ich jetzt den Namen nicht mehr weiss und dann einige kleine
Häuschen mit Garten davor bzw drumrum. Dann kam eine weitere Seitenstrasse
und gleich daneben war dann die sogenannte Schulwiese. Auf dieser Wiese
wurde oft Fussball gespielt wenn die Türe im Zaun nicht abgesperrt
war. Fieserweise war nämlich oberhalb des Zauns Stacheldraht
gespannt, damit, wie es damals geheissen hat, keine Zigeuner auf der
Wiese ihr Lager aufschlagen. Obs gestimmt hat weiss ich nicht. Tatsache
war jedenfalls das die Wiese der Schule am Pfanzeltplatz gehörte
und schräg links, ganz weit hinten, da sah man das andere
Schulgebäude von dem ich vorher erzählt habe. Das, wo nur ein
oder zwei Klassen "ausgelagert" waren.
Neben der Schulwiese waren dann
noch ein oder zwei Häuser mit Garten und eine Einfahrt. Ging man
die Einfahrt hinein, dann kam man zu einem Hauseingang und zu einer
Arztpraxis. Die Praxis gehörte dem Arzt Dr. Herbert Hefft. Der war
zum einen unser Hausarzt, zum zweiten auch einer meiner besten Freunde die ich je hatte und zum
dritten ging eigentlich so gut wie jeder Perlacher zu ihm, wenn er
irgendwelche Krankheiten hatte.
Dr. Hefft, genannt "Hörbi" war ein
großer und kräftiger Mann, mit nicht mehr sehr vielen
schwarzen Haaren und einer Brille mit einem dicken, schwarzen Gestell.
Meistens hatte er einen weissen Arztkittel an. Im Lauf meiner Jahre in
Perlach hat mir Hörbi sehr oft aus diversen Patschen
herausgeholfen in die ich nicht immer ganz unverschuldet hineingeraten
bin. Wenn ich als Kind krank war, dann habe ich immer darauf bestanden
das der Hörbi kommt und mich untersucht. Oder, wenn ich nicht im
Bett bleiben musste, dann wollte ich immer zum Hörbi in die Praxis
und nicht zum Doktor Bayer. Man erinnert sich, der wo in dem Haus eine
Praxis hatte wo u.a. die Post war. Der Hörbi hatte weder
Sprechstundenhilfe noch musste man sich bei ihm anmelden wenn einem was
fehlte. Man ging einfach ins Wartezimmer, setzte sich hin, las ein
Heftl und immer wenn sein Sprechzimmer dann frei war oder er eben der
Meinung war, das jetzt der nächste Patient kommen soll, dann
ertönte im Wartezimmer eine ziemlich laute und schrille Klingel.
Das bedeutete, das der wo dran war (es wurde beim Betreten des
Wartezimmers immer gefragt wer der Letzte war, natürlich nur dann
wenn mindestens zwei Leute dringesessen haben) rausging und vor zum
Sprechzimmer ging. Meistens stand der Hörbi dann schon vorne und nahm den Kranken in
Empfang, oder man klopfte an den Türstock und bekam dann ein
lautes und strenges "herrrein!" zu hören. Meine Oma hat mir damals gesagt, das der Hörbi viele Jahre Arzt
auf einem Schiff gewesen ist und das man ihm nichts vormachen kann.
Also einen auf krank machen oder so. Ich habe es als Kind und auch als Jugendlicher oft versucht, aber er
hat mich immer durchschaut. Ich glaube, mein Vater hat es auch manchmal
versucht, aber auch ihn hat er immer durchschaut. Und trotzdem, bei
aller Sympathie für den Hörbi, ich hätte es niemals
gewagt ihn mit Du anzureden. Er war im wahrsten Sinne des Wortes eine
Respektsperson. Gewohnt hat er damals in Trudering in einem größeren Haus
und er hatte auch einige Katzen. Der Hörbi kommt im Lauf der
Geschichte sicher noch öfters vor.
Wenn man es übrigens
geschafft hat da hinten beim Hörbi-Haus über den Zaun zu
klettern, dan landete man auf der Wiese hinter der Schule vom
Pfanzeltplatz.
Gleich neben der Hörbi-Praxis war die einzige und
beste Schnapsbrennerei von Perlach, wenn nicht sogar die beste von ganz
München. Ach was sag ich, die beste von ganz Bayern war es. An
manchen Tagen roch es in der näheren Umgebung nach Schnaps und
Branntwein. Und wenn der Wind günstig war, dann roch man es sogar
bis zu uns ins Zimmer wenn das Fenster offen war. Gerochen hat man
damals auch öfters den Odel den so mancher Bauer über seine
Felder verteilt hat. Mein Vater hat mich da manchmal gefragt ob ich
einen fahren lassen habe weil es so stinkt, aber er wollte mich da nur
ärgern. Neben der Schnapsbrennerei war dann noch ein Bauernhof und
dann noch ein Wohnhaus. Den Abschluß der rechten Seite der
Putzbrunner Strasse war dann das bereits erwähnte Haus mit dem
schönen kleinen Vorgarten. Heute sieht die Gegend völlig
anders aus, dazu dann viel später noch mehr. So allgemein sei noch gesagt, das die bereits erwähnte
Unterhachinger Strasse in der Perlacher Gegend so gut wie unbebaut war,
mal abgesehen von den Häusern vom "Platten" bis vor zu dem Punkt
wo die Specklstrasse war. Auf der rechten Seite in Richtung
Fasangartenstrasse war ausser dem Haus mit der italienischen Familie
und den "Schmidbauerkränen" gar nix. Nur Wiesen und Felder und
Acker. Allerdings gabs auch damals schon die weltbekannte Perlacher
Versuchsbrauerei, so ziemlich in Höhe des Bahnübergangs an
der Unterhachinger Strasse. Ja, soweit jetzt der kleine Spaziergang rund um den Pfanzeltplatz mit ein paar Abstechern in Richtung Bahnhof.
Ja, es war schon eine schöne Zeit so als kleiner Bub ohne
irgendwelche Probleme aufzuwachsen. Den ganzen Tag mit den Spezln
spielen, im Sandkasten Burgen bauen, auf Bäume klettern, bei Regen
daheim das Post-Spiel spielen oder beim Karli im Zimmer mit den
Matchbox-Autos, losflitzen wenn die Feuerwehrsirene aufheult, auf den
Hausdächern rumlaufen, Musik hören, sich auf Geburtstag oder
Weihnachten oder Ostern freuen, und, wie man so schön sagt, den
Herrgott einen guten Mann sein lassen. Doch eines Tages dann hat
sich dann doch etwas geändert in meinem schönen Leben. Denn
auf einmal gabs da ein Wort, das in mein juges Leben das erste
ernsthafte Problem mitbrachte. Das Wort nennt sich "Kindergarten". Ich
schätze mal das ich etwa viereinhalb oder fünf Jahre alt war
als ich mit meiner Oma zu dem Kindergarten in der Mädchenschule
links hinter der Schule am Pfanzeltplatz ging und sie mich angemeldet
hat. Drinnen liefen nur ernst schauende Klosterschwestern herum, alle
in schwarzen Uniformen mit Schleiern. Und mir wurde klargemacht das ich
in Kürze die Nachmittage in diesem Kindergarten verbringen werde,
damit ich langsam aber sicher auf die Schule vorbereitet werde. Mir hat
das gar nicht gepasst und ich war alles andere wie begeistert. Diese
Begeisterung teilte ich dann daheim mit Oma, Papa und Tante, indem ich
die ganze Zeit jammerte und quengelte und sicher tausendmal gesagt
habe, das ich da nicht hingehen will. Natürlich bekam ich dann die
Erziehungsberechtigten-üblichen-Worte-und-Sätze zu
hören, wie "Du wirst schon sehen, es wird dir gefallen" und
ähnliche Weisheiten. Klar, man redet sich leicht wenn man selber
nicht davon betroffen ist.
Ich dagegen war ein Betroffener und am
ersten Nachmittag hat mich meine Oma dort abgeliefert. Mein Pech war,
das sowohl die Oberin wie auch einige der anderen Schwestern meine Oma
gut kannten und ich davon ausgehen konnte, das jeder Scherz den ich mir
dort erlauben würde umgehend gemeldet wird. Also beschloss ich
gleich am ersten Nachmittag wieder so eine Show abzuziehen wie beim
Zahnarzt Knaier, nur noch etwas mehr übertrieben. Ich fing an zu
jammern und so maulen, die Schwester die mich und noch einige Kinder
beaufsichtigte, blieb voll cool, wie man heute sagen würde. Erst
wie ich ihr ernsthaft auf die Nerven ging versuchte sie mich zu
beruhigen, das es ja nur ein paar Stunden sind und ich das schon
überleben werde. Klar hätte ich es überlebt, aber was
war dieser komische Kindergarten mit einigen mir völlig
unbekannten Kindern, teilweise sogar Preußen (!), im Vergleich zu
Kastanienbäumen, Hausdächern und Sandkasten. Mein Spezl hatte
Glück, der war noch zu klein für den Kindergarten, der
"durfte" dann ein oder zwei Jahre nach mir. Mit Jammern und
Granteln verging dann der erste Nachmittag und ich war heilfroh wie
meine Oma mich abgeholt hat. Ich erinnere mich noch bestens daran wie
ich ihr sagte, das ich "morgen auf gar keinen Fall mehr hingehen
werde". Meine Spezln waren natürlich interessiert wie es war und
nach meiner Erzählung waren sie auch nicht mehr so begeistert.
Der
nächste Tag kam und ich wusste genau das ich ab 14 Uhr wieder in
den Kindergarten musste. Was lag also näher als sich rein
zufällig grade da wie meine Oma kam um mich zu holen und in den
Kindergarten zu bringen, zu verstecken. Ich wusste das sie keine
Schangs hatte mich von einem Dach oder hinter der Garage vorzuholen.
Also versteckte ich mich hinter der Garage. Dummerweise gabs damals
bereits Leute die für einen lausigen Kaugummi ihre Freunde
verraten haben. So dauerte es nicht lange und ich sah meine Oma wie sie
hinter die Garage schaute und mich entdeckte. Mit netten Worten
versuchte sie mich vorzulocken aber ich blieb stur. Erst das
Versprechen das sie mir ein Eis kauft brachte mich dann dazu
hervorzukommen. Kaum war ich draussen hat sie mich sofort am Arm
gepackt und zum Kindergarten gezerrt. Das Eis hab ich zwar Abends dann
bekommen, aber die drei Stunden Klosterschwestern wären mindestens
drei Eis wert gewesen.
Tags drauf dann ein ähnliches Spiel. Nur
diesmal auf dem Dach des Waschhauses. Ich sass oben und blickte
herunter und sah meine Oma wie sie mich gesucht hat.
Karli und Regina lachten nur, sagten aber nichts. Blöd war nur das
mein Vater auch daheim war und der sah mich natürlich durchs
Fenster vom Hausgang. Und für den wars auch kein Problem aufs Dach
vom Waschhaus zu kommen. Und so dauerte es nur wenige Minuten bis
plötzlich von hinten gepackt und hochgehoben wurde und
herabgelassen wurde nach unten wo mich meine Oma in Empfang nahm, mich
packte und in Richtung Kindergarten schleifte. Diesmal hatte ich mir
vorgenommen den Klosterschwestern (Pinguine durfte ich übrigens
nur sagen wenn ich mit meinem Vater alleine war) zu zeigen was in mir
steckt. Kaum wurde ich abgeliefert, kaum war meine Oma ausser
Sichtweite, da fing ich an zu jammern über Bauchweh und das mir
schlecht ist. Die anwesende Schwester hat das nicht beeindruckt. Sie
sagte mir sogar, da kenne ich sie sehr schlecht wenn ich meine das sie
auf solche Märchen reinfällt. Allerdings kannte sie mich noch
schlechter. Denn dann fing ich so richtig an mich in die Sache hinein
zu steigern. Ich fing an zu weinen und zu husten, warf mich auf den
Boden, hielt die Luft an, weinte noch viel lauter und hustete noch viel
stärker bis mir dann wirklich schlecht wurde. Ich weiss noch ganz
genau wie ich in der Nähe von ihrem Pult stand und mich echt
übergeben musste. Also kotzen, auf bayrisch "Schbeim". Mann, wie
schnell sprang die auf, schimpfte und verliess das Zimmer. Ich war ja
selber etwas überrascht von dem Effekt, das ich vor lauter
Aufregung ganz vergessen habe durchs Fenster im Erdgeschoss zu
flüchten. Dann kam noch eine andere Schwester rein, die hatte
einen Putzeimer und musste den ganzen Dreck wegmachen. Dann kam die
Oberin und zog mich an den Ohren und schimpfte. Allerdings mehr
gutmütig. Ich jammerte nur immer herum das ich heim will. Naja,
der Nachmittag ging vorbei und kaum hatte ich das Gebäude
verlassen gings mir wieder so gut das ich ein Eis hätte essen
können. Allerdings wusste meine Oma natürlich Bescheid
über meine Vorstellung und so kams das ich kein Eis bekam. Naja,
die ganze Sache wiederholte sich jedenfalls fast jeden Nachmittag.
Bis
auf einen Nachmittag, daran erinnere ich mich genau, denn am Tag zuvor
versprach eine der Schwestern das wir am nächsten Nachmittag die
Umgebung erkunden, also das Gebiet der Äcker und Felder in der Nähe der
Holzwiesenstrasse. Da war ich in meinem Element, da hats mir gefallen,
da hatte ich weder Bauchweh noch Weinanfälle noch sonst was. Ich
drückte der Schwester massenweise Informationen rein, was ich so
alles wusste von der Gegend und sie war glaube ich recht froh wie wir
wieder im Kindergarten waren.
Trotz dieses einen schönen
Nachmittags war dieser Kindergarten für mich die Hölle.
Andere Kinder waren noch schlimmer dran, die wurden bereits morgens
gebracht und abends abgeholt. Natürlich waren auch einige dabei
denen es gut gefallen hat. Wie schon festgestellt, irgendwelche Deppen
bzw. Ausnahmen gabs ja schon immer.
Meine Kindergarten-Krankheit
änderte sich erst, wie mir meine Oma sagte, das ich demnächst
in den anderen Kindergarten neben der Kirche gehen darf. Komischerweise
fand ich es da gar nicht so schlimm wie ich dachte. Es liefen nur zwei
Klosterschwestern drin rum, die eine war die mir bekannte Oberin und
die andere war die, die kochte. Und die kochte recht gut, obwohl ich
nur selten im Kindergarten was gegessen habe weil ich immer ein Brot
oder eine Semmel dabei hatte. Ausserdem gabs Mittagessen nur für
die Kinder, die den ganzen Tag drin verbrachten. Dieser Kindergarten
war auch viel
schöner. Hinten draussen eine eingezäunte Wiese mit
Klettergerüsten und Schaukeln, Sandkasten gabs auch einen und der
Wiesenbereich wo das Einfahrtstor für den Gärtner war, war
mit einem kleinen Hügel abgegrenzt. Natürlich waren wir nur
bei schönem Wetter draussen, aber da konnte man schon etwas
anstellen. Mir persönlich hat der große Baum am besten
gefallen. Ich hatte ja in dem Alter schon viel Übung was das auf
die Bäume klettern (bayrisch "Bamkraxln") angeht und so hatte ich
bald einige weiblichen Bewunderer im Kindergarten, was der Regina
natürlich nicht so besonders gefallen hat.
Oft wars sogar so, das ich völlig die Zeit vergessen habe wenn
mich meine Oma oder mein Vater abgeholt haben. Manchmal wars sogar so,
das ich gar keine Lust hatte heimzugehen sondern lieber noch mit den
anderen gespielt hätte. Wenn das Wetter greislig war, also
wenn es geregnet oder gestürmt oder beides hatte, dann waren wir
drinnen. Drin wars bei weitem nicht so interessant wie draussen,
obwohls dort auch recht viele Spielsachen gab. Die Aufpasserin, alles
Frauen in Zivil, also keine schwarzen Uniformen, spielten manchmal mit
oder sassen am Schreibtisch und schauten uns zu.
Ich erinnere mich noch
gut daran das ich einmal zu Weihnachten oder zum Geburtstag eine
Trambahn aus Metall geschenkt bekommen habe. Diese Trambahn konnte man
entweder mit einem kleinen Schlüssel aufziehen und sie dann
losfahren lassen, oder man zog die zuerst nach hinten um die Feder
aufzuziehen und liess sie dann loszischen. Diese Trambahn brachte ich
einmal mit in den Kindergarten wie das Wetter greislig war und wir
drinnen gespielt haben. Da gab es dann einen Jungen der Axel geheissen
hat und wahrscheinlich auch heute noch so heisst wenn er nicht das
Zeitliche gesegnet hat. Dieser Axel war ein ziemlich frecher Knabe, der
dann versucht hat mir die Trambahn wegzunehmen. Ein paar andere Jungs
hatten richtig Angst vor ihm oder taten zumindest immer das was er
wollte. Ich war da ein bissl anders, ich liess mir nichts gefallen und
so kam es, das er mir die Trambahn wegnehmen wollte, ich sie ihm nicht
geben wollte, er eine Rauferei anfing und mir schliesslich mit dem
Daumennagel ins Zahnfleisch bohrte. Das tat natürlich
saumässig weh und ich weiss noch genau wie meine kleine Faust dann
in seinem kleinen Großmaul landete und er ziemlich starkes
Nasenbluten bekam. Der starke und mächtige Axel weinte und schrie
und führte sich auf und grad lustig wars. Und siehe da, auf einmal
wollte immer jeder mit mir spielen weil ich den bösen Axel
umgehauen hab. Tags drauf wars dann eher so das sich beinahe mein Vater
und der Vater vom Axel gegenseitig umgehauen hätten. Beide mussten
bei "dem Fräulein" also unserer Aufpasserin, erscheinen. Es hat
nicht lange gedauert bis der Vater vom Axel meinen Vater provozierte
und meinte, ob er seinen missratenen Sohn nicht im Griff hat und mein
Vater dann den Vater vom Axel an der Krawatte gepackt hat und selbige
dann
ums Handgelenk geschwungen hat und ihn etwas näher an sich
herangezogen hat und meinte, er solle aufpassen was er sagt weil sonst
hängt er ihn an seiner eigenen Krawatte am Lampenschirm zum
Trocknen auf.
Tja,
die Kinder fandens Klasse, das Fräulein dagegen weniger und der
Vater vom Axel fands total beschissen. War er doch soweit ich mich
entsinne fast einen Kopf größer wie mein Vater, und dann
sowas. Das Fräulein redete auf die beiden ein und das sie doch
Vorbilder sein müssten und was weiss ich noch alles. Dann ging sie
mit beiden hinaus vor die Tür und nach ein paar Minuten kam das
Fräulein wieder herein und holte den Axel raus. Wieder ein paar
Minuten später kamen alle wieder herein und der Axel kam auf mich
zu und entschuldigte sich bei mir. Danach reichten sich die beiden
Männer vor den Kindern die Hand. Und das Fräulein erklärte uns dann, das es doch viel
schöner ist wenn man sich gegenseitig verträgt und ausserdem
sind solche Streitereien sehr unschön und sie sagte uns, das die
Sache erledigt sei. Das dachte sie jedenfalls. Denn wie ich abends dann
heimkam sagte mein Vater, das er dem "damischn Vadda vom Axl sein
blädn Schädl rausdraht wia a hundert Watt Bian" wenn er ihm
irgendwann über den Weg laufen sollte. Naja, was solls, der Axel
und ich wurden zwar nie so richtige Kindergartenfreunde, aber wir sind
trotzdem ganz gut miteinander ausgekommen. Dem Axel sein Vater und mein
Vater haben sich übrigens nie wieder gesehen und somit dürfte
dem sein Kopf auch heute noch auf seinen Schultern ruhen. Meine Oma hat
übrigens meinen Vater wegen dem Vorfall auch gscheit
zusammengeschissen. Und auch hier wars dann so, das sich die
Erwachsenen immer noch gegenseitig anfauchten wegen einem Vorfall den
wir Kinder schon längst vergessen hatten.
Im Kindergarten wurden
übrigens auch die ersten Cowboys- und Indianer Spiele
angefangen. Ich kannte in dem Alter zwar schon einige
Cowboyserien und Filme, wie
Bonanza, oder "Westlich von Santa Fe"und "High Chapparal" gabs glaube
ich auch schon, aber trotzdem hatte ich mich nie großartig
für solche kindischen Spielereien interessiert. Das änderte
sich dann wie der Fasching kam und ich von meinem Vater einen
Patronengürtel mit zwei Holstern bekam und dazu zwei wunderbare,
silberfarbene Pistolen wo man die berühmten roten
12-Schuß-Dinger hineintat. Einen Cowboyhut bekam ich auch. Rein
zufällig hat der Karli eine ähnliche Ausrüstung
bekommen, allerdings nur eine Pistole und da hat er sich ziemlich
geärgert, bis ihm sein Onkel dann noch ein Gewehr gekauft hat.
Unsere Waffen wurden alle mit diesen roten 12er-Dingern geladen. Mein
Vater hat mir gleich einige Rollen davon gekauft und somit war ich gut
ausgerüstet um Indianer zu jagen. Der Karli und ich gingen dann im
Cowboydress auf die Strasse. Weil er etwas dicker war wie ich nannte
ich ihn immer Hoss. Benannt nach Hoss Cartwright aus Bonanza. Ihm
passte das gar nicht, er wollte lieber Little Joe sein. Schliesslich
einigten wir uns drauf das er Little Joe ist und ich John McLean aus
"Westlich von Santa Fe". Was fehlte waren jetzt nur noch die Indianer.
Ja und was glaubt man wer da als Indianer verkleidet ankam? Der
Fred-Otto aus der Wäscherei. Das passte voll, ein preussischer
Indianer auf bayrischem Boden kam uns grade recht und der sollte auch gleich wissen was
Sache ist. Kurzerhand wurde er links und rechts gleich mit einer
Pistole bedroht und ihm wurde klargemacht das er uns sofort zu folgen
hat ohne Fragen zu stellen. Der Karli, bzw der Little Joe, trieb ihn dann mit dem Gewehr
vor uns her und wir gingen mit ihm bei uns im 25ger Haus in den Keller.
Dort hatten wir eigentlich vor ihn zu fesseln, aber wir hatten nichts
brauchbares und somit änderten wir unseren Plan und machten ihm
klar, das er einfach hier warten soll und wir gleich wieder kommen und
dann so tun wie wenn wir ihn befreien. Der Indianer war zwar nicht so
begeistert, wurde aber dann doch überzeugt und er spielte mit.
Brav blieb er unten sitzen und hielt die Stellung während der
Little Joe und ich die Treppe raufgingen, oben das Licht ausdrehten und
die Türe zumachten. Dann hamma gelacht und uns vor der
Haustür neben den Mülltonnen versteckt und gewartet bis der
Indianer den Weg gefunden hat und rauskommt. Dann wollten wir wild
herumschiessen und ihn davon jagen. Es hat schon einige
Minuten gedauert bis der Indianer dann mit wirrem Federschmuck und
einem sehr verheulten Gesicht vor der Türe erschien und jammerte
was für fiese Schweine wir doch sind und das er alles seinen
Eltern erzählt. Little Joe hatte die ganze Situation dann nicht mehr im Griff und er
ballerte los, direkt neben dem Ohr des Indianers. Der ging dann in die
Knie, hielt sich die Hand vors Ohr und weinte wieder. Soweit ich mich
erinnere haben wir dann recht blöd dahergeredet und uns über
ihn lustig gemacht. Nachdem er sich wieder beruht hatte, haben wir dann
gesagt, er kann es ruhig seinen Eltern sagen, wir behaupten dann das
wir ihn erwischt haben wie er sich in den Keller geschlichen hat. Nach
kurzer Zeit sah er dann ein das er sehr schlechte Karten hat und er hat
aufgegeben und ging heulend heim. Für uns war wieder mal klar das
er nie wirklich zu uns gehören wird.
Was am Faschingsdienstag auch sehr beliebt war, das war das Absperren
der Strassen mit Luftschlangen und das Abkassieren der Autofahrer.
Meist wurden die beiden Fahrtrichtungen der Putzbrunnerstrasse gesperrt
und dann die Autofahrer abkassiert. Teilweise war das ein recht gutes
Geschäft, denn einige waren sehr großzügig, andere
wieder gaben gar nix und ganz andere kapierten nicht mal um was es
ging. Die, die die (wow, sowas gibts nur in Deutschland, 3x die
hintereinander und trotzdem ein sinnvoller Satz), Autofahrer in
Richtung Waldperlach abkassierten gingen öfters leer aus wie die,
die die (grins, nochmal 3x) in die andere Richtung abkassierten. Das
lag daran, das diese Autofahrer meist schon an der Ampel zwischen dem
Haus mit den genialen Wundertüten und der Anlage stehen bleiben
mussten und dort abkassiert wurden. Als kleine Jungs machten wir
auch vor der Polizei nicht halt, die wurden auch gefragt und auch sie
gaben uns ein paar Münzen. Die Abkassiererei war sehr wichtig,
denn mit dem Geld konnte man sich neue Patronen oder ein Eis kaufen. Im
Lauf der Jahre kamen dann immer mehr Kinder an den Pfanzeltplatz, die
eigentlich gar nicht direkt hier gewohnt haben und versuchten am
Faschingsdienstag und manchmal auch schon am Rosenmontag zu kassieren.
Manchmal gabs dann wirklich handfeste Streitereien. Aber es gab ja noch
die Nebenstrassen. Josef-Beiser-Strasse und Specklstrasse. Da war zwar
nicht soviel los, aber da kamen wir auf die Idee auch
Fußgänger zu fragen. Und siehe da, auch von denen
rückte so mancher einige Münze raus.
Ich erinnere mich, das wir einmal einen Betrunkenen gefragt haben ob er
uns was gibt weil ja heute Fasching ist. Der war so betrunken das er
zum Karli, also zum Little Joe, gesagt hat, wenn er ihn einmal mit
seinem Gewehr schiessen lässt, dann gibt er uns 10 Mark. Der hat
das tatsächlich gemacht. 10 Mark. Zu dieser Zeit viel Geld
für uns. Wir sind dann sofort in ein Geschäft gegangen, haben
uns zwei gleich große Eis gekauft und den Rest vom Geld genau
aufgeteilt. Irgendwie war der Fasching schon schön wie wir noch
Kinder waren. Die Regina ist immer als Prinzessin rumgelaufen. Mit
einem langen weissen Kleid und einer goldenen Krone drauf. Ich durfte dann ausser Cowboy auch ihr Prinz sein.
Es war also schätzungsweise der Fasching im Jahr 1967. Winter war
es auch. Und wie schon gesagt, damals warens noch richtige Winter mit
viel Schnee und Eis und Eiszapfen von den Dächern und von den
Fensterbrettern. Ich erinnere mich noch genau daran wie ich an einem
Samstag mit meinem roten Schlitten mit den schwarzen Kufen den ich zu
Weihnachten bekommen habe, unterwegs war die Josef-Beiser-Strasse
hinauf und dann die Specklstrasse wieder hinunter. Viel konnte man
nicht anfangen allein mit seinem Schlitten und sogenannte
Schlittenberge gabs da wo ich wohnte nicht. Oft hat mich mein Vater
durch den Schnee gezogen wenn er Zeit hatte, aber immer konnte er auch
nicht weil er damals auch manchmal am Samstag arbeiten musste. Und so
kam es das ich in der Specklstrasse einen kleinen Jungen traf, der auch
alleine mit seinem Schlitten unterwegs war. Wie er geheissen hat weiss
ich nicht mehr, jedenfalls kam er von weit her. Später erfuhr ich
das er und seine Eltern aus Thailand kamen. Wo Thailand liegt? Keine Ahnung,
es war mir auch völlig egal, wichtig war nur das er kein
Preuße war. Wir unterhielten uns und gingen dann zusammen mit
unseren Schlitten weiter und kamen auf die Idee, wenn man genügend
Anlauf nimmt und sich dann auf den Schlitten legt, dann kann man gut den
kleinen Berg von oben an der Strasse runterfahren. Wir machten dann
eine Art Wettbewerb draus wer am weitesten kommt. Irgendwann kam dann
dem sein Vater dazu. Er redete mit seinem Sohn und dann band er unsere
Schlitten zusammen, zog sich Handschuhe an und zog und stundenlang
durch die verschneite Gegend. Das war ein sehr schöner Samstag,
wenn er auch sehr kalt war. Leider haben wir uns dann auch nicht mehr
gesehen, aber dieser Nachmittag ist mir trotzdem bis heute im
Gedächtnis geblieben.
Wie gesagt, irgendeinen Schlittenberg gabs
nicht, aber mein Vater wusste trotzdem was. Damals, rechts neben der
Hochäckerbrücke, welche ziemlich am Ende der
Hochäckerstrasse war, da gings recht steil runter zur Autobahn
München-Salzburg. Wir gingen also, genauer gesagt ging nur mein
Vater denn ich sass auf dem Schlitten und er zog mich, hinauf bis zur
Hochäckerbrücke und dann rechts durch Gebüsch und
Stauden einen kleinen Trampelpfad entlang. Da hinten war rein gar
nichts los und es ging gut abwärts in Richtung Autobahn. Vom Ende
des Hangs bis zur Autobahn selber war schon noch ein
größerer Abstand, denn damals war das alles noch nicht so
ausgebaut und die Gegend war auch noch nicht so verschandelt wie sie es
heute ist. Vom besagten Hang und den gazen Gebüschen ist rein gar
nichts mehr übrig und fast alles ist zubetoniert und bebaut.
Abgesehen davon würden die Leute heute auch sicher die Polizei
rufen wenn jemand an der Autobahn Schlittenfahren würde. Damals
war das eben alles noch anders und wir fuhren mehrmals den Hang runter.
Mal ich alleine, mal mein Vater alleine, mal ich auf dem Rücken
von meinem Vater. Es war recht lustig und in Gedanken sehe ich es noch
so vor mir wie wenn es letzten Winter erst gewesen wäre. Bei einer
der letzten Abfahrten sind wir dann samt dem Schlitten umgekippt und
den Hang runtergerollt. Passiert ist nix, ausser das beim Schlitten an
der Vorderseite zwei kleinere Teile vom Holz wo man draufliegt
abgebrochen sind. Wir haben gelacht und irgendwann sind wir dann
ziemlich zerfroren und feucht heimgegangen. Übrigens, beim
Hingehen ist meinem Vater ziemlich oben an der Brücke das Seil
ausgekommen und ich bin rückwärts mit dem Schlitten wieder
runtergefahren und mein Vater ist hinterhergelaufen. Wie wir dann
wieder daheim waren haben wir unser Zeugs ausgezogen und meine Oma hat
einen Teil am Ofenrohr befestigt damit es trocknet. Dann haben wir
einen heißen Kaba bekommen. Zubereitet mit der Milch aus der
Milchkanne vom Milchladen in der Sebastian-Bauer-Strasse. Obs übrigens direkt ein Kaba war weiss ich nicht mehr, jedenfalls
war es irgendein Schoko-Milch-Getränk.
Der Winter war jedenfalls
immer schön damals und es gab auch immer viel zu tun. Zum Beispiel
konte man sich im Winter bei einigen Leuten rächen die einem mal
geärgert haben oder bei den Eltern verraten haben weil sie uns
erwischt haben wie wir irgendwas angestellt haben. So war es durchaus
üblich das wir uns im Winter wenns so richtig kalt und eisig war,
im leeren Bachbett des Hachinger Baches versteckt haben. Mit einer
Ladung vorgefertigter Schneebälle, versteht sich. Und dann haben
wir gewartet bis jemand vorbeikommt der noch was gut hat und dann gings
los. Im Zielen waren wir gar nicht so schlecht, ich erinnere mich, das
fast jeder Ball so gut wie sein Ziel getroffen hat. Und so mancher
Passant hat sich dann gewundert wieso er plötzlich einen
Schneeball auf den Mantel, den Hut oder wenns ganz gut ging, sogar ins
Gnack bekommen hat. Natürlich wurde so mancher wütend und
wollte die Verfolgung aufnehmen, was aber erstens daran scheiterte das
er nicht einfach über die Strasse laufen konnte, zweitens daran,
das ja die kleine Abgrenzungshecke zwischen Bach und Strasse war,
drittens daran das er es nie geschafft hätte gleichzitig
übers Geländer und über die Hecke und über den Bach
zu springen, und viertens, selbst wenns blöd gelaufen wäre,
dann wären wir unter die große Brücke geflüchtet
die sich von der Anlage in die Sebastian-Bauer-Strasse hineinstreckt.
Brücke kann man eigentlich gar nicht
sagen, denn es war ja die
große Kreuzung am Pfanzeltplatz, aber drunter lief und
läuft der Bach durch. Und da drunter hat sich dann eh keiner
getraut.
Was ebenfalls sehr beliebt war, war das sogenannte
"Klingelknopfschiessen". Sowohl im Neubau im Hinterhof wie auch an so
manchen Einfamilienhäusern die Strasse entlang, waren entweder an
einer größeren Metallfläche oder direkt über oder
neben dem Briefkasten herausstehende Klingelknöpfe. Im Sommer
haben wir da manchmal einen Zahnstocher hineingeklemmt um den
entsprechenden Bewohner zu ärgern. Das war schlecht weil der
brachte dann den Zahnstocher als Beweisstück mit. Bei einem
Schneeball sah das natürlich anders aus, denn der zerplatzte
sowieso beim Aufprall und selbst wenn nicht, wie sollte der
geärgerte Bewohner den als Beweis sichern. Wenn man also so einen
Schneeball, am besten aus sogenanntem Pappschnee, mit Wucht auf so eine
Metallfläche mit Klingelknöpfen ballert, und dann vielleicht
einen oder zwei voll trifft, dann kann man davon ausgehen das der
betroffene Bewohner einige Zeit was hat von seiner Türglocke.
Damals wars ja üblich das die Glocke solange läutete bis der
Knopf aufgehört wurde gedrückt zu werden.
Also nix mit
Ding-Dong-Klingel sondern durchgehende Schrillklingel. Manchmal
hörte man es sogar bis raus auf den Hof. Tja, und so mancher
Bewohner eilte dann wütend heraus und wir lachten uns krumm und
bucklig. Manchmal haben wir den Bewohner auch mit mehreren
Schneebällen empfangen die wir entweder aus sicherer Entfernung
oder vom Dach des Waschhauses aus warfen. Bei einzelnen
Klingelknöpfen an den Häusern wars nicht ganz so einfach. Da
musste man exakt den Knopf treffen was so manche Würfe ausmachte.
In fast allen Fällen haben wir aber voll getroffen und wenns mal
gar nicht anders ging, dann wurde der Ball mit Wucht direkt auf den
Klingelknopf gedrückt. Die Wirkung war so ziemlich sie selbe :)
Auch bei den Einfamilienhäusern entlang der Josef-Beiser-Strasse
und der Specklstrasse war es kein Problem rechtzeitig flüchten zu
können, denn bei jedem Haus war der Weg von der Haustür zum
Eingangstor am Zaun lange genug das der Bewohner unmöglich eine
Schangs hatte uns oder einen von uns zu erwischen. Auch die ganz
normalen Schneeballschlachten die wir unter uns machten, waren nicht
schlecht. Der wo verloren hatte und am Boden lag, wir sagten damals,
der wo erobert wurde, der wurde dann so richtig schön mit Schnee
eingerieben oder bekam eine Ladung in den Kragen geschüttet.
Witzig war es auch Muster in
den Schnee zu bieseln. Man sah ja oft genug wo ein Hund hingebieselt
hatte, also wieso sollten wir das nicht auch tun? Ich weiss noch genau
wie ich mal versucht habe im Hinterhof das Wort Regina in den Schnee zu
bieseln. Allerdings konnte es dann niemand lesen, im Gegenteil,
natürlich wurden wir von irgendwem beobachtet und bald drauf gabs
dann wieder Gemecker. Im hinteren Hinterhof, also da wo der Neubau
stand, da haben wir mal angefangen ganz viel Schnee in einer Ecke
aufeinander zu schaufeln.
Der Äde aus der Metzgerei hat uns dafür zwei Schneeschaufeln
gegeben. Nach einiger Zeit hatten wir eine große Menge Schnee
beinander und wir machten uns an die Arbeit ein Loch in den Haufen zu
buddeln. Wir haben damals ein paar Tage hingearbeitet. Nachmittags
musste ich ja immer in den Kindergarten, und deswegen konnte ich nicht
immer mit dabei sein. Jedenfalls kam ich dann eines Vormittags (wenn
ich um 17 Uhr vom Kindergarten abgeholt wurde wars draussen bereits
dunkel) zu unserm Haufen und der war mehr oder weniger
eingestürzt. Regina sagte mir das da ein größerer Junge
vorbei gekommen ist und solange auf dem Berg rungesprungen ist bis er
kaputt war. Da war klar, das konnte man nicht ungestraft lassen. Nur,
wie jemand verdreschen von dem man nicht mal wusste wie er aussah und
wo er wohnte. Klar war nur, das er irgendwo in der Nähe wohnen
musste weil den Hinterhof hätte eigentlich niemand gefunden der
nicht in der Gegend wohnt. Aber wie lautet ein altes Sprichwort? Kommt
Zeit, kommt Rat. Bei der Gelegenheit fällt mir grad der Witz ein
wo ein Mann lachend an einem Fahrradständer steht. Ein anderer
fragt ihn wieso er lacht und der Mann antwortete "Man hat mir mein
Fahrrad gestohlen". Nachdem der andere dann wissen wollte was er daran
so lustig findet meinte der Bestohlene "Sprichtwort sagt: Kommt Zeit,
kommt Rad". Jaja, ich weiss schon, so witzig ist der gar nicht. Aber
wartets ab, bei der nächsten Gelegenheit wo euch jemand
erzählt das ihm sein Rad gestohlen wurde denkt ihr dran und
zumindest innerlich wird dann gekichert.
Zurück zum Schnee im Winter 1967. So nach und nach ist es dann
wärmer geworden und es wurde zum einen Frühling und zum
andern wurde mir immer öfter gesagt das ich bald in die Schule
gehen muss. Ich konnte mit Schule nicht besonders viel anfangen, ich
dachte mir nur, schlimmer wie der Kindergarten bei den Schwestern kanns
auch nicht werden. Aber bis zum Schulanfang war noch lange hin, zuerst
der Frühling, dann der Sommer, die Sommerferien die ich nicht
hatte weil ich ja noch nicht in die Schule ging. Bevors soweit war
gings jedenfalls nochmal zur Sache. Auch im Kindergarten gabs Ferien.
Sogar für die Kinder die täglich nur ein paar Stunden dort
waren. Und just zu dieser Zeit in der die Ferien anfingen kam mein
Onkel Hans und meine Tante Eva auf die glorreiche Idee, mich
mitzunehmen an den Starnberger See damit ich endlich das Schwimmen
lerne. Ich gebe zu, ich war alles, nur nicht begeistert davon. Meine
Oma und die Tante die bei uns daheim wohnte, dagegen sehr. Schon damals
fiel mir immer öfter auf, das sich Erwachsene für etwas
begeistern das dann eigentlich jemand anderer tun muss, in dem Fall
ich. Also bekam ich Schwimmflügel gekauft und zwei Badehosen und
eine Badekappe. Letztere war eigentlich unnötig weil sie sowieso
nicht gscheit gehalten hat.
Und so holte mich dann früh zwischen 7
Uhr und 8 Uhr der Onkel und die Tante ab, mit ihrem blauen VW und wir
fuhren raus nach Starnberg.
Noch dazu musste ich hinten sitzen und mir wurde doch als Kind schon
hinten immer schlecht. Also ich meine, mir wurde schlecht wenn ich im
Auto länger wie eine Viertelstunde auf dem Rücksitz sitzen
musste. Und so kam es das ich bald anfing zu jammern und zu quengeln
und das mir schlecht ist und so weiter und so fort. Die beiden schoben
das auf meine Aufregung und machten sich keine weiteren Gedanken.
Schliesslich sagte ich klar und deutlich das ich gleich schbeim muss
und da wurde es dem Onkel doch etwas mulmig, denn scheinbar wusste er
wie es ist wenn einem jemand ins Auto hineinschbeibt. Er steuerte einen
zufällig grad in der Nähe liegenden Autobahnparkplatz an, ich
stieg aus und Sekunden später legte ich eine Übergebung vom
Feinsten hin. Die Tante eilte gleich mit ein paar Taschentüchern
herbei und überprüfte ob ich mich auch nicht vollgschbiem
habe. Wir sind dann einige Zeit noch auf dem Parkplatz geblieben bis
der Onkel der Meinung war das es mir besser geht. Schon interessant wie
der wusste wie es mir geht. Tatsache war jedenfalls das ich dann vorne
sitzen durfte und die Tante musste sich hinten hinsetzen. Vorne neben
dem Onkel, direkt mit Blickkontakt zur Windschutzscheibe, das war schon
was für mich. Denn wir daheim hatten ja kein Auto. Solche Sachen
wie Sicherheitsgurte gabs damals nicht und es war mehr oder weniger
auch wurscht ob ein Kind auf dem Beifahrersitz sitzt. Die Fahrt
an sich war ab hier gar nicht so schlecht, allerdings wärs mir
lieber gewesen wenn wir nur so in der Gegend rumgefahren wären
oder ins Gebirge, aber nicht an den depperten See.
Irgendwann kamen wir dann aber doch an. Es liefen massig Leute rum,
die
meisten nur mit Badehose bekleidet. Das heisst, die Frauen
natürlich ab einem gewissen Alter mit Oberteil, bzw mit Badeanzug
oder Bikini. Mir fiel auf das mein Onkel immer schnell wegschaute wenn
eine besonders gut gebaute Dame nahe am Auto stand. Wahrscheinlich lags
daran das meine Tante, bzw. dem Onkel seine Frau, dabei war. Sonst
hätte er sicher genauer hingeschaut. Mich hat das allerdings
ziemlich wenig interessiert. Der Onkel fuhr auf einen Parkplatz und lud
alle möglichen Sachen aus. Ein kleines Klapptischchen, zwei
Liegen, ein paar Körbe mit Essen und Getränken. Schon
erstaunlich was im VW alles Platz hatte. Dann watschelten wir über
eine etwas gut betretene Wiese und der Onkel wählte einen Platz
aus. Vorher untersuchte er noch den Boden nach irgendeinem Loch.
Später stellte sich heraus das er darin den Sonnenschirm
reinstellen wollte. Den lieh er sich irgendwo am Strand aus. Eine
dritte Liege für mich lieh er sich auch noch aus. Und ich merkte
schnell das man mit der Liege ein Haus bauen kann wenn man sich auf den
Mittelteil setzt und Kopf- und Fußteil nach oben klappt. War gar
nicht so schlecht. Dann haben wir was getrunken und die Tante hat sich
bis auf den Badeanzug entkleidet, natürlich in einer der
rumstehenden Kabinen, und hat sich auf der Liege ausgestreckt. Ich hab
mir damals schon gedacht das sie angezogen wesentlich besser aussieht
wie so leicht bekleidet. Aber das war natürlich alles
Ansichtssache.
Der
Onkel brauchte keine Kabine, der hatte die Badehose schon an und zog
nur Hose, Hemd und Socken aus. Bei mir wars auch so, ich bekam ein
Handtuch umgehängt und musste mich ausziehen und die Badehose
anziehen. Tja, ich wollte mich auch auf die Liege legen aber nein, ich
musste die dussligen Schwimmflügel über die Arme ziehen die
der Onkel vorher aufgeblasen hatte. Es waren so leuchtend orangefarbene und es war nicht einmal eine Ente drauf.
Dann marschierten der Onkel und ich zum Strand. Barfuß. Die Tante
blieb bei den Sachen damit niemand was klaut. Immer näher kamen
wir dem Wasser und ich wäre am liebsten abgehaun. Unterwegs
erzählte der Onkel von den begeisterten Kindern die im Wasser
plantschen und wie schön es doch sei und überhaupt muss man
heute schwimmen können und das Wasser lieben und sich freuen wenn
man an einen See fährt. Ist ja schön wenn er sich drüber
freut, ich wär lieber daheim geblieben und hätt mich mit
Karli und Regina getroffen und wär auf Bäume und
Hausdächer geklettert und hätte Leute geärgert.
So
standen wir also direkt am Rand vom diesem dussligen See und der Onkel
begeisterte sich immer mehr für alles. Schliesslich ging er ins
Wasser und nahm mich bei der Hand und meinte, das wir jetzt nur soweit
reingehen bis mir das Wasser zu den Knien reicht. Ein vorsichtiger
Blick nach links und rechts zeigte mir, das mehrere Kinder mit
ähnlich alberner Ausrüstung herumliefen. Also war ich nicht
der einzige Nichtschwimmer.
Schliesslich ging mir das Wasser bis zu den Knien. Ich gebe zu, es war
ganz angenehm bei der Hitze. Dann sagte der Onkel, jetzt gehen wir
soweit rein bis es zum Bauch geht. Er hat mich immer noch an der Hand
gehalten. Dann stand mir das Wasser bis zum Bauchnabel. Irgendwie fand
ich es jetzt gar nicht mehr so angenehm. Dann sagte der Onkel, das er
mich jetzt loslässt und ich solle versuchen ein oder zwei Schritte
zu gehen. Und er meinte das ich nicht untergehen kann weil ich ja die
Schwimmflügel dran habe. Ich dachte mir noch, wie sollen die
beiden mickrigen Dinger im Bedarfsfall den ganzen Bertl halten. Er lies
mich los und ich bekam sofort Angst. Trotzdem ging ich ein bis zwei
Schritte vorwärts und spürte den sandigen Boden unter mir.
Manchmal auch etwas hartes, bei dem der Onkel meinte es sei nur ein
Stein, aber die sind alle ganz flach und es kann nix passieren. Das
Problem bei
der Sache war nur, ich konnte nicht sehen worauf ich ging
und was da unten alles rumlag. Ich fühlte mich überhaupt
nicht wohl. Dann nahm mich der Onkel auf den Arm und sagte, er legt
mich jetzt einfach mal aufs Wasser und ich brauch keine Angst haben
weil er seine Hände unter mir hat. Er machte es tatsächlich
und ich fühlte mich noch viel schlechter wie vorher. Ausserdem
platschte das Wasser an meinen Kopf und auch ein bissl in die Ohren.
Die ganze Prozedur dauerte und dauerte und schliesslich gingen wir
wieder raus zu unserm Platz. Die Tante wollte gleich wissen was Sache
ist und der Onkel meinte, das ich erst die Angst vorm Wasser
überwinden muss. Ich dachte mir mal wieder was die Erwachsenen
doch für einen Blödsinn verzapfen. Die Angst war ja nur
deswegen weil ich nicht sehen konnte was unter mir ist. Was wäre
denn gewesen wenn da unten Glasscherben herumgelegen hätten? Oder
ein Seeigel? Oder eine Rolle Stacheldraht?
Ausserdem spürte ich
nicht den Hauch einer Begeisterung für das alles. Jedenfalls hat
mir der Onkel dann ein Eis gekauft und die Tante ist schwimmen
gegangen. Der Onkel hat sich auf die Liege gelegt und somit war erst
einmal für unbestimmte Zeit Ruhe. Die Schwimmflügel hab ich
übrigens sofort ausgezogen und unter der Liege versteckt.
Zwischendurch liefen immer wieder plärrende Kinder durch die
Gegend und viele Leute mit sehr seltsamen Figuren und noch seltsameren
Kopfbedeckungen. Der Tag zog sich sehr in die Länge. Irgendwann
kam die Tante dann auch wieder und hat sich auch ein Eis gekauft. Im
Lauf des Tages hamma dann auch noch Brote gefuttert und ich musste noch
mehrmals in den gschissenen See mit. Schliesslich wars dann endlich
soweit das wir heimgefahren sind. Unterwegs schwärmten beide davon
wie schön und erholsam doch so ein Tag am See ist und das wir
morgen auch wieder hinfahren. WIR! Die glauben also wirklich das ich
morgen nochmal mitkomme. Endlich war ich daheim. Ich wartete bis Onkel
und Tante weg waren und dann erzählte ich das es mir gar nicht
gefallen hat und das es langweilig war und das ich lieber daheim
bleiben möchte.
Doch daraus wurde nix, ich sollte mich auch hier freuen und es
schön finden und Tags drauf zwischen 7 und 8 erschien wieder der
Onkel. Einzig mein Vater hatte Verständnis für mich, aber der
ging ja in der früh in die Arbeit und war nicht daheim. Und wieder
fuhren wir an den Starnberger See und wieder wurden die Liegen
aufgestellt und wieder muste ich diese bescheuerten Schwimmflügel
anziehen und wieder musste ich mir anhören wie schön es doch
sei und wie schön das Wasser ist und überhaupt. Als kleiner
Junge hat man eben keine Rechte. Man darf nicht das sagen was man
eigentlich sagen will, weil man dann gleich Ärger bekommt weil man
angeblich frech und vorlaut ist. Also log ich denen das vor was sie
hören wollten und schmiedete einen Plan wie ich mich am
nächsten Tag vor dem Mitfahren drücken konnte. Das es
greiliges Wetter geben würde konnte ich vergessen, denn damals
waren die Sommer eben richtige Sommer. Meine Schwimmkünste die ja
eigentlich überhaupt nicht vorhanden waren, besserten sich
keinesfalls. Ich kam mir blöd und albern vor auf dem Bauch
liegend, gehalten vom Onkel mit zwei grellen, orangefarbenen
Schwimmflügel im Wasser rumzupaddeln und so zu tun wie wenn. Mein
Onkel meinte aber, er hat seine Hände zwischendurch weggetan und
ich bin nicht untergegangen. Keine Ahnung ob er das ernst gemeint hat
oder nicht. Jedenfalls haben wir dann endlich das Wasser verlassen und
ich durfte mir ein Eis aussuchen. Und siehe da, an dem Kiosk gabs
ausser Eis und Getränken und Zeitungen auch Comic-Hefte zu kaufen.
Und was stach mir da ins Auge?
Ein dickes Buch mit Dagobert Duck und
Donald Duck, welches das erste Taschenbuch mit dem Titel "Der
Kolumbusfalter" war. Ich weiss nicht mehr genau was es gekostet hat,
ich glaub um die 2 Mark rum. Für mich war klar das ich dieses Buch
unbedingt haben musste. Und so fing ich an meinen Onkel zu nerven und
dann meine Tante. Aber ausser schlauen Sprüchen wie "lerne lieber
schwimmen" oder "wenn du schwimmen kannst" kam nicht viel rüber.
Dafür hab ich in weiser Voraussicht aber eines der teuersten
Eistüten genommen die es damals gegeben hat. Nachdem auch dieser
nervige Tag endlich rum war fuhren wir wieder heim. Daheim die selbe
Litanei wie gestern, wie ich mich doch freuen solle und so weiter und
so fort. Meinem Vater hab ich erzählt vom Kolumbusfalter und das
ich das so gerne haben möchte. Der redete nicht lang drum rum und
gab mir sofort 2 Mark damit ich mir das Heftl kaufen konnte. Ich freute
mich sehr, aber es bedeutete auch, das ich Tags drauf mehr oder weniger
freiwillig wieder mit an den See fahren musste.
Auf die Idee, das es das Buch ja auch am Ostbahnhof geben könnte, auf die Idee bin ich leider nicht gekommen.
Und wieder war es
zwischen 7 und 8 Uhr als der Onkel kam, und wieder lagen die Liegen da
und wieder bekam ich die Schwimmflügel und wieder hörte ich
schlaue Sprüche. Bei der ersten Gelegenheit bin ich jedenfalls zu
dem Kiosk gelaufen und hab mir das Taschenbuch gekauft. Noch nie zuvor
hatte ich so ein dickes Comicheftchen, eigentlich Comicbuch gehabt. Ich
war mächtig stolz drauf. Ich wollte mich dann gleich auf die Liege
haun und lesen, aber meine Tante keiferte gleich los das hier nicht
rumgelegen und gelesen wird sondern ins Wasser gegangen wird. Und so
kam wieder das Übliche und der Onkel verlor ganz ganz langsam die
Geduld, versuchte aber immer noch alles um mich zu begeistern.
Scheinbar hat er es irgendwann dann doch kapiert das ich einfach mehr
Zeit brauche und dann hat er mit mir Tischtennis gespielt. Das war auch
mein erstes Mal. Ich hab zwar meistens danebengehaun und den Ball nicht
getroffen, aber witzig wars schon. Einmal hab ich den Ball dann doch
getroffen. Und zwar voll. Der flog durch die Luft und landete exakt auf
dem Bauch einer in der Sonne bratenden jungen Dame, die etwas
erschrocken zuckte und sich dann das Handtuch vom Gesicht nahm und sich
aufsetzte. Mein Onkel ging hin und erklärte die Situation. Ich kam
auch daher und die junge Dame fand mich recht süß und
schenkte mir ein paar Lutscher. Das waren die kleinen roten die nach
Kirsche schmecken und so einen grünen Stiel haben. Wir haben dann
noch ein bissl gespielt und sind dann wieder zum Platz gegangen. Meine
Tante ist schwimmen gegangen und der Onkel hat sich auf die Liege
verfrachtet. Endlich war der Weg frei für mein Duck-Büchlein.
Nach wenigen Seiten kam aber wieder die Tante und redete dumm daher,
das ich lieber Schwimmen lernen soll als wie lesen. Lesen konnte ich ja
schon und ich war der Meinung, das war viel wichtiger. Während der
Heimfahrt schmiedete ich dann einen Plan das ich am nächsten Tag
nicht wieder mitfahren muss. Was bot sich da besser an als wie das
berühmte Bauchweh und das schlecht werden, welches ich im Notfall
bis zum Erbrechen, also bis zum Schbeim, treiben konnte. Also stand ich
tags drauf frühzeitig auf, so gegen halb 6 in der Früh, ging
brav in die Küche und meine Oma kochte mir einen Kaba, mein Vater
machte sich grad fertig um in die Arbeit zu gehen. Meine Tante, also
die wo bei uns in der Wohnung wohnte, war auch noch da. Tja und dann
fing ich so langsam an das ich irgendwie ein komisches Gefühl im
Bauch habe und das es mir gar nicht so gut geht. Hatte alles noch nicht
die richtige Wirkung. Glücklicherweise hat mir der Jugo-Sepp schon
vor längerer Zeit verraten, das wenn man einen Schluck
Kondensmilch trinkt, kurz wartet und dann den Finger in den Hals
steckt, man sich relativ schnell übergeben muss und das dann auch
meist alles gleich mit rauskommt was sonst noch so im Magen drin ist.
Kondensmilch hatten wir, die stand sogar auf dem Tisch. Und wie meine
Oma grad rausging und meine Tante nicht aufgepasst hat, da hab ich die
Kondemsmilchbüchse genommen und mir ordentlich was in den Mund
laufen lassen. Boah schmeckte das grätzig. Ich schluckte vor
Schreck gleich alles runter und kurz drauf war mir echt sauschlecht.
Dann kam meine Oma rein, ich stand auf und stellte mich mitten in die
Wohnküche, allerdings da wo das Linoleum war, schob den Finger in
den Hals und es hat mich dermassen gewürgt. Gleich drauf hab ich
dann echt gschbiem. Die Milch, den Kaba und das Brot was ich gegessen
habe. Danach hats mich noch etwas nachgewürgt. Der Effekt war
wesentlich stärker wie ich mir dachte, aber es hatte seine
Wirkung. Ich hab dann gleich gejammert und bin wieder ins Bett
gegangen. Meine Oma meinte, wenn ich sogar freiwillig wieder ins
Bett gehe, dann muss es mir echt schlecht gehen. Tja, so kams das mein
Onkel dann ohne mich loszischte und ich und der Kolumbusfalter lagen im
Bett und genossen den Tag, auch wenn mir noch etwas schlecht von
der Kondensmilch war.
Das ich den ganzen Tag die Wohnung nicht
verlassen durfte war kein Problem, denn zum einen hatte ich ja das Buch
und zum andern kam mein Vater etwas früher heim wie sonst, und wie
der hörte das ich krank bin ist er gleich runter ins
Schreibwarengeschäft (zur Ilse) und hat mir ein paar
Malbücher gekauft. So gegen Abend war ich mir dann nicht mehr so
sicher ob er mir das geglaubt hat mit dem krank sein, ich glaube, er
hat dann schon irgendwie durchgeblickt das ich eine Show abgezogen
habe. Gesagt hat er allerdings nichts. Abends kam dann die Frau von der
Metzgerei im haus zu uns rauf und hat gesagt, das der Onkel am Telefon
ist und doch bitte jemand runterkommen möchte. Da hatten wir
selber noch kein Telefon in der Wohnung, was sich aber in den kommenden
Tagen dann ändern sollte. Meine Oma ging runter und kam dann
wieder rauf und meinte, das für die nächsten Tage
schlechteres Wetter angesagt wurde und das wir da nicht an den See
fahren können. Welch eine frohe Botschaft :-)
Die Seefahrerei hat sich dann eh erledigt gehabt für den Rest des
Jahres. Denn so langsam aber sicher wurde es dann ernst mit der Schule
und ich musste zur Schuleinschreibung.
Weit war der Weg nicht, die Schule war ja, wie schon erwähnt,
gleich gegenüber. So genau erinnere ich mich nicht mehr daran,
aber bald drauf habe ich dann den Anfangs erwähnten Schulranzen
bekommen den meine Oma beim Schiele gekauft hatte.
Bevors mit der Schule aber losging bekamen wir endlich unser Telefon.
Wie gesagt, es war durchaus üblich das es in manchen Häusern
nur ein einziges Telefon gab welches meist einem der
Geschäftsleute gehörte. Es erschien ein Mann von der Post,
mit einer großen Tasche und einer Rolle grauem Kabel. Der schloss
dann das Telefon an und legte die Leitung und ich schaute interessiert
zu was er macht. Wie er dann fertig war schenkte er mir ein paar
Kabelreste und meiner Tante gab er ein Telefonbuch und die
Gebrauchsanweisung für das Telefon und ein paar gute
Ratschläge. Nachdem alles geprüft und getestet wurde ging der
Mann wieder und ich konnte es kaum erwarten bis der erste Anruf kam. Ich
weis noch genau welche Telefonnummer wir damals bekommen habe. Die
Nummer gibts scheinbar heute noch unverändert, denn 2008 habe ich
einmal angerufen und da hat sich meine Tante, also die wo bei uns
wohnte, gemeldet. Zu dem Thema dann ganz viel später noch einiges.
Von der Post bekamen wir eine Menge Karten geschenkt, in die man seine
Telefonnummer eintragen konnte und kostenlos an alle möglichen
Leute verschicken konnte. Ich wollte unbedingt der Regina und dem Karli
eine schicken. Das war zwar
eigentlich sinnlos, weil wir uns eh fast jeden Tag gesehen
haben, aber trotzdem bestand ich drauf und es wurde dann auch gemacht.
Und siehe da, ein oder zwei Tage danach bestätigten beide das die
Karte angekommen sei.
Das Telefon reizte natürlich zum
ausprobieren und es war sehr interessant für mich. Es war so ein
hellgraues mit einer Wählscheibe. In der Mitte der
Wählscheibe war so ein Dings zum rausdrehen wo man ein rundes
Papier hineinlegen konnte auf dem oben die Nummer der Polizei, in der
Mitte die eigene Nummer und unten die Nummer der Feuerwehr stand. Zum
Ausprobieren durfte ich dann einmal den Karli anrufen und einmal den
Onkel und die Tante, die vom See. Die hatten bereits ein Telefon. Ich fands einfach
super und war voll begeistert. So begeistert das ich eines Tages wie
ich fast allein in der Wohnung war, fast deswegen weil zwar meine Oma
daheim war, aber die hielt Mittags immer ein kleines Schläfchen,
das Telefonbuch herausholte und anfing der Reihe nach alle Leute
anzurufen wie sie im Buch standen. Ich weiss nicht mehr ob ich jedem
was erzählt habe, wahrscheinlich hab ich nur irgendwelchen
Blödsinn gesagt, aber es war schon recht lustig wie sich manche
aufregten, andere sich freuten und sich mit mir unterhalten haben und
einige scheinbar nicht daheim waren weil keiner abgehoben hat.
Jedenfalls stand plötzlich meine Oma in der Tür und sah mich
wie ich grade mit dem Hörer in der Hand irgendwelche Nummern
wählte. Sie nahm mir dann das Telefon weg und schimpfte ein bissl,
das ich das lassen soll und überhaupt. Abends wars natürlich
Hauptthema das "der Bua in da Gegend rumtelefoniert hat". Mein Vater
fands eher lustig, meine Tante machte sich mächtig wichtig und
meine Oma hat sich auch bald wieder beruhigt.
Bald drauf kam ich dann
auf die Idee, das man ja auch Leute anrufen kann die nicht in
München wohnen sondern in Amerika oder in Japan oder in Pinneberg oder sonst
irgendwo. Der Mann von der Post hatte ja auch noch ein
Vorwahlbüchlein dagelassen. In dem waren sämtliche
Vorwahlnummern von Deutschland drin und im hinteren Teil sogar
weltweit.
Mei war das interessant zu lesen wen man alles anrufen kann.
Und so kam ich dann auf die Idee alle möglichen Vorwahlen
auszuprobieren und an die Vorwahl die eigene Telefonnummer zu
hängen. Manchmal gabs entweder keinen Anschluß oder es war
ein Besetztzeichen zu hören und manchmal war da auch
plötzlich irgendeine Stimme die irgendwas von einem Fernamt sagte.
Oft bekam ich aber auch eine Verbindung. Meistens verstand ich nicht
was die Leute am Telefon sagten, mit Ausnahme der Engländer und
der Amerikaner, da konnte ich schon ein paar Worte verstehen und
natürlich auch übersetzen. Nicht umsonst lauschte ich bereits
oft und gern den Rock'n'Roll Platten von meinem Vater, wo manchmal auch
der Text drauf stand.
Was ich sehr lustig und interessant fand, das
fanden Oma, Tante und Vater weniger interessant wie dann die
erste Telefonrechnung in den Briefkasten flatterte. Ich weiss zwar
nicht mehr wie hoch sie war, aber sie schien hoch genug gewesen zu sein
das meine Tante tags drauf bei der Post anrief und nachgefragt hat ob
das wirklich in Ordnung ist. Und da erfuhr sie dann das mehrere
Auslandsgespräche geführt wurden und auch viele
Ortsgespräche und das es sich eben zusammenläpperte. Tja, und
da kam dann das Thema wieder auf das ich ja in der Gegend
rumtelefoniert hatte. Mir blieb nichts anderes übrig als alles
zuzugeben. Am meisten geschimpft hat meine Tante. Meine Oma hat sich am
nächsten Tag wieder beruhigt und mein Vater hats eher locker
gesehen. Jedenfalls bekam das Telefon relativ schnell ein
Telefonschloss und ich die Androhung ein paar auf die Finger zu
bekommen wenn ich das Telefon auch nur antasten sollte.
Nun ja, wie der
Karli und ich ja schon früher feststellten, ist ein Telefonschloss
nicht unbedingt ein Grund niemanden anrufen zu können. Das kurze
draufdrücken auf die Gabel in unregelmässigen Abständen,
und ausserdem konnte man die 1 und die 2 am Telefon trotz Schloß
wählen. Und so kam dann doch wieder einiges an Einheiten zusammen
die sich auf der kommenden Rechnung zeigten. Wieder schimpfte meine
Tante, diesmal aber nicht auf mich, denn ich konnte es ja nicht gewesen
sein. Die Post war schuld, einwandfrei.
Und wieder rief sie bei der
Post an und beschwerte sich und wieder bekam sie zu hören das eben
sehr viele Orts- und Nahgespräche geführt wurden.
Mein Vater war überzeugt davon das ich schuld bin. Aber er konnte
nichts beweisen. Ich habe mich dann selber verraten wie ich ihm
erklärt habe, wie man im Notfall die Feuerwehr anrufen kann
wenn das Telefonschloß dran ist und man den Schlüssel nicht
findet. Die heute bekannten Einzelverbindungsnachweise wo draufsteht
wann welche Nummer gewählt wurde gab es damals zum Glück noch
nicht.
Nachdem die Telefoniererei dann nicht mehr so interessant
für mich war, wurde das Telefon selber interessanter. An der
Unterseite des Telefons waren ausser Schrauben und ein paar Aufklebern
auch ein kleiner Drehknopf. Der Drehknopf war so eingestellt das der
Pfeil auf eine große Klingel zeigte die im Plastik eingestanzt
war. Ich drehte ihn dann so hin das er auf eine kleine Klingel zeigte.
Was das bedeutete bekam ich dann einige Tage später raus, wie mein
Onkel zu Besuch war und fragte, wieso tagelang niemand ans Telefon geht
obwohl er es lange klingeln lassen hat. Ich lernte daraus, je weiter
der Pfeil an die kleine Glocke zeigt, umso leiser wird die Klingel des
Telefons. Ich konnte ihn dann grade noch rechtzeitig auf die
große Glocke stelle bevor jemand was bemerkt hat. Und so kams,
das ich bis heute keinen Ärger bekam wegen der Sache weil es nie
jemand erfahren hat.
Ausser der Karli. Dem hab ich es gesagt und bei
denen ihrem Telefon war auch so ein Pfeil drunter. Und auch er drehte
ihn dann von der großen auf die kleine Glocke. Was genau dann los
war bei denen in der Wohnung weiss ich nicht, aber der Karli hat
gesagt, das er ein paar Watschen bekommt wenn er das Telefon nochmal
anlangt.
So langsam aber sicher hiess es dann Abschied nehmen vom
Kindergarten, der mir wider Erwarten die letzten paar Monate doch noch
ganz gut gefallen hat.
Der erste Schultag kam immer näher. Und da ich mir unter "in die
Schule gehen" noch nicht besonders viel vorstellen konnte, machte ich
mir auch keine großartigen Gedanken darüber. Irgendwie
freute ich mich sogar ein bissl darauf den Schulranzen
auszuführen. Der war allerdings noch komplett leer. Was mir aber
doch noch Gedanken bereitete war, das ich im Kindergarten meist
Nachmittags für ein paar Stunden war, in der Schule aber schon
Vormittags sein musste und bis etwa Mittag drinbleiben musste. Mein
Vater meinte, das ist nicht so schlimm, weil meistens hast du dich mit
deinen Spezln eh erst am Nachmittag getroffen". Ja, wo er recht hatte, da
hatte er recht. Einige Tage vor dem ersten Schultag war dann noch ein
ganz beschissener Tag. Da musste ich mit meiner Tante in die Stadt
fahren und mir wurden Klamotten gekauft die ich dann am ersten Schultag
anziehen sollte.
Und ja, es gibt auch ein Bild davon, sobald ich finde
scan ichs ein, bzw. es wird wahrscheinlich schon sichtbar sein wenn die
Schreiberei hier noch lange nicht fertig ist.
Ich meine, es ist ja ganz
o.k. wenn ein junger Knabe, also ich, neue Hosen, ein Hemd und so
bekommt weil er in die Schule geht. Was aber ganz und gar nicht o.k.
ist, ist das andere, in dem Fall meine Tante und ich glaube es war
irgendein Verkäufer beim Hirmer oder beim Hettlage, das aussuchen
was ich dann anziehen soll, egal ob ich mich drin wohlfühle oder
nicht. Das war dann wieder so ein Fall wo Erwachsene über ein Kind
bestimmen was es anzuziehen hat. Aber gut, 1967 waren die Outfits eben
anders wie in den 70gern oder gar dann im Jahr 2000 und später.
Noch viel schlimmer als wie die Klamotten war, das ich schon wieder zum
Friseur gehen musste. Diesmal hab ich mich aber erfolgreich geweigert
zu dem Friseur in der Sebastian-Bauer-Strasse zu gehen. Nein, diesmal
hab ich meinen Kopf durchgesetzt und bin zum Nobbe gegangen. Allerdings
blieb auch dem nichts anderes übrig als wie ganze Arbeit zu
leisten. Sprich, Kurzhaarschnitt. Es sah aber immer noch besser aus wie
der Schnitt den mir der andere verpasst hatte. Übrigens ging
der Karli inzwischen auch
in den Kindergarten. Auch in den nebem dem
Pfarrsaal. Die Regina ging soweit ich mich erinnere nicht in den
Kindergarten. Und beide beneideten mich irgendwie das ich bald in die
Schule gehen werde.
Ja, und dann war es soweit. Welcher Tag genau es war weiss ich nicht
mehr, aber es war ein wunderbarer, sonniger Sommertag, an dem mich
meine Oma um 7 Uhr aus dem Bett beförderte und mir freudig
mitteilte, das ich heute zur Schule gehen darf. Mein Vater
wünschte mir auch recht viel Spaß bevor er in die Arbeit
ging. Laut Vorschrift musste jedes Kind am ersten Schultag mit
irgendeinem Erziehungsberechtigten kommen und einen Block oder ein Heft
mitbringen wo dann aufgeschrieben wurde was man alles für die
Schule benötigt. Ich glaube, das ich von allen Erstklasslern mit
Abstand den kürzesten Schulweg hatte. Ich brauchte etwa eine
Minute vom Ausgang unseres Hauses bis zum Eingang vom Schulhaus.
Normalerweise. Da wäre ich auch einfach über die Strasse und
die Bachbrücke gelaufen und über die Anlage. Da mich aber
meine Oma begleitete gingen wir brav bei der Ampel über die
Strasse und da kamen dann schon 5 Minuten zusammen bis wir vor dem
Schultor standen. Der Vorteil bei der ganzen Schulgängerei war,
das ich eine große Schultüte bekam wo massig Schokolade und
Süssigkeiten drin waren. Die durfte ich aber nicht schon vorher
essen, sondern erst wie ich dann den ersten Schultag erfolgreich hinter
mich gebracht habe. Es war eine weisse Schultüte mit irgendwelchen
Zeichnungen drauf. Oben hatte sie einen blauen Rand und unten eine
blaue Spitze. Jeder Erstklassler hatte eine Schultüte dabei. Bei
manchen war die Tüte größer wie der Schüler
selber. Interessant fand ich auch, das ich so manchen Knaben und
manches Mädel entdeckte, welche ich vom Sehen auf der Strasse
kannte. Irgendwie war ich gespannt mit wem ich alles in die selbe
Klasse gehen werde. Bei der Gelegenheit fällt mir ein, das ich
auch noch einige Klassenfotos rumliegen habe, die ich natürlich
auch veröffentlichen werde.
Ja und dann gings los, ab ins
Schulhaus und herausfinden wer in welche Klasse musste. Es war ja nicht
so das es nur eine erste Klasse gab, es waren glaube ich zwei oder drei
erste Klassen. Wenn man bedenkt das die einzelnen Klassen damals bis zu
über 40 Schüler unterrichteten, dann war schon einiges los im
und vor dem Schulgebäude. Nach einigem hin und einigem her, war
dann schliesslich jeder in seiner Klasse und der Lehrkörper, in
meinem Fall eine Lehrkörperin, eine Frau Eichberger (mit kurzen,
hellbraunen Haaren und Brille, langem Rock und flachen Schuhen, etwa 30
bis 35 Jahre alt), erschien am Pult und zog eine Liste aus ihrer
Aktentasche heraus. Dann begrüßte sie Schüler und
Begleitpersonen und las viele Namen vor. Jeder der vorgelesen wurde
sollte die Hand geben (damals hiess es, den Finger heben) und "Hier"
sagen. Irgendwann kam ich dann an die Reihe und ich hob die Hand und
sagte "Hier". Nachdem dann alle vorgelesen wurden und genau
aufgeschrieben wurde wer nicht da war, erzählte die Lehrerin was
alles nötig sein wird damit man am Unterricht teilnehmen konnte.
Also was alles an Heften gebraucht wird, Stifte, Radiergummis und so
weiter. Damals benutze man in den ersten Klassen (übrigens auch in
den zweiten) noch Griffel und Schiefertafel. Damals wars
also absolut üblich das man so manchen Schüler sah, bei dem
links oder rechts am Schulranzen eine Schnur heraushing an der der
Schwamm für die Tafel hing und lustig in der Gegend herumbaumelte.
Interessant war auch, das fast alle Schwämme entweder orangefarbig
oder grün waren. Meine Oma schrieb alles genau auf, weil ich
konnte ja noch nicht so gut schreiben. Das heisst, ich konnte schon
schreiben, nur es konnte niemand lesen was ich geschrieben habe :-)
Ich
erinnere mich noch ganz genau das wir ausser den Infos was wir alles
brauchen auch noch ein Gedicht von der Lehrerin vorgelesen bekamen, mit
dem Hinweis, wir sollten versuchen uns bis zum nächsten Tag soviel
wie möglich von diesem Gedicht zu merken. Es ging darin um ein
Hendl das einen Gummibaum gefressen hat und einige Tage später
dann statt einem Ei einen Gummiball gelegt hat. Der erste Schultag war
relativ kurz, um 10.15 Uhr durften wir dann schon wieder heimgehen. Vor
dem Schulgebäude wurden dann einige Fotos gemacht. Da gibts eins,
auf dem bin ich zu sehen, zusammen mit meiner Schultüte und meinem
Klassenkamerad Orfeo Pompili (das war übrigens der, wie sich dann
herausstellte, der oben an der Josef-Beiser-Strasse direkt in dem alten
Haus wohnte wo daneben die Schmidbauer-Kräne standen) und ein
gewisser Robert ist auch noch mit drauf. Mit dem Orfeo hab ich bald
drauf Freundschaft geschlossen und wir haben im Lauf der Zeit auch so
einiges angestellt. Allerdings ging dann so im Alter von 13/14 Jahren
alles wieder auseinander weil doch jeder andere Interessen entwickelte.
Eigentlich schade, denn er war ein echt super Kumpel. Mit dem Robert
eigentlich nicht, der hat mich allerdings einige Monate später
einmal beim Lehrer verpetzt weil ich im Winter am Samstag die Schule
geschwänzt hatte und er mich gesehen hat.
Ja, damals war auch am
Samstag Schule. Zumindest an fast jedem Samstag. Und dann meistens nur
bis 10.15 Uhr oder 11.25 Uhr. Ich habs nie verstanden wieso man wegen
gut 2 bis 3 Stunden am Samstag extra die Wohnung verlassen muss um sich
die Geschichten des Lehrkörpers anzuhören. Irgendwann wurde
die Schule am Samstag dann ganz abgeschafft.
Auf dem Bild sieht man übrigens recht gut das dem Orfeo seine
Schultüte größer war wie er selber. Wie dem auch sei,
der erste Schultag wurde erfolgreich beendet, ich, meine Oma und meine
Schultüte gingen heim. Der Orfeo und seine Mutter waren auch dabei
und unterwegs haben wir gleich ausgemacht das ich ihn bald besuchen
werde. Seine Mutter war übrigens auch eine sehr nette Frau.
Nachdem die Schultüte daheim angekommen ist und ich mich dann auch
gleich drüber hergemacht habe, hat meine Oma gesagt, das wir jetzt
noch ins Schreibwarengeschäft gehen um die Schulsachen zu kaufen.
Da ging ich natürlich mit, weil man weiss ja nie ob sonst
vielleicht etwas vergessen wird. Wir gingen zur Ilse. Die war leider
nicht da, nur deren Mutter, und die war rein gar nicht mein Fall. Aber
egal. Meine Oma las vor was wir brauchen und der Stapel auf dem Tisch
wurde immer höher und breiter.
Ich bekam unter anderem ein Federmapperl und einen blauen
Pelikan-Füller. Einige Buntstifte und Filzstifte waren schon in
dem Federmapperl drin. Keine Ahnung wieso ein Federmäppchen
Federmäppchen heisst wo doch gar keine Federn drauf oder drin
sind. Eine Schiefertafel hatte ich bereits, aber einige neue Griffel
bekam ich. Und beinahe hätte ich auch noch eine auf selbige
bekommen, weil ich ja immer noch etwas mehr wollte wie eigentlich auf
dem Zettel stand. Also bekam ich zusätzlich zum kleinen, roten
Radiergummi noch einen mit einem hellblauen Gehäuse. Da konnte man
auf der einen Seite Bleiftift und auf der anderen Tinte radieren.
Allerdings stellte ich bald fest das man mit der Seite mit der man
Tinte radieren konnte, auch sehr leicht die Seite von seinem Heft
durchlöchern konnte. Trotzdem war so ein Radierer in und viele
hatten einen solchen.
Bei den Füllern gabs übrigens auch
welche von GeHa. Die waren zwar auch nicht schlecht, aber der Pelikan
gefiel mir schon vom Namen her besser. Irgendwie bilde ich mir ein das
die sogar Pelikano geheissen haben. Im Lauf der ersten paar Schuljahre
kamen dann immer neuere Füller auf den Markt. Mit anderen
Patronen, Federn und Farben. So musste ich relativ bald zum blauen
Pelikan-Füller noch einen roten Pelikan-Füller haben, weil
man braucht ja einen für die blaue Tinte und einen für die
rote Tinte, so hab ichs daheim erklärt. Und meine Tante, die
damals einen Job als Sekretärin hatte, ich glaube sie hat damals
beim Stahlgruber gearbeitet, hat bestätigt, das es nicht gut ist
wenn man eine rote Patrone in einen Füller steckt der
normalerweise mit einer blauen Patrone betrieben wird, weil die Farbe
dann ziemlich greislig wird. Tante hin oder her, ich bekam den roten
Füller jedenfalls. Später gabs dann auch noch Patronen in
schwarz und in grün, also mussten wieder zwei Füller her. Bei
grün war klar das nur ein GeHa in Frage kommt, die waren auch
immer grün. Bei schwarz gabs Probleme, aber da kam dann der dritte
Pelikan her und ich musste halt vor dem Schreiben dann immer kurz auf
einem Blatt ausprobieren obs der blaue oder der schwarze war. Mit
Füllern war ich bis zum Ende der 9.Klasse bestens
ausgerüstet. Ja und massig Hefte wurden gebraucht. Bis dahin
wusste ich gar nicht wieviele unterschiedliche Hefte es eigentlich gab.
Linierte und karierte war klar, auch die ganz weissen mit einem
Beiblatt, das auf der einen Seite Linien und auf der anderen Karos
hatte war klar, aber da erfuhr ich dann das es auch Notenhefte gibt,
die echt so gedruckt sind das man im Musikunterricht Noten hineinmalen
konnte. Der Wahnsinn. Dann gabs noch welche wo die Linien weiter
auseinander waren, welche mit kleinen und großen Karos, und und
und. Und an dem Tag erfuhr ich auch was ein Oktavheft ist. Ein kleines
Heft, wo der Lehrkörper dann später die Hausaufgaben
eintragen liess die zu machen sind. Manchmal kam später auch eine
Bemerkung des Lehrers hinein wenn ich unangenehm aufgefallen bin. Dazu
aber später dann mehr.
Dann bekam ich noch ein schönes Holzlineal und viele bunte
Einbände für die Hefte und eine Rolle Klarsichteinband
für die Schulbücher die wir in Kürze bekommen
würden.
Ach ja, einen Malkasten mit Extra-Deckweiss bekam ich auch noch, und
einen Tonnenspitzer. Alles schöne Sachen, ich war eigentlich ganz
begeistert, denn wie schon erwähnt ham der Karli und ich ja auch
gern Post oder Büro gespielt. Doch diesmal wars ernst, diesmal
wars für die Schule. Im Lauf des Nachmittags hab ich dann
herumerzählt wie es Vormittags war, und dann bin ich hinauf zum
Orfeo gegangen. Ich fand zwar die Haustüre, aber ich fand keinen
Klingelknopf. Irgendwann sah ich dann an einem Fenster ein Gesicht das
gleich wieder verschwand und an der Türe auftauchte, die gerade
geöffnet wurde. Es war die Mama vom Orfeo und sie hat gesagt das
ich einfach reinkommen könne wenn ich in der Nähe bin. So war
das also, man konnte hier kommen und gehen wie man wollte. Auch nicht
schlecht. Der Orfeo war auch grade dabei seine neuen Schulsachen zu
inspizieren und zu testen.
Er hatte übrigens auch einen Pelikan-Füller und seine Mama
kochte uns einen Kakao. So langsam wurde es dann dunkel draussen. Mein
Vater hat immer gesagt, wenns anfängt dunkel zu werden hab ich
daheim zu sein. Also marschierte ich los. Daheim wurde ich dann wieder
mit guten Ratschlägen überschüttet wie wichtig doch die
Schule sei und überhaupt muss ich was lernen damit später
einmal was aus mir wird. Diesen Satz "damit einmal was aus dir wird"
habe ich in den folgenden Jahren sehr oft gehört. Mancher Lehrer
meinte nach einigen Jahren allerdings "aus dir wird nie was". Dazu dann aber auch später noch desöfteren ein paar
Sätze. Tja, so wurde dann der Schulranzen gepackt und am
nächsten Tag haute mich meine Oma wieder sehr früh aus den
Federn mit ein paar freundlichen Worten "Aufschdeh! Sunst kimmst
z'schbäht in d'Schui!"
Viele Jahre später erlebte ich dann
ähnliches bei der Bundeswehr. Aber egal, aufgestanden, rein in die
Klamotten, den Kakao gesüffelt, das Ränzelchen geschultert
und ab in Richtung Schule. Heute waren nur noch bei einigen wenigen
Kindern die Erziehungsberechtigten mit im Klassenzimmer. Allerdings
wurde fast jeder der Schüler bis vor die Schule begleitet von
seinen Eltern. Kurz nach 8 Uhr waren dann alle brav im Klassenzimmer
versammelt und die Lehrerin, die Frau Eichberger, war auch schon da.
Wieder las sie die Namen vor und wieder meldete sich jeder brav.
Ausserdem sagte sie auch, das sie darum bittet ab morgen die Kinder
alleine in der Klasse zu lassen damit sie nicht zu sehr abgelenkt
werden durch die Anwesenheit der Eltern. Ich erinnere mich noch ganz
genau daran das im Lauf der Stunde so gut
wie alle Eltern dann seltsamerweise das Klassenzimmer verlassen haben.
Und siehe da, mancher Schüler fing an zu weinen weil Mama oder
Papa weggegangen sind. Naja, ich hatte schon Verständnis weil ich
hab ja eine ähnliche Show im Kindergarten abgezogen. Jedenfalls
hat sich die ganze Klasse dann doch irgendwann beruhigt und wir gingen
durch verschiedene Räume um unsere Bücher in Empfang zu
nehmen. Welche das genau waren weiss ich heute natürlich nicht
mehr, aber es war ein Lesebuch dabei, ein Gesangbuch, ein Rechenbuch
und ich glaube noch irgendeins wo Heimatkunde draufstand. Zurück
in der Klasse wurde dann bei jedem der Name eingetragen und das
Schuljahr. So gut wie keiner von uns konnte seinen Namen alleine
schreiben. Dann durften wir noch ein bissl in den Büchern
herumblättern und bald drauf war auch der zweite Schultag
erfolgreich beendet. Was habe ich an diesem Tag gelernt? Genau, der
Schulranzen wird immer schwerer je mehr Bücher man hineinpackt.
Daheim hat meine Oma dann meine Schulbücher eingebunden damit sie
nicht versaut werden. Bei der Gelegenheit hab ich dann auch in dem
Gesangbuch herumgeblättert. Allein schon das Bild auf der
Vorderseite reizte zu Lachkrämpfen. Da waren ein paar blond
gelockte Deppen drauf, die irgendwelche Blätter in der Hand
hielten und Grimassen zogen. Das sollten drei Sänger darstellen.
Oben drüber stand "Wir
kleinen Sänger". Der Hammer waren aber die Auswahl der Lieder in
dem Buch. Mal abgesehen das ich so gut wie keins kannte, es waren teils
schwachsinnigste Titel und Texte. Irgendwelche Kinderlieder aus der
Zeit des frühen 19hundertnochwas, teils noch älter. Meine Oma
kannte fast alle, aber die war ja zum einen schon viel älter wie
ich und zum anderen waren viele dieser Lieder damals absolut "in" wie
sie in die Schule ging. Ich hatte jedenfalls meine Probleme, denn
ausser Songs wie "Hänsel und Gretel" oder "Wer hat die Kokosnuss
geklaut" kannte ich so gut wie nix. Keine Lieder von Bill Haley, Little
Richard, Fats Domino, Chuck Berry oder Jerry Lee Lewis. Nicht mal eins
von Elvis, wo der doch auch anderes wie Rock'n'Roll geträllert
hat.
So, zurück zu den Heften und Büchern. Mit viel Liebe hab
ich dann das Federmapperl eingeräumt und mich gewundert was man
mit so komischen dreieckigen und halbkreisförmigen Linealen wohl
macht. Irgendwie sah das ganze Zeugs schon nach was aus, wenn man es so
vor sich sah, mit den farbigen Einbänden. So kam dann
Tag drei meines Schülerlebens und von Tag zu Tag wurde mehr von
mir verlangt. Da gings ans Zeichnen. Zeichenblock hatten wir
natürlich auch bekommen, einen kleinen und einen großen.
Unterschiedliche DIN-Formate, aber ehrlich gesagt, bis auf DIN-A4 ist
mir keins dieser Formate im Gedächtnis geblieben. Wir lernten also
zeichnerisch die einzelnen Buchstaben des Alphabets.
Frau Eichberger
fand für jeden Buchstaben ein Wort, das damit anfing. Das alles
natürlich zurechtgeschustert für Kinder der ersten Klasse
Volksschule. Es war also klar das bei dem Buchstaben F nicht so schwere
Worte wie Fotomolekularduplikator verwendet wurden, sondern Fisch. Sie
malte einen Buchstaben nach dem anderen an die Tafel. Jeweils in
groß (A) und in klein (a). Zu jedem sagte sie ein bestimmtes
Wort, meistens einen Tiernamen, und wir mussten dann auf einem Blatt
des großen Zeichenblocks die Buchstaben abmalen.
Bis dahin hab
ich mir eigentlich nie Gedanken darüber gemacht wie Buchstaben
aufs Papier kommen wenn jemand einen Brief schreibt. Und bis dahin ist
mir auch nie aufgefallen wie sauschwer es sein kann ein S oder ein H zu
schreiben oder zu zeichnen. Da wurde Wert drauf gelegt das der
Mittelstrich beim H auch genau in der Mitte ist und nicht zu weit oben
oder unten oder gar schief. Auch das S musste gleichmässig
geschwungen sein. Alles gar nicht so einfach wenn man es erst lernt.
Nachdem dann alle Buchstaben durchgekaut waren, von A-Z, ging die
Lehrerin durch die Klasse und schaute sich bei jedem Schüler an
was er fabriziert hat. Bei manchen sagte sie lobenswerte Worte und bei
anderen schlug sie innerlich die Hände überm Kopf zusammen,
blieb äusserlich aber ruhig. Auch bei mir meinte sie das mein S
irgendwie anders aussieht wie es aussehen sollte. Eigentlich hatte sie
bei fast jedem meiner Buchstaben was zum Aussetzen. Naja, ich übte
fleissig und schliesslich bekam ich alle Buchstaben auf die Reihe.
Sowohl in Groß wie auch in Klein und ich freute mich und die
Lehrerin freute sich ebenfalls.
Jetzt wars an der Reihe das Alphabeth
auswendig zu lernen. Ich dachte mir damals, das schaff ich nie, das
sind ja soviele Buchstaben, die auswendig lernen, und auch noch in der
richtigen Reihenfolge. Wozu das gut sein sollte hab ich auch nicht verstanden, denn es gibt ja
kein Wort wo alle Buchstaben nacheinander vorkommen. Der Lehrerin war
das egal,
sie bestand darauf. Und so gings dann los, das jeder einen
Buchstaben sagen musste, natürlich von Schüler zu
Schüler alphabetisch in der richtige Reihenfolge.
Schüler eins links vorne fing an mit dem A, der wo neben dem sass
dann mit B und so weiter und so fort. Jeder musste auch noch ein Wort
dazu sagen welches mit dem Buchstaben anfängt. Der Dritte
Schüler hatte schon die erste Arschkarte gezogen, denn was weiss
ein Erstklässler schon großartig von Worten die mit C
anfangen? Ich hätte ja Chuck gesagt. Chuck Berry.
Aber wir durften
ja nur deutsche Vornamen und Worte benutzen. Ich erinnere mich noch
genau wie der Schüler unruhig und nervös wurde weil ihm nicht
eingefallen ist. So ein Idiot! Er selber hat mit Vornamen Christian
geheissen. Fängt mit einem C an. Darauf kam er nicht. Das heisst,
er kam dann schon drauf wie die Lehrerin ihn fragte wie ihn seine
Eltern rufen. Als er dann mit "Bubi" antwortete hat die ganze Klasse
gelacht. Naja, so hat jeder von uns mindestens einmal sein ganz
persönliches negative Erlebnis in der ersten Klasse gehabt. Ich
hatte das Glück das ich bei der Abfragerei den Buchstaben R bekam.
Mein erster Gedanke war natürlich Rock'n'Roll, aber das war ja
nicht deutsch. Also sagte ich Rindviech. Alles lachte, die Lehrerin
ebenfalls, aber trotzdem lies sie es nicht gelten weil es richtig Rind
heissen würde. Da halfen alle Erklärungen nix, egal wie der
Bauer die Tiere nennt, es ist ein Rind und kein Rindviech. Es war auch
ein Schwein und keine Sau, und es war ein Hund und kein Wau-Wau, es war
auch eine Katze und keine Mieze. Witzig fand ich, das in der Pause die
wir dann immer von 10.15 Uhr bis 10.40 Uhr hatten, jeder damit
beschäftigt war das ABC richtig aufzusagen. Und siehe da, bis etwa
zur Mitte des ersten Schuljahres konnte es jeder von uns. Ich und der
Orfeo haben privat dann auch das ABC geübt und der Karli und die
Regina haben brav mitgemacht. Ich glaube, die beiden konnten es dann
recht gut wie sie in die Schule kamen.
Mit den Hausaufgaben gings
natürlich auch langsam aber sicher los. Konnte man früher
auch nach oder vor dem Kindergarten mehr oder weniger tun was man
wollte, so hies es jetzt nach der Schule Hausaufgaben machen. Die
ersten paar waren ja recht einfach, meist mussten wir irgendwas im
Lesebuch lesen oder etwas kurzes aus dem Buch abschreiben.
Ich frage
mich, ob es jemals ein Lehrer überprüfen hätte
können ob man irgendwas in dem Buch gelesen hat oder nicht. Ich
meine, wie wollte er feststellen das man es nicht in der Schule gelesen
hat oder an der Bushaltestelle sondern wirklich daheim im Zimmerchen?
Das Lesebuch war eigentlich gar nicht mal so übel. Da standen ein
paar witzige Geschichten drin. Ich erinnere mich noch genau an "Das
Schnupfenmännchen" oder an "Das Thermometer". Ich glaube das
jeder von uns, auch wenn er es nicht zugegeben hat, seine ganz
persönlichen Lieblingsgeschichten in dem Buch hatte. Lesen konnte
ich damals schon recht gut, nur mit wenigen Worten, die ich nicht so
oft gebrauchte, hatte ich leichte Probleme. Interessant fand ich auch
die Zusammensetzung der einzelnen Worte. Ich hatte ja schon als noch
kleinerer Knabe immer die Plattenhüllen von meinem Vater gelesen.
Da stand zwar meistens alles auf englisch drauf, aber die Buchstaben
waren die selben wie in Deutschland. Nur die Zusammestellung war
anders. Die Lehrerin erklärte, das es einzelne Worte gibt und das
es zusammengesetzte Worte gibt, die eigentlich aus zwei Worten
bestehen. Bei der Gelegenheit fällt mir ein, das wir da auch schon
einen Stundenplan hatten. Montag bis Freitag, jede Woche, jeden Tag,
jede Stunde immer das selbe "Fach", wie es so schön geheissen hat.
Viel wars damals noch nicht. Deutsch, Lesen, Rechnen, Zeichnen, Sport.
Sport hat damals übrigens Turnen geheissen. Wir hatten also
Turnhosen an und keine Sporthosen und wir gingen in die Turnhalle und
nicht in die Sporthalle und wir turnten und wir sportelten nicht.
Turnhalle gabs in der Schule am Pfanzeltplatz keine, die Turnhalle war
in der Putzbrunner Strasse bei der Schulwiese. Genauer gesagt direkt
im Anschluß an das ausgelagerte Klassenzimmer von dem ich vorher
schon mal erzählt habe. Von der Pfanzeltplatzschule bis zur
Turnhalle gingen wir immer hinten rum an der Mädchenschule vorbei.
Da wo auch der Klosterschwesternkindergarten war. Jeder hatte ein
sogenanntes Turnsackerl dabei. Die Turnhalle selber war gar nicht so
schlecht. Da gabs Seile zum raufklettern bis an die Decke der Halle,
Ringe die an Seilen von der Decke hingen, Klettergerüste an den
Wänden. Und noch einen Geräteraum wo massig Bälle
drinlagen und auch ein paar so Aufbauten die man zum Bockspringen
benötigte und sonstiges Zeugs was für den Turnunterricht
benötigt wurde. Um es gleich zu sagen, es gab bei den Turnstunden
nur drei Sachen die mich interessiert haben. Das eine war Seilklettern,
das zweite Glimmzüge machen und das dritte war Laufen. Im Klettern
war ich absolut gut und im Laufen sowieso. Da merkte ich das es sich
doch gelohnt hat auf Bäume und Hausdächer zu klettern und die
Leute zu ärgern so das man flüchten musste. Wie oft hab ich
mich an Dachrinnen hochgezogen oder an Ästen und Zäunen und
Mauern. Das zahlte sich jetzt aus. Und ich hörs noch heute in den
Ohren wenn ich an der Reihe war das Seil raufzuklettern, mit der Hand an
die Decke zu schlagen und wieder runterklettern und hinter mir hat die
ganze Klasse gebrüllt und mich angefeuert. Ja es war schon ein
gutes Gefühl. Auch beim Laufen gabs ordentlich Gebrüll. Ich
kann mit stolz sagen das es bis zur 7.Klasse niemand gegeben hat der
mich beim 50/100/200 Meter überholt hat. Ich durfte damals sogar
bei den Bundesjugendspielen mitflitzen im Dantestadion. Die Lehrer
waren sich eigentlich alle einig das ich einmal ein guter Sportler
(bzw Turner) werden würde, der mit Laufen einige Goldmedallien bekommen
täte.
Tja, vielleicht wärs wirklich so gekommen, Spaß
hats mir gemacht, schön wars auch, aber es gab dann doch immer
wieder was das mir viel mehr bedeutet hatte, das war die Musik. Dazu
dann aber auch später noch genaueres. Langweilig wars
für mich dann beim Sport wenn entweder Handball oder Fussball
gespielt wurde. So Sachen wie Weitsprung waren auch nicht schlecht.
Rein in die Sandkiste das es staubt. Oder Gymnastik in verschiedenen
Versionen. Oh Gott kam ich mir oft blöd vor wenn ich irgendwelchen
affigen Bewegungen machen musste und jeder hat mich angegafft. Klar,
die andern waren auch nicht besser dran und sehr oft haben wir laut und
viel gelacht und so mancher hat sich oft und viel geärgert.
Interessant war auch, das von den Knaben jast jeder entweder eine blaue
oder eine rote Turnhose hatte. Nur ganz selten sah man einen mit einer
roten.
Der Turnunterricht war damals übrigens noch getrennt nach Jungen
und Mädchen. Nur selten hatten wir zusammen Turnen. Keine Ahnung
wieso das so war.
Auch
1967 gabs schon Herbstferien. Kurz vor diesen Ferien erschien
plötzlich eine zweite Lehrerin in unserm Klassenzimmer. Eine
gewisse Frau Schmid, die ich von Anfang an nicht ausstehen konnte und
sie mich auch nicht. Frau Schmid suchte sich einige der Schüler
aus, die sie, wie sie sagte, mitnehmen würde in eine neue Klasse
aus Erstklässlern. Ich schätze, das sie sich die ausgesucht
hat die schon etwas mehr Hirn hatten für die erste Klasse wie so
manch andere Kinder. Diese Frau Schmid war in meinen Augen nix
anderes als wie eine bläde Henna :-) Nach den Herbstferien war die
Klasse dann etwas kleiner, aber so nach und nach kam dann manch neuer
Schüler hinzu oder einer von den mitgenommenen wieder zurück.
Der Ausländeranteil damals in der ersten Klasse war relativ
gering. Die meisten kamen aus Jugoslawien, Italien, Türkei oder
aus Preußen.
Und schon damals war es so, das sowohl die Jugos, wie auch die
Italiener und die Türken keine Probleme mit der bayrischen
Weltsprache hatten, dafür aber die Preußen umso mehr.
So, jetzt lassen wir die Schule Schule sein und beschäftigen uns
mit den Herbstferien. Oh wie hab ich mich gefreut eine gute Woche nicht
in die Schule zu müssen und daheimbleiben zu können und die
Platten von meinem Vater auf dem tragbaren roten
Telefunkenplattenspieler mit eingebauten Lautsprecher in der
Abdeckhaube zu geniessen. Doch dem war nicht so. Gleich am ersten
Ferientag klingelte das Telefon. Meine Tante ging ran und redete. So
nach und nach bekam ich mit das es mein Onkel bzw meine Tante war der
da angerufen hat. Ich ahnte schrechliches und es stellte sich heraus
das es wahr werden würde. Starnberger See. Oh nein! Somit war der
erste Ferientag mit dem Wissen versaut das ich am nächsten Tag
wieder an dieser blöden See mitfahren musste. Aber es gab einen
Lichtblick. Diesmal kam auch mein anderer Onkel mit. Onkel Hubert. Der
Bruder meines Vaters.
Da sah die Sache dann schon anders aus. Trotzdem
hoffte ich das es regnen möge und greislig sein möge. Pech
gehabt. Strahlender Sonnenschein am zweiten Ferientag und es war noch
vor 8 Uhr als es bimmelte und Onkel Hubert inkl. Frau
hereinmarschierte. Er begrüßte mich gleich mit ein paar
saftigen Watschn links und rechts. Nein Schmarrn, mit ein paar saftigen
Schulterklopfern und er freute sich sichtlich mich zu sehen. Seine
Frau, also meine andere Tante, eine von der Sorte "Dauergrantig" freute
sich weniger, begrüßte mich aber auch mit einem leichten
Streicheln über den Kopf. Meine Oma hatte alles schon
hergerichtet. Onkel Hubert trank noch einen Kaffee und rauchte bestimmt
drei Zigaretten in einer halben Stunde während er von seiner Frau
ständig kritisiert wurde. Ich frage mich, wie es dieser nette Mann
mit so einer Schreckschraube ausgehalten hat. Mein Vater hat mir
öfter gesagt, das der Hubert was besseres verdient hat, aber
irgendwas wird sie schon an sich haben das er sie mag. Naja, jedem das
seine, aber ich hab dann wieder an den Spruch meines Vaters denken
müssen "Dua ja ned heiran Bua". Dann kam mein anderer Onkel, auch
inkl Frau. Der wollte eigentlich auch noch einen Kaffee trinken, wurde
aber von den beiden Tanten mehr oder weniger gehetzt das wir endlich
losfahren.
Tja, so gings dann ab. Mein Vater und meine Tante wo bei uns
wohnt, gingen in die Arbeit, meine Oma ging zum Einkaufen und ich ging
mit den Onkels zum Auto. Ja mit wem wollte ich mitfahren? Ich musste ja
vorne sitzen weils mir hinten schlecht wird. Blöd war nur, das es
Onkel Hubert ähnlich ging, ausserdem hatte er eh keinen
Führerschein. Nein, da fuhr ich mit dem andern Onkel mit und
konnte vorne sitzen. Natürlich bekam ich wieder Belehrungen meiner
Tante zu hören, das ich ja in der Schule auch Schwimmunterricht
hätte und da würde ich dann vor den anderen blamiert sein
wenn ich es nicht könnte und so weiter und so fort. Allerdings
hatte sie in einem recht. Was würde ich machen wenns in der Schule
Schwimmunterricht geben täte? In unserer Turnhalle war jedenfalls
kein Schwimmbad. Direkt in der Nähe war auch keins. Blieb nur das
Michaelibad, aber das war von der Schule schon ein Stück weg. Also
erst einmal abwarten. Der Rest war dann wieder wie vor der Schule schon
gehabt. Wir kamen am See an, ein paar Narrische rannten schon rum und
hauten im Wasser herum und wir suchten uns einen schönen Platz und
stellten die Liegen und die Schirme auf. Lange hats nicht gedauert bis
es wieder damit anfing das ich doch mitgehen sollte in den See. Ich
wollte nicht. Meine Tanten waren der Meinung ich muss aber. Und so
schnappte mich Onkel Hubert, klemmte mich unter den Arm und marschierte
mit mir zum See hinunter. Unterwegs sagte er irgendwas von einfach
reinschmeissen dann lern ichs schon. Ich fühlte die Panik in mir
hochsteigen. Aber dann lachte er und meinte das er sowas nie tun
würde. Onkel Hubert war die Ruhe und die Geduld in Person. Kein
Wunder, er mochte ja auch gerne Rockmusik. Er stellte mich am Seeufer
ab und zog mir die Schwimmflügel drüber. Er hat es wirklich
lange versucht, aber irgendwann hat er dann auch aufgegeben. Er hat
mich dann gefragt wieso ich eigentlich mitfahre wenn es mir hier nicht
gefällt. Ich hab ihm dann gesagt das ich eigentlich gar nicht
gefragt wurde sondern einfach mitfahren musste. Mit ihm konnte ich
schon als Bub offen und ehrlich reden. Und das hat sich in den
nächsten knapp 20 Jahren auch nicht geändert. Nicht umsonst
war er mein absoluter Lieblingsonkel.
Dann hat er mir ein Eis gekauft. Genauer gesagt, zwei. Eins für
mich und eins für ihn. Er hat dann an dem Kiosk noch was getrunken
und geraucht und ich bekam noch ein Eis.
Und wie wir dann an den Platz zurückgingen hat er mir noch eins
für unterwegs gekauft. Drei Eis! Wäre beim anderen Onkel
oder bei den Tanten undenkbar gewesen. Eine der Tanten hat dann auch
sofort gemeckert weil er hätte mir lieber Schwimmen lernen sollen
anstatt Eisessen. Da kam sie bei ihm aber genau an die richtige
Adresse. Er war voll und ganz auf meiner Seite und wie wir dann
heimgefahren sind ist er noch mit zu uns raufgegangen und hat
klargemacht das ich nicht mehr mitfahren brauche weil ich sowieso nie
wollte.
Die
restlichen Herbstferientage waren wunderschön. Etwas
länger im Bett bleiben, Musik hören, Donald Duck lesen, mit
dem Karli und der Regina Blödsinn machen, so sollte es sein.
Apropo Donald Duck, ich glaube ich habe das Buch "Der Kolumbusfalter"
doch erst in den Herbstferien am See bekommen. Irgendwie glaube ich
mich zu erinnern das mir mein Onkel Hubert das Buch gekauft hat. Ist
aber eigentlich egal, wichtig ist ja nur das ich es bekommen habe.
So
ging nicht nur der Sommer sondern auch der Herbst langsam aber sicher
zu Ende und 1967 ging auch so langsam zu Ende. Die Schule machte auch
irgendwie nicht den Spaß den ich mir vorgestellt hatte, aber
trotzdem ging ich brav jeden Tag wieder hin. Irgendwann lernte
ich dann in der Pause auf dem Schulhof einen gewissen Cäsar
kennen. Der ging in die 9.Klasse und hatte lange Haare. Damals waren in
dem Schulgebäude die Schüler von der ersten bis zur neunten
Klasse untergebracht. Das änderte sich aber in den kommenden
Jahren. Dieser Cäsar stand oft mit Gleichaltrigen irgendwo in
einer Ecke zusammen und sie unterhielten sich über Musik. Ich
glaube das sie manchmal auch heimlich geraucht haben. Ich war eher
zufällig ganz in der Nähe und hörte wie sich sich
über Jimi Hendrix unterhielten der im Sommer 1967 beim Montery Pop
Festival mitgespielt hat. Und über die Rolling Stones, von denen
ich immerhin "Satisfaction" kannte. Wie ich da so rumstand sah mich
auch Cäsar und fragte mich, ob ich den ganzen Tag so blöd in
der Gegend rumstehe. Ich sagte dann, das es mich halt interessiert wenn
sie sich über Musik unterhalten. Sie lachten und Cäsar
meinte, das ich mich sicher nur bei Kinderliedern auskenne und ich doch
lieber zu den andern Kindern gehen sollte. Das war die Schangs. Ich
drängelte mich zwischen die Neuntklässler und liess meine
Weisheiten ab. Das Jimi Hendrix mit der Zunge Gitarre spielt, wie die
Mitglieder der Rolling Stones heissen und von den ganzen Rock'n'Roll
Musikern die ich so kannte. Den älteren Knaben blieb im wahrsten
Sinne des Wortes die Spucke weg. Cäsar war sichtlich angetan von
mir und er meinte, das er es echt gut findet das ich gscheite Musik
höre und keinen so Schmarrn wie sich andere in meinem Alter
anhören. Es dauerte nicht lange, da stand ich auch oft in den
Pausen mit denen zusammen und hörte interessiert zu. Cäsar
wohnte irgendwo in der Weddigenstrasse. Das war noch ein Stück
weiter als wie da wo die Unterhachinger Strasse die Ottobrunner Strasse
trifft. Die andern Kinder schauten etwas neidisch zu mir her weil ich
bei denen stehen konnte ohne verscheucht zu werden. Und witzigerweise
hat sich deswegen auch selten einer getraut mich blöd anzumachen
weil er Angst hatte, das die Neuntklässler mir dann helfen. Das
hatte schon seine Vorteile. Und ich hatte den weiteren Vorteil das sich
mein Vater auch öfters neue Platten und Musikkassetten kaufte. Da
konnte ich natürlich manchmal eine gute Kassette mit in die Schule
nehmen und einer der Neuntklässler überspielte sie und bracht
sie am nächsten Tag wieder mit. So kams dann, dann ich
grundsätzlich immer gefragt wurde ob ich die neue Kassette von
diesem oder jenem Musiker oder Band besorgen könnte.
Allerdings hatte meine Musikwelt einen ziemlich großen Haken.
Meine Tante, die, die bei uns wohnte. Die stand nämlich ganz und
gar nicht auf Rock'n'Roll oder E-Gitarren Musik, für die war das
alles Krach, Musik für Kranke und Blöde und überhaupt
taugen die ganzen Langhaarigen sowieso nix. Ihr war mehr der Sinn nach
Opern und nach Heintje. Heintje. Der Schrecken jedes guten
Musikliebhabers. Jedes Jahr bekam ich zum Geburtstag und zu Weihnachten
eine Heintje-Platte von ihr geschenkt. So nach und nach hatte ich
fünf oder sechs LPs von dem kleinen Schreihals und ein paar
Singles. Mein Vater konnte ihn auch nicht ausstehen. Allerdings hatte
meine Tante einen wesentlich besseren Plattenspieler wie mein Vater.
Auf den war ich schon lange scharf, aber sie sagte, darauf wird keine
Negermusik abgespielt. Als Negermusik bezeichnete sie Sachen wie
Rock'n'Roll und dergleichen.
Egal ob das jetzt ein Schwarzer singt oder spielt oder ein Weisser. Ein
weiterer Beweis das meine Tante von guter Musik keine Ahnung hatte.
Jedenfalls ham die Heintje-Platten schon sehr gestört und wenn der
kleine Schreihals dann in den höchsten Tönen
"Maaaaaaaaamaaaaaaaaaaa" getrillert hat, dann musste man Angst haben
das es einem die Fensterscheiben aus dem Rahmen haut. Die Platten von
ihm waren immer ganz hinten hinter den guten Platten versteckt, aber
doch immer in Griffnähe falls meine Tante aus irgendeinem Grund
ins Zimmer kam.
Ja und dann kam der Winter so richtig. Es wurde saukalt und mein Vater
trank öfters mal einen Glühwein wenn er durchgefroren von der
Arbeit heimkam. Und langsam näherte sich dann auch Weihnachten.
Weihnachten war damals etwas ganz besonderes für mich, sobald die
ersten Weihnachtsdekos irgendwo aufgestellt wurden und die ersten
Lichter brannten, da freute ich mich so richtig. Damals wars noch nicht
so das man tausend Sachen brauchte, die man dann eh wieder wegschmeisst
weil man dann merkt das man sie doch nicht braucht, es war einfach ein
schönes Fest wo fast die ganze Familie zusammenkam und versuchte
nicht zu granteln und nicht zu streiten. Der Karli und ich versuchten
schon immer vorher rauszukriegen was wir zu Weihnachten bekommen. Am
heiligen Abend dann, welcher übrigens lustigerweise den ganzen Tag
dauerte, da wars dann so richtig feierlich in der ganzen Wohung. Sogar
auf dem Klo hatte man den Eindruck das überall Weihnachten ist.
Komisch, ja, aber es war für mich halt so. Wenn der heilige Abend
nicht auf einen Sonntag gefallen ist, dann hab ich mich meist
Vormittags mit dem Karli und der Regina getroffen und meistens haben
wir dann wieder Schneebälle auf Klingelknöpfe und Passanten
geworfen, aber ab dem frühen Nachmittag waren wir dann alle
daheim. Im Lauf des Nachmittags kamen dann Onkeln und Tanten, im
Briefkasten waren viele Weihnachtskarten und das Telefon läutete
auch öfters, denn wir hatten auch Verwandtschaft die weiter weg
gewohnt hat. z.B. eine Tante die in Dorfen wohnte, zu der meine Oma und
ich manchmal mit dem Zug hingefahren sind. Oder meine andere Tante, die
wohnte sogar in der Nähe von Holland. Das war wesentlich weiter weg wie nach Dorfen
:-) Da war klar das sich die telefonisch und mit einer Karte melden.
Nachmittags durfte ich übrigens dann nie ins Zimmer rüber
gehen. Da war mein Vater beschäftigt den Christbaum zu
schmücken um mir dann zu erklären das ihn das Christkind
gebracht hat. Geglaubt hat er das wahrscheinlich selber nicht und ich
auch nicht, weil ich ihn ja oft gesehen habe wie er drüben auf der
Anlage einen Christbaum gekauft hat. Aber egal, meistens wurde dann
gegessen und dann gings rüber ins Zimmer wo auch 1967 das
Christkind ganze Arbeit geleistet hatte. Was genau ich bekommen habe
weiss ich natürlich nicht mehr, aber mein Vater hat mir jedes Jahr
zu Weihnachten und zum Geburtstag zusätzlich immer noch einen
Briefumschlag mit einem 5-Mark-Schein gegeben damit ich mir beim
Nordmende eine Single nach meiner Wahl kaufen konnte. Von meiner Tante
bekam ich immer sehr brauchbare Sachen wie Socken, Unterhosen oder
Heintje-Platten.
Interessant war auch, das damals in den 60gern am Weihnachtsabend die
Strassen immer so gut wie leer waren. Nur den 95ger Bus hörte man
vorbeifahren.
Die Zeit zwischen Weihnachten und Sylvester war auch irgendwie immer so
komisch. Als kleiner Bub tat mir immer das alte Jahr so leid wenn es zu
Ende ging. Meist haben der Karli, die Regina und ich, und dann in den
letzten Tagen des Jahres getroffen und haben uns gegenseitig
erzählt was wir alles bekommen haben und was wir uns
gewünscht haben und nicht bekommen haben. So allgemein gesehen
waren wir aber immer sehr zufrieden. Und dann kam Sylvester. Schon
tagsüber ballerten einige auf der Strasse drauf los weil sie es
nicht erwarten konnten bis es Nacht wurde. Nachts gings dann meist gut
zur Sache mit Raketen und Knallfröschen und was es halt damals
alles gegeben hat. An Sylvester durfte ich auch länger aufbleiben
und wenns dann gegen Mitternacht so richtig losging, dann standen wir
oft am Fenster und haben zugeschaut. Ich bekam da immer ein paar bunte
Knallerbsen.
Obs Erbsen waren weis ich nicht, es waren so
Papierkügelchen, unterschiedliche Farben, die man auf den Boden
werfen konnte und dann knallte es. Meistens hab ich die auch schon
unter Tags aus dem Fenster geworfen und mich dann gefreut wenn jemand
erschrocken ist.
Und so kam dann das Jahr 1968. Der 1. Januar war irgendwie immer
ein langweiliger Tag. Im Fernsehen kam nichts besonderes und meine
Spezln waren meist auch nicht da weil die nicht rausdurften weil sie ja
auf die Idee kommen könnten nach nicht explodierten Knallern zu
suchen und die dann anzuzünden. Als wie wenn einer von uns auf so
eine Idee gekommen wäre. 1967 noch nicht, aber Sylvester 1968 dann
schon. Witzigerweise haben uns die Erwachsenen auf die Idee gebracht.
Ich kann jetzt natürlich nicht mehr genau erzählen wie ich
welches Jahr verbracht habe, wen ich alles wann und wo kennengelernt
habe und was ich alles so bekommen habe. Deswegen werde ich jetzt so
zusammenfassend einiges erzählen bis ich mit der vierten Klasse
dann fertig war. Bis zur vierten Klasse deswegen weil ich danach die
Schule gewechselt habe bzw wechseln musste. Also bis zum Sommer 1972.
Ganz wichtig ist allerdings auf jeden Fall, das im August 1969 das
berühmte Woodstock-Festival war. Da wäre ich zwar auch gerne
dabei gewesen, durfte aber nicht hin weil ich noch zu klein war. Von
all meinen Bekannten aus der Schule war übrigens nicht einer auf
diesem Festival.
Und jetzt weiter in der Erzählung :-)
Beginnen
wir mit der ersten weiten Reise die ich zusammen mit meinem
Vater machen durfte. In den Schulferien ist er mit mir für einige
Tage zu meiner Tante/Onkel gefahren die
Nahe an der Grenze zu den
Niederlanden, in Ochtrup wohnten. Mit dem Zug. Es war
eine sehr weite Reise und ich erinnere mich noch ganz genau wie ich in
der Nacht einmal aufgewacht bin und der Zug grade in einem Bahnhof
stand
und es stark geregnet hat. Vom Fenster aus sah ich ein großes
weisses Schild auf dem stand in schwarzer Schrift "Wuppertal". Mein
Vater war wach und schaute aus dem Fenster. Gleich drauf bin ich wieder
eingeschlafen. Das ist auch das einzige woran ich mich erinnere was die
Zugfahrt betrifft. Komisch das mir ausgerechnet das im Gedächtnis
geblieben ist. Irgendwann kamen wir dann irgendwo an einem Bahnhof an
wo wir ausgestiegen sind. Die Leute sahen irgendwie ganz anders aus als
wie in Bayern und sie redeten auch so komisch das man sie so gut wie
gar nicht verstanden hat. Hier sah ich auch die erste und bisher
einzige Windmühle in meinem ganzen Leben.
Ich weiss nicht mehr wer
uns vom Bahnhof abgeholt hat, jedenfalls sind wir dann mit dem Auto
direkt zu Onkel und Tante gefahren, die einen großen Garten
hatten und in einem rötlichen Ziegelhaus wohnten. Einen Hund
hatten die auch, einen Dackel, und ich hatte massive
Sprachprobleme, denn nur meine Tante, die eigentlich auch aus Bayern
kam, konnte ich verstehen und sie hat immer alles was ich oder mein
Vater gesagt hat und das was der Onkel und ihre Kinder gesagt haben
übersetzt. Soviel zur Deutsch-Deutschen Sprache, noch lange vor
dem Ende der DDR. Nach einiger Zeit hab ich dann schon kapiert das ich
mit dem Onkel, der übrigens mit Vornamen Jupp geheissen hat,
preussisch bzw Schrifthochdeutsch sprechen muss, damit er versteht was
ich sage. Trotzdem hatten Onkel Jupp und ich viel Spaß zusammen
in der einen Woche wo ich dort war. Er hatte ein Luftgewehr und direkt
an das Grundstück grenzte ein Feld und ein Wald an. Irgendwo da
drin stand ein altes Auto, das sicher schon bessere Zeiten gesehen hat.
Onkel Jupp erklärte mir, das diese Karre schon sehr lange hier
steht man man prima mit dem Luftgewehr drauf schiessen kann. Gleich
drauf hat er das Gewehr geladen und aufs Auto geballert.
Dann durfte
ich auch einmal schiessen. Ich hab voll die Scheibe getroffen und die
stürzte in sich zusammen. Onkel Jupp lachte und meinte, das wir
jetzt ganz schnell abhaun müssen bevor uns jemand erwischt. Onkel
Jupp dürfte an die zwei Meter hoch gewesen sein und war immer zu
irgendwelchen Scherzen aufgelegt. Einmal hat er mich gefragt ob ich die
Frauenkirche in München sehen möchte. Ich war ziemlich
überrascht und fragte ihn ob er sie mir gleich zeigt. Er sagte ja,
wenn ich sie sehen will dann schon. Ich sagte ja. Und da legte er seine
Hände links und rechts an meinen Kopf und hob mich am Kopf hoch
und fragte, ob ich sie sehe. Da hab ich dann schon kapiert das er mich
verarscht hat.
Geraucht hat er auch ziemlich viel,
meist wenn er im Stuhl gesessen at und Zeitung gelesen hat. Er hielt
die Zigarette immer wie eine Kerze nach oben damit die Asche nicht so
leicht runterfällt wenn er vergisst zu ziehen oder zum abklopfen
weil der Artikel den er liest grade so interessant ist.
Ich erinnere
mich auch noch ganz genau das mein Vater mit einigen anderen Leuten ins
einem Alter mitgefahren ist in irgendeinen Beat-Club in der Gegend. Ich
wollte unbedingt mitfahren, aber man erklärte mir das ich noch zu
klein bin und ins Bett müsse. Naja, wenigstens war der Dackel mit
im Zimmer wie ich ins Bett musste. In der Nacht gabs ein brutales
Gewitter. Ich wachte auf und fühlte mich gar nicht so gut in der
ungewohnten Umgebung. Ich war heilfroh wie mein Vater dann gekommen ist
und sich ins Bett daneben gelegt hat.
Da war dann klar das mir nix
passieren kann.
Ein anderes, gar nicht schönes Erlebnis war, das
die Tante zwei oder drei Mädchen hatte, die sich eine Spaß
draus machten mich bei jeder Gelegenheit zu waschen und zu kämmen.
Eine hat Christa geheissen und eine Ingrid (schon wieder eine Ingrid).
Wie die dritte geheissen hat weiss ich nicht mehr. Einmal lag ich sogar
schon im Bett und war fast eingeschlafen, als eine von denen reinkam,
mir ein Gute Nacht Bussi mitten auf die Goschn verabreichte und mich
fragte, ob ich mich auch sauber gewaschen habe bevor ich ins Bett ging.
Ich verneinte und schon war ich raus aus dem Bett und im Bad. Ich
hätte diese Weiber erwürgen können. An unserm letzten
Abend wo wir dort waren ging mein Vater mit den anderen noch zum Essen
und ich sass im Bett und las in irgendeinem Heftchen, der Dackel war
auch im Zimmer. Eine der Mädchen blieb auch daheim weil sie, wie
sie in der Gegend sagten, verkühlt war. Auf bayrisch:
Verkältet, oiso an Katarrh hods ghabt :)
Welche es war weiss ich
nicht mehr, aber ich erinnere mich genau daran das sie einen hellblauen
Bademantel anhatte, der sich gut verschoben hatte nachdem sie sich auf
den Rand von meinem Bett gesetzt hatte. Man sah ihre durchaus
schönen Schenkelchen, denn wie ich schon erwähnte hatte ich
schon damals einen Blick für schöne Beine und schöne
Schuhe. Sie hatte natürlich keine Ahnung wie sehr mich der Anblick
faszinierte und ich musste mich anstrengen das ich nicht dauernd auf
ihr
Bein gaffte. Glücklicherweise verzog sie sich dann wieder nachdem
sie mir einen Gute Nacht Kuss gegeben hatte. Und ich Kindskopf musste
dann die ganze Zeit daran denken was es doch für ein schöner
Anblick war. Irgendwann schlief ich dann ein und am nächsten Tag
weckte mich mein Vater recht früh auf. Irgendwie hatte ich den
Eindruck das er mindestens ein Glas zuviel getrunken hatte. Wir
frühstückten
noch alle zusammen und dann hiess es Abschied nehmen. Eigentlich freute
ich mich sehr drauf wieder heim zu kommen.
An die Rückfahrt
erinnere ich mich nicht mehr so genau, nur noch daran, das ich
irgendwann anfing meinen Vater dauernd zu nerven wie weit es noch bis
München ist.
Die Fahrt dauerte ja viele Stunden damals. Endlich am
Münchner HBF angekommen hüpften wir ins Taxi und fuhren nach
Perlach. Unterwegs hab ich dem Taxifahrer dann in allen Einzelheiten
erzählt was die Töchter in Ochtrup mit mir gemacht haben.
Mein Vater ist nie so gern Bus oder Tram gefahren wie ich, er fuhr
lieber mit dem Taxi.
Wieder daheim geschah dann etwas seltsames mit
mir. Ich fing an zu fremdeln. Meine Oma und meine Tante waren mir
irgendwie so fremd geworden und ich hing dauernd an meinem Vater dran.
Erst nach zwei bis drei Tagen hat sich das dann wieder gelegt und ich
wurde wieder normal. Dem Karli hab ich dann gleich erzählt von der
einen Tochter mit den schönen Beinen. Irgendwann hab ich das alles
dann vergessen.
Ungefähr ein Jahr später kam dann eine der Töchter der
Ochtruper Tante zu uns nach München. Sie besuchte irgendeine
Freundin und nutzte die Gelegenheit, auch uns einen Besuch abzustatten.
Es war allerdings nicht die mit den schönen Beinen. Ich hatte zu
der Zeit auch Ferien und somit durfte ich mit meiner Tante (also die wo
bei uns wohnte) und der Besucherin in den botanischen Garten an der
Amalienburgstrasse mitfahren. Damals gab es an einigen Standln an
Getränken auch Kakao in Dosen zu kaufen. Meine Tante kaufte zwei
dieser Dosen und gab eine der Besucherin und eine mir. Sie selber hat
glaube ich ein Wasser getrunken. Ich habe damals übrigens nie
verstanden wieso man sich für teures Geld ein Wasser aus der Dose
oder aus der Flasche kauft, wenn man es am Wasserhahn umsonst haben
kann. Jedenfalls erinnere ich mich noch genau daran wie wir zu dritt
auf einer Bank unter einem riesigen Baum sassen, der riesige Äste
hatten dessen Laub bis fast zum Boden reichte. Neben der Bank stand ein
runder Gitterabfallkübel in den die leeren Dosen dann reingeflogen
sind. Abends glaube ich ist die Besucherin dann noch mit zu uns
gefahren und hat sogar bei uns übernachtet. Wie ich am
nächsten Tag aufgestanden bin war sie jedenfalls schon weg.
Bleiben wir gleich noch etwas bei der Ochtruper Verwandtschaft von
damals. Auch irgendwann in dem Zeitraum 1968 bis 1972 kamen die dann
auch mal zu uns auf Besuch.
Allerdings nur Onkel und Tante. Hier wars
dann so, das Onkel Jupp enorme Sprachprobleme hatte und so gut wie
niemand verstanden hat, ausser den Nachrichtensprecher vom ARD. Beim
ORF-Kaschperl hatte er dann gar keine Schangs mehr auch nur ein Wort zu
verstehen. Er war fasziniert von der Plattensammlung von mir und meinem
Vater, gab aber zu, das er doch lieber Schlager hört als wie
Rock'n'Roll oder Beat-Musik. Wieder fiel mir auf das er seine Zigarette
immer noch wie eine Kerze mit der Asche nach oben hält.
Und die
Münchner Zeitung, die tz, schien ihm auch gut zu gefallen.
Ich
erzählte ihm von den beiden Schreibwarenläden und von der
Fischerin und von der Ilse, und er war neugierig darauf die beiden
Damen zu sehen. So kams, das Onkel Jupp mit
mir zuerst zur Ilse ging,
die glücklicherweise auch im Laden war, und sich dort eine
Schachtel Zigaretten kaufte. Ilse hatte wieder diese traumhaften
Holz-Plateau-Sandalen an und einen weinroten Cord-Faltenrock. Sie sah
aus wie eine Göttin. Wie wir dann aus dem Laden rausgingen sagte
Onkel Jupp zu mir, das er den Eindruck hat, mir gefällt diese
Frau.
Und er sagte mir, das die viel zu alt für mich ist. Dann
sind wir über die Strasse zur Fischerin gegangen. Die sass wie so
oft im Minirock auf einem Barhocker und hat irgendwelche Romane
gelesen. Als sie mich sah hat sie gegrinst und mich begrüßt.
Ich hab ihr dann meinen Onkel vorgestellt und ich weiss noch genau wie
sie dann gesagt hat, das sie noch nie
so einen großen Onkel
gesehen hat. Onkel Jupp hat nochmal eine Schachtel Zigaretten gekauft
und und mir ein Eis und dann sind wir wieder gegangen. Draussen meinte
er dann,
das er die Fischerin schöner findet wie die Ilse und ich
daheim ja nichts sagen soll weil er sonst Ärger mit seiner
Frau bekommt.
Ich war mir nicht sicher welche mir besser gefällt. Beide
hatten schöne Beine, beide hatten öfters mal schöne
Schuhe an. Von den Haaren her war Ilse in Führung. Die
längeren Beine hatte die Fischerin. So einigte ich mich mit mir
selber darauf das mal die eine und mal die andere die Schönere
ist. Oft hab ich mir dann vorgestellt das sie beide meine Freundinnen
sind und wir zu dritt in einer Wonung wohnen und so manch schöne
Sachen zusammen machen. Es dürfte klar sein das es bei der
Träumerei geblieben ist. Leider.
Bei der Gelegenheit sei noch zu erwähnen, das ich mich mit
Onkel Jupp bestens verstanden habe, mit seiner Frau, also meiner Tante,
allerdings so gut wie gar nicht.
Irgendwie könnte man fast den
Eindruck erwecken das ich mich mit den ganzen Tanten grundsätzlich
nicht so besonders verstanden habe.
Bleiben wir gleich bei den Reisen. Wesentlich kürzer waren die
Reisen die ich gelegentlich mit meiner Oma unternommen habe. Hier gings
dann fast immer zu meiner Tante Leni bzw zu den Tanten nach Dorfen. Mit
Tante Leni habe ich mich ausnahmsweise ganz gut vertragen. Sie hat
grundsätzlich immer Hendl gebraten und mir einen großen
Schokoladenpudding gekocht wenn sie gewusst hat das wir kommen. Sie hat
eigentlich auch nie mit mir gschimpft, aber sie erwartete von mir immer
das ich über den Zeitraum des Besuchs öfters mal Bussi-Bussi
gebe. Und ich durfte keine Worte wie "Scheiße", "Arschloch" oder "Depp" bei
ihr sagen. Das hat zwar etwas genervt, aber mal angesehen vom Essen war
ich dann meistens doch immer im kleinen Garten hinter dem Haus oder wir
haben die andere Tante besucht, die eine Nichte mit dem Namen Sylvia
hatte. Sylvia war etwa in meinem Alter und wir haben uns meist am
Bahndamm rumgetrieben und in den Pfützen Frösche gefangen,
die wir dann wieder im Gras laufen lassen haben. Bei Sylvia weiss ich
nur noch das sie viel gelacht hat und lange braune Haare hatte, meist
einen Pferdeschwanz.
Der kleine Hinterhausgarten bei Tante Leni
hatte einen Brunnen. So einen richtig schönen aus Stein, mit einem
großen Auffangbecken. Und der weg davor war voller kleiner
Kieselsteine. Es war klar das ich da auf die Idee kam aus
unterschiedlichen Entfernungen Steine ins Becken zu werfen. Das hat mir
Spaß gemacht und dem zuständigen Hausmeister oder
Gärtner oder wer auch immer das war, hats furchtbar geärgert.
Da ich mit meiner Oma aber meist am Samstag gegen Mittag oder am
Sonntag Vormittag bei Tante Leni ankamen, traf er mich nie an und
konnte somit auch mich nicht schimpfen. Dafür hat ers dann immer
der Tante gesagt und die meinte, ich solle das doch lassen oder wenns
gar nicht anders geht, die Steine danach wieder rausfischen. Das mit
dem rausfischen habe ich versucht und bin dabei kopfüber in den
Brunnen gefallen.
Patschnass war ich. Meine Tante war dann gar nicht
so sehr begeistert wie ich tropfend bei ihr im Hausgang stand. Ab da
war der Brunnen dann entgültig tabu für mich.
Wie gesagt, es
gab noch eine zweite Tante in Dorfen, die wir bei der Gelegenheit dann
auch immer besucht haben. Diese hiess witzigerweise Regine. Genannt
"Gini".
Die hatte ein recht großes Haus mit einem großen Garten und
vielen schönen Bäumen und Sträuchern und einen Hund.
Rein optisch hats mir bei Gini besser gefallen.
Aber der Nachteil war,
die hatten kein Klo im Haus drin. Nein, wenn man musste dann ging man
in das Holzhäusl im Garten wo in der Tür ein Herzchen
ausgestanzt war.
Da drin sah es nicht besonders gut aus. Fliegen und
Spinnen und sonst auch einiges an Tieren, die ich damals nicht so gern
mochte. In dem Häusl drin war ein großes Brett waagerecht
hingelegt und in der Mitte des Bretts war eine runde Öffnung.
Alles klar? Nein? Nun, der Mann stellte sich davor und brunzte in die
Öffnung und versuchte nicht das Brett zu treffen. Beim
Scheißen setzte er sich drauf und schiss in das Loch hinein, oder genauer gesagt, durch die Öffnung hindurch.
Die Frau dagegen setzte sich sowohl beim Brunzen wie auch beim Scheißen hin :-)
Ich war ja noch recht
klein und ich hatte furchtbare Angst das ich in das Loch reinfalle
falls ich mal musste. Deswegen habe ich es immer so eingerichtet das
ich im Notfall bei Tante Leni gegangen bin und wenn ich trotzdem mal
bieseln musste, dann hab ich das hinter einem Strauch erledigt. Mich
hats immer gewundert das es in und um das Häusl nicht ganz
furchtbar gestunken hat. Tante Gini erklärte mir, das fast jeden
Tag irgendein Pulver hineingeworfen wird damit es nicht stinkt. Und
zwischendurch kam dann immer ein Lastwagen mit einem Tank drauf, der
hat dann den Inhalt abgesaugt und abtransportiert. Es dürfte klar sein das man in dem Häusl weder dreilaliges
Klopapier noch sogenanntes Schmiergelklopapier (das Graue mit den
Nopppen) erwarten durfte. Zerrissenes Zeitungspapier lag bereit, damit
konnte man sich den Hintern abwischen. Die Tante sagte, das ist billig
und die Zeitung wird nachdem man sie gelesen hat sowieso weggeworfen.
Die Fahrt selbst nach Dorfen
war für mich schon immer ein kleines Erlebnis. Meistens sind wir
mit dem Bus zum Ostbahnhof gefahren. Dort fuhr dann ein Zug der von
einer Dampflok gezogen wurde. Es war immer ein gigantischer Anblick
wenn die schwarze Lok dampfend und fauchend in den Bahnhof einfuhr. Den
weissen Qualm sah man schon von weitem. Damals gabs auch noch die
kleinen Fahrkarten mit diversen Aufdrucken. Die waren etwa 2cm breit
und etwa 4cm hoch und aus harter Pappe und sahen nach was aus.
Also
nicht so langweilige Ausdrucke wie man sie heute so bekommt.
Zwischendurch kam dann der Schaffner und machte ein kleines Loch in die
Fahrkarte nachdem er sie kontrolliert hatte. Vom Dorfener Bahnhof bis
zum Haus der Tante war es ein gutes Stück zu gehen. Ich erinnere
mich noch genau daran das wir auch immer an einer Firma vorbei kamen wo
große Landwirtschaftsgeräte standen. Mähdrescher und
so. Die haben mich damals sehr fasziniert. Und natürlich die roten
Bahnbusse. Wie schon erwähnt haben mich die schon als kleiner Bub
sehr interessiert. Die Busse und auch die Fahrpläne. Und es dürfte klar sein das ich da immer einen
etwas längeren Blick drauf geworfen hatte. Mit dem Bus sind wir
allerdings nie gefahren, wir sind immer zu Fuß gegangen. Bei
jedem unserer Besuche dort.
Irgendwann ist dann irgendwer in Dorfen
gestorben, den sowohl meine Tanten wie auch meine Oma gut gekannt haben.
Somit fuhren wir wieder einmal hin. Allerdings wurde ich da etwas
schöner angezogen wie sonst und die Tanten waren auch besser
angezogen wie sonst. Ich selber war schon auch etwas aufgeregt denn es
war ja die erste Beerdigung wo ich auch dabei sein durfte. Wir trafen
uns bei Tante Leni und wurden da dann abgeholt von irgendeinem meiner
damals sehr reichlich vorhandenen Onkels. Der Onkel hat Luitpold
geheissen, genannt "Lipp". Wieso er so genannt wurde weiss ich
bis heute nicht. Zusammen sind wir dann zum Friedhof gefahren. Dort
waren massig Leute, fast alle komplett in schwarz oder dunkelblau
gekleidet und nur ganz wenig Kinder. Sylvia war auch dort. Wir haben
uns gefreut uns zu sehen. So alles in allem haben wir uns vielleicht
vier oder fünfmal gesehen und dann komplett aus den Augen
verloren. Sylvia hatte auch ein dunkles Kleidchen an und sie sahr sehr
niedlich darin aus. Da wir noch zu kindisch waren um zu kapieren wieso die Leute alle so
traurig und gereizt sind, haben wir etwas rumgealbert und wurden dann
gleich drauf ordentlich geschimpft. Meine Oma hat mir dann gesagt, das wir hier so richtig auf dem Land
sind und das die Leute hier alles viel genauer nehmen wie bei uns in
Perlach.
Jedenfalls kam dann irgendwann der Pfarrer und einige Leute
die einen Sarg getragen haben. Dieser wurde dann neben dem offenen Grab
abgestellt und der Pfarrer las irgendwelche Geschichten aus einem Buch
vor und erzählte dan noch einiges. Für mich war das alles
hochinteressant. Dann bespritzte der Pfarrer den Sarg mit Weihwasser
und ich hätte beinahe lachen müssen, weil der komische Dings
mit dem er das Weihwasser verspritzte aussah wie eine Klobürschte.
Glücklicherweise konnte ich mich beherrschen.
Dann wurde der Sarg
ins Loch runtergelassen und jeder lief daran vorbei uns warf Blumen
oder Erde auf den Sarg. Ich durfte auch mit einer kleinen Schaufel Erde
hinunterschmeissen und bekam dann eine leichte Schelln von meiner Oma,
weil ich zu dem Sarg hinuntergewunken habe und servus gesagt habe.
Einige ältere Frauen bekamen richtige Heulanfälle und mussten
von zwei anderen Leuten gestürzt werden. Vor dem Friedhof wurde
dann noch viel geredet, jeder mit jedem und Bildchen des oder der
Verstorbenen wurden verteilt.
Dann sind wir in die Wirtschaft gefahren
wo es ein Essen gegeben hat. Es war der Gasthof "Grüner
Baum", den es auch heute noch gibt, wie ich unlängst feststellte
als ich mit dem Zug nach Ampfing gefahren bin. Da wurden dann eben
diese Erinnerungen wach von denen ich gerade berichte. Die Wirtschaft
selber war gar nicht schlecht. Im vorderen Bereich sassen ein paar
Männer mit Maßkrügen und im hinteren Bereich war ein extra
Saal wo wir uns alle hineinsetzten. Ich sass zwischen meiner Oma und
meiner Tante und direkt mir gegenüber, in etwa 10 Meter
Entfernung, da sass Sylvia. Meine Oma hat gesagt ich könne mir
bestellen was ich will. Da ich damals noch kein so großer
Schnitzelfan war, kamen nur zwei Sachen in Betracht. Entweder Hendl
oder Schweinsbraten. Allerdings wurde mir gleich klargemacht, das wenn
ich ein Hendl haben möchte, dieses mit Messer und Gabel essen
müsse, weil sich das in so einer Situation so gehört. Hendl
mit Messer und Gabel. Sonst noch was. Ein Hendl isst man mit den
Fingern weil es sonst nach nix schmeckt.
Aber es half alles nix, also
verzichtete ich auf das Hendl und bekam stattdessen Schweinsbraten mit
Knödeln. Ja, soweit war eigentlich dann alles in bester Ordnug,
aber leider leider fing etwa alle fünf Minuten eine der alten
Weiber an zu schreien "Wir beten nochmal zur Mutter Gottes......". Oh
Mann. Das hiess alles liegen lassen, Hände falten, in die
Tischdecke starren, ein betroffenes Gesicht machen und warte bis die mit ihrer Litanei fertig waren.
Ich weiss nicht mehr wie oft das an diesem Nachmittag der Fall
war, aber wie wir heimgefahre sind da hab ich im Zug zu meiner Oma
gesagt, das die heilige Maria heute bestimmt Ohrenweh hat von dem
ganzen Gejammere das sie sich hat anhören müssen. Das hat
sich meine Oma gut gemerkt und hat diesen Satz dann in den kommenden
Jahren so manchesmal abgelassen wenn die Onkels und Tanten zu Besuch
waren. Außer natürlich wenn die Tante aus Dorfen zu Besuch kam.
Einige Jahre später starb dann Tante Gini. Da lief dann
alles ungefähr ähnlich ab, nur das die Jammerei zur heiligen
Maria nicht ganz so intensiv war und ich auch recht traurig war, denn
diese Verstorbene hatte ich ja gekannt. Aber ich war eben noch etwas zu
jung für solche Sachen und somit habe ich das alles bald vergessen
und nur noch selten an jene Tante mit dem gefährlichen
Klohäusl gedacht. Tante Leni kam auch manchmal zu uns auf Besuch.
Wie ich noch kleiner war hab ich sie manchmal mit meiner Oma oder
meinem Vater vom Ostbahnhof abgeholt. Manchmal durfte ich sie auch
alleine abholen. Ich kannte mich ja gut aus am Ostbahnhof und wusste
auch genau mit welchem Bus wir dann fahren müssen. Tante Leni hat
sich dann immer sehr gefreut und fast jedesmal bekam ich dann zehn Mark
von ihr geschenkt, die ich aber sparen musste, wie sie immer betonte.
Das Geld hab ich dann immer einige Tage brav aufgehoben und wie dann
niemand mehr daran dachte bin ich zum Nordmende gegangen und hab mir
eine oder zwei Singles dafür gekauft.
Ausserdem gabs
grundsätzlich bei den Besuchen von Tante Leni am Nachmittag Kaffee
und selbstgebackenen Kuchen. Meistens hat meine Oma einen Guglhupf oder
einen Marmorkuchen gebacken. Da durften ich und mein Vater dann immer
am Teig naschen und die Teigschüssel auslecken und der Kuchen
selber war auch nicht schlecht.
Soweit meine Erinnerungen an die Fahrten von und nach Dorfen.
Ebenfalls irgendwann zwischen 1968 und 1972 sind mein Onkel Hubert,
meine Oma meine Tante (die wo bei uns wohnt) und die Tante welche die
Frau vom Onkel Hubert war und ich
zur
Wieskirche gefahren. Die Wieskirche steht bei Steingaden. Ich weiss
noch genau wie schön das Wetter war und wie greislig die Kirche
von aussen war, weil grade etwas renoviert wurde und ein Gerüst
rund um die Kirche stand. Im Inneren der Kirche war alles gut
geschmückt und verziert, allerdings habe ich nie verstanden was an
dieser Kirche besonderes sein soll, weil die in Perlach war ja viel
größer und auch von der Inneneinrichtung hatte die mehr zu
bieten. Das mit der Geschichte der Wieskirche und den ganzen Sinn
daran, habe ich damals natürlich weder gewusst noch verstanden.
In der Kirche waren ein oder zwei Abschnitte wo massenweise Zettel an
die Wand gepappt waren. Alle mit irgendwelchen Sprüchen oder
kurzen Geschichten. Ich erinnere mich zwar noch das ich die Zettel
gesehen habe und auch einige gelesen habe, aber den Sinn des Ganzen
habe ich auch hier nicht kapiert. Meine Oma hat mir dann erklärt,
das es lauter Zettel von Leuten sind, die der Maria, dem Jesus oder
sonst irgendwelchen Heiligen für irgendwas gedankt haben.
Ich hab mir dann ewig lang eingebildet das der Jesus und seine heiligen
Spezln in der Nacht in dieser Kirche herumgehen und die Zettel lesen.
Erst viel später hab ich dann kapiert wie das alles eigentlich
gemeint war :-)
Und genau genommen haben mich die Kühe die ganz in der Nähe
geweidet haben viel mehr interesiert wie die Kirche selber. Und die
Landschaft war sowieso super. Berge und Wiesen und Wälder, das war
doch viel schöner wie der blöde Starnberger See. Und in einem
Gasthof direkt vor der Kirche haben wir damals dann etwas gegessen.
Damals wusste ich natürlich auch noch nicht das ich etwa 30 Jahre
später noch recht oft an diese Kirche kommen werde, dazu dann aber
später mehr wenns soweit ist.
Ebenfalls sehr interessant war eine Reise zu einer mir sehr unbekannten
Tante, die in Velburg in der Oberpfalz auf einem Bauernhof wohnte.
Soweit ich mich erinnere erschien diese irgendwann plötzlich und
unerwartet auf der Bildfläche und hat mich und meine Oma für
ein paar Tage auf ihren Bauernhof eingeladen. Zu einer Art
Erholungsurlaub. Soweit ich mich erinnere hat es mir dort recht gut
gefallen, allerdings auch mehr die Tiere und einige der Kinder die
ebenfalls dort urlaubten oder Ferien hatten.
Dort lernte ich dann auch
die beliebten U-Hakerl kennen. Man nehme einen Streifen Papier, rolle
es eng zusammen und knicke es dann und spanne es dann in einen Gummi
ein den man zwischen Daumen und Zeigefinger spannt. Dann zieht man den
Gummi samt U-Hakerl nach hinten und lässt los. Mit etwas Geschick
trifft man dann auch das was man treffen will. Ich und so manch anderer
U-Hakerl-Anfänger trafen meist aber nur die eigene Hand und das
konnte ganz schön zwieveln. Nach einigen Übungen entwickelte
dann jeder seine eigene Taktik wie er das U-Hakerl abschiesst. Dort auf
dem Bauernhof gabs dann so manche U-Hakerl-Schlachten und es war sehr
lustig. Abends sassen wir stundenlang da und machten uns Schachtelweise
Munition, die wir uns am nächsten Tag in die Hosentaschen
stopften. Und dann gings los.
Ich erinnere mich noch gut an den dicken
Robert. Ich stand unter einer Holztreppe und der dicke Robert kam in
kurzen Hosen die Treppe runter. Seine nackten Oberschenkel waren
vielleicht 30 Zentimeter von meinem Geschoss entfernt. Und wie es dann
mit voller Wucht auftraf, da jubilierte der dicke Robert in den
höchsten Tönen und er sprang lustig auf der Treppe herum.
Manche waren richtige Meister. Ein Mädel war dabei, schon etwas
älter wie ich, die konnte so gut schiessen das sie aus ein paar
Meter Entfernung eine leere Zigarettenschachtel vom Zaun oder vom
Geländer runterballerte. Ein älterer Sohn jener Tante hat mir
dann gesagt, das es noch viel mehr Wirkung hat wenn man den Filter
einer gerauchten Zigarette knickt und mit dem losballert. Und ganz schlimm wirds
wenn man ein Stück Kabel knickt und mit dem dann ballert. Das mit
dem Zigarettenfilter hab ich getestet, das mit dem Kabel hab ich mir
gemerkt und mir vorgenommen es daheim dann zu probieren wenn ich
ungestört im Zimmer bin.
Das Mädl, die Meisterschützin,
die ist mir nicht nur durch ihre Treffer aufgefallen sondern auch von
der Art her. Ich war natürlich noch viel zu jung und viel zu
schüchtern um zuzugeben das sie mir ganz gut gefällt. Ihr es
zu sagen hätte ich mich nie und nimmer getraut. Sie hatte an jedem
Tag an dem ich sie sah eine Jeans an und Turnschuhe.
Blonde
schulterlange Haare hatte sie auch. Sie war nicht gerade dürr,
aber auch nicht dick. Etwas besser beinander, wie mein Vater gesagt
hätte. Wie wir wieder einmal eine U-Hakerl-Schlacht gemacht haben,
da haben sich der dicke Robert und ich im Heustadl versteckt. Ich oben
unterm Dach und der Robert unten. Jeder von uns getarnt mit Heu.
Nach einiger Zeit kam dann die Blonde herein und noch ein paar von der
gegnerischen Mannschaft. Der Robert hat sich um den Heuhaufen
rumgeschlicken und sich dann flach hingelegt und dann geschossen und
die Blonde voll am Hintern getroffen. Die quiekte los und hat sich
umgedreht und den Robert gesehen. Ich hab alles von oben beobachtet.
Da der Robert nicht besonders schnell war beim Abhauen hat sie ihn
natürlich erwischt bevor er aufstehen konnte. Und wieder bekam er
zwei gezielte Treffer auf die nackten Wadln verpasst. Der Robert hat
sich dann am Boden gewälzt und wollte in den Heuhaufen
flüchten. Und die Blonde hat dann einen Fuß auf den Robert
seinen Rücken gestellt und gedroht das er ein U-Hakerl voll auf
den Arsch kriegt wenn er abhaut. Ich hab das von oben alles gesehen und
hab mir gedacht, wie gern wär ich jetzt am Robert seiner Stelle.
Der Robert hats allerdings weniger genossen. Dann kamen auch die
anderen in den Heustadl herein und natürlich wurde ich dann
entdeckt und ich hatte die Wahl freiwillig runterzukommen oder mit
einigen Treffern runtergeholt zu werden. Wie ich dann unten war machte
der Robert einen weiteren Fluchtversuch und einer rief, das der Robert
abhaut. Und die Blonde hat sich dann für ein paar Sekunden voll
auf seinen Rücken gestellt und der Robert hat geplärrt wie
wenn er umgebracht werden würde. Und wieder dachte ich mir, wie
gern
ich doch am Robert seiner Stelle wäre. Natürlich wars
für alle ein Spaß und nachdem klar war wer gewonnen hat
gings ab in den Kuhstall wo gerade die Kühe gemolken wurden und
jeder von uns eine Tasse ganz frischer Kuhmilch bekam.
Das mit den
U-Hakerln ist dann bei mir zur Sucht geworden. Wie ich wieder daheim
war hab ich unzählige U-Hakerl aus Papier angefertigt und so
manches Elektrokabel abgeschält und aus dem blauen, braunen und
gelb-grünen Kabel schöne harte U-Hakerl gemacht. Tja, so war
das in Velburg. Geschlafen hab ich mit meiner Oma in einem Zimmer in
einem großen Bett. Nach ein paar Tagen sind wir dann wieder
heimgefahren. Die Blonde hab ich übrigens nie wieder gesehen.
Daheim angekommen hab ich mich dann gleich ans Herstellen von
Papier-U-Hakerln gemacht und ein paar Gummis besorgt. Mit den
sogenannten Weck-Gummis konnte man auch einen ganz schönen Schwung
erzielen, allerdings liesse sich die sehr schwer spannen. So probierte
ich nach und nach verschiedenen Gummis und Schussarten aus. Am besten
gings mit zwei Gummis die zwischen Daumen und Zeigefinger gespannt
waren, oder mit einem größeren Gummi den man doppelt
gespannt hatte. Zuerst ballerte ich viel im Zimmer herum, bald drauf
auch aus dem Fenster. Auf dem Dach gegenüber sammelten sich einige
der U-Hakerl an, die nicht in die Dachrinne gerutscht waren sondern an den
Dachziegeln hängenblieben. Ich konnte nur hoffen das sie niemand
entdeckt bevors richtig zu regnen anfängt. Einige flogen auch
übers Dach drüber. Schliesslich fing ich an einige
Elektrokabel zu entblättern um U-Hakerl daraus zu machen.
Hier gabs auch zwei Sorten, die aus weichem Kabel die etwas länger
sein mussten und die aus hartem Kabel, bei denen man aufpassen musste
das man sie nicht zu sehr zusammendrückt weil sie sonst beim
Abschuss im Gummi hängenbleiben. Diese Hakerl hatten eine enorme
Einschlagkraft bei einem Treffer. Normales Papier konnte man
durchlöchern damit, auch zwei oder drei Blätter
übereinander konnte man immer noch gut durchballern. Selbst bei
dicken Quelle-Katalogen sah man den Treffer über mehrere Seiten.
Es wurde richtig zur Sucht. Irgendwann hatte ich dann einen ganzen
Schuhkarton voller U-Hakerl aus Kabel. Und dann gings so richtig los.
Anfangs ballerte ich nur so aus dem Fenster in die Gegend. Beim Spielen
fand man in der Umgebung immer wieder irgendwelche U-Hakerl in den drei
beschriebene Farben auf der Strasse. Schliesslich fing ich an auf
irgendwelche Leute zu zielen die unten rumstanden. Einer stand direkt
neben dem Zigarettenautomaten am KATRA-Haus. Den Passant hab ich zwar
nicht getroffen, aber dafür voll den Automaten und es hat einen
Knaller gegeben den ich bis in den zweiten Stock raufgehört habe.
Der Passant ist enorm erschrocken und ich bin sofort volle Deckung
gegangen. Ein paar mal hab ich das Spielchen dann gemacht und auch
manchen Rücken getroffen. Damals fand ichs lustig, heute bin ich
froh drüber das nix passiert ist. Auch mit Karli und Regina gabs
dann so manche U-Hakerl-Schlacht auf dem Speicher, im Zimmer oder im
Hausgang. Die Sucht endete dann etwa so schnell wie sie angefangen
hatte und eines Tages interessierten wir uns überhaupt nicht mehr
für U-Hakerl.
Soweit ich mich erinnere war das eigentlich alles was
größere Fahrereien und Reisen in meinem jüngeren Dasein
waren. Und eigentlich hats mir in meiner direkten Umgebung sowieso
immer besser gefallen wie irgendwo anders. Der Karli durfte (oder
musste?) fast jedes Jahr in den Ferien mit seinen Eltern nach Italien
mitfahren. Obs ihm wirklich so gut gefallen hat wie er gesagt hat,
weiss ich nicht. Auch die Regina ist mit ihren Eltern, inkl. Tante und
Oma, einmal im Jahr für ein oder zwei Wochen irgendwo hingefahren.
In diesen Zeiten waren die beiden Geschäfte auch immer geschlossen
und ich war in dieser Zeit fast immer daheim im Zimmer und hab mich mit
Donald Duck oder Schallplatten beschäftigt.
Wenn der Karli nicht da war, dann war auch oft Regina bei mir im Zimmer
und wir haben Musik gehört, Heftl gelesen oder einfach nur
rumgeblödelt. Oft haben wir auch Verstecken gespielt. Während
sich der eine versteckt hat ist der andere ins Zimmer meiner Oma
gegangen und hat entweder eine gewisse Zeit gewartet oder bis zu einer
gewissen Zahl gezählt und ist dann wieder ins andere Zimmer
gekommen und fing an den anderen zu suchen. Oft gings schnell und man
sah gleich beim Reinkommen wo er sich versteckt hat, manchmal hats auch
ein bissl länger gedauert. Man darf auch nicht vergessen das wir
noch recht klein und schlank waren und auch in Ecken und
Zwischenräume kamen wo ein Erwachsener keine Schangs mehr hatte.
Meist versteckte man sich hinterm Schrank oder im Schrank oder unter
der Bettdecke. Irgendwann kam ich dann auf die Idee mich unter der
Couch zu verstecken (jene welche eines Tages von der Wohnküche ins
Zimmer von mir und meinem Vater umzog). Ich legte mich aber nicht
einfach drunter sondern schob die Beine durch die Holzlatte die zur
Verstärkung am Boden der Couch angebracht war, und mit den
Händen zog ich mich an der anderen Holzlatte hoch, die am Kopfende
unter der Couch war.
Nach kurzer Zeit sah ich Regina
wie sie an der Couch vorbeiging. Sie hatte schwarze Mokassins an mit
einem ziemlich niedrigen Absatz. Aber irgendwie sahen diese Schuhe
saugeil aus an ihr, dazu hatte sie noch weisse Socken an. Ich
hörte wie sie den Kleiderschrank öffnete. Er hatte drei
Türen. Alle drei gingen auf und wieder zu, aber nirgends war ein
Bertl drin. Schätzungsweise sah sie dan hinter denn Schrank, aber
auch hier war kein Bertl zu finden. Dann sah sie sogar unter die Couch,
allerdings nicht weit genug drunter, weil sonst hätte sie mich
gesehen. Scheinbar überlegte sie dann wo ich sein könnte und
sie setzte sich auf die Couch und liess die Füße
runterbaumeln. Wieder sah ich die schwarzen Schuhe und in mir kam eine
richtige Gier zum Vorschein, das ich diese Schuhe unbedingt einmal
anfassen müsse. Dann rutschte sie von der Couch und ging nochmal
durchs Zimmer.
Aus irgendeinem Grund machte ich dann irgendein
Geräusch und sie sah nochmal unter die Couch, aber von der
Vorderseite, was ich nicht gesehen habe. Dann lachte sie und rief, das
ich unter der Couch bin. Dann sprang sie auf die Couch und auf ihr
herum. Dummerweise sprang sie grad in dem Moment von der Couch runter
wie ich hervorkroch und sie landete voll auf meiner Hand. Irgendwie
tats schon weh, aber irgendwie fand ichs auch schön, so blöd
es sich vielleicht auch anhören mag. Zumindest fand ichs damals
doch irgendwie seltsam das es mir rein gar nichts ausgemacht hatte.
Regina lachte eigentlich nur und fands lustig und sie meinte, das sie
es so gut findet das mir das gar nichts ausmacht.
Tja, wenn die gewusst
hätte und wenn ich mich damals schon was sagen traun hätte.
Einige Zeit später waren wir dann wieder zu Dritt und spielten in
hinteren Hinterhof das Spiel "Kaiser wieviele Schritte darf ich gehen",
manchmal auch als "Ox vorm Berg" bekannt. Das Spiel ging so, das einer
den Kaiser spielte und die anderen die Soldaten oder Diener oder Beamte
oder was immer halt grad vom Kaiser gewünscht wurde. Ziel des
Spiels wars, die große Mauer des Hauses als erster zu erlangen.
Der Gewinner war dann automatisch der Kaiser für die nächste
Runde. Der Kaiser bestimmte dann wie weit man gehen darf. Da gabs dann
verschiedene Geh-Weiten, wie Riesenschritte, Sprung, normaler Schritt
usw usw. Eigentlich fiel uns fast immer irgendwas neues ein wie weit
man jemand gehen lässt. Nur rückwartsgehen, also zurück
in Richtung Start, das war verboten. Unter anderem gabs da auch noch
die in Bayern berühmten "Hennadabbal", also nur ein bis zwei
Zentimeter vorwärts, oder die Handbreit. Alles in allem waren wir
uns immer einig was die Schritt- oder Springlänge betrifft. Nur
bei der Handbreit waren wir uns nicht so recht einig, weil es kam ja
drauf an obs die breite Hand von mir oder vom Karli oder die nicht so
breite Hand von der Regina war. Mag sich jetzt blöd anhören, aber das war sehr wichtig
für uns. Wenns die eigene Handbreit war, dann wars kein Problem,
die Hand wurde vor die große Zehe bzw vor dem Schuh gelegt und
hintere Fußteil dann an der anderen Seite der Hand wieder
angesetzt. Meistens trugen wir damals übrigens sogenannte
Klapperl, für die Nicht-Bayern und Nicht-Österreicher
"Klapperl = Sandalen".
Oft spielten wir aber auch barfuß. Eines schönen
Tages dann hatte die Regina wieder diese schwarze Mokassins an und ein
rotes Kleidchen. Und wieder spielten wir dieses Spiel. Der Karli war der Kaiser und er
bestimmte wie weit jemand gehen darf. Irgendwann kams dann zur
Handbreit, also zur breiten Hand des Kaisers Karli. Er legte seine Hand
vor Regina auf den Teer und die latschte aus einem mir nicht bekannten
Grund mit einem Fuß voll auf seine Hand drauf und setzte dann den
anderen exakt am Ende der Hand wieder auf. Ich musste lachen, die
Regina lachte auch und der Karli jammerte weil es ihm wehgetan hat. Er
schimpfte die Regina "bläds Weib". Die Regina meinte dann, das es dem Berti nix ausgemacht hätte und
er sich nicht so anstellt. Der Karli war dann sauer und ging heim. Ich
und Regina spielten weiter und irgendwie dachte ich mir, heute ist
endlich der Tag gekommen wo sich mein Wunsch zum Teil erfüllen
könnte. Und so liess ich die Regina eine handbreit gehen und sie
trat auch mir auf die Finger und setzte den andern Fuß direkt am
Ende der Hand ab und lachte und freute sich das ich mich nicht so
anstelle wie der Karli. Ja, und ich hab das alles dann ausgenützt
und liess sie eine Handbreit nach der nächsten gehen und immer
wieder trat sie mir auf die Finger und blieb irgendwann dann gleich auf
meiner Hand stehen. Sie fands genau so lustig wie ich. Ob sie es
allerdings immer noch so lustig gefunden hätte wenn sie gewusst
hätte welche Gefühle das in mir weckt, ist fraglich.
Aber
egal. Natürlich konnte der Karli das alles nicht auf sich sitzen
lassen und er sann zwar nicht unbedingt auf Rache, aber er wollte doch
zeigen das er mindestens genau so viel aushält wie ich. Wir haben
daraus dann nicht "wer mehr aushält" sondern "wer mehr Kraft hat"
gemacht. Rein vom Körperbau war der Karli kräftiger wie ich
und wenn er mich im Schwitzkasten hatte, dann kam ich nie raus
bis er mich losgelassen hat. Auch im Armdrücken war er fast immer
der Gewinner. Ich hätte auch so ohne weiteres zugegeben das er der
stärkere von uns beiden ist. Aber so einfach war das nicht. Der
Karli sah jedenfalls gar nicht ein das er sich auf die Finger treten
lässt. Er meinte, er muss sich noch was überlegen wie wir das
dann alles genau ausmachen. Ausmachen war für uns der Ausdruck
dafür, wenn es noch irgendetwas zu klären gab, oder wenn wir
noch irgendwas vorhatten, egal ob für heute, morgen, oder in drei
Wochen. Wir mussten dann alles genau ausmachen damit auch nix schief
geht.
So vergingen dann ein paar Tage und irgendwann kam am frühen
Abend im Fernsehen irgendeine Serie, in der zum Schluß ein Mann
wegläuft über eine Wiese und eine Frau im weissen
Sommerkleidchen hinter ihm her. Aus irgendeinem Grund fiel der Mann
dann hin (in Wirklichkeit wird er sich fallen lassen haben) und wie ihn
die Frau erreicht, setzt sie lachend einen Fuß auf seinen Bauch.
Schöne Schuhe hatte sie auch an, es waren so weisse Pumps im Style
der 1950ger Jahre, also spitz und mit Absatz. Sekunden später
lagen dann beide übereinander im Gras und knutschten herum. Leider
weiss ich nicht mehr welche Serie das war, aber es war eine deutsche
schwarzweiss Serie und die musste irgendwann in den 1960ger Jahren
gedreht worden sein. Ist ja auch völlig egal. Tatsache ist, das
rein zufällig der Karli, die Regina und auch ich diese Serie
gesehen haben und so kam am nächsten Tag dann der Karli auf die
Idee, das wir das auch machen. Ich hab mich zwar gewundert, weil wenn
ihm die Regina auf die Hand tritt dann jammert er, aber auf den Bauch
würd er sie draufsteigen lassen, aber gut. Jetzt musste nur noch
eine Unterlage her. Weil eine direkte Wiese hatten wir ja nicht und wir
wollten auch nicht das uns jemand sieht.
Die Regina organisierte dann
eine Decke und ein kleines Kissen aus dem Aufenthaltsraum vom
Blumenladen. Ich hab sie dann noch überredet das sie wieder diese schwarzen
Schuhe anzieht, denn mit Klapperln wars ja langweilig. Dann sind wir
mit dem ganzen Zeugs auf den Speicher gegangen. Speicher vom Haus 25.
Da zu der Zeit die Speichertüre eh nie abgesperrt war kamen wir
ohne Probleme hinein und breiteten im hinteren Bereich die Decke aus.
Krach gemacht haben wir keinen, also hörten wir schon wenn jemand
kommt und eigentlich haben wir ja nicht vorgehabt etwas anzustellen. Da
der Karli der Herausforderer war musste er auch anfangen. Also legte er
sich, von ein paar wichtigen Sprüchen begleitet, auf die Decke und
den Kopf aufs Kissen. Dann sagte er zur Regina, sie soll den Fuß
auf seinen Bauch stellen. Wahrscheinlich meinte er, sie soll ihn sanft
draufstellen, aber die Regina hat ihn gleich wuchtig aufgesetzt das dem
Karli die Luft ausgegangen ist. Wieder schimpfte er, aber diesmal
musste er durch.
Dann hat die Regina angefangen ihr Gewicht auf den
einen Fuß zu verlagern. Bis zu einem gewissen Punkt hat es der
Karli ausgehalten, aber dann fing er an zu japsen.
Dann war ich an der
Reihe. Ich legte mich auf die Decke, den Kopf aufs Kissen und grinste
die Regina an. Die setzte auch mit einer gewissen Wucht den Fuß
bei mir auf und auch mir ging leicht die Luft aus. Immer fester wurde der
Druck, ich gebe zu, ich hab es sehr genossen. Dann sagte sie, das sie
fester nicht kann und das der Berti gewonnen hat.
So genau konnten wir das alles trotzdem nicht ausmachen, weil der Karli
natürlich mich beschuldigte das dich die Regina nicht so fest
aufdrücken lassen hab wie sie es bei ihm gemacht hat und so weiter
und so fort. Also einigten wir uns drauf, das die Regina einmal
über jeden von uns drübergehen muss, weil sie da mit dem
ganzen Gewicht kurz draufsteht. Wer das aushält, der hat gewonnen.
Die Decke haben wir dann ganz ausgebreitet so das wir beide
nebeneinander liegen konnten und dazwischen auch noch Platz war das
sich die Regina hinstellen konnte wenn sie von einem runtergestiegen
ist.
Ich hab angefangen. Die Regina ging auf mich zu, trat auf meinen
Bauch und stieg gleich wieder runter. Ehrlich gesagt hats mir gar nix
ausgemacht. Das selbe dann beim Karli.
Der machte wieder die typischen
Geräusche die man macht wenn einem die Luft rausgedrückt
wird. Wieder waren wir uns nicht so recht einig, die Regina bestand
drauf das ich gewonnen habe weil ich leise war und der Karli nicht.
Wieder gabs ein hin und her und schliesslich sagte die Regina, sie
machts jetzt so wie sie meint und stellte sich voll auf den Karli
seinen Bauch drauf. Gedauert hats nur wenige Sekunden bis er sie fast
runtergeschubst hat. Ich musste lachen und der Karli hatte eine
knallrote Birne. Er ist dann auch aufgestanden und hat gesagt, das er
gewonnen hat weil ich das sowieso nicht mache.
Da hat er sich
getäuscht. Kurz drauf trat die Regina dann auf mich drauf. Zuerst
auf den Bauch. Da trat sie dann etwas herum und stieg dann auf die
Brust. Da trat sie auch wieder etwas herum und blieb dann irgendwo auf
mir stehen. Ich grinste den Karli an, der sich recht geärgert hat.
Die Regina meinte dann, das der Berti gewonnen hat und so wars dann
auch. Ich hätte an dem Tag am liebsten die ganze Zeit die Regina
auf mir stehen gehabt. Den Ausdruck "geil werden" kannte ich damals
noch nicht, aber wenn ich ihn gekannt hätte, dann würde ich
sagen, er hätte voll und ganz zugetroffen. Aber in den
nächsten Tagen und Wochen kams dann noch viel besser, denn da
fingen wir dann erst so recht an uns gegenseitig aufzuziehen wer sich
jetzt was traut und wer nicht. Herhalten musste meistens die Regina,
aber wie gesagt, ich glaub die hats gern gemacht.
Etwas später
dann noch etwas mehr zu dem recht interessanten Thema ;)
Im Jahr 1969 war auch die erste Mondlandung. Ich weiss noch genau wie
ich da in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett gescheucht wurde und
wir dann versammelt vorm Fernseher sassen und sehr gespannt waren was
passiert wenn die Raumfähre auf dem Mond aufsetzt. Ich hab mir da
die irrsinnigsten Dinge zusammengedichtet, obwohl ich eigentlich nie
Science-Fiction-Romane gelesen habe. Ich dachte mir, was würde
passieren wenn die Mondfähre den Mond verfehlt und seitlich dran
vorbeifliegt? Oder wird sie vielleicht im Mond versinken wenn sie
aufsetzt? Oder kommen irgendwelche Ausserirdische die das Teil dann
zerstören oder einschmelzen? Und wenn dann Mister Armstrong die
Leiter runtergeklettert ist, was würde passieren? Ich war ja sowas
von gespannt.
Passiert ist letztendlich dann nichts, aber es war schon
ein Erlebnis. Vor allem hatten wir am nächsten Tag schulfrei damit
sich jeder in Ruhe die Mondlandung anschauen kann. Mann wer hätte
das gedacht das irgendwer auf dem Mond rumläuft, den ich schon als
Kind immer gerne gesehen habe, vor allem wenn Vollmond war. Ich liebte
es schon als junger Knabe wenn nachts der Mond durchs Fenster schaute
und mir ins Gesicht schien. Ich weiss auch noch ganz genau wie Regina
und ich an einem Spätherbsttag in der Scherbaumstrasse unterwegs
waren in Richtung nach Hause. Der Vollmond war am Himmel, dazu ein paar
Sterne, es war schon sehr romantisch wie wir da Hand in Hand
heimgegangen sind. Irgendwie sehe ich das Bild noch vor mir wie wenns
gestern gewesen wäre.
Der Mond war auch in späteren Jahren in
so mancher Nacht mein einziger Begleiter. Oft auch dann, nachdem mein
Vater die Arbeit gewechselt hatte und nicht mehr bei der Asphaltfirma
gearbeitet hat sondern bei der Wach- und Schliessgesellschaft. Ich hab
ihn immer geärgert weil ich gesagt habe Lach- und
Schieß-Gesellschaft :-) Wenn ich dann nachts alleine im Bett lag,
konnte ich den Mond durchs Fenster der Balkontüre sehen
und dann zuschauen wie er langsam nach rechts gewandet ist. Auch in
viel späteren Jahren war der Mond am Nachthimmel über mir
wenn ich, manchmal auch nicht ganz nüchtern, heimgegangen bin.
Dazu aber dann viel später noch viel mehr.
Die Nacht, bzw. der Morgen oder der Tag der Mondlandung war abgesehen
vom schulfrei auch noch in einer anderen Hinsicht ein recht
interessanter Tag.
Regina, Karli und ich waren unten am Anfang der
Josef-Beiser-Strasse. In der Mauer am Haus 25 waren entlang der Strasse
bis zur Einfahrt Metallstangen in die Wand eingelassen. Die sollten zum
einen darauf hinweisen das unter einigen Fenstern die Gitter der Keller
sind und zum anderen davor schützen das irgendwer aus welchem
Grund auch immer gegen die Wand läuft. Nein Schmarrn, wer
wäre schon so blöd und würde gegen eine Hauswand laufen.
Einige sperrten an der Stange ihr Radl ab, andere banden ihren Hund
dort an wenn sie kurz zum einkaufen gingen und wir Kinder lehnten oder
sassen gerne auf dieser Stange. Bevorzugt im vorderen Bereich beim
Fußweg bzw. an der Strasse. An dem Tag kam auch Gertrud, die
Tochter vom Äde, vorbei und gesellte sich zu uns. Wir unterhielten uns
natürlich über die Mondlandung und jeder war ganz begeistert.
Gertrud war die einzige die es beherrschte sich so an die Stange zu
hängen das sie sich mit den Kniekehlen einhakte und dann den Kopf
runterbaumeln liess. Dann zog sie uns auf das wir das nicht
können. Die Regina hats erst gar nicht probiert, aber der Karli
und ich haben es probiert.
Nach längerem hin und her haben wir es
dann gewagt und der Erfolg war, das wir uns beide ganz furchtbar die
Köpfe, da wo das Hirn ist, am Teer und da wo der Hinterkopf ist, an der Hauswand
angehaun haben. Und zwar so dermassen das wir beide zu Boden gingen und
sogar ziemlich geblutet haben. Wir sind dann sofort heimgelaufen, der
Karli zu sich und ich zu mir rauf. Meine Oma und mein Vater haben das
gleich genauer angeschaut und abgetupft und mein Vater meinte, das wir
die Haare abrasieren müssen um genau zu sehen was da los ist. Ich
hab mich natürlich geweigert. Erfolgreich.
An diesem Tag hatten
sowohl mein Vater wie auch der Vater vom Karli die gleiche Idee und der
Karli und ich sahen uns dann kurz drauf im Krankenhaus wieder, wo wir
vom zuständigen Chefarzt Dr. Hanfstaengl (übrigens ein
besserer Bekannter meines Vaters, die beiden waren auf Du) besichtigt und zammgeschissen wurden, nachdem wir erzählt haben
wie es zu der Verletzung kam. Die Haare wurden uns beiden nicht
abrasiert, dafür bekamen wir so ein brennendes Zeugs auf die Wunde
und einen weissen kleinen Verband der mit einem Pflaster befestigt
wurde. Der Doc sagte dann noch, das wir beim Entfernen des Pflasters
sicher ein paar Haare lassen werden, aber dann merken wir es uns
wenigstens das man nicht mit dem Kopf gegen das Strassenpflaster
donnert. Lachen mussten wir dabei auch noch, und das war zumindest
für meinen Kopf weniger gut. Noch mehr mussten wir dann lachen wie
wir uns gegenseitig gesehen haben, jeder mit so einem weissen Dings am
Kopf. Wir beschlossen die kommenden Tage die Wohnung erst einmal nicht
zu verlassen, und wenn, dann nur ganz schnell um den anderen zu
besuchen.
So richtig eklig wurde es dann wie nach wenigen Tagen das Pflaster
runtermusste. Mein Vater hat an meinem Kopf rumgedoktert und trotz
aller Mühe liess es sich nicht vermeiden das er doch ein paar
kleinere Haarbüschel mit der Schere absäbeln musste. Noch
nerviger war das verkrustete Blut, denn automatisch fieselt man mit den
Fingern daran herum.
Und dann musste ich mir irgendwann auch die Haare
waschen weils anfing zu jucken. Beim Karli kam scheinbar auch die
Scheere etwas zum Einsatz, denn bei ihm sah man recht deutlich wo das
Pflaster war. Immerhin hatte keiner von uns geweint und darauf
waren wir stolz. Und nach einiger Zeit war auch alles wieder in
Ordnung, die Haare passten wieder und das Loch im Kopf war zugewachsen
und glücklicherweise sind auch keine Flausen verschwunden die wir
immer im Kopf hatten. Wir haben seitdem übrigens nie wieder
versucht uns irgendwie mit den Kniekehlen an irgendwelchen Stangen
festzuhalten.
Irgendwann so ziemlich gegen Ende der 1960ger und Anfang der 1970ger
Jahre, erschienen im Haus 25 dann mehrere Bauarbeiter. Vorher wurden
alle Bewohner darüber informiert, das der Speicher zum einen
ausgebaut und zum zweiten verkleinert wird. Hintergrund war, das der
Speicher zuviel Platz wegnimmt den eigentlich keiner so richtig braucht
und man stattdessen im dritten Stock eine Wohnung einbauen könnte.
Es folgten einige Wochen mit viel Lärm und Dreck und Staub. Klar
wars interessant zuzuschauen wie die Maurer und sonstigen Arbeiter
alles zammgebastelt haben, aber Spielen im Hausgang oder
Treppenrutschen war während dieser Zeit unmöglich. Ausserdem
verschwand die alt bekannte Türe zum Speicher und es wurde ein
großes Loch in die Wand gehauen wo eine neue Eisentüre mit
stabilem Schloß eingebaut wurde. Somit war der Eingang zum
Speicher nicht mehr direkt über der Eingangstüre von unserer
Wohung, sondern genau in der Mitte der Wand. Im Speicher drin entstand
eine gigantische Betonwand, da wo man von der Türe wenn man
reinkommt, auf der linken Seite. Scheinbar wurden in der neuen Wohnung
auch gleich Teppichböden verlegt, denn der Rest, der anscheinend
übrigblieb, wurde dann kurzerhand am Boden im Hausgang von
Stockwerk 1, 2 und 3 verlegt. Sah eigentlich ganz gut aus. Irgendwann
war dann alles fertig und wir waren sehr gespannt wer da wohl einziehen
wird.
Der Speicher war natürlich nicht mehr so wie er war. Anfangs waren
wir entsetzt. Ausserdem war jetzt immer abgesperrt und jeder Mieter
bekam einen Schlüssel. Meistens sind wir also mit dem
Schlüssel von uns hineingegangen. Ich habs immer so gemacht, das
ich den Schlüssel eingesteckt hab, dann oben die Tür
aufgesperrt hab und dann den Schlüssel wieder an den
Schlüsselhaken gehängt habe. Einen Vorteil gabs aber im neuen
Speicher. Da wo die Betonwand errichtet wurde war oben massenweise
Platz und die bekannte Leiter lehnte an der Betonwand. Es war klar das
wir bei der ersten Gelegenheit die wir hatten hinaufgestiegen sind.
Ja
es war schon gigantisch dieser Bereich des Speichers. Ganz hinten, da
wo das 25ger Haus endete und wo das Dach in die Seitenmauer
überging, da konnte man durch ganz kleine Ritzen noch durchschauen
und somit einen Blick in den Speicher von Haus 23 werfen oder auf der
anderen Seite zum Pfanzeltplatz vor. Durch diese begehbare Betonwand
war es ab jetzt auch ein leichtes aufs Dach zu klettern. Es waren
vielleicht noch zwei Meter, wenn überhaupt, um den Kopf durch die
Dachluke zu stecken. Und da oben lag sogar noch eine zweite, kleine
Leiter, die allerdings nicht grade einen stabilen Eindruck machte.
Endlich konnten der Karli, die Regina und ich aufs Dach schauen. Es war
schon ein gigantischer Ausblick. Ich zog mich einfach am Rand der
Dachluke hoch und schaute. Ich schaute eigentlich nicht, ich gaffte.
Rotes Blechdach, mit vielen Ecken und Winkeln, die Kamine, das
Schneegitter, ich war begeistert. Das alles dann noch im schönsten
Sonnenschein und blauem Himmel. Der Karli war genau so begeistert. Und
wir beschlossen, das wir baldmöglichst im wahrsten Sinn des Wortes
aufs Dach steigen werden und an der Mauer des Kamins unsere Zeichen
hinterlassen werden. Die Regina war die einzigste die sich nicht
hochziehen und nicht hinausschauen konnte. Der Karli versuchte sie
hochzuheben, aber das wurde auch nix genaues weil er sie beinahe mit
dem Kopf gegen das Dach gedonnert hätte.
Also kam ich wieder
in den Genuß und ich hatte auch nix dagegen mich auf alle Viere
zu begeben und die Regina auf meinen Rücken steigen zu lassen. Ich
konnte ja wie eine Hebebühne mehr nach oben und mehr nach unten
gehen. Regina hat den Ausblick ebenfalls genossen und ich genoss das
Gefühl das sie auf mir stand. Danach machten wir die Dachluke
wieder vorsichtig zu und kletterten hinunten und haben Speicher und
Haus verlassen.
Irgendwie kamen wir dann auf die Idee da oben auf der
Betonwand eine Art Lager einzurichten, wo wir uns zu geheimen Treffen
treffen. Nur wir drei sollten davon wissen und eingeweiht wurden
höchstens die Leute, denen wir absolut vertrauen konnten. Jetzt
gings ums Pläne schmieden. Wie solls werden, was muss mit rauf und
wie verstecken wir alles so das es niemand findet. In irgendeinem
Geschäft bekamen wir zwei Holzkisten geschenkt, also sogenannte
Obststeigerl, von der massiveren Sorte. Das waren schon mal zwei
Sitzgelegenheiten. Irgendwann kam dann noch eine Decke dazu und eine
Taschenlampe und das wars eigentlich auch schon, soweit ich mich
erinnere. Also nix besonderes.
Ein paar mal sind wir dann oben gesessen und haben uns recht wichtig
gemacht, aber was gescheites rausgekommen ist dabei natürlich
nicht. Genau genommen kam eigentlich gar nix dabei raus, aber das war
egal. Wichtig war nur das wir ein geheimes Lager hatten wo wir unsere
geheimen Treffen machten.
Eines Tages dann waren Regina und ich alleine
oben. Ich beschloß aufs Dach zu klettern und an der Wand vom Kamin ein
Zeichen und das Datum zu hinterlassen.
Also B - Datum. (Bertl Datum) Der kleinen
Leiter die oben war traute ich nicht so recht. Also stellten wir die
beiden Obstkisten übereinander und legten noch die Decke
zusammengefaltet drauf und ich kletterte hinauf und zog mich am Rand
der Dachluke nach oben. Wieder schien die Sonne und der Himmel war blau
und Regina himmelte mich an weil ich mich traute aufs Dach zu klettern.
Damals hab ichs locker geschafft mich hochzuziehen und die Beine auch
noch durch die Luke zu bringen und schon sass ich auf dem Dach. Da war
der Ausblick noch gigantischer wie wenn man nur den Kopf durchsteckte.
Bis ans Ende der Josef-Beiser-Strasse konnte ich sehen, sogar noch viel
weiter. Ans Abrutschen dachte ich nicht, obwohl ich barfuß oben
rumkletterte. Ich schätze mal wenn ich echt abgerutscht und echt
runtergefallen wäre, dann wär das mein sicheres Ende gewesen.
In der Hosentasche hatte ich ein Stück hellblaue Wachsmalkreide.
Also hab ich mich vorsichtig zum Kamin begeben, der nicht besonders
weit von der Luke entfernt war.
Auf der Vorderseite und an der Seite,
obs links oder rechts war weiss ich nicht mehr, schrieb ich B und das
Datum drauf. Bei der Gelegenheit konnte ich auch übers Dach zum
Pfanzeltplatz runtersehen. Von hier sah man erst so richtig wie hoch
die Kastanienbäume an der Anlage waren und wie hoch eigentlich das
ganze Haus war. Ich bedaure das es kein Foto davon gibt.
Dann versuchte
ich wieder an die Dachluke zu kommen. Hier merkte ich dann, das es viel
schwerer ist wieder zurück zu kommen als wie von der Luke zum
Kamin zu kommen. Ganz kurz dachte ich daran wie es wohl wäre wenn
ich es doch nicht schaffe, aber den Gedanken verwarf ich schnell
wieder. Vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter kann man schon
sagen, bin ich langsam zur Luke gerutscht. Ich gebe zu, ich war
irgendwie schon ein bissl froh wie ich wieder durch die Luke rutschte
und die Obstkisten unter den Füßen spürte.
Regina
wollte dann auch sehen ob ich was an den Kamin geschrieben habe. Ich
fragte dann gar nicht mehr sondern schob einfach die Kisten weg und
ging auf alle Viere um sie wieder auf meinen Rücken steigen zu
lassen. Klar hätte sie auch auf die Kisten steigen können,
aber mir wars ganz recht so. In dem Moment hab ich auch irgendwie
gemerkt das es manchmal doch mehr bringt wenn man nicht lange fragt
sondern einfach handelt. Nachdem Regina meine Zeichnung am Kamin
gesehen hat war sie fast noch mehr begeistert wie ich. Ich ging dann
fast bis flach runter auf den Boden damit sie bequem heruntersteigen
konnte. Sie meinte dann sogar, das sie keine Leiter mehr braucht wenn
ich dabei bin und sie das echt gut findet. Oh ja, ich fands auch gut.
Und ab diesem Nachmittag war grundsätzlich ich ihre Leiter. Kann
natürlich sein das es Einbildung war, aber irgendwie hatte
ich schon das Gefühl das es ihr auch gefiel wenn sie sich auf mich
stellen konnte. Besonders gut gefallen hat es mir natürlich immer
dann wenn sie die schwarzen Mokassins anhatte. Es dürfte klar sein
das ich ab dem Tag viele Gelegenheiten gesucht habe in diesen
Genuß zu kommen.
Bald drauf hab ich dann dem Karli erzählt
das ich auf dem Dach war. Er hats natürlich nicht geglaubt und so
sind er und ich auf den Speicher und er schaute aus der Luke und sah
das hellblaue B am Kamin. Die Kreide lag noch oben auf dem Betonboden.
Er sagte, das auch unbedingt ein K draufstehen muss, sonst bringt das
alles nix. Er versuchte es allerdings mit der kleinen Leiter durch die
Luke zu kommen. Lustigerweise hat die Leiter sein Gewicht ausgehalten
und er hats tatsächlich geschafft aufs Dach zu kommen. Da wars
dann aber auch schon, denn ohne auch nur den Versuch zu starten den
Kamin zu erreichen kletterte er wieder runter. Ein paar Tage
später hat ers dann nochmal versucht und da hat ers dann
tatsächlich geschafft und somit war auch ein hellblaues K mit dem
Datum etwas später am Kamin zu sehen. Witzigerweise hatte auch er
enorme Probleme vom Kamin wieder zurück zur Luke zu kommen. Tja,
Regina wollte dann natürlich auch ein blaues R am Kamin sehen.
Allerdings hat sie ihren Plan schnell wieder aufgegeben nachdem sie
etwa mit der Hälfte des Körpers durch die Luke war. Wir haben
sie dann beide festgehalten und sie hat irgendwo auf dem Dach, wo sie
halt noch hinkam, ein blaues R hinterlassen. Wir waren uns einig das es
schon so passt.
Was die neue Wohnung im dritten Stock betraf, so nach
und nach kamen einige Leute und besichtigten die Wohnung. Irgendwann
zog dann auch jemand ein. Ein Ehepaar, ich schätze mal so Mitte 30
werden sie gewesen sein. Mit Nachnamen hiessen sie Dietrich oder
Diedrich. Der Mann trug Brille und hatte einen Bart und die Frau hatte
längere blonde Haare. Und sie war Lehrerein! Seufz! Allerdings an
irgendeiner Berufsschule. Irgendwann gingen sie dann von Haustür
zu Haustür und stellten sich vor als die neuen Mieter vom dritten
Stock. Eigentlich waren es sehr nette Leute. Kinder hatten sie,
zumindest damals, keine.
Damals gabs auch die recht gute Radiosendung "Die Schlager der Woche"
die jeden Freitag auf Bayern 2 (ja, 2) gesendet wurde. Und zwar um
18.07 Uhr. Ich hörte sie mir grundsätzlich jeden Freitag an,
oft auch zusammen mit meinem Vater und wir haben uns oft geärgert
wenn ein Lied auf Platz 1 war das uns überhaupt nicht gefallen hat
oder wenn wir der Meinung waren das der Sänger ein Depp ist. Im
Jahr 1971 kam dann der Radiosender Bayern 3 raus und die "Schlager der
Woche" wechselten zu Bayern 3. Eigentlich völlig egal, aber mit
dem Radio das wir hatten bekamen wir Bayern 3 nicht rein und somit
waren die "Schlager der Woche" erst einmal Geschichte. Eines
schönen Freitags dann bekam ich bei einem Geheimbesuch auf dem
Speicher rein zufällig mit wie die neuen Mieter im Radio die
"Schlager der Woche" laufen hatten. Und zwar in einer Lautstärke,
das man es direkt vor der Türe hören konnte. Das
erzählte ich natürlich sofort der Regina und ab da
lümmelten wir jeden Freitag ab ca 18 Uhr vor der Türe der
Mieter im dritten Stock herum.
Wir freuten uns tierisch wenn Sweet,
Slade oder T-Rex dabei waren und ärgerten uns über Lieder von
Christian Anders oder Chris Roberts. Irgendwann wie wir wieder am
Boden
vor der Haustüre hockten und der Musik lauschten, da ging
die Türe plötzlich auf und die Frau die drin wohnte stand in
der Tür und staunte und fragte, was wir denn da machen?
Vom sehen
kannte sie uns ja. Wir haben ihr dann eben erzählt das wir uns die
Hitparade anhören weil wir den Sender nicht reinbekommen. Sie war
sehr nett und hat uns dann in die Wohnung gelassen und wir durften uns
direkt ans Radio setzen und zuhören. Sogar Limo hat sie uns
gegeben.
Ich erinnere mich noch genau daran das sie in dem Zimmer so
eine komische Holz-Klapperschlange hatte, die sich irgendwie klappernd
entfaltete wenn man den Kopf gedreht hat. Was die Musik betraf, so
hatten Regina und ich einen sehr ähnlichen Geschmack. Also Sweet,
Slade, T-Rex waren schon unsere Kragenweite. Sehr wenige Jahre
später entwickelte ich mich dann zu einem ganz großen
Sweet-Fan.
Momentan wars so, das der Rock'n'Roll zwar voll in mir war,
aber leider nichts großartiges neues rauskam was man kaufen
konnte. So wechselte ich dann ins Lager des Flower-Power und
Glitzer-Beats, später dann auch Glam & Glitter-Rock genannt.
Und eben da war der Sweet Sänger Brian Connolly die absolute
Nummer 1. An dem kam niemand ran, auch kein Gary Glitter.
Ich glaube ich bin aber jetzt zeitmässig schon ein bissl weiter
als wie bis 1972 :-) Deswegen jetzt Themawechsel und zu Glam- und
Glitter gibts dann später noch viel zu erzählen.
So um 1970 herum gabs dann auch die ersten sogenannten musikalischen
Differenzen zwischen dem Karli und mir. Während ich mehr der etwas
härteren Musik zusprach war er mehr einer der so in Richtung Pink
Floyd tendierte. Für mich damals nix anderes als wie
Schlaftablettenmusik. Eines Tages sassen wir im Hinterhof und und da
kam Regina mit ihrem Kasettenrecorder. Es lief irgendein Rocksong. Die
Stimme des Sängers war irgendwie recht seltsam, aber das Lied
selber war schon gut. Dem Karli hats nicht gefallen.
An dem Tag hörte ich das erste Lied von Black Sabbath. "Tomorrows
Dream" war das. Ich weiss nicht mehr wie oft hintereinander wir es uns
angehört haben, aber Regina und ich waren begeistert und der Karli
ist dann irgendwann gegangen weils ihn gelangweilt hat. An dem Tag hab
ich also "Black Sabbath" entdeckt und der Sänger der so komisch
sang war Ozzy Osbourne. Black Sabbath gabs da schon seit etwa zwei
Jahren und es war klar das ich baldigst damit anfing meinen Vater zu
nerven das er sich eine LP von denen kauft oder mir das Geld gibt um
sie zu kaufen. Tja, da gabs dann Lieder wie "Paranoid" und "Iron Man"
die mir ganz gut gefallen haben. Meinem Vater allerdings weniger und so
hörte ich sie dann meist wenn ich alleine im Zimmer war oder wenn
Regina dabei war. Aber lassen wir das jetzt, denn zum Thema Musik werd
ich mich auch noch ganz viel auslassen, auch über Konzerte usw.
Das ist für mich bis heute sowas wie ein Thema ohne Ende.
Im neu gebauten Neubau im hinteren Hinterhof war inzwischen alles
vermietet. Ein Namen an dem Schild mit den Klingeln schoss mir ins
Auge. Käfer. Wer war Herr oder Frau Käfer? Der Name war
jedenfalls recht nett. Im Neubau waren die Briefkästen innen im
Hausgang. Eines frühen Abends wie wir wieder einmal an der
Teppichstange und hinter der Garage rumgehängt sind, da kam
plötzlich eine wunderschöne Traumfrau daher, mit langer
Löwenmähne und einer super Figur und wahnsinns Plateauschuhen
mit Korksohle und Korkabsatz. Die sehe ich noch so richtig vor mir. Und
einen blauen Minirock mit Falten hatte sie an. Ich glaube, das war bis
zu dem Tag die schönste Frau die ich je gesehen hatte.
Die unbeschreibliche Schönheit ging auf den Neubau zu und
schloß die Türe auf. Der Karli und ich gafften, die Regina
interessierte das weniger. Dann werkelte die Schönheit an den
Briefkästen herum. Ich sah genau welche sie aufsperrte. Dann nahm
sie die Post heraus und ging in ihre Wohnung. Ich hab mir den
Briefkasten genau gemerkt und kaum war sie weg waren ich und der Karli
auch schon an der Türe und ham geschaut was auf dem Briefkasten
steht: Käfer! Ich packs nicht. Ich wusste es gleich, schöner
Name, schöne Frau.
Jetzt mussten wir nur noch wissen in welcher
der Wohnungen sie wohnt damit wir dann austüfteln können
welches Fenster es sein muss.
Der Karli und ich haben dann die ganze
Zeit von Frau Käfer geschwärmt und die Regina wurde zusehends
sauerer. Und das, wo sie doch noch viel zu jung war um
eifersüchtig zu sein. Dachten wir jedenfalls. Am nächsten Tag
waren wir ganz zufällig wieder etwa um die selbe Zeit im hinteren
Hinterhof, natürlich mit dem Hintergedanken das wir Frau
Käfer wieder sehen werden. Armbanduhr hatte übrigens keiner
von uns, aber es war ja kein Problem schnell wo raufzuklettern und die
Uhrzeit an der Turmuhr von St. Michael abzulesen.
Langsam wurde es dann
Zeit, und schliesslich kam sie durch den Hof marschiert. Die
vollkommeme Schönheit, wieder mit offenen Haaren, diesmal mit
ähnlichen Schuhen wie tags zuvor, nur in schwarz, und sie hatte
einen schwarzen Hosenanzug an. Diesmal sah sie uns und sie
lächelte kurz zu uns herüber und wir sagten ganz brav
"Grüß Gott".
Das heisst, der Karli und ich haben etwas
gesagt, die Regina war wieder sauer. Das Spielchen haben wir dann den
Rest der Woche wiederholt und Regina war kurz davor das sie uns nie
wieder sehen wollte.
Irgendwann kam ich dann auf die Idee, das die
schöne Frau Käfer ja irgendwie hier ankommen muss. Mit dem
Auto? Mit dem Bus? Also richtete ich es so ein das ich zu der Zeit wo
sie normalerweise heimkam, daheim im Zimmer am Fenster war und
hinausschaute. Es fuhren Autos in die Strasse rein, es kam ein Bus,
aber keine Frau Käfer. Dann kam der nächste Bus und da stieg
sie aus. Sie fuhr also mit dem Bus heim. Ich streckte meinen Kragen aus
dem Fenster bis sie um die Ecke verschwunden war. Da hatte ich dann
wenige Sekunden Zeit um ins Klo zu rennen und auf den Stuhl zu steigen
und den Kragen beim Klofenster rauszustrecken um sie nochmal für
ein paar Sekunden sehen zu dürfen. Ausser der schönen Frau
Käfer sah ich bei der Gelegenheit auch gleich den Karli der am
Küchenfenster klebte und rausgaffte. Er sah mich auch und wir
machten aus das wir uns gleich unten im Hof treffen. Wir hatten also
beide die gleiche Idee. Dann waren wir gegenseitig sauer auf uns weil
ich dem Karli unterstellte, das er sie länger sieht weil denen ihr
Küchenfenster so lag das man die Eingangstüre vom Neubau
sehen konnte. Bei mir war da teilweise das Dach des (ehemaligen)
Waschhauses im Weg. Er dagegen meinte, ich sehe sie mindestens genau so
lange weil ich sie ja sehen kann wenn sie vom Bus aussteigt und um die
Ecke geht.
Ach ja, vielleicht sollte ich erwähnen das zu der Zeit
die Bushaltestelle "Pfanzeltplatz" von der Ottobrunner Strasse am
Schuhgeschäft Flock verlegt wurde direkt vor den Katra.
Das war
für mich natürlich ideal weil ich da vom Fenster aus
manchesmal schöne Damen sehen konnte und da ich ja Bus-Fan war,
manchmal in den frühen Morgenstunden oder in den späten
Abendstunden den Bus genauer anschauen konnte, weil sie hier manchmal
warteten wenn sie zu früh dran waren.
Abgesehen davon wars echt interessant mal einen Bus von oben zu sehen.
Vom Boden aus war mir das ja nicht möglich. Bus hin, Bus her,
Tatsache war, das wir natürlich keine Schangs bei Frau Käfer
hatten. Ausser ein freundliches Hallo von ihr und ein freundliches
Servus von uns war nicht drin. Das wir ihr nachglotzten wenn sie
vorbeiging hat sie mit Sicherheit bemerkt. Aber nur ein Blinder
hätte dieser Frau nicht nachgeschaut. Irgendwann haben wir uns
natürlich daran gewöhnt das es so ist und haben eben den
Augenblick genossen wenn wir sie gesehen haben.
Wie schon erwähnt wohnte in dem Neubau auch die eine Frau, die den
Karli lieber mochte wie mich. Wie wir wieder einmal im Hinterhof
rumgesessen haben, da kam jene Frau aus dem Haus und hatte einen Stapel
Langspielplatten (LP's) auf dem Arm die sie in die Mülltonne warf.
Mein erster Gedanke war, das muss eine geistig Verwirrte sein, denn ein
normaler Mensch wirft keine Schallplatten weg.
Der Karli und ich
flitzten sofort hin. Wie sie den Karli sah ging ihr ein Lächeln
übers Gesicht und wie sie mich sah verging ihr das Lächeln
wieder. Der Karli fragte dann, ob sie die Platten wegschmeisst. Und
siehe da, sie schenkte sie alle dem Karli. Der wusste natürlich
wie scharf ich auf Platten und Musik war. Immerhin erlaubte er mir mit
ihm zusammen die Platten durchzuschauen. Gut, bis auf ganz wenige
Ausnahmen wars eh nicht mein Fall. Das meiste waren Jazz-Platten und
mit Jazz konnte ich nie was anfangen und das hat sich bis heute auch
nicht geändert. Eigentlich war nur eine Platte interessant. Die war von
den Beatles und das Lied "George Brown" war auf Seite 1 das erste Lied.
Der Karli durfte also die Platten behalten und ich war ihm nicht weiter
neidisch, denn ich war mir ziemlich sicher das sie ihm bestimmt nicht
gefallen werden. Nach gar nicht sehr langer Zeit hat er dann
vorgeschlagen mir die Platten alle zu schenken wenn ich ihm dafür
ein Eis mit zehn Kugeln beim Brücklmeier kaufe. Umgerechnet war
das etwa 1,50 DM, denn die Kugel kostete zwischen 10 und 15 Pfennige.
Ein gutes Geschäft. Die Beatles-Platte hab ich behalten und die
anderen hab ich einem der Onkels geschenkt, der mochte Jazz und hat mir
dafür 20 Mark gegeben. Der Karli hat sich grün und blau
geärgert wie ich es ihm erzählt habe. Erst wie ich ihm
nochmal ein Zehn-Kugel-Eis gekauft habe hat er sich wieder beruhigt und
die Sache war bereinigt.
In den späten 1960gern sassen wir auch oft im Hinterhof auf ein
oder zwei Decken rum, die wir auf die Pflastersteine gelegt haben. Da
waren ich, der Karli, die Regina, die Schwester vom Karli und noch
irgendeine die mit ihm verwandt war. Die Mädels spielten meist mit
Puppen oder lasen irgendwelche Mädchen-Hefte und der Karli und ich
spielten meistens mit Matchbox Autos. Damals gabs bereits in den
Apotheken das Heft mit dem Titel "Junior" und darin waren in jeder
Ausgabe eine kurze Geschichte von "Papa Moll".
Eine
Zeichentrickgeschichte. So richtig gut lesen konnten damals nur
die Schwester vom Karli und ich. Deswegen hat einer von uns immer
vorgelesen um was es in der Geschichte ging und die andern haben
interessiert zugehört. Oft bekamen wir von Paula aus dem
Fenster zum Hof ein paar Eis geschenkt oder von Frau Doblic, die ja
immer noch im ehemaligen Waschhaus wohnte, einen Pudding.
Manchmal kam auch die Oma vom Karli runter und verteilte Honigbrote die
sie vorher in kleine Stücke geschnitten hatte. Eigentlich waren
wir alle zusammen recht brave Kinder.
Irgendwann fuhr dann
plötzlich ein älterer, größerer Bub auf einem
Roller durch den Hinterhof. Er sah uns und fing an uns zu ärgern
indem er mit dem Roller immer sehr knapp an der Decke vorbeifuhr und
blöd dahergeredet hat. Die Regina hat gesagt, das ist der Bub der
damals im Winter unsern Schneeberg kaputtgemacht hat. Die Zeit der
Rache war also gekommen. Jetzt wars nur eine Frage des "wie?". Die
Mädchen waren natürlich dagegen das wir etwas unternehmen,
mal abgesehen von Regina, die mehr auf der Seite vom Karli und mir war.
Der Karli und ich waren allerdings fest entschlossen es dem Burschen
heimzuzahlen. Wir haben uns einiges überlegt und vieles wieder
vergessen. Wir wussten ja nicht einmal wo genau der wohnt. Deswegen
fingen wir dan an, langsam die Josef-Beiser-Strasse auf- und abzugehen
um vielleicht seinen durchaus auffälligen Roller irgendwo zu
sehen. Eines schönen Nachmittag sahen wir den Roller dann an einer
Hauswand in einem Garten lehnen. Da wohnte er also. Sein Name war
Thomas Schulze. Ein Preusse noch dazu, denn ein bayrischer Junge kann
zwar durchaus Thomas heissen, aber nicht Schulze. Jetzt hiess es erst
einmal
abwarten und einen Plan schmieden.
Irgendwann dann hatte der Karli Geburtstag und bekam ein Rennrad
geschenkt. Ein weisses mit vielen Gängen. Das war ein Superteil
dieses Rad und der Karli gab mächtig an.
Kann ich gut verstehen, ich hätts wahrscheinlich auch gemacht. In
den folgenden Tagen war ihm alles ziemlich egal, er interessierte sich
nur für sein Rad. Allerdings durfte er nur im Hof und ums Haus
fahren hatten seine Eltern gesagt. Also eine Strecke, die
allerspätestens nach einem Tag langweilig wird, egal wie rum man
fährt. So gings dann auch dem Karli und wir wurden auch wieder
interessant für ihn.
So konnten wir uns wieder unseren
Racheplänen wirdmen. Nach viel Gerede hatten wir dann die Idee,
das er mit dem Rad zu dem Haus fährt wo der preussische Depp
wohnt, dort klingelt und abwartet wer rauskommt. Sollte es der Thomas
sein, dann lässt der Karli ein paar blöde Sprüche ab und
reizt ihn solange bis er ihn mit dem Roller verfolgt. Der Karli sollte
dann in den Hinterhof fahren und zwar durch die schmale Einfahrt die
den hinteren mit dem vorderen Hof verbindet. Sobald der Karli durch ist
wollten Regina und ich dann entweder eine Schnur spannen oder einen Ast
hinhalten, das der Thomas entweder stehenbleibt oder gezwungen wird
stehen zu bleiben.
Wir spielten das alles durch. Der Karli mit dem Rennrad, die Regina auf
dem Dreirad, ich mit dem Stock und der Schnur. Theoretisch sollte also
alles bestens klappen.
Dann kam der Tag wo es soweit sein sollte. Der
Karli fuhr zu dem Haus, die Regina und ich standen etwa da beim
Sandkasten auf der Strasse und schauten was passiert.
Nach einigen
Minuten kam der Karli wieder zurück und sagte, das niemand
aufmacht, aber der Roller im Garten steht und zwar ganz nahe am Zaun.
Da kam uns die Idee, das wir ihm fürs erste die Luft aus den
Reifen lassen könnten. Die Idee setzten wir sogleich in die Tat um
und gingen zu dritt zu dem Zaun wo auch der Roller so nahe dran stand
das man ganz leicht an die Ventile der Reifen kam. Der Karli vorn, ich
hinten, die Regina hat aufgepasst. Nach höchstens 1 Minute waren
die Reifen platt, was man aber auch erst merkte wenn man sich auf den
Roller setzte. Vom Poiger Schorsch, der mit dem Radlgeschäft an
der Schmidbauerstrasse, haben wir gelernt, das es im Ventil unter der
schwarzen Schutzkappe meistens noch einen kleinen Stift gibt durch den
die Luft in den Reifen gepresst wird. Er hat uns gesagt, das man dieses
ganze Teil vom Ventil herausziehen kann wenn man etwas hin und
herwackelt und dann dreht. Das haben wir auch ausprobiert und es ging
tatsächlich. Also haben wir die Teile rausgezogen und beim Schulze
in den Briefkasten geworfen.
Es mag schon sein das uns vielleicht
irgendwer aus den Nachbarhäusern gesehen hat, aber zumindest hat
niemand etwas beweisen können und seltsamerweise gabs auch keinen
Ärger. Heute dürfte es wurscht sein, weil nach etwa 40 Jahren
dürfte die Sache längst verjährt sein. Wenige Tage
danach fuhr er schon wieder mit seinem Roller durch die Gegend und
machte sich wichtig. Wieder sassen wir im Hinterhof auf der Decke und
wieder zog er eine Show ab und beschuldigte uns das wir ihm die Luft
rausgelassen haben und das er uns anzeigen wird. Er. Grad er. Zu
blöd zum Scheißen aber Anzeige machen wollen. Dann fing er
wieder an zu stänkern. Zuerst schubste er dem Karli sein Rennrad
gegen die Hauswand. Der Karli sprang auf und schimpfte laut los, der
Schulze grinste nur blöd. Dann fuhr er davon. Kurz drauf kam er
von der anderen Seite wieder und warf eine Hand voll Sand, den er
wahrscheinlich aus dem Sandkasten geklaut hatte, in unsere Richtung.
Kurz drauf kam er dann schon wieder und fuhr mit seinem Drecksroller so
knapp an uns vorbei das er die Regina mit dem Hinterreifen am Hintern
(welches Wortspiel) streifte. Die erschrak natürlich
und war kurz davor zu weinen anzufangen.
Jetzt reichte es. Ich sprang
auf und lief ihm nach. Da ich die breitere Einfahrt blockierte, blieb
ihm nur der Weg durch die schmale Einfahrt, aber da lief der Karli hin
und blockierte. Der Schulze-Depp fuhr etwas im Hof herum und drohte uns
alle zu verhaun wenn wir ihn nicht rauslassen. Dann fuhr er mit Karacho
auf mich zu und wollte links oder rechts an mir vorbei. Wie er dann
etwa in meiner Höhe war hab ich ihn geschubst und er ist samt
Roller ganz wunderbar auf dem Teer gelandet. Der Rest ging dann ganz
schnell. Der Karli und ich haben ihn links und rechts am Arm gepackt
und die etwas nach hinten gedreht. Der starke Thomas hat gejammert und
gewinselt, dann hat er gedroht das er alles seinen Eltern sagen wird.
Ich weiss noch genau wie ich dann sagte, das er ohne Zähne
schlecht was sagen kann und der Karli meinte, das wir ihn einfach in die Mülltonne schmeissen sollten.
Oh, da liefen dem starken Thomas
die Tränen über die Bäckchen. Die Mädchen lachten ihn aus und er muss sich unheimlich blöd
vorgekommen sein in diesen Minuten. Wir haben ihm dann nochmal die Luft
aus den Reifen gelassen und gemeint, er soll abhauen und sich nicht
mehr bei uns blicken lassen. Dann stand er auf, packte seinen Roller
und ging. Und wir haben erlebt das es durchaus möglich ist einen
zu verscheuchen der größer und vielleicht auch stärker
ist. Allerdings haben wir immer wieder damit gerechnet das er
plötzlich wieder aufkreuzt und sich rächt.
So wars auch,
relativ bald schoss er mit seinem Roller wieder in den Hinterhof. In
der Hand eine Spüli-Flasche, also eine leere Plastikflasche wo mal
Geschirrspülmittel drin war.
Die hatte er mit Wasser gefüllt
und er spritzte sofort drauf los was das Zeugs hielt. Viel Schaden
konnte er damit nicht anrichten, es war ja nur Wasser. Als der Karli
und ich aufstanden und zu ihm liefen haute er sofort wieder ab. Mit der
Flasche in der Hand konnte er allerdings seinen Roller nicht richtig
lenken und so kams, das er voll gegen den Zaun vom Sandkasten fuhr und
wieder auf dem Teer landete. Diesmal aber wesentlich härter. Er
fiel voll aufs Knie und kurz drauf sah man wie es blutete. Die Regina
meinte, er solle drüberbieseln dann tuts nicht so weg. Ging hin
und verpasste ihm tatsächlich einen Tritt in den Bauch. Gut das
sie die schwarzen Mokassins nicht anhatte sonst wär ich sicher
eifersüchtig geworden.
Der Jugo-Sepp hat das alles
mitbekommen und ging dann dazwischen. Er redete mit dem Schulze, gab ihm ein Taschentuch und den guten Rat,
er solle sich nie wieder hier blicken lassen, sonst kriegt er
Ärger. Nach einigen Tagen schien bei ihm wieder alles geheilt zu
sein und er trieb sich doch wieder in unserem Bereich herum. Diesmal
allerdings ohne Roller. Das Wetter war auch nicht so besonders und von
uns war keiner im Hof oder im Sandkasten. Ich kam grade zurück vom
Katra weil ich für meine Oma etwas hab holen müssen.
Und da
stand er dann, direkt bei den Mülltonnen und wollte mich nicht
vorbeilassen. Er redete irgendwas von wegen "Dresche" und ging
auf mich zu und wollte mich am Ärmel packen. ich plärrte
zuerst auch nur das er abhauen solle, aber plötzlich holte er aus
und verpasste mir eine Watschn. Damit hatte ich natürlich nicht
gerechnet. Gleich drauf wollte er abhauen. Dummerweise war ich schon
als Knab recht schnell und ich hatte ihn dann gleich an seinem
Jäckchen. Und wenn jemand losflitzen will und man hält ihn an
einem Kleidungsstück fest und zieht auch noch rückwärts,
dann ists meist der Fall das man sich auf den Hintern setzt.
So wars
dann auch beim Schulze. Sekunden später blutete er aus dem Mund
und aus der Nase und sein Jäckchen war auch voller Bluttropfen.
Jetzt war er derjenige der plärrte.
Im Gegensatz zu ihm wusste ich
wo ich hinhauen musste damit es weh tut, das hab ich von meinem Vater
gelernt. Das es allerdings so gut funktioniert hätte ich nie und
nimmer gedacht. Der Thomas haute ab. Ich ging heim und sagte sofort was
passiert ist. Mein Vater wollte sich den Schulze gleich kaufen, aber
ich sagte ihm das ich ihm ordentlich auf die Nase gehaun habe. Somit
wars wieder gut.
Bald drauf klingelte es an der Tür und eine
wütende Frau stand draussen. Neben ihr der missratene
Sprössling. Also war das Mama Schulze. In lauter preussischer
Sprache schimpfte sie, das man es im ganzen Haus hören konnte. Mein Vater
stand grinsend in der Türe und hörte ihr zu. Dann kam noch
meine Oma dazu. Die sagte dann, sie sollte sich lieber schämen
wenn sich ihr großer Sohn von einem kleinen Buben wie mir
verprügeln lässt. Natürlich drohte Mama Schulze auch
damit, das sie mich anzeigt. Von der Idee schien sie sich aber schnell
wieder zu entfernen, nachdem ihr von den inzwischen aus den Wohnungen
gekommenen Mietern klargemacht wurde, das ihr sauberer Herr Sohn
derjenige ist der immer Ärger macht und Streit sucht. Letztendlich
gings dann so raus, das der Thomas von seiner eigenen Mutter noch extra
eine Watschn bekommen hat und von da ab war die Sache dann
entgültig erledigt. Wenn man sich trotzdem mal auf der Strasse
gesehen hat, dann blickte jeder in eine andere Richtung und man
ignorierte sich gegenseitig.
Natürlich hats die Runde gemacht das
ich den Schulze aufgemischt habe und so war ich bei Regina mal wieder
der King, wie man so schön sagt.
Der eine der King, der andere ärgert sich ein wenig. Vor allem
fing Regina zwischendurch ja immer wieder damit an, das der Berti mehr
aushält wie der Karli. Und wieder einmal war es dann soweit das,
das man es drauf ankommen liess. Diesmal waren wir sogar zu fünft.
Der Karli, die Regina, die Schwester vom Karli und deren irgendwie
Verwandte und ich.
Als Austragungsort haben wir uns das schräge
Dach ausgesucht das am Blumengeschäft hinten war. Inzwischen
wurde in etwa 2 Metern Höhe ein Stacheldraht angebracht um zu
verhindern das gewisse Kinder von da aus aufs Dach steigen und um somit
Ärger von diversen Geschäftsleuten zu vermeiden die ja
angeblich Wasserflecken an der Decke hatten wenn jemand auf dem Dach
herumlief. Aber etwa zwei Meter waren Platz, vom Anfang des
Schrägdachs fast vom Boden aus bis da hin wo der Stacheldraht
hing. Wir machten also aus, das sich einer von uns auf die Schräge
legt und die Regina dann auf ihm hinaufgeht. Also Bauch und Brust und
Kopf, falls es soweit kommen sollte. Der Herausforderer fing an, also
legte sich der Karli als erster hin. Seine Schwester und die Bekannte
schauten zu. Auf sein Kommando dann stieg die Regina auch auf die
Schräge und hielt sich an der Seite an der Wand fest. Dann stieg
sie mit einem Fuß auf Karlis Bauch und stand schliesslich ganz
drauf. Natürlich mit Schuhen, weil ohne ist es ja langweilig.
Welche sie anhatte weiss ich nicht mehr. Der Karli verzog zwar das
Gesicht ein bissl aber er hats ausgealten. Langsam ging sie dann weiter
bis sie auf seiner Brust stand. Der Karli hats ausgehalten, wenn er
auch schon eine ziemlich dunkelrote Birne auf bekam. Ich war ja
gespannt ob er sich auch auf den Kopf treten lässt. Wie Regina
dann die Schuhsohle auf seine Stirn setzte gab er auf. Ich selber
hätte nicht damit gerechnet das er es überhaupt soweit
aushält. Dann war ich dran. Ich legte mich auch auf die
Schräge und Regina stellte sich neben mich und grinste auf mich
herunter. Dann stellte sie sich bei mir auf den Bauch. Langsam ging sie
nach oben bis sie auf meiner Brust stand. Nachdem sie auch hier ein
bissl stehengeblieben ist, liess sie die Schuhsohle über meinem
Gesicht schweben und wir sahen uns an und grinsten beide. Dann
spürte ich die Sohle auf meinem Hirn und der Druck wurde fester.
Ausgemacht war, kurz voll draufstellen und dann gleich wieder
runtergehen. Regina trat drauf, blieb kurz stehen, wackelte ziemlich
und war dann schneller wieder unten wie sie dachte. Also hatte ich mal
wieder gewonnen.
Karlis Schwester wollte dann auch einmal. Ich hatte
eigentlich gar nichts dagegen, im Gegenteil. Die Schwester war ja fast
in meinem Alter und natürlich auch etwa schwerer wie Regina. Ohne
abzuwarten stieg sie aufs Schrägdach und dann gleich mir auf den
Bauch. Ich gebe zu, man merkte schon das sie schwerer war, aber gefallen
hats mir gewaltig.
Auch sie ging dann rauf bis zur Brust, allerdings
nicht so gemütlich wie Regina sondern schon gut entschlossen. Ihr
schiens auch zu gefallen auf jemand erumzutreten.
Bei dem ganzen Getue
wurde natürlich auch rumgealbert und so. Somit wars klar das die
Bekannte Verwandte auch mal wollte. So kam ich gleich dreimal an den
Tag in den Genuß, eine Begehung zu erhalten. Ein schöner Tag
und abends im Bett hab ich so richtig davon geträumt und mir
vorgestellt wie es wohl wäre wenn alle drei gleichzeitig auf mir
stünden.
Am nächsten Tag spürte ich zwar etwas Druck im
Brustbereich, aber es war nicht weiter störend. Irgendwie kam ich
jetzt so richtig auf den Geschmack und ich wollte andauernd dieses
Spielchen spielen. Ich glaube das ich den andern so langsam auf die
Nerven gegangen bin, aber so ist das nun mal mit gewissen Sachen. An
einem Nachmittag dann konnte ich Regina und Karlis Schwester
überreden, nochmal dieses Spielchen zu spielen. Und diesmal
stellten sich beide auf mich drauf. Endlich. Mir machte das
überhaupt nichts aus, ich genoss es richtig.
Wie es der Zufall
wollte, kamen an diesem Nachmittag eben zu dieser Zeit zwei ältere
Mädchen durch den Hof. Ingrid (wieder eine) und Margot. Die
wohnten in dem Haus wo die Post drin war. Sie sahen was wir machten
und wunderten sich sehr. Regina und Karlis Schwester erklärten das
es nur eine Art Krafttraining ist, ein Spiel. Ingrid war
schätzungsweise mindestens 16 oder 17 Jahre alt, hatte lange Haare
und war ziemlich groß. Margot war schätzungsweise 2 Jahre
jünger und etwas kleiner. Immer wenn ich die beiden gesehen habe,
trugen sie ausnahmslos Turnschuhe. Tja, und so stellte sich dann Margot
auch einmal auf mich drauf. Sie war schwerer wie Karlis Schwester. Ein
wunderbares Gefühl. Nachdem Margot wieder runterstieg, wollte ich,
das sich Ingrid auch draufstellt. Die wollte aber nicht und erst nach
etwas Überredung von den anderen machte sie es dann doch.
Ein Traum
erfüllte sich. Und der Höhepunkt des Traums war dann wie sich
Ingrid und Margot beide auf mich stellten und sichtlich begeistert
waren was ich doch alles aushalte.
Nach diesem Erlebnis wurde ich so
richtig süchtig danach. Besonders nach Ingrid und Margot, auch
wenn sie immer nur Turnschuhe anhatten. Aber leider machten die beiden
dann nicht mehr mit. Keine Ahnung wieso. Nur noch bei Regina kam ich
zwischendurch einmal auf meine Kosten. Schön wäre es
natürlich gewesen von Frau Käfer einmal als Unterlage benutzt
zu werden, aber dieser Traum ging nie in Erfüllung. Irgendwann
dann lies die Sucht nach und ich wurde wieder normal. Allerdings nur für ein paar Jahre :-)
Eines Abends beim Essen erzählte meine Oma, das die Dietrichs vom
dritten Stock ausziehen werden weil einer von denen aus beruflichen
Gründen in eine andere Stadt muss.
Ich fands schade, denn wie gesagt, es waren recht nette Leute. An dem
Tag als sie dann entgültig auszogen haben sie Regina und mir die
komische Klapperschlange geschenkt, die ich bald drauf dann komplett
der Regina schenkte. Ich war ja gespannt wer in diese Wohnung einziehen
würde. Irgendwann rannte dann ein Mann die Treppe rauf und runter,
den ich noch nie zuvor gesehen habe. Ein ziemlich großer und
dürrer Typ, ebenfalls mit Bart und Brille. Bald drauf klebte dann
unten neben der Türe am Klingelblech ein Aufkleber mit dem Namen
"Schweinfurth". Aha, so heisst der Mann also, dachte ich mir. Bei mir
und dem Karli, auch bei der Regina und den anderen Kindern war ausser
Hallo oder Guten Morgen nicht viel Gerede mit dem neuen Hausbewohner.
Eines Tages dann, es war früher Morgen und ich musste zur Schule,
da machte ich die Haustüre auf und wer kam die Treppe herauf? Die
schöne Frau Käfer. Allerdings nicht im Minirock sondern in
Jeans. Sie grinste wie sie mich sah und ich habe richtig gespürt
wie ich einen roten Kopf bekomme.
Ich bin zwar dann zur Schule, hab mir aber die ganze Zeit überlegt
was die in dem Haus machen könnte. Bald drauf wusste ich es dann.
Sie war die Freundin vom Schweinfurth und bald drauf klebte auch noch
"Käfer" unterm "Schweinfurth". Für mich eine schlimme Sache,
denn jetzt war das Objekt der Gier sozusagen direkt über mir. So
nahe und doch unerreichbar.
An ihrem Fahrplan hatte sich aber nichts
geändert. Sie kam immer noch zur selben Zeit mit dem Bus an. Ich
klebte wieder am Fenster und sah wie sie ausstieg.
Jetzt hatte ich natürlich viel mehr Möglichkeiten wie vorher.
Ich bin unzählige Male rein zufällig zu der Zeit wo sie
heimkam die Treppe runtergegangen weil ich immer irgendwo hinmusste.
Die ersten zwei- bis dreimal wird sie sich vielleicht nichts dabei
gedacht haben, aber dann, wie ich ihr wieder mal rein zufällig
entgegenkam und unten an der Treppe stehenblieb um ihr nachzuschauen,
da blieb sie plötzlich stehen und schaute nach unten und erwischte
mich natürlich dabei wie ich zu ihr hinaufschaute. Wieder
spürte ich die Röte in meinem Gesicht erscheinen. Gesagt hat
sie nichts, nur gegrinst hat sie und ging weiter. Vorsichtshalber habe
ich dann ein paar Tage damit aufgehört zufälligerweise die
Treppe runter zu gehen wenn sie nach oben geht. Einige Tage später
dann war ich unten an der Stange an der Hauswand. Gemacht habe ich
glaube ich nichts, nur so dagestanden und in die Gegend geschaut. Dann
kam der 95ger Bus und siehe da, Frau Käfer stieg aus. Scheinbar
hat sie an dem Tag früher Feierabend gemacht. Sie musste an mir
vorbeigehen. Ich sagte höflich Grüß Gott. Sie sagte
Hallo zu mir und blieb dann bei mir stehen. Dann hat sie mich gefragt,
ob sie mir nicht mehr gefällt weil sie bemerkt hat das ich einige
Tage nicht mehr im Treppenhaus entgegen kam. Diesmal spürte ich
wie das Rot in meinem Gesicht dunkelrot wird. Frau Käfer entging
das auch nicht. Sie streichelte mir kurz mit den Fingern über die
Backe und meinte, das ich nicht verlegen werden müsse. Sie ist ja
auch nicht auf der Brennsuppn dahergschwumma und sie findets ja auch
ganz reizend von mir, aber ich sei doch ein wenig zu jung für sie
und ich solle mir doch eine suchen die in meinem Alter ist. Nochmal
streichelte sie mir kurz über die Backe und meinte, das sie nichts
dagegen hat wenn ich sie anschaue. Dann ging sie weiter und ich kam mir
das erste mal in meinem Leben so richtig blöd vor. Ich wusste
nicht was ich tun soll. Vermeiden das ich Frau Käfer über den
Weg laufe? Wegziehen? Keine Ahnung. Aber wie es der Zufall so wollte,
noch am selben späten Nachmittag kams zu einem erneuten
Zusammentreffen.
Meine Oma schickte mich auf den Speicher um
nachzuschaun ob die Abtrocktücher schon trocken sind und den
Wäschekorb sollte ich auch mit runterbringen. Ich schnappte mir
also den Speicherschlüssel und ging hinauf. Wie ich die Türe
aufsperren wollte da merkte ich, das sie nicht abgesperrt war. Also
ging ich hinein und wer war drin?
Frau Käfer. Wie immer
unbeschreiblich schön.
Sie drehte sich auch gleich um und sah mich und meinte, so schnell
sieht man sich wieder. Ich weiss noch genau das ich sogar in der Lage
war trotz meiner wiederkommenden roten Birne ein kurzes Gespräch
mit ihr anzufangen. Ich erzählte ihr das mich meine Oma
raufgeschickt hat und ich nicht wusste das sie auch oben ist. Ich sagte
natürlich Sie zu ihr.
Dann meinte sie, das sie es ja echt süß findet so einen
jungen und netten Verehrer zu haben. Und dann wollte sie wissen, ob ich
allen Frauen so ganz zufällig über den Weg laufe.
Ich habe nicht mal gelogen wenn ich ihr geantwortet habe, das sie die
einzige ist. Es stimmte ja auch. Und dann sprudelte es aus mir raus.
Ich sagte ihr, wie wunderschön ich sie finde, ihre Haare, alles an
ihr. Jetzt wars eher Frau Käfer die etwas rote Bäckchen
bekam. Gefreut hat sie sich schon. Und sie meinte, ich solle warten bis
ich 21 Jahre alt bin und wenn ich sie dann immer noch so schön
finde, dann darf ich sie heiraten falls sie bis dahin noch keinen Mann
gefunden hat. 21 deshalb, weil man damals nicht mit 18 sondern erst mit
21 Jahren volljährig war. So ergab sich dann trotz allem eine Art
kleiner Freundschaft zwischen der Angebeteten und mir. Gelaufen ist
allerdings nie etwas. Weder in jungen noch in späteren Jahren. Und
wie ich 21 Jahre alt war, da war Frau Käfer schon längst Frau
Schweinfurth und hat irgendwo anders gewohnt.
Der Herr Schweinfurth
hatte natürlich auch ein Hobby. Tauchen. Und eines Tages kam er
auf die glorreiche Idee, oben auf der Betonwand sein Schlauchboot und
seine Taucheranzüge zu verstauen. Das aufgeblasene Boot lag auf
dem Boden und die Taucheranzüge hat er an einen der Balken
gehängt. Der Karli, die Regina und ich waren eines Tages mal
wieder auf dem Speicher und wollten eine geheime Sitzung in unserem
Lager abhalten. Der Karli stieg als erster die Leiter hinauf und rief
dann erschrocken, das wir schnell abhauen sollen denn da oben sind zwei
Männer. Wir sind umgehend abgezischt und habe erst einmal im
Hausgang gewartet was passiert. Dann kamen wir drauf, das es schon sehr
seltsam sei, denn die Speichertüre war ja abgeschlossen und wie
sollten zwei Männer hineinkommen? Oder wozu solls gut sein wenn
sie die Türe von innen wieder abschliessen und sich auf die
Betonwand stellen. Also gingen wir langsam und leise wieder hinauf und
schlichen uns in den Speicher. Die Türe stand ja noch offen.
Hören konnte man nichts.
Weder Gerede soch sonst was. Also ist der
Karli wieder die Leiter rauf und hat geschaut. Dann sagte er, das die
noch genau da stehen wo sie vorher auch gestanden haben.
Dann wollte
ich schaun was da oben ist. Ich stieg die Leiter rauf und sah auch die
beiden Gestalten. Ich sagte, es sieht aus wie wenn sich da zwei
aufgehängt haben.
Wir wollten zuerst schon wieder abhauen und die Polizei holen, aber
dann haben wir uns doch zusammengerissen. Ich bin also eine zeitlang
auf der Leiter geblieben und hab die beiden Gestalten beobachtet. Sie
bewegten sich nicht, sie redeten nicht, sie taten nichts. Schlieslich
kletterte ich dann hinauf und sah das Schlauchboot und sagte den
anderen, das hier ein Boot oben ist und Ruder. Ich nahm dann meinen Mut
zusammen und sah nach was das da hinten für Gestalten sind. Und
was wars? Zwei Taucheranzüge und daneben standen zwei
Sauerstofflaschen. Also Entwarnung.
Zu dritt sassen wir dann auf dem
Schlauchboot und wir stellten fest, es war gar nicht so schlecht drauf
zu sitzen. Irgendwann hat uns der Schweinfurth dann erwischt wie wir da
oben auf seinem Boot gesessen haben. Witzigerweise hatte er gar nichts
dagegen, er meinte nur, wenn wir es schon als Treffpunkt benutzen dann
können wir auch drauf aufpassen und es ihm sagen falls einmal die
Luft drin weniger werden sollte. Somit sassen wir also mit Genehmigung
in dem Boot drin. Der Karli kam dann auf die Idee, das man sich in das
Boot hineinlegen könnte. Er machte das dann auch und war der
Meinung, das man da drin recht gut liegt. Die Regina wollte dann auch
einmal drinliegen aber der Karli ging nicht raus.
Und so tat Regina das
was sie in solchen Fällen seit einigen Monaten immer machte, sie
trat auf das drauf was ihr im Weg war. Anfangs blieb der Karli hart und
meinte, das hält er schon aus, das macht ihm nichts aus. Und da
hat Regina angefangen so richtig draufzutreten. Sie hatte ihre
schwarzen Mokassins an und stampfte mit der Ferse dem Karli auf den
Bauch. Dem ging sofort die Luft aus und er schimpfte recht laut herum
und bekam einen roten Kopf. Kaum war er raus aus dem Boot lag auch
schon die Regina drin und freute sich. Der Karli war sauer, er wollte
gehen. Doch wie er grade die Leiter runterwollte, da hörte man
einen Schlüssel im Schloß. Der Karli kam sofort wieder nach
oben und sagte, das da jemand kommt. Sofort waren wir ruhig und der
Streit von eben war vergessen. Vorsichtig schauten wir nach unten wer
da gekommen ist. Es war Gertrud.
Was
könnte denn die hier oben wollen? Es war ja klar, jeder der im
Haus wohnte hatte einen kleinen Anteil vom Speicher. Gespannt schauten
wir hinunter was sie hier oben macht. Sie ging nur durch den Speicher
und schaute in jede Ecke. Die Regina musste niessen. Wir zogen zwar schnell unsere Köpfe
nach hinten, aber dummerweise hat sie uns gesehen.
Sie sagte dann
irgendwas und kam die Leiter herauf. Schnell haben wir uns hinter den
Taucheranzügen versteckt, aber so dumm war Gertrud auch wieder
nicht. Schnell hat sie uns gefunden und wollte wissen was wir hier oben
machen. Nachdem wir ihr erklärt haben was wir hier oben machen, wollte sie
ab jetzt auch immer dabei sein wenn wir uns treffen.
Wir hatten nichts
dagegen, weil wir kannten uns ja alle schon lange genug. Sie musste uns
nur versprechen niemanden etwas davon zu erzählen. Also waren wir
ab jetzt meist zu viert hier oben.
Gertrud brachte gleich ein paar neue
Ideen mit. So meinte sie, wir bräuchten einen der sagt was gemacht wird. Also
einen Anführer. Oder eine Anführerin. An sowas hatten wir
bisher gar nicht gedacht. Aber wer war der geiegnete Anführer?
Ich? Der Karli? Die Regina? Oder gar Gertrud? Es kam jeder in Frage,
aber wir konnten uns nicht drauf einigen.
Also einigten wir uns darauf,
das wir uns jeden Tag abwechseln. Von Montag bis Freitag. Denn Samstag
und Sonntag haben wir uns meistens eh nicht getroffen oder gesehen.
Offen blieb dann nur noch die Frage, was der jeweilige Anführer
sagen könnte das gemacht wird. Weil meistens haben wir entweder im
Sandkasten gespielt, sind auf Bäume geklettert oder auf
Hausdächer oder haben irgendwelche Leute geärgert. Also
beschlossen wir uns das erst einmal zu überlegen und uns am
nächsten Tag wieder hier zu treffen und dann nochmal drüber
zu reden.
Als ich (ich glaube es war so) in die vierte Klasse ging, da gabs zwei
vierte Klassen in der Schule am Pfanzeltplatz, weil soviele
Schüler die vierte Klasse besuchten. Was für ein
geschwollener Satz, aber ich denke, es ist klar was ich meine. Also
gabs die Klasse 4a und die Klasse 4b. Ich ging in die 4a und die Gertrud
witzigerweise in die 4b. Vorher ging sie in irgendeine andere Schule
und kam dann auch in die am Pfanzeltplatz. So kams das wir uns
während der Pause um 10.15 Uhr öfters gesehen haben.
Gertrud sagte, das sie die Idee mit dem
Anführer nicht schlecht finden würde. Der Karli und ich waren
schon länger der Meinug das Gertrud für ihr Alter schon mehr
erwachsen ist wie wir. Also von der Art her und wie sie reden konnte.
Allerdings haben wir ihr das nie gesagt. Nachmittags haben wir uns dann
wieder oben im Schlauchboot getroffen. Da haben wir dann wieder
über einen Anführer geredet und was der dann machen darf und
was er nicht machen darf. So langsam haben wir uns in die Idee immer
mehr hineingesteigert. Die Idee war eigentlich gar nicht
schlecht. Wir beschlossen das der oder die Anführer/in dann immer
informiert werden muss wenn irgendwas besonderes los war oder wenn
einer mal nicht kommen kann oder zu spät kommt, was jeder vor hat
zu machen oder sonstige sehr wichtigen Sachen. Und wir haben
beschlossen das wir nicht jeden Tag wechseln sondern jede Woche. Somit
kommt dann jeder pro Monat einmal als Anführer an die Reihe. Und
wir haben beschlossen das einer der aus irgendeinem Grund keine Lust
hat den Anführer zu spielen, seine Woche an einen anderen abgeben
kann. Am nächsten Tag wollten wir dann abstimmen wer der erste
Anführer wird. Tags drauf sahen Gertrud und ich uns wieder auf dem
Pausenhof. Sie fragte mich, wen ich vorschlagen würde den
Anführer zu spielen. Ich wusste es nicht so recht. So in meinen
geheimen Gedanken hätte ich mich am liebsten selber vorgeschlagen,
aber offen hätte ich das nie zugegeben. Die Regina hatte zwar ihre
Vorzüge, war aber doch noch etwas kindischer wie der Rest von uns.
Also hüllte ich mich in Schweigen und sagte, das ich es noch nicht
weiss. Gertrud meinte, bis heute Nachmittag muss ich es aber wissen. Da
wir alle vier nicht recht weit voneinander auseinander wohnten, wars
natürlich völlig normal das wir und sehr oft über den
Weg gelaufen sind, auch wenn wir uns gar nicht treffen wollten. So traf
ich also kurz nach der Schule Gertrud im Hausgang.
Und sie sagte mir, das sie gerne die Anführerin werden möchte
und ich doch für sie stimmen solle. Zufälligerweise sah ich
sie dann auch im Hinterhof mit dem Karli reden wie ich rein
zufällig (Zufälle gibts) aus dem Klofenster gaffte.
Wahrscheinlich hat sie ihm auch gesagt er soll für sie stimmen.
Und bei der Gelegenheit hab ich auch gleich noch gesehen wie dem Karli
sein Vater rauskam und den Karli ins Auto eingeladen hat und mit ihm
weggefahren ist. Das war ja blöd, denn eigentlich wollten wir uns
ja bald treffen. Den kürzesten Weg zum Treffpunkt Schlauchboot
hatte ich. Ich brauchte ja nur die Treppe raufgehen. An dem Tag waren
wir ur zu dritt, der Karli kam nicht und Getrud sagte, er hat mit
seinem Vater wegfahren müssen, mehr hat er ihr so schnell nicht
mehr sagen können. Also sassen Regina, Getrud und ich auf dem
Schlauchboot und starrten Löcher in die Luft. Zu dritt war
blöd, da konnten wir niemand wählen. Also futterten wir die
Treets die Gertrud dabei hatte und unterhielten uns über
irgendwelches belangloses Zeugs. Nachdem die Treets aus waren sagte
Regina, das sie bei sich im Blumenladen auch seit ein paar Tagen
Süssigkeiten verkaufen und sie schnell hinläuft und fragt, ob
sie welche kriegt und dann kommt sie wieder rauf. Bei dem Tempo das
Regina normalerweise draufhatte, dürfte es nicht viel mehr wie 5
Minuten dauern bis sie wieder kommt.
Also waren Gertrud und ich alleine
im Schlauchboot. Ich erzählte ihr, wie Karli und ich aufs Dach
kletterten um am Kamin unsere Zeichen zu hinterlassen. Sie wollte es
sehen weil sie es mir nicht geglaubt hat. Ich machte die Dachluke auf,
die inzwischen nur noch mit einem Haken gesichert war, und sagte ihr,
sie solle auf die Obstkisten steigen und dann sieht sie es schon. Ich
schob die Obstkisten hin und sie schaute mich an wie der Ochs vorm Berg.
Dann sagte sie, das sie nicht auf die Obstkisten steigt weil die sicher
umfallen und dann fällt sie runter. Ich sagte, das wir schon alle
auf diesen Kisten gestanden sind und die nie umgefallen sind. Dann kam
sie zur Sache. Sie hat mich glatt gefragt wieso dem Karli seine
Schwester, die Regina, die Ingrid und die Margot auf mir stehen
dürfen aber sie nicht. Darum gings also. Sollte ich wirklich auch
in den Genuß kommen unter Gertrud liegen zu dürfen? Wär
ned schlecht :-)
Wie ich mich grad auf alle Viere begeben wollte ging die
Speichertür auf und Regina kam rein. Sie kletterte rauf und sah,
das Gertrud und ich brav auf dem Schlauchboot sassen und ratschten. Sie
sagte, das sie ein paar Smarties bekommen hat und gleich wieder weg
muss, weil irgendeine Tante zu Besuch kommt und da muss sie auch daheim
sein.
Und weg war sie. Solche Dazwischenkommnisse waren schon normal
bei uns allen, denn meist hat man sich dann später nochmal
getroffen oder einfach mal beim andern geklingelt. Also waren Gertrud
und ich wieder alleine. Ich schmück das jetzt nicht
großartig aus, aber kurz drauf stand sie auf meinem Rücken
und schaut sich die Gegend durch die Dachluke an. Ich genoß es
und konnte mein Glück gar nicht fassen. Wie sie sagte das
sie runter will bin ich dann schon sehr langsam auf den Boden gesunken bis ich
flach dortlag.
Sie ist dann nicht gleich von mir runter sondern noch
ein bissl auf mir geblieben und hat gemeint, das es so viel bequemer
sei wie auf den Ostkisten die sich ja nicht von selber rauf und
runterbewegen. Ich gebe zu das ich Getrud immer für so eine Art
Mauerblümchen gehalten habe, aber seit diesem Tag sah ich das
völlig anders.
Der Vorteil bei Gertrud war auch jener, das sie so
gut wie nie Turnschuhe anhatte. Meist irgendwelche Spangerlschuhe. Ein
Paar hatte sie auch, die etwas höher waren, zwar keine die ich als
hohe Absätze bezeichnen würde, aber trotzdem sahen die ganz
gut aus. Ja und dann meinte sie noch, wen ich öfters in den
Genuß kommen möchte, dann soll ich sie als Anführerin
wählen. Gertrud war schuld daran das meine Sucht wieder aufflammte
und ich wieder sehr oft dran denken musste. Gertrud wusste genau was
sie wollte und wie sie es anstellen musste. Mir gefiel die Art die sie
an sich hatte, das alles war mir vorher eigentlich nie aufgefallen. Und
jetzt wechseln wir das Thema, denn obwohl es schon so viele Jahre her
ist werde ich immer noch ganz unruhig wenn ich nur daran denke.
Allerdings ist nie was aus Gertrud und mir geworden, so sehr wie ich
sie dann auch angehimmelt habe.
Nachdem ich daheim dann doch etwas herumgemeckert habe das der Karli
ein Radl bekommen hat, wurde dann beschlossen, das ich auch eins
bekommen sollte. Ich freute mich schon sehr. Aber was bekam ich? Ein
damals grade sehr in Mode gekommenes Klappradl. Ich hätte viel
lieber so ein Bonanza-Rad gehabt mit Bananensattel und hoher
Rückenlehne und einem Fuchsschwanz dran. Ehrlich gesagt kam ich
mir sogar ziemlich blöd vor wenn ich mit meinem Klappradl daherkam
und der Karli fuhr mit seinem Rennradl vor.
Allerdings hatte mein Radl
den Vorteil das es zum einen dickere Reifen hatte und zum anderen das
man es mit ein paar Handdrehungen zusammenklappen konnte und es in
jedem Kofferaum Platz hatte. Letzteres war mir egal, weil wir hatten ja
eh kein Auto. Seltsamerweise fanden fast alle anderen das Klapprad gar
nicht mal so schlecht. Sogar der Karli hat mich öfters gefragt ob
er damit fahren darf. In dieser Zeit durfte ich dann mit seinem Rennrad
fahren. Und an so einem Tag passierte es dann.
Beim Klapprad gabs eine
Rücktrittsbremse und beim Rennrad zwei Handbremsen. Nur welche war
für welches Rad? Also welche Handbremse für das vordere Rad
und welche fürs Hintere? Ich kam jedenfalls mit Karacho die
Josef-Beiser-Strasse runter und ich musste dringend bremsen weil ich
sonst auf der Strasse gelandet wäre. Also drückte ich
kurzentschlossen eine der Bremsen voll durch, das Rad blieb auch sehr
schnell stehen und hob sich hinten in die Höhe und ich machte fast
einen Salto mit diesem Rad. Es war klar das ich runterflog und auf dem
Teer landete und das Rad umfiel. Erst später kam ich drauf das ich
im Zweifelsfall auch beide Bremsen hätte drücken können.
Die Information hat mir da aber auch nichts mehr gebracht, denn ich
hatte aufgeschlagene Knie, aufgerissene Handflächen und ein paar
Prellungen. Dem Radl ist nix passiert, ausser das sich der Lenker
verdreht hat. Der Karli war mehr besorgt um sein Radl als wie um mich.
Es hat dann recht lange gedauert bis er mich wieder damit fahren lassen
hat.
Mein Vater hat sich das Klappradl auch zwischendurch ausgeliehen.
Wohin er damit gefahren ist weiss ich nicht, aber es sah schon recht
albern aus wenn er damit die Strasse runtergeradelt kam. Er hätte
den Sattel und den Lenker anders einstellen müssen, er war ja
größer wie ich. So musste er so pedalisieren das er mit den
Knien den Lenker nicht berührt und die Knie links und rechts nach
aussen strecken. Teilweise sah es aus wie ein Frosch der auf dem Radl daherkommt. Einmal
musste ich dann dermassen lachen das er sauer wurde. Er verpasste mir
dann einen sogenannten Spitz (Arschtritt mit relativ spitzen Schuhen,
meist exakt genau zwischen die Arschbacken), das ich dachte ich hebe
vom Boden ab. Tags drauf war aber schon wieder alles vergessen und in
bester Ordnung. Allerdings ist er seit meinem Lachkrampf nie wieder mit
diesem Rad gefahren.
Wie dann wieder die Sommerferien kamen, da
entpuppte ich mich dann doch als Frühaufsteher. Kurz nach sechs
Uhr morgens zog ich mit dem Klappradl meine Tour durch die
Josef-Beiser-Strasse und die Specklstrasse. Gegen sieben Uhr hatte ich
dann meine Tour beendet und war wieder daheim. So richtig angefreundet
hab ich mich mit diesem Klappradl allerdings nie. Und so kams, das ich
entweder mit den Rädern der anderen gelegentlich gefahren bin oder
gleich zu Fuß gegangen bin. Wohin dieses Klappradl dann eines
Tages hinverschwunden ist weiss ich nicht. Irgendwann wars jedenfalls
weg, ausgeliehen von einem Onkel oder sonst was. Gefehlt hats mir nie
so richtig. Der Karli dagegen motzte sein Radl auf. Mit schwarzem und
weissem Klebeband änderte er das komplette Aussehen des Gestells.
Natürlich kam auch hier die berühmte Spielkarte zum Einsatz
die mit einer Wäscheklammer (in Bayern "Glubbal") so befestigt
wurde das sie beim Drehen des Rades an den Speichen klapperte. Einen
Tacho bekam er dann auch dran. Tacho hatte ich auch einen am Klappradl,
aber irgendwie wirkte er da eher doof.
Aber Radl hin oder Radl her, dafür hatte ich bis 1972 bereits eine
umfangreiche Plattensammlung, bestehend aus Singles und LP's. Wobei die
LP's eigentlich eher meinem Vater gehörten. Nach Weihnachten 1972
hab ich die erste Langspielplatte von meinem eigenen Taschengeld
gekauft. Von den Sweet "The Sweet's Biggest Hits". Darauf war u.a. auch
"Wig Wam Bam" das ich natürlich auch als Single hatte. Bereits zu
Weihnachten 1970 bekam ich von meinem Vater von Deep Purple das Album
"In Rock" geschenkt.
Das war bis zu dem Zeitpunkt das härteste
Rockalbum das ich hatte. Vor allem das Lied "Hard Loving Man" gefiel
mir recht gut. Erst nach mehrmaligem Hören ist mir dann auch
"Child In Time" aufgefallen, das zusammen mit dem "Hard Loving Man"
meine absoluten Lieblingslieder auf diesem Album war. Ich glaube, das
"Deep Purple in Rock" dann der ausschlaggebende Grund war, das ich von
der Rock'n'Roll Music mehr ins Lager des Hardrocks wechselte. Ich bin
jetzt aber gar nicht so sicher obs den Ausdruck Hardrock in den
frühen 1970gern überhaupt schon gegeben hat. Ist ja auch
egal. So langsam aber sicher wuchs dann meine Plattensammlung.
Übers Jahr verteilt kam ich immer auf weitere Bands
die mir sehr
gut gefallen haben. Zwei meiner absoluten Lieblingsgruppen in dieser
Zeit waren "Led Zeppelin" und "Grand Funk Railroad". Soweit ich mich
erinnere waren auch beide einmal in den "Schlagern der Woche". Led
Zeppelin mit "The Ocean" und Grand Funk Railroad mit "The Loco-Motion".
Wobei ich hiermit auch gleich feststellen möchte,
das die
"Loco-Motion" eins der ganz wenigen Grand Funk Songs war (sogar ein
gecovertes, denn das Original war glaube ich von einer Sängerin
die sich "Little Eve" nannte), das überhaupt im Bayrischen
Rundfunk gespielt wurde.
Das war mir aber egal weil ich ja sowieso die Platten hatte. Soweit ich
mich erinnere waren Led Zeppelin auch noch mit "Whole Lotta Love" und
"Stairway To Heaven" drin.
Teilweise war die Zusammenstellungen jener
Hitparade schon recht witzig. Zuerst gabs was auf die Mütze mit
Led Zeppelin und dann kam sowas wie "Schmidtchen Schleicher"
von Nico Haak. Naja, so
war für jeden etwas dabei, wie mein Vater öfters gesagt hat
am Freitag zwischen 18 Uhr und 19 Uhr. Mit der Zeit gabs dann auch
immer öfter musikalische Differenzen mit dem Karli. Der hielt Led
Zeppelin und Grand Funk für eine Haufen Drogensüchtige die
sowieso nix gscheits zammbringen. Ich hielt ihm dann immer vor die
Nase, das seine Pink Floyd bzw seine teilweise gehörte Blasmusik
noch nie in jener Hitparade waren und so manches Mal kamen wir wirklich
schon richtig in Wut wegen der Musik.
Das wurde in späteren Jahren
dann noch schlimmer.
Was die Hitparaden angeht, da gabs natürlich auch andere. z.B. die
vom Ö3 (die Hitparade vom österreichischem Radio). Teils
waren da auch die gleichen Lieder drin wie bei uns, aber auch viele
österreichische Lieder die bei uns meist eh keiner kannte, teils
auch Lieder von internationalen Gruppen die bei uns nicht mal auf Platz
100 waren. Da ich auch gern "Die großen 10 von Ö3"
hörte, die gabs damals im Radio, im TV kamen die erst Jahre
später, kannte ich Gruppen wie "5000 Volts" schon wesentlich
früher als wie sie dann mit "I'm On Fire" ihren ersten
internationalen Erfolg hatten. Bei Ö3 waren sie als "Airbus" mit
"Fly Away" in den Charts. Auch die späteren ABBA hörte
man in den Ö3-Charts oder so unter Tags im Ö3-Radio. z.b.
"Nina Pretty Ballerina" wurde gesungen von Agnetha, Björn, Benny,
Anna-Frid. Nix anderes wie die späteren ABBA. Gut, das alles war
zwar kein Rock, aber es war eben die Pop-Musik die in jener Zeit
ebenfalls die diverse Radiosendungen füllte. Und manches war auch
nicht so schlecht.
Gut gefallen haben mir damals auch die "Les
Humphries Singers" und "Middle Of The Road". Die Les Humphries Singers
lernte ich bei meinem Onkel Hansi kennen. Also nicht die Singers
persönlich sondern ihre Lieder. Der Onkel hatte eine Schublade im
unteren Teil der Schrankwand wo die Platten von ihm und seiner Frau
lagen. Er hatte einige LP's von den Les Humphries Singers und
irgendwann legte er dann eine auf. Sound '70 oder Sound'71 hiessen die,
und bestanden zu 90% aus Cover-Versionen, also nachgesungener Lieder
diverser anderer Gruppen. Allerdings nicht einfach eins zu eins
nachgeträllert sondern schom im typischen Les Humphries
Chorgesang. Das hörte sich gar icht so übel an, musste ich
zugeben. Erwischt hats mich dann aber erst so richtig wie "Mama Loo"
rauskam. Der Hammer, das Lied. Und was ich besonders gut fand, der Mann
der das Lied sang, John Lawton, war vorher Sänger bei "Lucifer's
Friend". Dem Karli hab ich auch drüber erzählt, aber der
hatte Null Ahnung wer John Lawton oder Lucifers Friend war.
Seine
Interessen gingen dann sowieso mehr in Richtung Fussball. FC Bayern
hier, FC Bayern da, was anderes interessierte ihn nicht mehr. Und mit
Fussball konnte ich schon als Kind rein gar nix anfangen. Er war voll
begeistert wenn er mit seinem Vater am Samstag Nachmittag ins Stadion
gehen durfte und der FC Bayern hat gespielt. Mein Onkel Hubert war
übrigens ein 60ger Fan. Mir haben die 60ger auch besser gefallen
und zwar aus dem Grund, weil sie ein schöneres Vereinswappen
hatten. Den Löwen. Deswegen wurden die 1860ger auch "Die
Löwen" genannt. Der FC Bayern also in Rot-Weiss und die Löwen
in Blau-Weiss. Irgendwann haben sich der Karli und ich dann furchtbar
gestritten weil ich seine Fussballbegeisterung nicht geteilt habe. Noch
schlimmer wurde es, wie irgendeiner der FC Bayern Spieler bei denen im
Laden eingekauft hat. Welcher es war weiss ich nicht mehr, aber es war
schon ein sehr seltsames Zusammentreffen. Der Karli flitzte in den Hof
raus und zog mich richtig in den Laden hinein und unterwegs sagte er
mir das einer vom FCB da ist und ich den unbedingt sehen muss.
Tja,
da stand ich dann und schaute den Fussballer an und der schaute
mich an und der Karli stellte ihn freudig vor und ich blieb eher
gelangweilt ruhig und reichte ihm die Hand und fragte ihn, ob er Pink
Floyd oder Led Zeppelin besser findet. Vom Gesichtsausdruck her wusste
er genau soviel wie gewisse andere Leute die in jenem Moment im Laden
anwesend waren. Nämlich gar nix. Der Karli dagegen war voll
begeistert und er hat seinen Fussball geholt und sich ein Autogramm
drauf gegen lassen. Es war klar das mit diesem Fussball nie mehr
gespielt wurde und das ich ihn ab diesem Tag auch nicht mehr anfassen
durfte. Klar, unsere harmlosen Spielche im Hinterhof waren ganz
ok, aber das war ja auch mehr hin- und hergeschiesse zwischen kleinen
Jungs. Jedenfalls hatte der Karli jetzt etwas mit dem er angeben
konnte. Er präsentierte einen Fussballer, der sich auch noch mit
ihm zusammen fotografieren lassen hat. Woher sollte ich jetzt einen
Rockmusiker hernehmen? Irgendwann wars dann wieder egal und wir wurden
beide wieder normal.
Im Blumenladen kaufte auch so mancher Prominente seinen Blumenschmuck
ein. Durch Regina lernte ich dann auch ein paar andere Leute aus dem
Film- und Showgeschäft kennen.
In der Zeit wo ich noch in die Schule am Pfanzeltplatz ging, da
drückten mir bereits Leute wie Helmut Fischer, Roberto Blanco,
Michael Schanze und Anneliese Rothenberger die Hand. Alle waren der
Meinung das Regina einen netten jungen Freund hat. Tja, dagegen gabs
und gibts nix zu sagen :-) Besonders interessant war Anneliese
Rothenberger.
Die liebte meine Tante, die bei uns wohnte, auch sehr.
Anneliese war mehr in Richtung Klassik und Oper und so. Es gab also
keinerlei Paralellen zu meinem Musikgeschmack. Regina durfte zu ihr
immer "Tante Anneliese" sagen. Interessant war die Frau deswegen, weil
immer wenn ich sie gesehen habe, es waren im Höchstfall fünf
mal in meinem jugendlichen Leben, hatte sie immer traumhafte
Plateauschuhe an. Einmal hatte sie einen schwarzen Hosenanzug an und
schwarze Platösen. Da fiel mir eigentlich erst auf was für
eine tolle Figur die Frau hat, auch wenn sie weder Schlager noch
Rockmusik sang. Meine Tante, die bei uns wohnt, hat sich dann sehr
gewundert das ich die Anneliese Rothenberger Sendung, die etwa alle
zwei bis drei Monate im ZDF kam, plötzlich mitangeschaut habe. Die
Musik hat mich nicht interessiert, das dürfte klar sein.
Helmut Fischer war damals beim "Tatort" dabei, zusammen mit Gustl
Bayrhammer. Den habe ich in dem Laden einmal gesehen. Und Roberto
Blanco kannte damals sowieso ziemlich jeder. Der Strahlemann aus ganz
vielen TV-Shows. Der sah eigentlich live im Blumenladen auch nicht
anders aus wie im Fernsehen. Der war so ein richtiger Kumpeltyp und er
hat uns Kindern damals viele Gummibären und Milky Ways geschenkt.
Und ich gebe zu, sein "Ich komm zurück nach Amerillo" hat mir ganz
gut gefallen, auch wenns nur die deutsche Version von "Is This The Way
To Amerillo" von Tony Christie war. Immerhin kams durch ihn auch in die
ZDF Hitparade mit Dieter Thomas Heck.
Diese Hitparade im ZDF war auch
so eine Sache für sich. Meine Oma und meine Tante klebten immer
vorm Fernseher wenn die kam. Gut, ich gebe zu, ich habe damals auch oft
mit zugeschaut und ich gebe auch zu, das so manches gute Liedchen
vorkam und ganz viele schöne Fräuleins zu sehen waren. Viele
im superkurzen Mini und mit Plateauschuhen und langen Haaren. Wenn ich
da an so manche Auftritte von Katja Ebstein, Mary Roos, Tina York,
Monica Morell oder Marianne Rosenberg denke, jessas jessas :-)
Da waren
die Lieder fast scho wieder nicht so wichtig, Hauptsache die Klamotten
haben gepasst.
Wobei genau genommen die Klamotten aus den 1970ger
Jahren sowieso mit Abstand die geilsten waren. Schlaghosen und
Plateauschuhe, auch für Männer, breite Gürtel, riesige
Hemdkragen, Batik-Klamotten, breite Krawatten. Ja das wars einfach.
Sogar die Anzüge sahen damals nach was aus. Jeans-Anzug,
Cord-Anzug, Samt-Anzug. Ich selber hatte damals auch einen Jeans-Anzug.
Soll heissen: Jeans-Jacke, sogenanntes Ami-Shirt mit Sternenbanner,
Schlaghose, breiter Gürtel, Plateauschuhe. Bei der Jacke wars
wichtig das der Griff einer Haarbürste aus der oberen Jackentasche
rausschaute. Ich kannte einen, der hatte einen dunkelblauen Cord-Anzug,
dazu ein helles lila Hemd, der Kragen des Hemds lag
größtenteils über dem der Jacke. Das machte schon was
her.
Das Gegenstück zur Hitparade war die Sendung "Disco".
Präsentiert von einem gewissen Ilja Richter. Der hatte die Angewohnheit das er zum einen recht oft "nich wahr" und
"tja" sagte und zum andern wenn er sich verbeugte, dann flog immer ein
Haarbüschel von hinten nach vorne und wieder zurück. Kult
wurde auch sein Spruch wenn er den Gewinner des jeweiligen
Preisausschreibens bekannt gab. "Licht aus - Womm" - "Spot an - Yeah".
Dann blendete der Scheinwerfer auf einen meist sehr
verschüchterten Knaben oder ein Mädel und Ilja Richter
stellte ein paar Fragen und das wars dann auch schon. Ilja Richter
hatte immer einen Anzug an. Mit Krawatte. Er war, wie manch
älterer Leut sagte, immer korrekt gekleidet. Disco war also mehr
die Sendung wo auch englischsprachige Musik gespielt wurde, bzw
englisch sprachige Künstler auftraten. In der Hitparade war alles
zu 99,9% deutsch, obwohls damals schon die Angewohnheit gab, so manch
englisches Wort in den Liedtext oder den Titel mit einzubauen. Manch
Engländer sang dann in der Hitparade auf deutsch damit er dort
auftreten konnte und zwei Wochen später in Disco sang er den
selben Titel auf englisch. Bei Disco sah man Sweet, Slade, T-Rex, Alice
Cooper usw und bei der Hitparade dafür Karel Gott, Bata Illic,
Chris Roberts usw. Eins der absoluten Disco-Highlights war, wie Suzi
Quatro und Heino in der selben Sendung nacheinander aufgetreten sind
und sich unterwegs sogar begegnet sind. Aber das war 1973 und wir reden
ja nur bis 1972, also zurück zum Dings, zum was weis ich,
jedenfalls in die passende Zeit.
Deutsch singende Engländer oder
Amis, da gabs einige wo sich die Aussprache genial anhörte. Bill
Ramsey, Graham Bonney, Gus Backus. Die gabs zwar schon viel länger
und nicht erst seit den 1970gern, aber hier war die Sprache der Hammer.
Bei Bill Ramsey kamen auch noch die genialen Titel dazu, wo schon manch
Deutscher seine Probleme gehabt hätte
es überhaupt richtig auszusprechen.
z.B. "Er war vom konstantineopolitanischen Gesangsverein" (so
ähnlich).
Oder Graham Bonney. Dem seine Songs fand ich gar nicht
so schlecht, es war ein gewisser Drive drin. Speziell wenn er das Wort
"drei" sang. Und siehe da, er hatte glatt einen Titel der "Wähle
3-3-3" geheissen hat. Bei ihm hiess das "Wähle Drai Drai
Drai auf der Däläfoun", aber es hatte was. Ich
würde sogar behaupten, das Graham Bonney zu dieser Zeit der
einzige Schlagersänger war, den ich echt gut fand. Speziell sein
Lied "Du bist viel zu schön um alleine nach hause zu gehn". Ein
ewig
langer Titel, der passte bei Dieter Thomas Heck glaub ich gar nicht
komplett auf die Anzeigetafel, dieses Lied gefiel mir besonders gut.
Einen draufgelegt hat Graham Bonney dann mit dem langen Titel "Ich hab
die ganze Nacht nur noch an dich gedacht". Jaja, man merkt schon, ich
kenn mich auch in der Schlagerszene der
1960ger/1970ger ganz gut aus, es blieb eben einiges hängen.
Gus
Backus war auch so ein Gaudibursch. Der spielte in massig Filmen der
1950ger und 1960ger mit und sang desöfteren ein flottes Liedchen.
Von dem fand ich "Die Sauerkraut Polka" genial. Das sang er auch in
einem Film wo auch Trude Herr mitspielte und er irgendwelche
Krautköpfe zerkleinern musste. Klar, die meisten dieser Filmchen
waren brunzbieseldumm, aber irgendwie auch schon wieder so genial das
sie zur Sucht werden konnten.
Damals hatte so ziemlich jeder deutsche
Schlagersänger der etwas bekannter wurde, mindestens einen solchen
Film wo er zwar nicht unbedingt die Hauptrolle spielte, aber doch ein
bis drei Lieder singen durfte. Ob Udo Jürgens, Berd Clüver,
Howard Carpendale, Gus Backus, Bill Ramsey, Chris Roberts und noch eine
ganze Ladung, jeden sah man irgendwann in so einem Film mitspielen. Der
absolute Knaller waren die Filme mit den "tollen Tanten" und den
"tollen Nichten". Schlimm und lächerlich, aber saugut und
auch heute noch irgendwie kultig was diesen Bereich angeht. Der
absolute Oberknaller dagegen war der Film "Heute haun wir auf die
Pauke". Benannt nach dem erfolgreichen Schlager von Tony
Marshall, mit dem der Film auch anfängt. Eine direkte Handlung
gibts in dem Film eigentlich nicht, aber trotzdem wars zumindest bei
mir so das ich den Anfangs sah und dann nicht mehr wegschauen konnte
bis er aus war. An Lena Valaitis im Minirock und gelben Socken kanns
nicht gelegen haben. Oder vielleicht an den nicht mehr so ganz
nüchteren Herren Tony Marshall und Jack White, die von der Polizei
angehalten wurden und dann ein schönes Heimatlied anstimmten? Oder
an Nero Brandenburg oder an Tanja Berg im Morgenmantel und
Lockenwicklern? Was solls, dieser Film dürfte mit Abstand der
beste sein der jemals zum Thema "Deutscher Schlager" produziert wurde.
Auch Oberschmalzschlagersänger Christian Anders spielte in Filmen
mit. z.B. in solchen die ganz gefährliche Titel hatten wie "Die
Todesgöttin aus dem Liebescamp" oder "Die Brut des Bösen".
Wobei ich zugebe, das ich ersteren noch nie gesehen und der zweitere
irgendwie gar nicht so schlecht ist. Sogar Dunja Rajter spielt in dem
Film mit, natürlich auch ein paar Liebesszenen mit Bruder
Christian. Ich habe keine Ahnung ob sie damals noch mit Les Humphries
beinand war oder nicht. Ist ja eigentlich auch egal :-)
Nochmal kurz zurück zur ZDF Hitparade. Dieter Thomas Heck war einer,
der viel und schnell reden konnte. Und weil er so schnell redete fiel es eigentlich gar nicht besonders
auf, das er auch sehr viel redete. Kultig war es immer wenn er zum
Schluß jeder Sendung von einem kleinen Zettel ablas, wer Regie
führte oder an irgendeiner Kamera stand. Das konnte ihm bis heute
keiner nachmachen.
Und jetzt weg von Musik und Film und zurück zu mir und den
damaligen Erlebnissen.
Widmen wir uns dem damaligen Münchner
Oktoberfest, genannt "d'Wies'n". Zu der Zeit wo ich noch ein kleiner
Bub war, da gabs keine großartige High-Tech-Wiesn so wie es sie
inzwischen gibt. Einige Karusells gabs damals schon seit vielen Jahren,
z.b. die sogenannte "Krinoline" wo zu mancher Stunde in der Mitte eine
kleine Blaskapelle sitzt.
Damals hatte diese Krinoline den Ruf, das nur
Rentner drin mitfahren, heute siehts so aus, das auch junge Leute
mitfahren weils einfach kultig ist. Den großen Turm wo man mit
einem Fußabstreifer unterm Hintern runterrutschen konnte, den
gabs damals auch schon und da bin ich als Kind immer gern ein bis
zweimal mit runtergerutscht. Nicht zu vergessen das Riesenrad in der
kleinen und in der großen Ausführung und die vielen
Schiessbuden, wo so mancher, meist männlicher Wiesnbesucher, der
einfach zu blöd war um was zu treffen, nach zehn Schuss in
Begleitung seiner etwas aufgetakelten Frau oder Freundin den Arbeiter
an der Bude zammgschissn hat, weil der Lauf von dem Gewehr ja sowieso
sowos von vazong is das ma nix drifft. Oder der Vogel-Jakob der schon
damals mit seinen lockeren Sprüchen ein absolutes Highlight auf
dem Oktoberfest war.
Ich erinnere mich gut daran, das mein Vater einmal
gesagt hat, das er zwanzig Mark mitnimmt und das wir die auf dem
Oktoberfest verjubeln. Zwanzig Mark. Damals eigentlich ganz schön
viel Geld, für das man aber auch ganz schön viel bekommen
hat. Die Fahrpreise waren damals noch im Pfennig-Bereich, für
Kinder gabs eigentlich immer Ermässigung, und so bin ich damals
mit ziemlich vielen Karusells gefahren und hab ziemlich viele
Süssigkeiten bekommen und sogar immer ein halbes Hendl
(natürlich mit den Fingern gegessen) und mein Vater hat
zwischendurch einmal einen Schnaps getrunken, und trotzdem blieb dann
noch was von dem Zwanzger übrig. Unglaublich. Und das bei einem
ganzen Nachmittag auf der Wiesn.
Heute kommst für das Geld
vielleicht 100 Meter und dann ist es weg weil alles so dermassen
sauteuer geworden ist. Aber meine Oma hat immer gesagt, nicht die, die
viel verlangen sind die Deppen sondern die, die soviel zahlen. Niemals
würde ich heute noch auf die Idee kommen umgerechnet 18 Mark
für eine Mass Bier oder bis zu 20 Mark für ein halbes Hendl
zu zahlen. Im Bierzelt hat man eigentlich auch immer einen Platz
gefunden. Damals war nicht schon fast das ganze Zelt im voraus für
irgendwelche aufgeblasenen Geldsäcke reserviert, sondern nur ein
kleiner Teil in jedem Zelt. Die Bierzeltbedienungen hatten damals schon
immer ordentlich was in der Blusn vom Dirndl und so manches Lied das
was die Kapelle gespielt hat, hört man auch heute noch im
Bierzelt.
Raufereien gabs auch damals schon, meistens wenn sich zwei
Betrunkene aus irgendeinem Grund in die Haare gekommen sind, aber die
Wiesnpolizei hatte alles im Griff. Damals waren es eben noch richtige
Raufereien wo die Fäuste geflogen sind, heute kommts eben drauf an
wer als erster sein Messer zückt und den andern fast umbringt.
Damals ham die Betrunkenen irgendwo hingschbiem und haben geschaut das
sie irgendwie heimkommen oder ham vor der Bavaria auf der Wiesn von der
Wies'n den Rausch ausgeschlafen.
Heute randalieren Betrunkene im
Bierzelt und man kann froh sein wenn man von so einem besoffenen
Arschloch nicht einen Masskrug auf die Birne kriegt, kotzen über
die Tische und brunzen auf den Boden, bevor sie dann von einigen
bulligen Wachmännern sehr unsanft über den Boden geschleift
werden und hinterm Bierzelt dann gscheit verdroschen werden.
Damals
wars irgendwie noch was besonderes auf die Wiesn zu gehen. Heute geht
man hin um sich soviele Maß Bier reinzuzischen wie es geht um
dann im komatösen Zustand auf irgendeinem Bett vom Roten Kreuz zu
warten bis man wieder nüchtern ist um bald drauf wieder im
Bierzelt zu sitzen und halb besoffen den Zwangstanz auf der Bierbank
oder dem Tisch zu machen. Weil heute ist man ja nur dann cool wenn man
auf der Bank steht und den Maßkrug schwenkt und die beste Laune
versprüht, am besten im Versandhausdirndl oder
Versandhaustrachtenanzug, die sogenannten Trachtenkasperl, die sich zur
Wiesnzeit in dieses Outfit zwängen, egal wie deppert es auch
ausschaut. Hierbei sei auch die sogenannte Landhausmode erwähnt,
die ähnlich deppert aussieht. Obs die damals schon gegeben hat
kann ich jetzt echt nicht sagen.
So, genug gelästert und gemeckert. Was auch heute noch
schön ist, das sind die Pferdefuhrwerke von diversen Brauereien,
die das Bier auf die Wiesn fahren. Und natürlich muss ich auch
zugeben, das die Madln in den Dirndln, egal ob echt oder Versandhaus,
zum größten Teil echt megasexy ausschaun.
Ich erinnere mich auch noch
gut dran, wie Jahre später ich mit ein paar meiner
Klassenkameraden auf der Wiesn waren. Achterbahn, Geisterbahn und
speziell Autoscooter war angesagt. Und wir hatten auch damals noch
unseren Spaß, obwohls bereits die Zeit war, wo es anfing, so
diverse Streitereien zwischen Deutschen Gangs und Ausländergangs
zu geben, bei denen es auch desöfteren zu handfesten Differenzen
kam. Nur mit dem Unterschied, das die, die sich eine Stunde vorher
beinahe die Birnen eingeschlagen haben, dann gemütlich bei einer
Maß Bier an einem Tisch sassen und sich gar nicht mehr so genau
erinnern konnten wieso sie sich eigentlich geprügelt haben.
In der Zeit zwischen dem Ende des
einen Oktoberfestes und dem Anfang des nächsten Oktoberfestes
gibts dann das Frühlingsfest, das ebenfalls da stattfindet wo die
Wiesn ist.
Das Frühlingsfest ist etwas kleiner wie die Wiesn, aber
Bierzelt gibts da natürlich auch mindestens eins. Einmal waren wir
zu viert beim Hendlessen in einem Bierzelt. Wir hatten vier halbe Hendl
und zwei Maß Bier. Es war grade die Zeit wo es Abend wurde und
die Stimmung lockerer wurde. Neben uns sassen ein paar Frauen, die, wie
wir mitbekommen haben alle Verkäuferinnen in irgendeinem Kaufhaus
in der Innenstadt waren. Jede hatte eine Maß Bier vor sich und je
leerer der Maßkrug wurde umso voller wurden die Damen.
Schliesslich wars dann wieder soweit das der Bierbanktanz begann und
nach einiger Zeit stiegen zwei von den Damen auf den Tisch und tanzten
drauf herum. Und dann kam der Hammer. Aufgepasst ham die sowieso auf
nix mehr und eine von denen latschte voll in den Teller von dem, der mir
gegenübersass. Voll aufs Hendl und hats nicht einmal gemerkt. Ich
und die andern drei ham gelacht und der hat sich aufgeregt. Bald drauf
kamen dann zwei Ordner und zogen die Damen vom Tisch runter und schon
waren auch einige hilfbereite Herren da, die sich gegen die Ordner
stellten und es hat nicht lange gedauert dann flogen zuerst die
Fäuste und dann die hilfsbereiten Herren aus dem Zelt.
Also war uns
klar: Wer was in der Blusn hat und wer an Rock anhat, der ist immer im
Recht. Naja, optisch gesehen triffts jedenfalls schon zu, ich hab mich
dann natürlich dabei erwischt wie ich meine Hände so auf dem
Tisch platziert habe in der Hoffnung, vielleicht tritt mir auch eine
drauf, war aber nix.
Genial war auch, wie einem meiner Spezln damals in
der Achterbahn schlecht wurde. Ich habe mich damals durchaus manchmal
überreden lassen mitzufahren, ausser wenn ich dann eine Maß
Bier getrunken habe, dann wars mir doch zu gefährlich. Der hat
jedenfalls während der Fahrt schbeim müssen. Man hat von
unten richtig gesehen wie das Zeugs aus dem Wagen rausgeflogen ist.
Nach der Fahrt wurde er dann von zwei Helfern der Achterbahn aus dem
Wagen gehoben und gscheit zammgschissn.
Der, dem wo die eine vorher aufs
Hendl gelatscht ist, dem sein Vater war im Schützenverein und er
selber war auch oft mit dabei. Er wusste also wie man schiessen muss um
auch etwas zu treffen. Der hat sich zehn Schuss ins Gewehr laden lassen
und hat aus dem Stand nacheinander neun Treffer gelandet. Zehn hat er
nie geschafft. Witzig bei dem Knaben war, das er grundsätzlich nur
auf die weissen Röhrchen geschossen hat, wo man einen
Schraubenzieher gewinnen konnte. Ich glaube, der hat im Lauf der Zeit
soviele Schraubenzieher geschossen, das er bis ans Ende seiner Tage nie
wieder einen kaufen müssen hat.
In der Zeit wo es weder Wiesn noch
Frühlingsfest gibt, da gibts die Auer Dult. Auch hier gibts ein
Bierzelt und einige Standln, allerdings gehts hier mehr ums Einkaufen
und ums Verkaufen. So manches interessantes Teilchen findet sich hier.
Ich weiss nicht wie oft im Jahr die Dult damals war, ich war glaube ich
damals eh nie dort. Soviel jetzt zum Thema Wiesn und dergleichen in
jener Zeit. Später gibts dann noch etwas mehr darüber wenn
die Zeit gekommen ist.
Damals, bzw noch etwas früher wie damals, ging mein Vater auch
recht oft mit mir in den Tierpark Hellabrunn. Am Eingang hab ich immer
einen Tierparkführer bekommen und im Lauf des Tages dann immer ein
ganzes Hendl. Zwischendurch auch so manches Eis oder irgendso ein Zeugs
was an manchen Standln verkauft wurde. Der Münchner Tierpark war
damals finde ich wesentlich schöner. Nicht ganz soviel Beton und
man brauchte auch kein Fernglas um so manches Tier sehen zu
können. Besonders gefallen hat es mir bei den Elefanten. Da gabs
an einem Standl so komische Brezn, die recht billig waren. Mit denen
konnte man die Elefanten füttern. Wenn ich mich als Bub dann
gscheit nach vorn gebeugt habe und sich der Elefant auch etwas
gestreckt hat, dann hat der die Brezn bekommen und ich konnte ihn am
Rüssel anfassen.
Gut gefallen hat mir auch der kleine Tierparkzug,
wo ich bei jedem Besuch unbedingt mitfahren musste. Danach durfte ich
dann immer eine oder zwei Runden auf einem Pferd oder auf einem Kamel
mitreiten. Ziemlich lange konnte man sich auch bei den Affen aufhalten.
Da gabs ein Schimpansengehege und eins für die Paviane.
Ich weiss
auch noch ganz genau, wie ich einmal meine Trachtenlederhose anghabt
habe und wir vor einem Gehege standen wo ein Strauss oder ein Emu drin
war. Der Strauss oder der Emu pickte dann durch den Zaun durch an meine
Lederhosn und ich habe das daheim dann recht begeistert erzählt.
Interessant war auch das Ostereiersuchen im Tierpark, welches
logischerweise jedes Jahr in der Osterzeit stattfand. Allerdings hab
ich mich damals schon gewundert was man großartig suchen soll,
denn unter den schnell hingestellten Bäumchen lagen gut sichtbar
massenweise Schokoeier. So ein Besuch im Tierpark dauerte damals den
ganzen Tag und eigentlich hats mir auch immer ganz gut gefallen.
Hin
und zurück sind wir immer mit dem Taxi gefahren, weil wie schon
erwähnt, war mein Vater nicht so sehr der Freund von Bus und Tram.
Mein erster Besuch im Deutschen Museum war auch ganz interessant. Ich
weiss noch genau wie ich mir anfangs dachte das es hier stinklangweilig
sein würde, aber es gab da schon einige Abteilungen die mir sehr
gut gefallen haben. Allein schon die Eingangshalle mit den steilen
Treppen nach oben hat was hergemacht. Klar war ich fasziniert davon das
man bei vielen Schaukästen irgendwo draufdrücken konnte und
das sich dann irgendwas bewegt hat. Langweilig wars eigentlich nur in
der Chemie-Abteilung. Da gabs zwar auch viel zu drücken, aber viel
getan hat sich nicht wenn sich irgendwelche Materialien mit
irgendwelchen anderen Materialien vermischt haben. Hochinteressant fand
ich die Abteilungen mit den Zügen, mit der Radiotechnik und
natürlich die Musikabteilung. In dieser standen massenweise
Musikinstrumente herum, die man alle zwar anschauen aber nicht
berühren durfte. Zwei Wachleute liefen die ganze Zeit durch die
Abteilung und passten auf. Bei irgendwelchen Klavieren aus längst
vergangenen Zeiten konnte ich mich ja zusammenreissen, auch bei
irgendwelchen Gitarrenähnlichen Zupfinstrumenten hatte ich keine
Probleme, aber es stand auch ein komplettes Schlagzeug in dem Raum. Und
da konnte ich mich dann nicht mehr zurückhalten und hab mit der
Hand aufs Becken gehaun. Zuerst erschrak mein Vater, dann der Wachmann
und selbiger kam auch gleich dahergelaufen und hat sich aufgeregt.
Mein
Vater hat nur ein paarmal "jaaajaaa" gesagt, was ja bekanntlicherweise
soviel heisst wie "Leck mich am Arsch".
Vorführungen gabs dort
auch. So richtig interessant war die wo es um Elektrizität ging.
Für elektrisches hatte ich auch gewisse Vorlieben. Unzählige
male bekam ich in meinem Leben einen Stromschlag weil ich nicht
aufgepasst habe oder gar nicht dran gedacht habe das es mir da eine
wischen könnte. In späteren Jahren dann meist an elektrischen
Weidezäunen. Als kleiner Bub hab ichs auch mal geschafft ein
Elektrokabel abzuisolieren und den blanken Stecker in die Steckdose zu
schieben. Kurz danach hats die Sicherung rausgehaun und irgendwie
standen die nächsten Stunden dann auch meine Haare etwas in die
Luft. Im Museum war so ein Metallkäfig wo ein Mann drinnensass.
Dann wurde sowas ähnliches wie ein Gewitter simuliert wo der Blitz
in den Käfig einschlägt.
Die Kantine, bzw das Restaurant im
Museum war allerdings nicht so besonders. Vor dem eigentlichen Museum
gabs damals noch den Kongreßsaal. Den lernte ich ebenfalls in den
frühen 1970gern kennen wie "Ike & Tina Turner" dort
aufgetreten sind. Das war allerdings nach 1972 und deswegen
erzähle ich darüber jetzt noch nichts und später auch
nur dann wenn ich es nicht vergesse. Links neben dem damaligen
Kongreßsaal stand und steht auch heute noch die riesige schwarze
Schiffsschraube.
Mein erster Besuch im Kino war glaube ich 1967. Damals lief grad "Das
Dschungelbuch" und ich durfte mit Regina und ihrer Tante ins Kino
gehen. War schon ein Erlebnis, zum einen Regina und zum andern die
Tante, die mir ja recht gut gefallen hat. So richtig vom Hocker gehaun
hat mich das Dschungelbuch allerdings nicht, ebenso wenig wie die
Aristocats, die ich als zweiten Film im Kino gesehen habe. Klar, es war
schon gut gemacht und es gab auch was zum Lachen, aber irgendwie war
ich abgesehen von Donald Duck Filmen nie so der Freund längerer
Zeichentrickfilme.
Wechseln wir jetzt über zur Kreuzung Unterhachinger Strasse /
Fasangartenstrasse, wo ausser Feldern und Äckern auch ein Feldweg
war, der direkt neben dem Bahngleis bis hinter zur Salzburger Autobahn
führte. Bis auf ein Haus das scheinbar dem Besitzer der Felder und
Äcker gehörte, war da hinten rein gar nix bebautes. Es war
eine super Gegend wo mancher seinen Hund frei laufen liess und wo es
auch vieles an Vögel und Insekten und wildem Pflanzenwuchs zu
sehen gab. Nicht zu vergessen neben dem Gleis und am Bahndamm das ganze
Zeugs was so mancher Reisende aus dem Fenster geschmissen hat. Zwischen
den etwas größeren Büschen fand man auch manchmal
Sperrmüll der absichtlich hingeworfen wurde. Einmal lag ein total
verrosteter Ofen dort. Ich und der Karli sind öfters diesen
Feldweg entlang gegangen und dann neben der Autobahn vor bis zur
Hochäckerbrücke gegangen. Ich kletterte am Bahndamm gerne auf
so manchen Baum und sah dann zu, wie unter mir der Zug vorbeigefahren
ist. Warum ich das so gern gesehen hab weiss ich nicht, aber mir hats
gefallen. Mein Vater ist mit mir auch manchmal am Sonntag den Weg
entlang gegangen, allerdings ist er nicht auf Bäume geklettert und
hat nicht im Gebüsch rumgesucht und ich durfte ins einer
Begleitung auch nicht aufs Gleis rennen.
Im Leben gibts ja sehr viele
Zufälle, aber das ich einen andern Jungen kennenlerne, der exakt
den gleichen Namen hatte wie ich, also Norbert Seitz, das ist doch
schon irgendwie sehr seltsam. Beim ersten mal hab ichs nicht glauben
können, und wir haben unsere Schulbücher gegenseitig
angeschaut und dann festgestellt, das wir tatsächlich den selben
Namen haben. Ich glaube, das ist so in der vierten Klasse gewesen. Er
war, soweit ich mich erinnere, eine Klasse unter mir. Mit jenem
Namensbruder ging ich auch gerne den Feldweg am Bahndamm entlang.
Allerdings hatten wir schon mehr Blödsinn im Kopf wie ich und der
Karli wenn wir unterwegs waren. Jener Namensbruder kam einmal auf die
Idee, das wir ja verschiedene Pulver und Flüssigkeiten von daheim
mitnehmen könnten, die wir dann irgendwo da hinten zusammenmischen
und dann schauen was draus wird. Also marschierten wir eines
schönen Nachmittags den Feldweg entlang und hatten je eine
Tüte dabei mit allem möglichen Zeugs. Ich hatte Waschpulver
dabei und einiges an Reinigungszeugs wo ich überall ein bisschen
rausgetan habe damit es der Oma oder der Tante nicht auffällt.
Leere Dosen und so Zeugs fanden wir am Bahndamm reichlich und so fingen
wir an unsere komplizierten Mixturen herzustellen. Streichhölzer
hatten wir natürlich auch dabei. Allerdings waren wir so schlau
das wir nie versucht haben irgendein trockenes Zeugs in dieser Gegend
anzuzünden. Ich kann heute nicht mehr erklären wieso uns das
mit dem zammschütten von den ganzen Zeugs so fasziniert hatte. Ich
erinnere mich, das wir einmal eine Mischung hatten die dermassen
aufgequollen ist, das der Behälter übergelaufen ist. Mit dem
Namensbruder hab ich dann auch die andere Seite vom Bahndam erkundet
und wir sind oft auf der Eisenbahnbrücke über die Autobahn
gelaufen und wieder zurück. Passiert ist nie etwas, ausser das
einmal ein zufällig auf der Autobahn fahrender Polizeiwagen
gestoppt hat und die beiden Polizisten zu uns heraufgeschimpft haben.
Vorsichtshalber sind wir dann abgehaun.
Einmal hockten wir zwischen den
Gebüschen recht nahe beim Gleis und haben geraucht. Eher gepafft,
denn auf Lunge haben wir uns nicht getraut, bzw. mussten wir ziemlich
husten wenn wir es probiert haben. Irgendwie waren wir scheinbar doch
nicht so sehr verdeckt von den Büschen wie wir dachten, und
plötzlich quietschte es ziemlich ein paar Meter hinter uns. Es war
die kleine rote Lok die vom Perlacher Bahnhof die Waggons abgeholt
hatte. Der Lokführer hatte uns neben dem Gleis gesehen und eine
Vollbremsung hingelegt.
Da, muss ich zugeben, sind wir dann ziemlich
schnell abgehauen in Richtung Hochäckerbrücke. Interessant
war es auch so kleines Zeugs aufs Gleis zu legen und dann zu warten bis
der Zug drüberfährt. Damals wars ja nicht so das alle paar
Minuten eine S-Bahn kam, es konnte durchaus eine dreiviertel Stunde
vergehen bis endlich einmal ein Zug oder eine Lokomotive kam. Besonders
beliebt war es 1-Pfennig oder 2-Pfennigstücke aufs Gleis zu legen,
denn die wurden dann immer ziemlich plattgedadscht und etwas in die
Länge gezogen. Selten das wir einmal ein Fünferl draufgelegt
haben, weil das war uns dann doch zu kostbar. Größere Dinge
wie höchstens eine leere Coladose haben wir aber nie draufgelegt.
Mit Regina war ich auch gelegentlich am Gleis hinten. Allerdings haben
wir da nicht geraucht sondern sind eher einfach so durch die Gegend
gelaufen, oft auch händchenhaltend :-) Zu jener Zeit war sich
eigentlich fast jeder der uns kannte sicher das wir eines Tages
heiraten werden. Es sei aber gleich gesagt, das nie etwas draus wurde.
Eines Tages dann wollten Regina und ich auch zum Bahngleis hinter. Wie
wir dann an der Fasangartenstrasse waren, da sahen wir, das einige
Bauern auf dem Feld herumgefahren sind und gearbeitet haben. Somit wars
uninteressant, denn wir wären ja nicht alleine gewesen. Was sich
dann auch als Glücksfall rausstellte, denn auf dem Rückweg
hab ich Regina erzählt, das Gertrud oben im Speicher auf der
Betondecke auf meinem Rücken stand und ich es sehr schön
fand. Zuerst war sie nahe dran sauer zu werden, aber dann hat sie
gesagt, das wir beide jetzt dann auf den Speicher gehen. Ich weis noch
genau wie es dann zu regnen anfing und Regina noch schnell ins
Blumengeschäft lief und ich derweil zum Speicher ging. Ich hab
dann oben am Geländer gelehnt und runtergeschaut und ja, ich gebe
es zu, ich habe auch mehrmals runtergespuckt weil es sich so lustig
anhörte wenn die Spucke unten auf den Fliesen aufschlug. Ich
wurde deshalb öfters geschimpft, aber lassen konnte ich es
trotzdem nicht. Irgendwann allerdings verschwand diese blöde
Angewohnheit dann von selber.
Und da trabte dann auch Regina an. Ich weiss noch genau das sie einen
dunkelblauen Minirock anhatte, eine weisse Strumpfhose und meine
geliebten schwarzen Schuhe. Die hat sie vorher noch nicht angehabt,
also hat sie die extra wegen mir angezogen. Und ich hatte den Eindruck,
das ich in Kürze in den Genuss meines Lieblingssports kommen werde.
Seltsamerweise hat es uns als Kinder nie etwas ausgemacht wenn wir drei
Stockwerke die Treppen rausgeflitzt sind und dann wieder hinunter und
nochmal hinauf. Wir waren weder großartig ausser Atem noch sonst
irgendwas. Aber damals waren wir auch fast den ganzen Tag in Bewegung
und sind nicht stundenlang vorm PC oder vorm Fernseher rumgesessen.
Tja, und dann stand sie vor mir und klapperte absichtlich mit dem
Schuhen auf dem Holzboden herum. Bei Regina hatte ich keinerlei
Hemmungen ihr zu sagen wie scharf ich sie finde wenn sie diese Schuhe
anhat. Und sie hatte irgendwie auch keinerlei Hemmugen mir zu sagen das
sie die extra wegen mir jetzt angezogen hat. Dann kletterte sie auf die
Leiter und ich hinter ihr her. Bei der Gelegenheit trat sie mir auch
mehrmals absichtlich auf die Finger. Ich glaube, es gab keinen Tag an
dem wir länger gebraucht haben die Leiter hochzuklettern wie an
diesem. Blöd war nur, das der Regen sich in ein Gewitter
verwandelte und es oben unterm Dach ziemlich düstrig wurde. Die
Dachluke öffnen ging nicht weil es sonst reingeregnet hätte.
Also hatte ich die glorreiche Idee, das wir eine Kerze anzünden
könnten. Und mir fiel nix besseres ein als wie bei uns in der
Wohnung aus einer Schublade ein Grablicht zu mopsen. Das stellten wir
dann oben auf den Boden. Streichhölzer hatten wir ja in unserm
Lager deponiert. Eine gewisse Helligkeit kam dann schon, allerdings sah
das dann dermassen gruselig aus, denn die beiden Taucheranzüge
hingen ja auch noch oben, das wir dann doch beschlossen die Grabkerze
wieder auszumachen. Irgendwie wurde dann der ganze Speicher ziemlich
dustrig und draussen donnerte und blitzte es. Kurz gesagt: Es war sehr
unangenehm und wir fühlten uns auch nicht besonders wohl.
Also
beschlossen wir ganz ruhig sitzen zu bleiben, denn immerhin waren wir
ja zu zweit. Tja, und da wir so nahe beinandersassen und da die Regina
doch ziemlich Muffe hatte wenns kräftig donnerte, da kam sie immer
näher zu mir und schliesslich hab ich sie dann in die Arme
genommen. So nahe war sie noch nie bei mir. Es war schon ein
schönes Gefühl und ich spürte wie sich mein Gesicht in
ihre langen Haare schob und wie sich ihre Fingernägel in mein
Genick bohrten. Und dann kam das was kommen musste und was in jedem
noch so brunzdummen Filmchen vorkam. Wir küssten uns. Also ich war
höchstens elf Jahre alt. Das war mein erster Kuss. Und ich muss
sagen, es war sehr angenehm. Irgendwie wars ein Gefühl wie wenn
ich in die Steckdose fassen würde. Oder wie Udo Lindenberg sagen
würde "Es zog runter bis in die Socken". So hingen wir dann
zusammen in dem Schlauchboot und warteten bis das Gewitter vorbei ist.
Irgendwann hats dann aufgehört stark zu regnen und wir haben die
Dachluke geöffnet und sahen in einiger Entfernung blauen Himmel.
So nach und nach wurde es dann im Speicher auch wieder heller und wir
beide wussten nicht was wir sagen sollten. Ich hab dann angefangen und
ihr gesagt, das sie die erste Frau ist die ich freiwillig geküsst
habe. Meine Tanten haben mich ja mehr oder weniger immer dazu
gezwungen, also konnte man das nicht als Kuss betrachten sondern eher
als Zwangskuss oder sowas in der Art. Nachdems jetzt wieder wesentlich
angenehmer war wie vorher, kamen wir langsam zum eigentlichen Grund des
Speicherbesuchs zurück. Ich lag gemütlich im Schlauchboot und
Regina sass auf dem Rand. Regina setzte sich dann so hin das sie beide
Füße auf meinem Bauch hatte. Dann meinte sie, das sie durch
die Dachluke schauen möchte. Ich machte also die Luke auf und ging
auf alle Viere. Regina stand neben mir und trat mir auf die Hand und
meinte, das sie so nicht auf meinen Rücken kommt. Kaum gesagt lag
ich auch schon ausgestreckt vor ihr auf dem Beton und sie stieg auf
meinen Rücken mit den Worten "geht doch". Langsam und vorsichtig
erhob ich mich und ich genoss jede Sekunde. Regina meinte, das es
draussen wieder richtig schön ist und sie noch ein bissl
übers Dach schaut. Wie lange das bissl schauen war weiss ich nicht
mehr, mir kams jedenfalls zu kurz vor. Nach einiger Zeit wollte sie
dann wieder herunter und ich liess mich langsam zu Boden bis ich wieder
flach da lag und sie von mir runterstieg. Sie setzte sich dann wieder
auf den Rand des Schlauchboots und ich lümmelte mich ins Boot, so
das ich ausgetreckt war und stützte den Kopf auf meine Hand.
Logischerweise hab ich mich so hingelegt das mein Kopf da war wo
Reginas Beine waren :-) Es sah schon irgendwie saugut aus wie sie so
dagesessen hat, die langen blonden Haare, der dunkle Rock, die
weissen Strümpfe und die schwarzen Schuhe, und das alles
beleuchtet vom Sonnenlicht das durch die Dachluke schien. In diesem
Moment spürte ich zum ersten mal die ganz gewaltige Lust an
Reginas Schuhen zu lecken. Allerdings traute ich mich nicht es ihr zu
sagen. Ich hab gehofft sie merkt es vielleicht, aber dem war nicht so.
Dafür bekam ich dann noch eine wunderbare Zugabe beim auf mir
rumtreten. Regina stieg auf meinem Bauch und ging mehrmals
gemütlich vom Bauch zur Brust und wieder zurück. Mehrmals hat
sie mich gefragt ob mir das nicht doch was ausmacht. Und so langsam
aber sicher hatte ich den Eindruck das sie irgendwie fester trat.
Oh es war so schön, so unbeschreiblich schön. Und wenns am
schönsten ist, das war der Moment wo sie scheinbar drauf und dran
war sich auf mein Gesicht zu stellen, da öffnete jemand die
Speichertüre. Ich habs gar nicht mitbekommen, aber Regina hats
gehört. Es war schon eine blöde Situation wenn man so schnell
gedanklich umschwenken musste. Also krochen wir vorsichtig zum Rand um
zu schaun wer denn da hereinkam.
Es war meine Oma mit der Oma von der Regina. Es war klar das sie uns
gesucht haben. Meine Oma sagte noch, das die beiden hier oben sein
müssen weil der Speicherschlüssel fehlt. Das wir allerdings
fast über ihren Köpfen waren, darauf kamen sie nicht. Sie
gingen durch den Speicher und schauten hier und da, fanden uns aber
nicht und gingen schliesslich wieder. Wir kletterten kurz drauf
herunter, natürlich so das mir Regina noch ein paarmal auf die
Finger treten konnte, und schauten nach, ob im Treppenhaus die Luft
rein war.
Dann schlichen wir uns leise hinunter in den Hinterhof. Dort
taten wir dann so wie wenn wir rein zufällig grade daherkamen und
wir uns irgendwo untergestellt haben wegen dem Gewitter. Glücklicherweise hats der Regina ihre Oma geglaubt und somit war
die Sache geritzt. Ich ging dann auch heim und meine Oma hat mich
gefragt wo ich war. Ich hab dann erzählt ich hab mich mit Regina
irgendwo untergestellt und dann hab ich sie heimgebracht. Auch alles
geritzt :-) Abends im Bett musste ich dann die ganze Zeit daran denken
wie schön es doch heute oben im Speicher war und ich stellte mir
vor wie ich doch an Reginas Schuhen lecken würde.
Wenden wir uns jetzt wieder etwas der Schule zu. In den ersten vier
Schuljahren hatte ich fast ausnahmslos nur Lehrerinnen. Da war Frau
Eichberger, die erste überhaupt, Frau Rösle, Frau Schmid (die
Gewitterziege die mir glücklicherweise dann doch erspart blieb)
und dann hatte ich noch eine mit dem lustigen Nachnamen Rindfleisch.
Ja, die hat glatt Rindfleisch mit Nachnamen geheissen. Es war klar das
da gekichert und gegackert wurde und es war ihr auch klar das dies
geschehen würde und sie nahms ganz locker und erklärte uns,
das sie es schon gewohnt sei das man lacht wenn man den Namen hört
und sie weiss auch das sie Kalbfleisch, Schweinefleisch oder nach
sonstigen Fleischsorten benannt wird.
Tja, und somit war nach sehr wenigen Tagen die Albernheit aus uns
Schülern verschwunden und wir fandens auch gar nicht mehr so
witzig. Einen Lehrer gabs allerdings in der Pfanzeltplatz-Schule, der
uns dann auch einmal unterrichtete und schliesslich für
längere Zeit einsprang, wie eine unserer eigentlichen Lehrerinnen,
also praktisch unsere Hauptlehrerin für längere Zeit
ausgefallen ist. Der Mann hiess mit Nachnamen Möckl. Er war
garantiert schon weit über 50 Jahre alt und er kam jeden Tag bei
jedem Wetter mit dem Moped und hatte jeden Tag so ein
französisches Kapperl auf und einen grauen Regenmantel an. Den
Mantel hatte er auch an wenn die Sonne schien. Drunter immer Anzug und
Krawatte. Der Mann war ein Lehrer durch und durch. Einmal erzählte
er uns das er in Vaterstetten wohnt und und im Krieg gekämpft
hatte. Krieg. Den kannten wir Kinder eigentlich nur aus dem Fernseher
und aus Vietnam, wo die Amis massenweise Leute abschossen. Wozu das
allerdings alles gut gewesen sein sollte, das haben wir nicht
verstanden.
Eines Tages während der Pause war ich auf dem Schulhof und geriet
mit einem anderen aus der Klasse in Streit. Wer genau das war weiss ich
nicht mehr, es ging jedenfalls um eine Leberkässemmel. Und grade
in dem Moment wo der Klassenkamerad versuchte mir sein Schmalzbrot (ja,
der hatte echt ein Brot dabei wo dick Schmalz drauf war) ins Gesicht
drücken wollte, da ging Lehrer Möckl dazwischen und hat uns
beide am Krawattl gepackt und zur Seite gezogen. Dann bekamen wir einen
Vortrag von ihm zu hören, wie es doch im Krieg war und das die da
froh gewesen wären wenn sie ein Schmalzbrot gehabt hätten.
Der Mann konnte reden, unglaublich. Er hats glatt geschafft das der Typ
sein Brot aufgehoben hat und aufessen wollte, was der Lehrer Möckl
allerdings nicht zugelassen hat, weils ja mehr oder weniger schon im
Dreck gelegen hat.
Lehrer Möckl hatte auch eine ganz spezielle Art
seinen Unterricht zu führen. Egal welches Fach grad dran war, er
redete locker seinen Stoff herunter und schrieb teils auch was an die
Tafel. Er regte sich nicht auf wenn sich während des Unterrichts
jemand unterhalten hat oder wenn jemand sichtbar echt nicht bei der
Sache war. Er hat sogar gesagt, das wenn jemand aufs Klo muss der dann
ruhig aufstehen soll und gehen soll, aber ohne die Klasse zu
stören. Welch Wunder, welch Wunder. Was wir aber nicht wussten
war, das er jeden Tag etwa 10 Minuten vor dem Ende des Unterrichts an
der Türe stand und jeden der Schüler eine Frage aus dem
Unterricht des heutigen Tages stellte. Wusste der Schüler die
richtige Antwort durfte er gehen, wusste er sie nicht, dann musste er
sich ans Ende der Schlange anstellen und wurde dann nochmal gefragt.
Wusste er auch beim dritten mal die Antwort nicht, dann durfte er im
Lauf der Woche oder im Lauf der kommenden Woche entweder 30 Minuten
nachsitzen oder zwei beliebige Seiten aus dem Lesebuch abschreiben.
So
kams dann, das eines Tages Lehrer Möckl der Hauptlehrer von uns
wurde und wir den ganzen Tag brav aufgepasst haben was er sagte, damit
jeder dann auch die richtige Antwort weiss und gehen darf. Ich gebe zu,
das ich in den Monaten wo wir bei Lehrer Möckl Unterricht hatten
mehr gelernt habe als wie in der Zeit wo wir einen anderen Lehrer
hatten. Zumindest bis einschliesslich der 4.Klasse.
Klassenkameraden mit denen ich dann doch etwas besser befreundet war
gabs dann einige. Ausser dem Orfeo gabs noch den Robert Buckl, den
Thomas Schuller, den Gerhard Miksch und den Dieter Fritsche. Diese vier
erwähne ich deswegen weil wir im Lauf der Schuljahre so manches
angestellt haben. Wobei der Miksch eigentlich der harmloseste von allen
war. Robert Buckl wohnte damals in der Fasangartenstrasse und sein
Vater hatte eine Autowerkstatt und eine für die damalige Zeit sehr
geniale Stereoanlage.
Thomas Schuller wohnte in der Nabburger Strasse,
die war bzw ist noch immer weit hinter dem Bahnübergang an der
Sebastian-Bauer-Strasse wo der Esel war. Dem sein Vater war irgendwo
bei der Bundeswehr.
Gerhard Miksch wohnte damals in der Putzbrunner
Strasse, und zwar genau in dem Haus wo davor im Garten ein riesiger
Strommast gestanden hat bzw. auch heute noch steht.
Der hatte einen
Bruder der E-Gitarre spielte und Status Quo Fan war.
Und Dieter
Fritsche wohnte in der Weddigenstrasse und war lange Schuljahre
eigentlich mein bester Freund. Mit ihm hab ich viel unternommen und
viel geblödelt und wir hatten viele Gemeinsamkeiten. Und diese
Freundschaft endete soweit ich mich erinnere in der 8.Klasse wegen
einer Lächerlichkeit.
Um mich zeitlich jetzt nicht selber zu sehr einzuengen werde ich ab
jetzt auch die letzten Schuljahre mit einbinden, also ab jetzt werd ich
auch über die Zeit bis zum Sommer 1976 schreiben. 1976 hab ich die
Schule verlassen. Die Lehrer waren sehr glücklich darüber das
sie mich endlich los waren :-)
Nein, um ehrlich zu sein standen die Lehrer die ich in der 9.Klasse
hatte am letzten Schultag alle heulend vor dem Ausgang und haben mich
nacheinander umarmt und geküßt und mir gesagt, wie traurig
sie sind weil ich sie verlasse und das ich immer ihr
Lieblingsschüler war.
Also um ganz ehrlich zu sein, geweint hat keiner wie ich am letzten Schultag das Schulhaus verlassen habe ;)
Im Jahr 1972 war in München einiges geboten. Die olympischen
Spiele fanden in München statt, die U-Bahn fuhr, die S-Bahn fuhr,
das olympische Dorf war auch fertig und der geniale Fernsehturm
ebenfalls. Im ARD und im ZDF kamen viele Stunden Olympiade und ich war
damals seltsamerweise recht angetan von diesem sportlichen Ereignis,
zumindest was die TV-Übertragungen anging. Aus irgendeinem heute
nicht mehr nachvollziehbaren Grund führte ich sogar einige Listen,
wo diverse Sportler in diversen Disziplinen aufgelistet waren. Also wie
schnell, wie weit, wie hoch, je nach Sportart. Es gab Olympia-Shirts
und Olympia-Waldis, Olympische Ringe aus Plastik und die Werbung kam
vom hundertsten ins tausendste was die Olympischen Ringe betraf. Ein
Olympia-Shirt und so einen Waldi hatte ich natürlich auch. Leider
sind beide schon lange verschwunden, keine Ahnung wo die gelandet sind.
Abgesehen davon wäre mir dieses T-Shirt heute mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit viel zu klein geworden.
Ein Olympisches
Brettspiel hatte ich auch bekommen. Das habe ich sogar heute noch. Von
diesem Spiel war ich damals sehr fasziniert und auch Jahre später
veranstaltete ich mit den verschieden farbigen Spielfiguren die alle
einen olympischen Athleten darstellten, meine eigene kleine Olympiade
auf dem Teppichboden oder auf dem Tisch.
Während der Olympiade
1972 gabs auch das berühmte Geiseldrama, von dem ich als Kind
allerdings nicht all zu viel mitbekommen habe, es hat mich damals
ehrlich gesagt auch nicht interessiert. Der U-Bahnhof Olympiazentrum
war ziemlich umfangreich. Ausser der U-Bahn fuhren noch massig Busse
dorthin. Dann gabs noch den extra für die Olympiade gebauten
Bahnhof Olympiastadion. Da fuhr während der Spiele eine eigene
Olympia-S-Bahn hin und nach den Spielen bei besonderen Anlässen
eine S-Bahn vom Ostbahnhof über Moosach zum Olympiastadion. Im
Lauf der Jahre wurde diese Linie dann eingestellt und der Bahnhof
Olympiastadion gammelt bis heute vor sich hin.
Im Olympiazentrum war
ich unzählige male, speziell in der Olympiahalle wo ich bei ganz
vielen Konzerten war. Der Park selber war auch recht interessant.
Auch deshalb weils viele Bauwerke gab die man besichtigen konnte. z.B.
die Schwimmhalle, das Stadion usw. Besonders interessant war auch der
Minigolfplatz und die Standln wo man Grillhendln kaufen konnte. An so
manchem Nachmittag war ich mit einigen Klassenkameraden im Olympiapark,
wir haben uns Hendl gekauft, selbige am Olympiaberg gefuttert und dann
hamma Minigolf gespielt, sind auf den Turm gefahren und haben den lieben
Gott einen guten Mann sein lassen.
Die Olympiahalle war für mich
eine der wichtigsten Konzerthallen überhaupt. Dort sah ich schon
als junger Knabe wichtige Bands wie Led Zeppelin, Rainbow, Deep Purple,
Status Quo, Black Sabbath, Rolling Stones und viele andere. Die meisten
sogar mehrmals, weil durchschnittlich kamen die guten Bands etwa alle
ein bis zwei Jahre nach München.
In der Olympiahalle war damals
auch das berühmte Rainbow-Konzert, das erst weit nach Mitternacht
anfing, aber das war soweit ich mich entsinne nach 1976.
Zum Thema Konzerte werd ich später noch allgemein was ablassen,
weil das ist, wie ich glaube schon mindestens einmal erwähnt habe,
ein Thema, wo mir so schnell nicht der Gesprächs- bzw Schreibstoff
ausgeht. Im Olympiapark wurden damals auch ganz neue Arten von
Wegweisern aufgestellt. Mit Symbolen, die extra für Olympia
entworfen wurden und wo damals sogar in der Zeitung ein Bericht stand
in dem erklärt wurde, was welche Zeichen bedeuten. Und trotzdem konnte
man es locker schaffen sich auf dem Weg von der Olympiahalle zur U-Bahn
zu verlaufen weils teilweise echt blöd ausgeschildert war. Ich
erinnere mich noch an einen Abend nach einem Konzert wo wir aus
irgendeinem Grund zum falschen Ausgang rausgingen und dann zwar ein
U-Bahnschild sahen, aber irgendwie vom Weg abkamen. Ich glaub wir sind
dann mindestens eine Stunde durch die Gegend geirrt bis wir zur U-Bahn
gefunden haben. Ebenfalls seit 1972 gibts den Olympiaparkzug. So ein
kleiner Zug mit ein paar Waggons mit dem man quer durch den Park fahren
kann und wo auf deutsch und auf englisch erklärt wird was hier was
ist und wozu es gut ist. Eine Fahrt, die auch für echte
Münchner recht interessant sein kann.
Jetzt gehen wir nochmal zurück in die auslaufenden 1960ger Jahre,
und zwar zum einen in die Schule am Pfanzeltplatz und zum andern in die
Gegend Holzwiesenstrasse.
Mit mir in die Klasse ging auch ein gewisser Peter Ecker. Der war wie
ich Raumschiff Enterprise Fan, das damals einmal die Woche im Fernsehen
lief und von dem ich nie eine Folge verpasst habe. So nebenbei
erwähnt bin ich auch heute noch ein Enterprise-Fan, aber nur von
der Crew die mit Käptn Kirk unterwegs war. Jener Peter Ecker hatte
zwar von Musik keine Ahnung, dafür hatte er recht gute Ideen was
die Spielereien in Wald- und Wiesengegenden betraf, in diesem Fall das
verwilderte Gebiet hinter Perlach da in der Gegend Holzwiesenstrasse.
Peter und ich verstanden uns schon in der Schule recht gut und so kam
es, das wir uns oft auch Nachmittags getroffen haben. Manchmal war auch
der Karli mit dabei. Da hinten in der Gegend war echt nix ausser
Feldern, Wiesen, Bäumen und Äckern. Zwischendrin mal ein
altes verrostetes Fahrrad. Ein Paradies zum Spielen.
Irgendwann kamen
wir dann auf die Idee (es waren noch einige andere Kinder dabei), ein
Baumhaus zu bauen. Wir legten uns mächtig ins Zeug obwohl wir
keine Ahnung hatten.
Wir besorgten uns alle möglichen Sachen, also
Hammer, Nägel, Seile und sogar einen Fuchsschwanz (also eine
Säge) hatten wir. Ganz viele Tage haben wir dort nach der Schule
verbracht und es war recht lustig. Eines Tages dann fiel uns auf, das
ziemlich viele Leute in der Gegend waren die sich recht wichtig machten
und irgendwelche Zeichnungen hatten und in der Gegend herumgedeutet
haben. Bereits wenige Tage später rückten die ersten
Baumaschinen an. Bagger, Raupen, Lastwägen. Und massig Arbeiter.
Tag für Tag drangen sie immer weiter nach vorne und Tag für
Tag sah das ganze Gelände schlimmer aus. Alles aufgerissen und
umgegraben, Löcher, ausgerissene Bäume und Sträucher.
Eines Tages war dann alles nur noch Steinwüste und es sah sehr
schlimm aus. Das war der Anfang von Neuperlach.
Die ganze schöne
Umgebung wurde zerstört und überall wurde gebaut und die
schönen Plätze für uns Kinder und auch für
verschiedene Tierarten die sich im Laufe der Jahre dort angesiedelt
haben, waren weg. Etwa zeitgleich wurde an der Weddigenstrasse ein Wall
aufgeschüttet über den einige Monate später dann die
verlängerte Ständlerstrasse bis hinter Neuperlach raus
führen sollte. Der Fritsche Dieter und ich standen damals auf der
Strasse und schauten zu wie die Lastwagen massenweise Steine und Sand
rumtransportierten und wie nach und nach dann diese Brücke
über die Ottobrunner Strasse entstand. Nicht jeder der Anwohner war begeistert und es kam sogar zu solchen
Protesten das die Bauarbeiten für kurze Zeit unterbrochen werden
mussten. Geholfen hats natürlich nix.
Da wo einst wunderbare Landschaften waren, da schossen jetzt
Hochhäuser aus dem Boden und die einstigen Wiesen wurden alle
zubetoniert, Wälle wurden aufgeschüttet und es war ganz
schön was los in den folgenden Jahren in dieser Gegend. Klar wars
auch interessant die Bauarbeiten zu beobachten und sich da in der
Gegend rumzutreiben. Aber klar war auch, das der Blick aus dem Fenster
bald nicht mehr so sein wird wie er mal war. Im Lauf der kommenden
Jahre entstand ein komplettes neues Stadtviertel, neue Strassennamen,
benannt nach Leuten die meist keine alte Sau kannte. Von den alten
Perlachern war eigentlich keiner so richtig begeistert. Da wurde
geschimpft über die Betonbunker die so greislig san wia d'Nacht
finster, gemeint waren die Hochhäuser die teilweise sowas von
potthäslich waren, das es mit Worten kaum auszudrücken war.
Geschimpft wurde über die verschandelte Gegend und über das
ganze Gschwerl das dann dort hinziehen würde. So richtig
mitverfolgt wurde von uns Kindern hauptsächlich der Bau des
Adolf-Bayer-Damm und der Nawiaskystrasse. Bis heute hab ich keine
Ahnung wer Adolf Bayer oder dieser Nawiasky war. Irgendwie
müssen beide aber wichtig gewesen sein weil sonst hätten sie
ja keine Strassennamen bekommen. Da wurde sogar ein Bachbett gebaut,
damit der Hachinger Bach durchfliessen konnte. Vorher wars ein richtig
schönes natürliches und verwildertes Bachbett, wo dieser Bach
Jahrzehnte lang durchgelaufen war, sogar einen kleinen Weiher gabs, wo
wir als Kinder Pirat gespielt haben und Jahre später nach dem
Werkunterricht das selbstgebaute Segelboot eines preussischen
Mitschülers mit einem sogenannten Kubaner in die Luft gesprengt
haben.
Der kleine Weiher blieb trotzdem noch erhalten, scheinbar war
der in Privatbesitz und durfte deswegen nicht zubetoniert werden. Der
Bach wurde in ein potthässliches Betonbett gezwängt wo er
dann, wenn alles fertig war,durchlaufen durfte. Interessant war es
speziell für manchen Knaben wenn er mit seinem
Bonanza-Rad oder seinem Torpedo-3-Gang durch das Bachbett flitzen
konnte. Die Gegend wurde ebenfalls mit einer Brücke verschönt
über die ebenfalls die vorher erwähnte Ständlerstrasse
führte. Unter dieser Brücke floss dann auch der Hachinger
Bach durch, vorbei an einer neuen Wirtschaft die dort errichtet wurde,
in der es auch einen Fußballplatz gab. Also nicht in der
Wirtschaft sondern daneben.
Damals dachte ich nicht einmal in meinen schlimmsten Träumen daran
das ich just in jener Wirtschaft Jahre viele Jahre später mein
Hochzeitsessen essen würde.
Gebaut wurde in Neuperlach auch die
Albert-Schweizer-Schule, egal jetzt ob mit oder ohne tz beim Schweizer.
Also nicht wundern wenn ich sie manchmal mit tz schreibe.
In diese
Schule wurde dann nach Abschluss der 4.Klasse am Pfanzeltplatz
gewechselt. Also ab der 5.Klasse gingen ich und einige meiner
Noch-Mitschüler in diese Schule.
Gebaut wurde auch die U-Bahn nach
Neuperlach und eine eigene Strassenbahnlinie (Linie 24) die vom
Ostbahnhof über das Michaelibad nach Neuperlach Zentrum gefahren
ist.
Für mich als Omnibusfreak war natürlich Neuperlach
Zentrum recht interessant, nachdem es soweit fertig war, denn dort
fuhren mehrere Buslinien ab, auch einige neue, die es erst seit
Neuperlach gab. Der bestehende 95ger wurde ebenfalls so umgeleitet das
er nicht mehr gradeaus die Putzbrunner Strasse fuhr sondern
zwischendurch nach Neuperlach Zentrum. Später dann fuhr er noch
etwas weiter durch Neuperlach, bis er schliesslich in Höhe der
Tribulaunstrasse wieder auf die Putzbrunner Strasse kam. Geplant war
auch ein gigantisches Einkaufszentrum, das heute als PeP (Perlacher
Einkaufs Passagen) bekannt ist. So nach und nach nahm dann alles
langsam Gestalt an und Neuperlach wurde nochmal unterteilt in
sogenannte Zentren. Da gabs dann das Quiddezentrum, das Marx-Zentrum,
das Graf-Zentrum und eben lauter so hochintelligente Namen. Jedes
Zentrum hatte ein eigenes Einkaufszentrum, mehrere Bushaltestellen,
Kneipen, Restaurants und sonstiges Zeugs und teilweise sogar eigene
Farben für die Brücken und für die Häuser.
Pech
hatte der, der in dieser Gegend als Postbote oder Briefträger
arbeiten musste, denn die Strassenführung war teilwiese sehr
kompliziert und es kam durchaus vor, das so manche Strasse
plötzlich endete und in irgendeine andere überging und dann
wieder als vorherige Strasse weiterführte. Ein Bekannter von mir,
der als Briefträger arbeitete und mit dem Radl unterwegs war, der
kündigte dann seinen Job weil ihn diese Briefzustellerei den
letzten Nerv geraubt hat. Oft wurden ganze Posttaschen in irgendeiner
Ecke gefunden die so manch entnervter Briefträger einfach
weggeschmissen hatte.
Für uns Kinder war Neuperlach eigentlich nur
wegen der Hochhäuser interessant. Und die eigentlich nur wegen
zwei Dingen. Zum einen wegen der Aufzüge und zum andern wegen der
Müllschlucker. In Perlach selber gabs nicht ein einziges
Gebäude das einen Aufzug hatte. Hier wars völlig normal das
man zu Fuß in den dritten, vierten oder gar fünften Stock
lief. Auch mit vollen Einkaufstaschen. In Neuperlach gabs teils
dreistöckige Häuser mit Aufzügen. Klar, so ein Aufzug
war schon eine geniale Einrichtung, speziell dann wenn man vom direkten
Haueingang noch eine kleine Treppe raufgehen musste um überhaupt
an den Aufzug zu kommen. Oder wenn der Aufzug nicht an jedem Stockwerk
hielt sondern nur in den Zwischengeschossen. Oder wenn er nur bis zum
Erdgeschoss und nicht bis in den Keller fuhr. Ich schätze, da hat
so mancher der dort ein- oder auszog laut und viel geschimpft und
geflucht. Sicherlich hat sich so mancher Grundbesitzer mit dem Verkauf
seiner Äcker und Felder einen goldenen Arsch verdient. In dieser
Zeit gabs dann plötzlich einige Leute die praktisch über
Nacht zum Millionär wurden, aber die Mieten die für relativ
kleine Wohnungen in Neuperlach verlangt wurden, die waren auch nicht
ohne.
Nachdem sich Neuperlach dann so langsam bevölkerte stand
fest, das die, die von Anfang an auf das Gschwerl geschimpft hatten gar
nicht mal so unrecht hatten. Neuperlach war damals eigentlich zu locker
90% in der Hand ausländischer Mitbürger. Nein, ich sag jetzt
nicht Gschwerl oder Kanaken oder sowas, denn meine Freunde waren ja
auch fast alle Ausländer. Tatsache war jedenfalls bis in die
späten 1980ger Jahre, das es in München die meisten
Gewaltdelikte in Neuperlach gab. Es kam mehrmals die Woche vor das
jemand verdroschen wurde oder vergewaltigt wurde, Raub und
Einbrüche gehörten zur Tagesordnung. Die Polizei konnte nicht
viel tun, denn in Neuperlach gab es nicht einmal ein eigenes
Polizeirevier. Mit anderen Worten: Wenn was passiert ist dann kamen
welche aus Trudering und bis die da waren sind selbst die langsamsten
Einbrecher über alle Berge gewesen. Und so kams, das Neuperlach in
den Anfangszeiten bei Einbruch der Dunkelheit ein ziemlich einsames
Pflaster wurde, weil sich viele aus Angst nicht mehr aus dem Haus
trauten. Auch die Busfahrer die bis spät in die Nacht durch diese
Gegend fahren mussten schauten sich schon sehr genau um bevor sie an
der Haltestelle die Türe öffneten um jemand einsteigen zu
lassen.
Kurz gesagt, Neuperlach war eine Scheißgegend. Begeistert waren
nur die, die damit viel Geld kassiert haben. Und natürlich die
Politiker, die den schnellen Bau dieses Stadtviertels täglich in
den höchsten Tönen lobten. Und trotzdem waren die
Aufzüge interessant. So blöd es sich vielleicht auch
anhören mag, aber wir konnten echt ganze Nachmittage damit
verbringen in verschiedenen Hochhäusern mit den Aufzügen
rauf- und runter zu fahren. Mein bester Neuperlacher Aufzugfahrspezl
war jener Thomas Schuller. Ganz besonders war der Spaß dann wenn
es zwei nebeneinanderliegende Aufzüge gab. Da machten wir richtige
Rennen wer mit welchem Aufzug als erster unten ist. Da gabs viele
Tricks, z.B. ein oder zwei Stockwerke runterflitzen und dann auf
den Knopf zu drücken damit der andere Zeit vergeudet weil er
warten muss bis die Tür wieder zu ist. Jaja, kindisch aber
schön wars schon irgendwie. Und die Müllschlucker. Irgendwie
schon eine geniale Einrichtung wenn man in jedem Stockwerk ein bis zwei
solche Teile in der Wand hat. Man muss seinen Dreck nur noch reinwerfen
und der fällt dann durch den Schacht durchs ganze Haus und landet
unten in einer Großraummülltonne. Besonders interessant war
es, wenn man eine volle Plastikflasche runterwarf oder eine leere
Glasflasche. Das war ein Klang wenn die Teile unten auftrafen,
unerklärbar :-)
Und ganz besonders interessant war es, wenn in so
einem Hochhaus mit 13 bis 14 Stockwerken der Aufzug ausfiel. Doch bevor
das alles soweit war und bevor ich in die Albert-Schweizer-Schule
wechselte, da gabs natürlich da wo vorher das
Feld/Wald/Wiesn-Gelände an der Holzwiesenstrasse war, noch einiges
zu besichtigen. Das was die so ziemlich als erstes hingebastelt haben,
das war die Kanalisation. Da die noch ziemlich frisch war, war sie auch
übers Wochenende nicht mit Kanaldeckeln verschlossen und lud somit
ein, das man runterkletterte und die selbige entlangspazierte. Es war
schon sehr interessant für mich, denn sowas habe ich vorher noch
nie gesehen und seitdem hab ich sowas auch nicht mehr gesehen. Durch
diese Kanalisation wird also demnächst im wahrsten Sinne des
Wortes jeder Scheissdreck fliessen. Interessant waren auch die vielen
Kräne die dort aufgebaut wurden. Oft haben wir gewettet wer sich
traut soweit raufzuklettern das er das rote Lamperl ganz vorne am Kran
klauen kann. Ich hab immer gesagt, ich würde mich schon trauen,
aber ich kanns sicher nicht rausschrauben weil es zu heiß ist.
Mit dieser Erklärung gaben wir uns dann zufrieden und somit war
die Sache erledigt. Sehr oft wurden wir während der Bauarbeiten
von einigen Arbeitern verscheucht, kamen aber immer wieder. Irgendwann
war dann alles soweit fertig und heute stehen dort teils die
Häuser der Nawiaskystrasse und das Quiddezentrum.
Ebenfalls noch in der Zeit bevor wir die Schule wechselten, gingen der
Karli, die Regina und ich oft die Gitter vor den Geschäften ab und
kontrollierten mit fachmännischem Blick ob vielleicht jemand ein
Geldstück hinunter gefallen ist. Dann gings zur Sache. Mit einem
langen Stock, meist ein alter Ast, später bekamen wir von jemand
eine alte Gardinenstange geschenkt, unten einen frisch gekauten
Kaugummi hingeklebt, den Stock durchs Gitter schieben und gezielt auf
die untenliegende Münze drücken. Dann den Stock langsam
wieder nach oben ziehen und schon hatte man die Münze in der Hand.
Das gelang mit allen Münzen von 1 Pfennig bis 1 DM. Ab zwei Mark
wurde es problematisch, denn da musste man zusätzlich noch mit den
Fingern durchs Gitter langen und versuchen die Münze festzuhalten,
meistens fiel sie aber wieder runter. Deswegen wurden solche
Münzen immer dann gerettet wenn die Geschäfte zu hatten. Da
wurde dann soweit möglich das Gitter rausgehoben, einer von uns
sprang hinunter und holte die Münze und überprüfte auch
gleich noch genauer ob sonst noch was brauchbares unten lag. Dann wieder
raus, Gitter rein, fertig. Je nachdem wieviele wir waren wurde der
gefundene Betrag geteilt. Wenn also einer alleine eine Münze
rettete, dann gehörte alles ihm. In ganz dringenden Fällen
hoben wir das Gitter auch raus wenn der Laden offen hatte. Dann musste
alles ganz schnell gehen bevor sich jemand aufregen konnte. Auf diese
Weise haben wir so übers Monat verteilt ein ganz nettes
Sümmchen zusätzlich zum Taschengeld verdient :-) Manche
Gitter waren allerdings unten festgeschraubt und man konnte sie nicht
rausheben. Da überprüften wir dann immer in den Kellern ob
man von innen durchs Fenster irgendwie rankommt. Manchmal kams auch vor
das einem Kunden beim Betreten oder beim Verlassen des Ladens
versehentlich etwas durchs Gitter gefallen ist. Da durften wir dann
ganz offiziell hinuterklettern und bekamen je nach dem was wir gerettet
haben eine Belohnung. Einmal fiel einem aufgeregtem Mann ein Ring
durchs Gitter. Der war dann ganz aufgeregt weil es der Verlobungsring
war den er seiner Angebeteten gekauft hatte und etwas eingravieren
lassen hat. Der Karli und ich waren gleich zur Stelle und nach einer
Minute hatte er seinen Ring wieder und er war so glücklich
darüber das er beim Brücklmeier gesagt hat, sie sollen jedem
von uns einen so großen Eisbecher geben wie wir nur wollen, er
bezahlt alles. Das war ein Angebot, er wusste ja nicht das wir locker
10 bis 12 Kugeln futtern konnten. Aber ich glaube das war ihm egal,
hauptsache er hatte seinen Ring wieder.
Ein weniger schönes Erlebnis war an dem Tag, wo wir uns ein paar
Spicker organisiert hatten und auf eine Spickerscheibe geworfen haben
die wir im Hinterhof an die Wand gelehnt hatten. Anfangs wars ja ganz
witzig und wir hatten unseren Spaß bei der Sache. Los gings dann
damit, das der Regina ein Spicker aus der Hand fiel und der dann so
blöd gefallen ist das er in einer ihrer Zehen gelandet ist. Sie
war zu dem Zeitpunkt barfuß. Und der Karli und ich kamen auf die
Idee, das wir versuchen könnten, den Spicker zu werfen wenn der
andere grade die andern Spicker aus der Scheibe zieht. Ein paarmal gings
ganz gut, und kurz drauf landete dann ein Spicker in der Hand vom
Karli. Geworfen von mir. Zuerst waren wir beide so überrascht das
wir nur dastanden und nichts gesagt und nichts getan haben. Nach der
Schrecksekunde kam bei mir ein Gefühl von Angst auf und beim Karli
ein Gefühl des starken Aua. Zuerst hab ich mir ganz kurz
überlegt einfach abzuhaun, aber dann hab ich ganz schnell den
Spicker aus seiner Hand gezogen. Komischerweise hats so gut wie gar
nicht geblutet und bei weitem nicht so weh getan wie es anfangs aussah.
Glücklicherweise hats auch niemand mitbekommen und nach relativ
kurzer Zeit war die Sache auch schon wieder vergessen. Der Karli hat
eigentlich öfters was abbekommen weil ich entweder nicht
aufgepasst hatte oder einfach das Hirn nicht eingeschaltet habe. In der
Perlacher Gegend in der wir uns meistens aufhielten, wurde eigentlich
immer irgendwas ausgebessert oder gebaut oder renoviert. Einmal stand
eine große Wanne draussen wo flüssiger Gips oder Mörtel
oder so ein Zeugs angerührt wurde. An ein paar Stellen hat die
Sonne den Baaz (nennen wir es mal so, der Bayer weiss was gemeint ist)
schon soweit getrocknet das er schön griffig war und man ihn
werfen konnte. Anfangs machten wir nur so kleine Kugeln die wir an die
Hauswand geworfen haben. Dann wurden die Kugeln größer und
der Karli hat mir eine vorne ins Hemd gesteckt und draufgedrückt.
Ich wollte ihm dann auch eine draufklatschen, aber vor lauter Rache
landete eine handvoll Baaz voll auf seinem Auge. Er hats gleich mit der
Hand weggewischt und fing dann gleich an laut zu jammern, das er nichts
mehr sieht und das er blind wird usw usw. Passiert ist nicht viel, nur
das er ein paar Tage ein leicht rotes Auge hatte. Ich hab im Lauf der
jungen Jahre natürlich auch einiges abbekommen. Irgendwann in den
frühen 1970ger Jahren kam der flüssige Zwiebel (in Bayern, da
Zwieve) auf den Markt. Also nicht nur einfacher Zwiebelsaft sondern
angeblich so richtig die Zwiebel, nur flüssig. Und natürlich
kamen wir dann auf die Idee, unsere Wasserpistolen zum Teil mit diesem
Zwiebelsaft zu füllen, bzw. eine Mischung aus Wasser und
Zwiebelsaft einzufüllen. Und natürlich hats nicht lange
gedauert bis wir dann anfingen gegenseitig auf uns zu zielen. Der Karli
war am schnellsten und so bekamen sowohl Regina wie auch ich eine
Ladung ins Gesicht und auch ins Auge. Gebrannt hat das wia d'Sau,
dagegen war der Baaz gar nix. Und da hatten Regina und ich einige Tage ein rotes und geschwollenes
Auge, trotz schnellster Spülung mit Wasser und feuchten
Waschlappen. Wir haben eigentlich gegenseitig einiges abbekommen und
ich schätze mal, es hat sich über all die Jahre die Waage
gehalten.
Irgendwann so zwischen der ersten und der vierten Klasse haben wir
einen Schulausflug nach Deisenhofen gemacht um uns den Ursprung des
Hachinger Baches anzuschaun.
Die Deisenhofener Gegend war damals eigentlich recht schön,
irgendwie ländlich. Ich erinnere mich noch genau daran das in
irgendeinem Vorgarten so eine Art "bepflanzte Betonwanne" stand, aus
der ein mickriges Rinnsal herauslief. Angeblich war das der Ursprung
des Hachinger Bachs. An dem Tag sind wir dann noch etwas durch die
Gegend gewandert und haben auch so manche Pause eingelegt. Ich hatte
damals einen Minirucksack, der aber so groß war, das zum einen
ein paar Wurschtbrote reinpassten und zum andern eine große
Flasche (0,7 Liter) Limonade. In unserer Klasse hatten wir damals ein
Mädchen welches Martina Hartmann geheissen hat. Ich habe mich
immer geweigert irgendjemand aus der gleichen Flasche trinken zu lassen
aus der ich trinke, hätte ja sein können das jemand
hineinspuckt. An diesem Tag machte ich die einzige Ausnahme die ich je
gemacht habe. Martina durfte aus der gleichen Flasche trinken wie ich
und ich hab mir mächtig was drauf eingebildet. Es war etwa zu der
Zeit wo Chris Roberts das Lied "Ich bin verliebt in die Liebe"
rausbrachte, welches ich dann abänderte in "Ich bin verliebt in
Martina". Es dürfte aber klar sein das sich solche
Schwärmereien übers Jahr verteilt öfters ergaben und das
mit Martina nie was gewesen ist und ich mich nicht mal getraut habe es
ihr zu sagen.
Zwischen den Klassen 2 und 4 gabs noch ein Mädchen
welches Christine Hauser geheissen hat. Sie hatte blonde Haare, etwas
bis über die Schultern, und sie hatte irgendwas
raubtierhaftes an sich. So von den Augen her und vom allgemeinen
Gesichtsausdruck. Soweit ich mich erinnere wohnte sie auch irgendwo in
der Gegend des Bahnübergangs in der Neubiberger Strasse.
Christine war, wie man damals sagte, eine echt heiße Braut. Im
Winter hatte sie immer schwarze Stiefel an mit relativ hohe
Blockabsätzen. Es dürfte klar sein was ich mir gewünscht
habe, aber was leider nie in Erfüllung ging. Dafür durfte ein
anderer die Bekanntschaft machen. Ich weiss nicht mehr welcher
Schüler es war, aber wir waren auf der Pausenwiese hinter der
Pfanzeltplatzschule und haben rumgealbert. Jener Schüler warf
einen relativ großen Schneeball, eigentlich warens eher zwei
Hände voll Schnee in eine Gruppe der Mädels aus unserer
Klasse. Die wurden natürlich sauer und da der Kamerad etwas zu
ruckartig abhauen wollte fiel er hin. Zwei von den Mädels zogen an
seiner Jacke herum und irgendwann hatte er aus welchem Grund auch immer
die "auf allen Vieren" Stellung und die Mädels fingen zum
einen an ihn mit Schnee einzureiben und setzten sich dann auf seinen
Rücken. Das heisst, mehr wie zwei hatten da eh nicht Platz und so
setzte sich eine noch auf seinen Kopf und er brach zusammen. Die
Mädels alle auf ihm drauf. Gekreische und Gegackere und in dem
ganzen Tumult liess Christiane das Vorderteil ihres Stiefels in sein
Gesicht wandern. Irgendwann ging dann ein Lehrer dazwischen und hat den
armen Knaben befreit. Der heulte und jammerte das ihn eine ins Gesicht
getreten hat und ihm sein Rücken wehtut. Der Lehrer meinte nur, er
solle sich nicht so anstellen, er müsse doch ein Mann sein. Die
Mädels machten sich dann über ihn lustig. Und was ich mir
dachte das werdet ihr euch inzwischen eh denken können. Tags drauf
hats der Kamerad dann schlauer angestellt. Irgendwo neben den
Neuntklässlern postiert warf er einige Schneebälle in die
Runde der Mädels. Blöderweise wurde er diesmal kalt von einem
der Lehrer erwischt. Die Lehrer wechselten sich meist täglich ab
mit den Pausenaufsichten. Was mich betrifft, mit Christine Hauser war
auch nie was und ihre Stiefel lernte ich auch nie persönlich
kennen.
Bleiben wir noch ein bissl beim Winter. Am Strassenrand vorm
Katra wurde in den Wintermonaten einiges an Schnee zusammengeschoben.
Nach der Schule waren ich, der Robert Buckl und der Thomas Schuller oft
noch längere Zeit an dem Schneehaufen und haben versucht ein Loch
von einem Ende zum andern durchzugraben. Unsere Schulranzen hatten wir
irgendwo in die Gegend geworfen. Ich erinnere mich noch genau daran wie
so mancher Passant mit grinsendem Gesicht stehenblieb und uns
begeistert zuschaute. Wahrscheinlich hätte er Lust gehabt
mitzumachen, hat sich aber nicht getraut weil er schon zu alt für
sowas war. Solche spontanen Unternehmungen haben uns damals immer recht
viel Spaß gemacht. Sehr beliebt war es auch, einen möglichst
großen Schneeball auf schräge Hausdächer zu werfen, in
der Hoffnung, das er runterrollt und dabei noch größer wird.
Allerdings haben wir es nie geschafft eine Art Dachlawine ins Rollen zu
bringen. Dafür war am vorderen Dachteil überm Katra oft
soviel Schnee, das er etwa einen halben Meter übers Dach
hinausragte. Da haben wir oft versucht mit Schneebällen diesen
Überhang zum Absturz zu bringen. Es hört sich leicht an, aber
so einfach war das gar nicht. Der Besitzer vom Katra ging dann
irgendwann in den Speicher und hat mit einem großen Stock solange
in den Überhang reingestochen bis er dann runtergefallen ist.
Natürlich wurde aufgepasst das da niemand drunter stand. Der
Überhang knallte dann mit Karacho auf den Boden. Ich selber liebte es auch wenn unser Balkon um Winter so richtig dick
verschneit war. Da war ich immer ganz begeistert wenn ich morgens
rausschaute und irgendwelche Spuren im Schnee fand, weil in der Nacht
oder am frühen Morgen ein Vogel drin rumgelaufen war. Und noch
begeisterter war ich wenn ich dann so manchen Schneeball auf so manchen
nichts ahnenden Passanten fliegen lassen habe. Ein begehrtes Ziel waren
auch die Dächer von den Omnibussen.
Tja und eines Tages gingen der
Karli und ich die Josef-Beiser-Strasse entlang und überlegten was
wir anstellen könnten an diesem schönen und kalten Wintertag.
Und da sahen wir doch tatsächlich ein offenes Fenster im Haus der
Facklers und da hatten wir dann beide den selben Gedanken. Wir werfen
denen einen Schneeball durchs Fenster und hauen ab.
Das ist die Rache
dafür das uns die alte Facklerin desöfteren bei unseren
Eltern verpetzt hatte wenn sie uns dabei erwischte das wir irgendwas
angestellt haben. So formten wir je einen schönen Schneeball und
warfen immer gleichzeitig damit wir im Notfall auch beide Schuld hatten
falls was danebengehen sollte. Und wie es der Zufall wollte trafen wir
gleich beim ersten Wurf voll durchs offene Fenster. Gescheppert hat
nix, also haben wir zumindest nix kaputtgemacht. Klar das wir sofort
abgehaun sind. Lange hat es nicht gedauert und man sah die Alte
schimpfend durch die Strasse laufen mit Laufrichtung Haus 23 und 25. Ob
dem Karli seine Eltern was getan haben weiss ich nicht, ich ging
jedenfalls irgendwann heim wie es mir zu kalt wurde und da hat meine
Oma gleich angefangen, das die Frau Fackler sich furchtbar beschwert
hat weil ich ihr einen Schneeball ins Zimmer geworfen habe. Ich hab
dann gleich wissen wollen woher sie wissen will das ich es war, worauf
meine Oma dann auch keine geeignete Antwort wusste und meinte, wer soll
es denn sonst gewesen sein. Gut, ich wars zwar, aber zumindest sollte
man es mir dann auch bewiesen werden können. Und das dürfte
in dem Fall schwer möglich gewesen sein. Also spielte ich den
Unschuldigen und sagte dann auch zu meine Vater, das wir jetzt sofort
zur Facklerin gehen und sie zur Rede stellen wie sie sowas behaupten
könne. Irgendwie hatte ich den Eindruck das mein Vater trotzdem
genau wusste das ich zumindest was damit zu tun hatte. Er hat allerdings weder was gesagt noch irgendwelche Fragen gestellt,
dafür komisch gegrinst und mir dann mitgeteilt das ich den Rest
des Tages Hausarrest habe und dann hat er mir eine Mark gegeben und
meinte, ich soll mir vorher noch ein Heftl kaufen damit es mir nicht
langweilig wird. Solche Hausarresten lass ich mir schon gefallen. Und
das beste daran war, ich ging natürlich auch auf den Balkon und
wie es der Zufall wollte stand unten grade Frau Fackler, die scheinbar
in der Bäckerei war. Und ganz zufällig fiel grade in dem
Moment wo sie unter unserm Balkon durchging auch so ein kleiner
Überhang hinunter und der viel echt Zentimeterknapp vor ihr zu
Boden. Ich ging natürlich gleich in volle Deckung. Etwa eine
Minute später hörte man die Türklingel. Etwa zwei
Minuten später hörte man wie sie bei uns an der Haustür
stand und furchtbar schimpfte. Und etwa drei Minuten später
hörte man meinen Vater wie er ihr sehr laut sehr deutlich machte,
das es Leute wie Sie sind die Kinder dazu anstiftet so etwas zu tun und
das es ihn ärgert das sie den Schneehaufen nicht auf ihren
"blädn Schädl" bekommen hat und das sie sich schleichen soll
weil er sie sonst eigenhändig die Treppe runterträgt und in
den nächstbesten Schneehaufen wirft.
Dann knallte er die Tür zu und sagte noch was von einer
"blädn Kua" und kam zu mir ins Zimmer und wollte mich eigentlich
gscheit schimpfen, fing aber stattdessen zum lachen an und meinte, ich
solle es in Zukunft lassen Schnee vom Balkon auf irgendwelche Leute zu
werfen. Ab dem Tag sprach die alte Frau Fackler weder mit mir noch mit
meinem Vater noch ein einziges Wort. Wir haben es aber beide
unbeschadet überstanden. Trotzdem hatten die Schneebälle
einen großen Reiz und ich konnte es nicht lassen. So kam ich
eines Tages auf die Idee, wenn die Leute grad in den Bus einsteigen,
dann könnte ich einen Ball in die Menge werfen. Denn sicher
würde keiner so blöd sein und dann wieder aussteigen um zu
schaun von woher der Ball kommt. Dieses Spielchen machte ich dann
mehrere Tage und hatte meinen Spaß daran. Irgendwann hats dann
aber auch gelangweilt und noch weiter irgendwann war der Winter dann
sowieso vorbei.
Eines Tages kam mein Vater von der Arbeit heim und hatte einen kleinen,
blauen Wellensittich dabei. Er hat gesagt, das er den von einem seiner
Kollegen bekommen hat. Es war allerdings kein Jungvogel mehr sondern er
war schon ein paar Jahre alt. Wir hatten nicht einmal einen
Vogelkäfig
und so musste der arme Vogel seine erste Nacht auf der breiten
Vorhangstange über dem Küchenfenster verbringen, auf die er
sofort geflüchtet ist. Am nächsten Tag fuhren ich und mein
Vater in die Stadt in ein Zoogeschäft und haben einen schönen
Vogelkäfig gekauft mit einigem Zubehör und ein paar
Spielsachen. Ich gebe zu, das mich ab dem Tag an dem wir den Vogel
bekamen, einige anderen Dinge nicht mehr so besonders interessiert
haben. Ausser der Musik natürlich. So langsam wurden der Vogel,
den ich den Namen Fritzi verpasste, und ich die besten Freunde
und ich brachte ihm auch einige Kunststücke bei, wie z.b. die
Antenne vom Kofferradio hochklettern oder auf dem Kopf von mir oder
meinem Vater oder meiner Oma zu landen. So nebenbei hat der Vogel
noch eine weitere Begeisterung entdeckt. Links an der Wand wo die
breite Vorhangstange, eigentlich wars ja mehr eine Gardinenstange,
befestigt war, da pickte er langsam aber sicher ein ordentliches
Löchlein in die Wand und warf die runtergepickten Tapetenreste in
der Gegend herum. Mit der Zeit lernte er auch sprechen. Obwohls keiner
glaubte konnte er tatsächlich seinen Namen aussprechen. Es waren
einige schöne Jahre mit dem Vogel. Im Jahr 1973 starb er. Etwa zu
der Zeit als "Sweet" den "Hell Raiser" veröffentlichten.
"Hell Raiser" war als Neuvorstellung in den Schlagern der Woche, ich
freute mich zwar, aber die Trauer um den Vogel überdeckte die
Freude bei weitem. Nach Einbruch der Dunkelheit habe ich den Sittich
hinter der Garage wo wir so oft rumgehangen sind begraben. Seitdem war
ich nie wieder hinter der Garage. Ich trauerte sehr, weinte viel
und war irgendwie total am Ende. Das ging ein paar Tage so und dann
träumte ich eines Nachts das der Sittich auf meiner Bettdecke
herumlief und schimpfte und sich schüttelte weil er von meinen
Tränen patschnass wurde. Der Traum war irgendwie so echt das ich
davon überzeugt war, das es kein Traum sondern Wirklichkeit war.
Nach dem richtigen Wachwerden dann stand ich auf und ab da wurde nicht
mehr geweint und nicht mehr getrauert. Ich kam also wieder zu
meinem normalen Leben zurück. Damit das besser klappte hat mir
mein Vater auch gleich die neue Sweet-Single gekauft.
So ganz langsam näherte sich dann auch das Ende der 4.Klasse und
und uns wurde erklärt das wir ab der 5.Klasse dann in Neuperlach
zur Schule gehen. Tja, Scheiße hab ich mir gedacht, nix mehr bis
zur 9.Klasse am Pfanzeltplatz. Bei der Gelegenheit fällt mir jetzt
auch noch ein, das es ja zweimal im Jahr Zeugnisse gab. Das
Zwischenzeugnis und das Jahreszeugnis. Inzwischen dürfte ja jedem
klar sein das ich weder stets der Beste der Klasse war und das es auch
keinen Lehrer gegeben hat der so richtig stolz auf mich war. Ausnahme
vielleicht der Turnlehrer weil ich damals im Sport recht gut war. Aber
sonst glaube ich eher das jeder Lehrer froh war wenn er mich und noch
so einige aus der Klasse losgeworden ist. Meine Zeugnisse waren immer
so im allgemeinen Durchschnitt würde ich sagen. Mit den Einsern
und Zweiern waren die Lehrer immer sehr sparsam bei mir, dafür
waren sie mit den Dreiern und Vierern sehr großzügig, manche
spendierten sogar so manchen Fünfer. Sechser hatte ich, kann ich
mit stolz behaupten, im Zeugnis nie einen.
Mein absolutes Lieblingsfach war Mathe, da hatte ich von der ersten bis
zur neunten Klasse entweder vierer oder fünfer :-) Die bezahlbaren
Taschenrechner kamen erst so Mitte der 1970ger auf den Markt und soweit
ich mich erinnere, hat man damals mindestens 70 bis 80 Mark für
einen ganz normalen Taschenrechner ohne großartige
Sonderfunktionen bezahlt. Mit anderen Worten: Gut die Hälfte
meiner Schulzeit war Hirn-Rechnen angesagt. Ziemlich blöd hab ich
mich immer beim Bruchrechnen, beim Wurzelziehen und bei den
Prozentrechnungen angestellt. Von den lächerlichen Textaufgaben
ganz zu schweigen. Ich habe mich immer erfolgreich geweigert beim
Wurzelziehen großartig mitzumachen, weil mir irgendwie schon klar
war das ich diese Art von Berechnungen den Rest meines Lebens niemals
brauchen würde. Das mit dem Prozentrechnen hab ich erst dann
kapiert, wie mir auf einer Konzertkarte aufgefallen ist, das im
Kartenpreis ein gewisser Prozentsatz an Vorverkaufsgebühren (VVK)
enthalten ist. Ab da gab ich solange keine Ruhe bis ich das mit dem
Prozentrechnen in und auswendig kannte und natürlich auch konnte.
Das damische Bruchrechnen hab ich bis heute nicht so richtig kapiert.
Also das ein Ganzes entweder vier Viertel oder acht Achtel hat, das ist
mir klar, das man aus einer ganzen Torte auch Zwölftel oder
Sechzentel machen kann, das hab ich später als Lehrling beim
Tengelmann gelernt.
Wobei im Lauf der Jahre die Tortenstücke in fast allen
Bäckereien immer kleiner wurden, der Preis allerdings entweder
gleich blieb oder so langsam auch teurer wurde. Soweit ich mich
erinnere hats damals beim Brücklmeier oder beim Edelbauer ein
ordentliches Stück Käsekuchen für 70 oder 80 Pfennig
gegeben. Die Käsesahne war glaub ich immer ein Zehnerl teurer.
Hierbei sei auch erwähnt, das Käsesahne eine meiner liebsten
Kuchensorten ist, falls es jemand gelüsten sollte mich auf einen
Kuchen einzuladen :-)
Ja, und dann wars bald soweit. Ende der vierten Klasse, Zeugnisse,
übliches Gemecker daheim das es hätte besser sein
können, worauf ich immer sagte das es auch hätte schlechter
sein können. Mein Vater hat sich nie großartig über
meine Noten ausgelassen, nur wenn ich zwischendurch mit irgendeiner
Schulaufgabe heimkam wo ich eine fünf oder eine sechs kassiert
habe, da wollte er dann schon wissen wieso und warum und weshalb und
überhaupt. Hammerhart war es wie wir in Mathe einmal eine Art
Rechtecksäule zeichnen mussten, wo man die nicht sichtbaren
Bereiche mit kleinen Strichen andeuten mussten. Also sowas wie eine
durchsichtige Säule. Da hat er mich zuerst dumm angemacht weil ich
einen Fünfer kassiert habe, aber zwei Tage später war er
selber immer noch nicht in der Lage die Aufgabe richtig zu lösen.
Schliesslich haben wir uns darauf geeinigt das es sowieso ein Krampf
ist mit dieser Rechnerei und das wir das sowieso nie brauchen und somit
wars gut. Ziemlich wurscht hingegen war jedem die Note im Fach
Religion. Ich frage mich heute noch wie ich es geschafft habe in
Religion einmal eine Eins zu bekommen obwohl ich garantiert nie
großartig mitgearbeitet habe, schon deswegen, weil diese Art von
Religionslehre nicht meinen persönlichen Vorstellungen entsprochen
hat. Und natürlich die Benotungen im Sport waren bei mir auch
immer gut bis sehr gut. Nachdem dann auch Schwimmen auf dem Stundenplan
stand, habe ich meist eine Drei gehabt, weil ich mich vom Schwimmen
immer gedrückt habe. War mir aber auch egal, weil ich selber
wusste ja das ich im Laufen und im Klettern und bei den Glimmzügen
spitze war, und da wars mir ziemlich egal was irgendein Lehrer auf
irgendeimem Blatt Papier auf dem Zeugnis stand eingetragen hat. So
erlebte ich also meine letzten Ferien zwischen Pfanzeltplatz-Schule und
Albert-Schweizer-Schule in Neuperlach. Am letzten Schultag wurde uns
noch mitgeteilt das nach den Ferien am ersten Schultag vor dem
Feuerwehrhaus ein Schulbus warten würde, der uns direkt vor die
Schule in Neuperlach fahren würde. Während der Ferien bin ich
dann mit dem damaligen 97ger Bus und der damaligen 24ger Trambahn zu
jener Schule hingefahren um sie optisch zu begutachten. Die Schule war
von der Fläche her viel größer wie die am
Pfanzeltplatz, dafür aber nicht so hoch. Turnhalle,
Fußballplatz, Pausenhof, Laufbahn waren alle auf dem selben
Gelände. Zwei Bushaltestellen und die Trambahnhaltestelle waren in
unmittelbarer Nähe.
Die U-Bahn (damals wars die U8) war zwar schon im Bau, aber noch nicht
betriebsbereit.
Ja und dann wars soweit. Vor dem Gebäude der
Freiwilligen Feuerwehr in Perlach stand tatsächlich ein Schulbus.
Es stand sogar vorne gut lesbar drauf und der Fahrer, an den erinnere
ich mich noch genau, lies sich mit Andreas anreden, war aber garantiert
ein Ausländer, ich schätze mal, einer aus Jugoslawien. Das
war auch unser Hauptschulbusfahrer.
Er war immer gut drauf und legte
auch oft eine von unseren Musikkassetten ein, die wir so dabei hatten.
Also konnten wir in der Früh auf dem Weg in die Schule schon
Sweet, Slade, Suzi Quatro, Mud und ähnliche Glam-Kapellen
hören, und beim Heimfahren gabs dann auch wieder was auf die
Schülermütze mit dem Rest von der Kassette. Oft haben wir ihm
das Tape gleich gelassen damit er es sich anhören kann. Die Fahrt
vom Feuerwehrhaus am Pfanzeltplatz bis zur Albert-Schweizer-Schule
dauerte nicht besonders lange, ich schätze mal das wir nach
spätestens 15 Minuten vorm Schulgebäude standen.
Nachmittags sind der Dieter Fritsche und ich manchmal einfach so mit
dem Andreas ein paarmal mit nach Neuperlach und wieder zurück
gefahren, weils einfach grad lustig war. Zwischendurch wurde auch
manchmal ein anderer Busfahrer mit einem anderen Bus eingesetzt, meist
dann wenn der Andreas krank war oder Urlaub hatte. Der andere wurde
immer "Lederhuad" genannt weil er immer einen schwarzen Lederhut
aufhatte. Lederhuad fuhr immer einen Bus vom Watzinger. Im
Vergleich zum Andreas war das aber eher ein grantiger Typ. Dann gabs
mal einen dicken blonden Busfahrer, der hat uns oft Nachmittags zur
Schule gefahren, weil wir ab der 5.Klasse auch zwei oder dreimal
Nachmittags Unterricht hatten. Somit wurden also die gemeinsamen
Nachmittage mit Regina und Karli immer seltener. Der blonde dicke
Busfahrer war eines Tages verschwunden und Lederhuad hat uns gesagt,
das er eines Nachts aus dem Bett gefallen ist und sich das Genick
gebrochen hat. Obs stimmt, keine Ahnung.
Witzig fand ich auch, das dann
irgendwann sogenannte Schulbuskarten ausgegeben wurden. Jeder bekam so
eine kleine, etwa 3x3 Zentimeter große orangefarbene Karte mit
irgendeinem Aufdruck drauf. Die musste beim Busfahrer hergezeigt
werden. Einer aus der Klasse hat seine mal verloren und der Busfahrer
hat ihn echt nicht einsteigen lassen und der Knabe musste zu Fuß
heimgehen. Tags drauf hat er sich dann beim Rektor beschwert und der
Busfahrer bekam einen ziemlichen Anschiss. Bald drauf wurden diese
Karten dann wieder abgeschafft. Der betroffene Schüler war
übrigens ein Preuße, hatte den schönen Namen
Jürgen Schwertfeger und wohnte in dem komischen Minihaus mit
großem Garten in der Nähe des Bahnübergangs an der
Neubiberger Strasse.
Am ersten Schultag in der neuen Schule wusste
keiner von mir und meinen Ex-Klassenkumpels aus der Klasse 4a wer mit
wem zusammenbleiben würde. Wir trafen uns da alle in der
Pausenhalle. Da waren dann nicht nur ehemalige Pfanzeltplatzler sondern
auch viele aus Neuperlach, von denen wir keine alte Sau kannten.
Allerdings fand man auch wieder alte Bekannte, wie z.b. Roswitha, die damals schon überdurchschnittlich gut aussah
für ihr Alter. Irgendwann erschienen dann diverse Lehrkörper
und lasen irgendwelche Listen vor und die Vorgelesenen sammelten sich
und wurden in eine der Klassen abkommandiert. So fand man sich also
wieder in der Klasse 5a,oder wie unser noch unbekannter Lehrer immer
sagte "Klasse 5 Anton". Ich war ja dann doch irgendwie angenehm
überrascht, denn nicht nur Roswitha ging in die selbe Klasse wie
ich , sondern auch Gertrud. Und ein paar die damals in der ersten und
zweiten Klasse dabei waren und dann getrennt wurden, kamen wieder
her. Teils freute man sich, teils ärgerte man sich.
Der neue
Lehrer hatte den schönen Namen Josef Weindl. Genannt "Der Sepp".
Für Gertrud wars eher blöd, weil sie den Weindl Sepp kannte
weil der öfters in der Metzgerei von ihren Eltern einkaufte, also
musste sie sich ziemlich zusammennehmen im Unterricht damit sie nicht
zu sehr auffiel. Die neuen Stundenpläne waren auch recht
interessant.
Am meisten hat mir gefallen das auch Englisch auf dem
Stundenplan stand. 3 Stunden Englisch die Woche, einmal 2 Stunden und
einmal 1 Stunde. Ich war bereits begeistert bevor wir die erste Stunde
hatten und ich gebe zu, das Englisch eins der wenigen
Unterrichtsfächer war, das mich echt richtig interessiert, ja
sogar begeistert hat.
Musikalisch gesehen waren die meisten von uns
überzeugte Sweet-Fans. Die einzigen richtigen Gegner die es noch
mit Sweet aufnehmen konnten waren Slade. Wobei Gegner übertrieben
ist, dann viele Sweet-Fans waren auch Slade-Fans und viele Slade-Fans
waren auch Sweet-Fans. Ich persönlich war allerdings
überzeugter Sweet-Fan, wobei ich zugebe das mir von Slade das Lied
"Gudbuy T'Jane" saugut gefallen hat und auch heute noch recht gut
gefällt. Bei Slade war auch oft die Schreibweise der Titel witzig,
denn die hielten sich rein gar nicht an die eigentlichen schriftlichen
Vorschriften, obwohl die Aussprache selber dann doch wieder hinkam. Ich
glaube es war auch im Jahr 1973 wo T-Rex das geniale
"20th Century Boy"
rausgebracht haben. Ein absolut saugeiles Lied. Allerdings war meiner Meinug nach mit diesem Lied die Glanzzeit von
T-Rex auch schon vorbei, denn die weiteren Platten hiessen dann alle
"Marc Bolan & T-Rex" und hatten irgendwie nicht mehr den Drive wie
"20th Century Boy" oder "Jeepster". Ausserdem stieg dann auch bald
Mickey Finn aus, der immer auf seinen Bongos rumtrommelte. Für mich war die Ära T-Rex mit der Nachfolgeplatte dann
irgendwie beendet.
Diese schrecklichen Bay City Rollers gabs auch
schon, allerdings hatten die den Durchbruch noch nicht geschafft und es
dauerte noch knapp 2 Jahre bevor es dann so richtig losging mit
regelrechten Fan-Kriegen zwischen Sweet-Fans und BCR-Fans. Wie
vielleicht schon erwähnt werde ich mich da dann noch detaillierter
drüber auslassen. 1973 kam dann ein weiterer Rocker in mein
Musikleben. Alice Cooper. Ein vogelwuider Typ, der 1973 das "Billion
Dollar Babies" Album veröffentlichte und ich war wieder einmal
voll begeistert. Cooper machte zwar keinen Glam-Rock, aber dafür
saugeile Rockmusik. Auf dem Album waren auch die voll genialen Songs
"Elected" und "Hello Hooray" "No More Mister Nice Guy" und "Unfinished
Sweet" drauf. Letzteres hat mir besonders gut gefallen, eine ziemlich
lange Nummern mit genialer Musik. Es war klar das ich mich da auf die
Suche machte nach Vorgängeralben von Alice Cooper, der in Bayern
eigentlich nur Alois genannt wurde. Und so stiess ich auf das Album "Killers" das bereits 1971 rauskam und
ich nichts davon wusste. Auf diesem Album dürfte eins der besten
Alois-Lieder sein das er je gemacht hat "Helo Of Flies".
Unbeschreiblich, hört es euch an, vielleicht teilt ihr meine
Begeisterung die ich damals hatte und auch heute wieder kriege wen ich
es mir zwischendurch reinziehe. Ja ich gebe zu, ich wurde dann doch ziemlich zum Alice Cooper Fan. Das
Problem war, das zumindest die Stadt München verboten hat das man
unter 18 Jahren, auch in Begleitung der Eltern, ins Konzert reindurfte
weil Cooper auf der Bühne so schöne Sachen wie Enthauptungen,
Erhängen und Vergewaltigung vorführte. Tausende von jungen
Münchner Rockfans waren stinksauer und etwa so ab 1975 wurde das
Verbot dann aufgehoben und es war klar, das fast die Hälfte
unserer damaligen Schulklasse ins nächste Cooper-Konzert
marschierten und voll begeistert waren. Ehrlich gesagt hat Cooper auf
der Bühne bei weitem nicht so schlimme Sachen gemacht wie schon
damals jeden Tag ab 20.15 Uhr in der Tagesschau gezeigt wurden.
Übrigens, von Alice Cooper waren "No More Mister Nice Guy" und "School's Out" in den Schlagern der Woche.
Bereits
im Jahr 1972 kam ein weiteres Highlight der Rockgeschichte auf den
Markt. "Smoke On The Water" von Deep Purple. Ich schätze mal, das
dieses Lied abgesehen von "Born To Be Wild" das Beste ist was jemals
veröffentlicht wurde. Ebenfalls 1972 erschien von Deep Purple auch
das Doppel-Album "Made In Japan", also ein Live-Mitschnitt der Japan
Tour von 1972, auf dem ebenfalls "Smoke On The Water" drauf war. In der
Live-Version war dieses Lied noch genialer wie auf dem Studio-Album.
Die "Made in Japan" ist meiner Meinung nach eins der besten Live-Alben
das jemals veröffentlicht wurde. Besonders gut ist darauf auch
"Child In Time", das ich ja schon 1970 auf "Deep Purple In Rock"
bekommen habe, aber auch hier ist die Live-Version um einiges besser
wie die eh schon geniale Studio-Version. Ich gebe zu, ich hatte so
1972/1973 meine diversen Probleme die Menge an guter Musik noch alle in
meinem Hirn unterzubringen. Es gab ja plötzlich so vieles war neu
rauskam oder was ich neu entdeckte. Deep Purple, Alice Cooper usw, und
trotzdem thronten in meinem Zimmer über allem "The Sweet", die
auch immer neue Singles veröffentlichten. Nach "Block Buster",
"Hell Raiser" und "Ballroom Blitz" gings in der Zeit dann gewaltig ab
mit "Teenage Rampage". Das war auch ein super Song, Brian Connolly im
blauen Glitzeranzügerl, das Sweet-Fieber lief auf Hochtouren und
das nicht nur bei mir. 1973 wars dann auch endlich soweit das im
Dezember dieses Jahres "Sweet" im Zirkus Krone zu München
auftraten. Mit 12 Jahren hatte ich natürlich wieder keine Schangs
reinzukommen, aber da musste dann mein Vater dran glauben und mitgehen.
Das tat er dann auch, er kaufte zwei Karten und ging dann mit mir bis
in die Arena, lieferte mich praktisch dort ab und verdrückte sich
dann ins Zirkus-Restaurant, wo ich ihn nach dem Konzert wieder abholte.
Dieses Konzert war der Wahnsinn. Auf der Bühne stand ein
Christbaum und es hat einfach alles gepasst. Ich stand direkt ganz
vorne so etwas mehr auf der linken Seite und ich bin noch heute schwer
begeistert wenn ich daran denke.
In der Klasse war ich natürlich dann der King weil ich als einer der ganz wenigen im Sweet-Konzert war. (schwärm).
Leider war das auch das einzige Sweet-Konzert das ich je gesehen habe, zumindest in der Originalbesetzung mit Brian Connolly.
Eigentlich bin ich jetzt total vom Thema abgekommen, denn eigentlich
wollte ich ja was über die neue Schule und dem ganzen Zubehör
schreiben. Kann aber sein das mir noch öfters ein etwas
längerer Ausrutscher in die Musikwelt pasiert. Also, wir befinden
uns jetzt wieder in der neuen Schule in der 5.Klasse und aus einem mir
nicht begreiflichen Grund sass ich ganz vorne in der ersten Bank,
zweite Reihe vom Fenster aus gesehen. Ich schätze mal das wir
wieder locker 50 Kinder in der Klasse waren, darunter etwa 50%
Ausländer.
Wobei die Ausländer kein Problem mit der
bayrischen Sprache hatten, dafür die Preußen wie z.b. der
Jürgen Schwertfeger sehr wohl. So sass ich also brav in der ersten
Bank.
In der zweiten Reihe und leicht schräg nach vorne versetzt in
der ersten Bank in der ersten Reihe sass die Gertrud. Der Lehrer Weindl
war übrigens auch ein echter Bayer und zwischendurch verlor er
sich einfach im bayrischem Dialekt. Bei der Gelegenheit sei auch
erwähnt, das ich mich die ganzen neun Jahre geweigert habe
hochdeutsch zu reden, ich habe immer bayrisch geredet, ausser wenn ich
etwas aus einem Buch vorlesen musste und natürlich im
Englisch-Unterricht. So gesehen konnte ich also damals bereits drei
Sprachen. Bayrisch als Muttersprache und dann noch die beiden
Fremdsprachen Hochdeutsch und Englisch. Endlich hatten wir dann auch
die erste Englisch-Stunde. Der Lehrer hatte ja keine Ahnung das ich
mich schon recht lange mit den englischen Songtexten befasste und
deshalb schon einiges gelernt hatte. Da machte er den Fehler zu fragen,
wer denn mindestens ein englisches Wort kennt und das vielleicht vor
der Klasse sagen und auch gleich übersetzen kann. Gut, es gab
schon welche die wussten was "Love" oder "Cat" bedeutet.
Dann kam ich
mit meinen Weisheiten daher und Klein-Bertl liess einen nicht enden
wollenden Redeschwall los, bestehend aus diversen Zitaten von
Songtexten diverser Rockgruppen. Der Lehrer staunte, die Klasse
kicherte und ich kam mir gut vor und genoss es richtig. Natürlich
war ich nicht in der Lage alles was ich sagte auch ins Deutsche zu
übersetzen, denn mit Worten wie "Down" und auch so grammatischen
Spitzfindigkeiten wie "have, had, has" hatte ich so meine Probleme, und
natürlich wäre ich auch nicht in der Lage gewesen eine
Unterhaltung auf englisch zu führen die aus mehr wie zwei oder
drei Sätzen bestanden hätte. Trotzdem hats auf den Weindl
Sepp ziemlichen Eindruck gemacht
und er wollte wissen woher ich das
alles weiss und ich weiss noch genau wie ich sagte "Des is ois
Rock'n'Roll" :-) Naja, jedenfalls lernten wir dann erst einmal einfache
Sachen wie Anreden und so, also "I, You, He, She" und so weiter. Ich
gebe zu, ich hab mich echt von der fünften bis zur neunten Klasse
voll reingehangen in den Englisch-Unterricht, ich wollte es einfach
können.
Der Musikunterricht wurde auch ein kleines bisschen anspruchsvoller wie
er in der Pfanzeltplatz-Schule. Mussten wir uns früher mit mir
relativ unbekannten Leuten wie was weiss ich, irgendwelche längst
von uns gegangenen Komponisten und dergleichen rumärgern, die
eigentlich alle aus dem Bereich Klassik kamen, so durften wir ab der
5.Klasse auch anspruchsvollere Musik mit einbinden, wie eben Sweet und
dergleichen. Ganz schlimm wars dann immer wenn einige von uns im
Musikunterricht herausgepickt wurden, die vor der Klasse etwas
vorsingen mussten. So mancher der ausgewählt wurde stand dann bis
zu fünf Minuten recht dumm an seinem Platz, oder noch schlimmer,
neben dem Pult vom Lehrer, so das er wirklich sehr gut sichtbar war,
und bekam keinen Ton heraus. Mir gings da auch nicht recht viel besser,
ich hatte da auch die brutalsten Hemmungen. Eine allerdings bei uns in
der Klasse, Name leider entfallen, die trällerte einen ab
das es der Wahnsinn war. "Ich fange nie mehr was an einem Sonntag an".
Gar nicht mal so schlecht. Und das alles ohne die geringste
musikalische Begleitung. Von der Stimme her bekam sie eine Eins,
allerdings hatte sie kein theoretisches Wissen was für mich und
meine Kumpels wichtig war.
Also sie wusste weder wer Mick Tucker oder Steve Priest war, sie kannte
nicht mal Noddy Holder oder Marc Bolan und sie konnte nicht
bestätigen das Jimmy Page auch eine Doppelhalsgitarre spielt. Also
was wollte sie, keine Schangs. Die Lehrer sahen das allerdings ganz
anders. Aber das war ja meistens so.
Irgendwann kamen wir vier (Thomas
Schuller, Gerhard Miksch, Robert Buckl und Ich) auf die Idee, das wir
ja die theoretischen Sweet sein könnten. So wurde aus mir der
Mick, aus dem Robert der Brian (weil der auch blonde Haare hatte), aus
dem Gerhard der Steve und aus dem Thomas der Andy. Theoretisch wussten
wir alles, praktisch war der Gerhard-Steve der einzige von uns der ein
Instrument spielen konnte. Ich dagegen war Experte im Spielen von
Kasettenrecorder und Plattenspieler. An dem Tag an dem wir es
beschlossen haben redeten wir uns eiskalt auch nur noch mit unseren
neuen Künstlernamen an. Die meisten aus der und den folgenden
Klassen hielten uns für bescheuert, die Lehrer machten zu 99% auch
nicht mit, aber das war uns ziemlich egal. Ärger bekam ich
eigentlich nur wie ich einmal eine Schulaufgabe abgegeben habe, die ich
mit Mick Tucker unterschrieben habe :-)
Das gab glatt einen Verweis und
der wurde damals schon mit der Post zugestellt, damit er unterwegs
nicht auf seltsame Weise verloren ging, so wie es in früheren
Jahren fast immer der Fall war wenn die Mitteilung oder der Verweis dem
Schüler mitgegeben wurde, damit er ihn seinen Eltern vorlegt und
spätestens zwei Tage später unterschrieben wieder mitbringt.
Also stellte ich mich schon mal drauf ein das spätestens nach drei
Tagen ein Donnerwetter über mich hereinbricht sobald ich heim
komme. Wenn ich Glück habe, dann konnte ich den Verweis abfangen
weil ich ja meistens den Briefkasten ausleerte wenn ich von der Schule
heimkam. Blöd war nur das die Briefpost zu jener Zeit Vormittags
und Nachmittags zugestellt wurde. Und Nachmittags war er dann dabei, an
einem Tag wo ich Nachmittags Unterricht hatte. Und wie ich heimkam
winkte mein Vater schon ziemlich aufgeregt mit dem Schrieb von der
Schule. Ich hab ihm alles genau erklärt und siehe da, er war weder
sauer noch regte er sich auf, er unterschrieb den Verweis und gab ihn
mir und meinte, das sein Vater, also mein Opa, damals auch nicht
geschimpft hat wie er einmal ein amtliches Dokument mit "Chuck Berry"
unterschrieben hat. Da war alles klar und ich habe wieder einmal
gemerkt, das mein bester Freund mein Vater ist.
So alles in allem
gesehen hielten sich meine Verweise, Mitteilungen und Hefteinträge
eigentlich in Grenzen. Ich schätze mal, wenn man alles
zusammenzählt werdens in den neun Schuljahren nicht mehr wie
zwanzig gewesen sein. Die meisten wegen Störung des Unterrichts
weil ich mit meinem Banknachbarn oder Hintermann gequasselt habe, ein
paar wegen meiner wunderbaren Schönschrift (diese Schriftbenotung
wurde im Lauf der Zeit dann nicht mehr verwendet), wegen einer
Schlägerei bekam ich auch mal einen Verweis und dann halt noch so
ein paar wegen "unentschuldigtem Fehlens beim Unterricht". Ich hab ja
regelmässig den nachmittäglichen Schwimmunterricht
geschwänzt. Das ging dann soweit das von der Schule eine
Bussgeldandrohung heimgeschickt wurde. Da gabs dann allerdings schon
ziemlichen Zirkus, wobei auch hier mein Vater (nach einem Gespräch
mit meinem Onkel, also seine Bruder) ein gewisses Verständnis
aufbrachte. Der Bussgeldandrohung sind wir arschknapp entkommen und ich
ging dann auch brav zum Schwimmunterricht, hab mich aber geweigert ins
Wasser zu gehen. Der Lehrer war machtlos und das hat ihn besonders
geärgert. Vom Hörbi bekam ich dann nach einem längeren
Gespräch ein Attest das bis inkl. der neunten Klasse gegolten hat
und mich für immer vom Schwimmunterricht befreit hat.
Die Schlägerei hatte damit zu tun, das ein ziemlich bescheuerter
Mitschüler (aus einer anderen Klasse) mir in der großen
Pause meine Chipstüte geklaut hat, damit abgehaun ist und die
Tüte auf das Dach vom Mülltonnenhäuschen der Schule
geworfen hat. Nachdem er sich geweigert hat die Tüte wieder runter
zu holen bzw sie zu ersetzen, da hats dann nur wenige Sekunden gedauert
bis die Fäuste flogen. Lang sind sie nicht geflogen, denn der
erste Schlag den mir der Typ verpassen wollte ging knapp daneben und
der erste den ich zurückgab traf voll das Doppelkinn. Während
der Chipstütendieb nach hinten kippte hob sich wie von Geisterhand
mein Knie und landete genau zwischen seinen Schenkeln, worauf er wieder
nach vorne ging wo ihn noch ein angenehmer Magenschwinger erwartete.
Danach ging er entgültig zu Boden. Da kamen auch bereits die
Lehrkörper angerannt und machten einen Aufstand. Klar, ich
hätte ihn noch gscheit reintreten können wir er am Boden lag,
aber damals hat man bis auf wenige Ausnahmen immer sehr fair
gekämpft und dem Verlierer wieder auf die Beine geholfen. Danach
war die Sache meist erledigt. Ich bekam dann, wie gesagt, den Verweis
und der andere bekam eine Mitteilung an seine Eltern und was mich ganz
besonders freute, er musste die Chipstüte ersetzen :-) Das alles
hinderte uns aber nicht daran das wir am nächsten Tag dann
beinandersassen in der großen Pause, Chips futterten und
feststellten, das wir beide große Sweet-Fans sind. Man hat
richtig gemerkt das spätestens ab dem Moment jeder schwer bereut
hat was vorgefallen ist. Während bei uns Kindern die Sache
längst vergessen war wurde sie von den Erwachsenen immer noch
aufgewärmt.
Schlägereien gabs in der Neuperlacher Schule
einige. Zum Vergleich Pfanzeltplatz, hier gabs höchstens mal
Differenzen, aber so richtig handgreiflich wurde hier niemand, mal
abgesehen von "an den Haaren ziehen" oder "am Jackenkragen im Kreis
rumdrehen". Eine der brutalsten Schlägereien die ich nicht direkt
in sondern hinter dem Schulgelände miterlebt habe, war zwischen 3
(!) von der Schule verwiesenen Ex-Neuntklässlern und einem noch in
die Schule gehenden Acht-Klässler. Es war wieder die große
Pause und einige von uns sahen wie ein recht gutaussehendes
Mädchen auf den Schulhof kam, einen der Schüler ansprach und
der mit ihr das Schulgelände verliess. Nachdem sie ein paar Meter
ausserhalb des Schulgeländes waren kam ein Typ daher, einer der
vom Körperbau ziemlich gut beinand war. Das Mädchen hielt den
aus der Schule so gut wie es ging fest bis der andere da war. Der
Schüler wollte noch abhaun, aber da hat der andere schon
zugepackt. Dann kamen die andern beiden mit einem Motorrad. Ich
schätze mal das es keine 10 Sekunden gedauert hat bis der
Schüler eine betoniert bekam das sofort das Blut aus seiner Nase
schoss. Der hatte eigentlich so gut wie keine Schangs sich zu wehren.
Dann hat ihn einer die Arme von hinten gepackt und ein anderer hat ihm
einige Magenschwinger verpasst. Inzwischen kreischten schon einige auf
dem Schulhof um Hilfe, was die drei Typen aber nicht störte. Der
Schüler lag inzwischen am Boden und wurde noch gscheit
hergestiefelt. Seine Rettung dürften dann zwei Arbeiter vom U-Bahn
Bau gewesen sein. Zwei bullige Typen die sich sofort je einen der
Schläger geschnappt haben, ohne Probleme zu Boden geworfen haben
und sie mit der Visage in den Asphalt gedrückt haben. Inzwischen
kam auch die Polizei (welch Wunder das an dem Tag eine Vorführung
der Polizei zum Thema "Wie überquere ich die Strasse" war) und
machten zwei der drei Typen dann entgültig unschädlich. Der
Dritte und die Frau waren mit der Maschine abgehaun. Kurz drauf kam
auch der Krankenwagen und der Schüler wurde in selbigen verfrachtet.
Auf dem Asphalt sah man noch die Blutflecken. Da wir alle
recht neugierig waren fing der Unterricht nach der Pause mit etwas
Verzögerung an. Es dauerte einige Wochen bis der
Schüler wieder da war und da wollte natürlich jeder wissen
was Sache ist. So genau haben wir es allerdings nie erfahren, aber
irgendwie ging es um Motörräder. Später haben wir auch
noch erfahren das die drei Typen alle in den Knast gewandert sind weil
sie schon öfters aufgefallen sind wegen Diebstahl und
Körperverletzung. Was war da schon eine kleine Rangelei mit ein
bisschen Nasenbluten wegen einer Chipstüte? Aber wie gesagt, in
dieser Gegend gings schon anders zu wie im alten Perlach.
Bei den Schülerinnen gabs auch einige die schnell zugehaut
haben. Ich erinnere mich an eine, die hat mit Vornamen Linda geheissen.
Die ging auch in die 9.Klasse und war alles,
nur nicht unbedingt eine
Schönheit. Sie hatte damals für eine etwa 14jährige
schon ziemlich viel in der Bluse und leider auch in der Hose.
Mit
anderen Worten: Sie war schon ziemlich dick. Schön an ihr fand ich
immer ihre langen Haare die irgendwie schwarz-blond waren, also blond
mit schwarzen Strähnen bzw schwarz mit blonden Strähnen. Bei
ihr waren alle ziemlich vorsichtig, sogar die Lehrer passten auf was
sie sagten. Eines Tages hatten wir Nachmittagsunterricht, Sport. Da ich
nach dem normalen Unterricht Mittag nicht heimgefahren bin sondern mich
mit dem Buckl Robert im U-Bahn Schacht rumgetrieben habe, und da damals
weder ich noch der Robert eine Armbanduhr hatten, waren wir fast eine
halbe Stunde zu früh vor der Turnhalle. Ich musste dann dringend
bieseln. Der Hausmeister hat gesagt, das er keinen erwischen will der
ins Gebüsch bieselt. Die Tür von der Turnhalle war noch
geschlossen, also ging ich ins Schulhaus gleich in die erstbeste
Toilette. Ich hab gleich gemerkt das es da drin nach Rauch riecht, also
das jemand entweder grade eine geraucht hat oder grad dabei ist eine zu
rauchen. Ich ging also meinem recht dringendem Geschäft nach und
sah dann, das aus einer der Klokabinen Rauchschwaden aufstiegen.
Die Tür war verschlossen, das konnte man an dem roten Strich
überm Schloss erkennen. Und neugierig wie ich damals war, wollte
ich natürlich wissen wer sich da eine reinzieht. Beim Blick unten
durch die Türe sah man keine Füße und keine
runtergelassene Hose. Also war klar das jemand auf der Schüssel
hockte bzw stand. Kurzentschlossen wie ich damals war ging ich in die
Nachbarkabine und zog mich an der Wand hoch und streckte den Kopf nach
drüben. Da sass die Schlägerlilly aus der neunten und rauchte
gemütlich eine Marlboro. Im Knabenklo! Natürlich hat sie mich
sofort gesehen und schoss umgehend aus der Kabine raus und hat mich
gepackt. Leute, die hatte Arme wie Keulen und Beine wie Säulen und
sie drückte mir mit den Händen die Schultern auf den Boden
und kniete sich mit einem Knie (beide hatten keinen Platz) auf meinen
Bauch, mit einer derartigen Wucht das es mir glatt einen Schoass
nausgedrückt hat. Dann hielt sie mir meine Hände nach oben,
sie konnte locker mit einer Hand meine beiden Hände festhalten,
und rutschte soweit nach oben das sie mit den Knien auf meinen
Schultern war. Flucht war unmöglich, ich habs zwar versucht, aber
ich bekam ja kaum ein Bein vom Boden weg. Die Zigarette hatte sie
übrigens ins Klo geschmissen, wie ich später erfuhr. Dann hat
sie dumm dahergeredet und mir angedroht das sie mich kräftig
abwatscht. Und schon bekam ich die erste gewischt. Weiter kam sie nicht
weil dann ein Lehrer reinkam und sofort losbrüllte was das soll.
Sofort liess mich Linda los und ich stand auch auf. Der Lehrer roch
natürlich auch das hier geraucht wurde und er durchsuchte die
Toiletten und fand den Rest von der Marlboro in der Kloschüssel.
Jener Lehrer war einer der Sorte die ziemlich fies waren. Ein Arsch,
sozusagen. Er fischte tatsächlich die nasse Zigarette aus der
Schüssel und wickelte sie in ein Tuch. Linda kannte er sowieso,
mich kannte er nicht. Nachdem mir nix anderes übriggeblieben ist
als ihm meinen Namen zu nennen beschuldigte er sofort Linda das
sie geraucht hat und das er dafür sorgen wird das sie von der
Schule fliegt. Tja, und da kam mein großer Auftritt.
Ich baute
mich auf und sagte, das ich im Klo geraucht habe und das Linda mich
erwischt hat und mir die Zigarette wegnehmen wollte. Geglaubt hat er es
nicht, aber beweisen konnte er auch nichts. Linda schickte er dann nach
Hause und mich in den Turnunterricht, wo er natürlich dem
Turnlehrer noch erklärte wieso ich zu spät komme. Der
Turnlehrer hat auch nicht geglaubt das ich der Raucher war. Er redete
noch etwas in mich hinein, aber ich blieb dabei. Tags drauf durften
Linda und ich gleich nach Schulbeginn beim Rektor antanzen. Der Rektor
hat Lorenz Lichtl geheissen und war ein kleiner, gemütlicher Mann
mit einer Brille und hintergekämmten Haaren. Ein Mann, den so
leicht nichts aus der Ruhe bringen konnte. Der hat dann den Lehrer der
uns erwischt hat rausgeschickt und wollte von uns wissen was genau los
war. Ich hab ihm dann auch erzählt das ich mit einer Zigarette im
Mund ins Klo gegangen bin, unterwegs Linda getroffen habe, die mir dann
ins Klo nachgelaufen ist weil sie mir die Zigarette wegnehmen wollte.
Der Rektor hat die Geschichte garantiert auch nicht geglaubt, aber er
konnte auch nichts beweisen. Also gings dann so raus das ich eine
sogenannte mündliche Ermahnung bekam mit ein paar wichtigen
Hinweisen das Rauchen nicht gesund ist und Linda kam komplett ohne irgendwas davon. Ab
dem Tag hat sich dann für mich einiges geändert an der
Schule. Linda hat mich ins Herz geschlossen und ab jetzt war ich ihr
Freund. Also nicht ihr fester Freund sondern einfach ein Freund, ein
Spezi, ein Kumpel. Und zwar ein guter Kumpel. Wir hingen dann
während der Pause oder nach der Schule noch oft zusammen rum und
haben über Musik geredet. Dabei hat sie mir dann auch erzählt
das einer der drei Schläger ihr Bruder war und das Mädchen
auf dem Schulhof ihre Schwester. Witzigerweise hat es ab dem Zeitpunkt
auch keiner mehr riskiert mich irgendwie dumm anzumachen oder so. Lag
sicher an Linda.
An der Ecke Albert-Schweizer-Strasse / Karl-Marx-Ring
gab es zum einen ein Wartehäuschen für die Trambahn und zum
anderen einen Kiosk in dem relativ oft eingebrochen wurde. Eines Tages
ging ich nach dem normalen Unterricht mit Linda zu dem Kiosk und sie
kaufte zwei Coladosen und Kaugummis. Eine Dose hat sie mir gegeben und
auch bei den Kaugummis durfte ich mich beliebig bedienen. Sie hat mir
dann erzählt das sie garantiert von der Schule geflogen wäre
wenn ich ihr nicht geholfen hätte. Bald drauf kam ein Typ mit
einem Motorrad an. Bikeroutfit der etwas übertriebennen Art, also
Gang-Aufnäher, viele Nieten usw. Es war ihr Bruder. Mich beachtete
er eigentlich nicht, sondern kaufte sich auch gleich ein Cola und
erzählte Linda das er auf Bewährung raus ist und nichts mehr
anstellen darf weil er sonst einwandert. Also in den Knast einwandert. Irgendwann meinte er dann zu
mir das ich mich verziehen soll weil ich sonst ein paar aufs Maul
bekomme. Ich weiss noch wie mir rausgerutscht ist "probiers doch", aber
da ging Linda schon dazwischen und klärte den Bruder auf. Ja da
war
dann alles ganz anders, ich wurde automatisch auch der Freund des
Bruders und jetzt konnte gar nix mehr schiefgehen.
Dann kam das
Neuperlacher Frühlingsfest das etwa auf der Höhe der Schule
stattfand, nur auf der anderen Strassenseite. Da wo heute die
sogenannte Mensa steht.
Robert-Brian, Gerhard-Steve, Thomas-Andy,
Dieter und Ich-Mick gingen am späten Nachmittag auch hin. Die vier
wussten ja das ich etwas näher befreundet war mit Linda und waren
ziemlich neidisch. Das mit dem Bruder wussten sie allerdings nicht, und
so standen wir beim Pötsch-Autoscooter und machten uns wichtig,
rauchten unauffällig und zwischendurch sind wir dann auch
Autoscooter gefahren. Nach einiger Zeit tauchten dann drei Typen am
Frühlingsfest auf, die sofort als die drei Schläger hinter
der Schule identifiziert wurden. Einige der Anwesenden gingen
vorsichtshalber gleich zur Seite um ja nicht unangenehm aufzufallen.
Die drei marschierten auch auf den Scooter zu und meine Begleiter
gingen auch mehr in die Richtung "andere Seite" rüber. Nur der
Dieter blieb bei mir stehen. Ich erinnere mich noch bestens daran wie
ich mit einer Camel an einer der Säulen stand und in Richtung der
Drei schaute. Am Autoscooter lief grad "The Leader Of The Gang" von
Gary Glitter. Irgendwie grade passend zur Situation. Lindas Bruder
hatte mich bereits erkannt, denn im Hergehen tippte er sich mit der
Hand an die Stirn und deutete dann auf mich. Dann begrüßte
er mich fast schon sehr übertrieben und wollte mich fast nicht
mehr loslassen. Er stellte mich seinen Begleitern vor als "mein Kumpel
Norbert" und das ich unter seinem Schutz stehe und wenn ich mit
irgendwem Ärger hätte, dann soll ich es ihm wisen lassen, er
wird dann schon dafür sorgen das alles passend wird. So
ähnlich in etwa waren die Sprüche. Dann sagte er noch das
Linda sicher auch noch kommt und das wir nachher noch zusammen eine
rauchen, aber er hat noch was zu erledigen. Kurz nachdem sie weg waren
kam Rest meiner Begleiter auch wieder her und stellten einige
Fragen.
Naja, Feigheit kann man so oder so ausdrücken, aber
ehrlich gesagt wär ich sicher auch etwas zur Seite gegangen wenn
ich nicht Lindas Bruder gekannt hätte. Wie der Bruder geheissen
hat weiss ich übrigens nicht mehr. Aber damals hatte so ziemlich
jeder der was auf sich gehalten hatte eine Art
"Künstlernamen".
Das was zu erledigen war bekam man wenige
Minuten später dann zu sehen. Hinterm Autoscooter flog
plötzlich ein Typ nach vorne der ziemlich starkes Nasenbluten
hatte.
Mit anderen Worten, es gab mal wieder was auf die Schnauze.
Wieso und warum, keine Ahnung. Kurz drauf kam der Bruder mit seinen
Kumpels wieder, sie stellten sich zu uns und er meinte zu mir,
das jetzt wieder alles klar sei. Dann zückte er seine Packung
Marlboro und gab eine Runde aus. Hierbei sei auch gleich erwähnt
das es das letzte mal war das ich jenen Bruder gesehen habe, denn
einige Tage später wurde er aus mir nicht bekannten Gründen
von einem Auto so gründlich überfahren das er es nicht
überlebt hat. Irgendwie tats mir fast leid um ihn, denn
eigentlich war er ganz o.k.
Wie dem auch sei, Linda kam tatsächlich und logischerweise zogs
auch sie zum Autoscooter. Sie freute sich irgendwie mich zu sehen und um
ehrlich zu sein, irgendwie sah sie an diesem Tag so richtig heiss aus.
Sie hatte eine Lederweste mit Bändern zum Schnüren an, Jeans
mit extrem breiten Gürtel und vorne an der Schnalle war ein
großer Adlerkopf.
Und der Hammer waren ihre Stiefel die sie anhatte. Westernstiefel, so
rotbraun war das Leder und ein geiler heller hohen Holzabsatz,
natürlich etwas dicker so wie es damals üblich war, ich tippe
mal so 8 bis 10 cm werdens schon gewesen sein. Mann sah das geil aus.
Ich gebe zu, das ich im Lauf des restlichen Tages mehrmals recht
intensiv hingeschaut habe.
Wobei das Wort "geil" gabs eigentlich damals noch gar nicht, zumindest
wars mir nicht bekannt, also sahs eben heiß, super, scharf, wie
auch immer, ist ja eigentlich auch egal, weil genau genommen hab ich
den Ausdruck bereits öfters in der Geschichte verwendet.
Ich wusste genau was in den Köpfen meiner Begleiter vorging, der
Mick und die fette Sau, aber keiner hats gewagt etwas zu sagen denn die
Prügel wären fürchterlich gewesen.
Nun ja, jedenfalls genoss ich Lindas Begleitung, denn auch sie war hier
recht gut bekannt, jedenfalls hat sie ziemlich oft jemand
begrüßt und keiner hats gewagt einen blöden Spruch
abzulassen. Dann sind wir allein zu zweit zu einem Getränkestand
gegangen und sie hat zwei Cola gekauft. Dann hat sie angefangen mich
auszufragen, ob ich eine Freundin hätte und lauter solche
interessanten Fragen hatte sie. Um ehrlich zu sein war ich zu dieser
Zeit noch viel zu kindisch für eine feste Freundin und ausserdem
hat mich ja nur Musik interessiert.
Und Sex hatte ich zu dieser Zeit noch gar nicht gehabt. Mit anderen Worten:
Null Ahnung :-)
Allerdings könnte ich vor meinen Spezln dann
kräftig angeben. Ich gebe zu, ich hab mir dann so richtig
vorstellen können mit Linda etwas anzufangen nur um dann gscheit
angeben zu können. Natürlich wurde nix draus. Für Linda
war ich etwas zu jung. Ich Fünftklässler, Sie
Neuntklässler, wobei zwanzig Jahre später die lausigen vier
Jahre völlig uninteressant gewesen wären. Tatsache war
jedenfalls, das ich dann meinen ganzen Mut zusammengenommen habe und ihr
gesagt habe, wenn ich mal eine feste Freundin hätte, dann
müsste sie so schöne Stiefel anziehen wie sie heute anhat.
Sieh an, sieh an, die Bemerkung kam recht gut an. Ich glaube, sie hat
dann schon irgendwie kapiert in welche Richtung es bei mir abgeht. Dann
sind wir zurück zum Scooter wo die andern immer noch standen.
Linda meinte dann das sie jetzt weg muss und plötzlich hat sie
mich dann gepackt und mich mit dem Gesicht voll in ihren Busen
gedrückt. Ich schätze mal ich hatte dann eine etwas rote
Birne, aber die andern ham mich beneidet. Was für ein Gefühl.
Jedenfalls war ich wieder mal für den Rest des Aufenthalts der
King und ich habs genossen.
Tags drauf in der Schule konnte ich es dann fast nicht erwarten bis
endlich Pause war. Endlich wars soweit, schnell zum Brotzeitstandl
flitzen und Chips kaufen und dann raus.
Linda stand gleich neben der Türe die von der Pausenhalle auf den
Pausenhof führte und quasselte mit irgendwelchen Tussis aus ihrer
Klasse. Der Gerhard meinte dann ob ich nicht zu meiner Freundin gehen
möchte und hat blöd gegrinst. Die andern ham nix gesagt
obwohl ich so richtig hören konnte was in ihren Gedanken vor sich
ging. Ja ich gebs zu, ich war extrem aufgeregt und sehr nervös. 25
Minuten hatten wir Pause. Irgendwan kam sie dann doch "zufällig"
vorbei. Sie hatte die gleichen Klamotten an wie gestern. Ich wurde noch
nervöser. Dann meinte sie, ob sie kurz mit mir reden kann, ohne
die andern. Ich ging natürlich mit. Sie erzählte dann das sie
ja noch Schulden bei mir hat wegen der Raucherei auf dem Klo und das
ich einfach sagen soll was ich will und sie schaut dann das sie es
organisiert. In meinem Kopf gings rund, mein erster Gedanke war
natürlich einmal ihre Stiefel spüren zu dürfen aber
natürlich hatte ich zuviele Hemmungen um das zu sagen.
Chipstüten? Cola? Zigaretten?
Die Pause ging dem Ende zu und sie sagte das sie bis um 13 Uhr Schule
hat und wir uns dann hinten am Ausgang treffen, sie lässt sich was
einfallen. An dem Tag hatte ich um 12.10 Uhr aus, also stand ich noch
eine dreiviertelstunde hinten draussen rum und kam mir ziemlich
blöd vor. Beine Spezln fuhren auch so nach und nach heim und so
langsam wurde es dann 13 Uhr. Und da kam sie. Irgendwie gefiel sie mir
immer besser obwohl sie so allgemein nicht mal annähernd mein Typ
war. Sie verabschiedete sich noch von ein paar Freundinnen und meinte
dann, das sie es gut findet das ich so lang auf sie gewartet habe. Ja
sie hat mich vom Fenster aus gesehen. Dann hat sie sich sofort eine
Zigarette angezündet und mir auch eine gegeben und wir sind hinter
der Schule die Albert-Schweizer-Strasse entlang gegangen. Dann sind wir
in irgendeins der Hochhäuser gegangen und in den Keller
runtergegangen, also genauer gesagt, in das unterste Stockwerk vom
Hausgang, weil der Zugang zum Keller war natürlich verschlossen.
In den Neuperlacher Hochhäusern gabs in den Untergeschossen ja
wesentlich mehr Räume als wie bei uns am Pfanzeltplatz. Keller,
Trockenraum, Radlkeller, Heizungsraum usw. Also viel Auswahl.
Einer
der Räume war mit etwas Glück immer mal offen. In dem Fall
war gar keiner offen, also fuhren wir mit dem Aufzug bis ganz nach oben
und Linda sagte, das im ganz obersten Stockwerk über den letzten
Wohnungen meistens ein Aufzugraum ist und der Zugang zum Dach. Sie
sagte, das sie öfters mit ein paar Freunden in so manchem Hochhaus
da oben sitzt und da rauchen sie und trinken und manchmal sitzen sie
auch auf dem Dach und das es schon oft Ärger mit Hausmeistern
gegeben hat. Irgendwie musste ich jetzt an unser harmloses Lager oben
im Speicher im 25ger Haus denken. Oben setzte sich Linda auf die
oberste Treppe und meinte das ich mich auch hinknallen soll. Ich setzte
mich zwei oder drei Treppen weiter unter sie und wir rauchten wieder
eine. Sie erzählte mir dann das ich vorsichtig sein soll wegen der
Raucherei, man fängt sehr leicht damit an und kommt sehr schwer
wieder davon weg und ich soll aufpassen. Eigentlich hab ich ja damals
noch gar nicht geraucht, vielleicht zwei bis fünf in der Woche,
und manchmal auch das nicht. Zwischendurch schielte ich immer wieder
kurz auf ihre Stiefel. Um es kurz zu machen: Sie hat mich dann vor die
Wahl gestellt ob ich lieber eine Kassette mit Rocksongs haben
möchte oder lieber ihre Stiefel anfassen möchte.
Ich hab mich natürlich für zweiteres entschieden und durfte
echt mit den Fingern drüber fahren, die Hand drauflegen, den
Absatz entlangfahren. Ihr zu sagen das ich gern dran lecken würde
oder sie spüren möchte, hab ich mich natürlich nicht
getraut. Sie hat nebenbei erzählt das sie mit den Teilen schon so
manche blöde Tussi über den Boden getreten hat und die
Stiefel schon viel mitgemacht haben und immer noch in bester Ordnung
sind. Oh Mann, mich trennten vielleicht eine Lineallänge vom
Objekt der Begierde, so nah und doch so fern.
Ich weiss nicht ob sie wusste was in dem Moment in mir vorging und ich
wusste nicht was in ihr vorging. Ich glaub ich hätte damals meine
komplette Plattensammlung dafür hergegeben wenn ich ihr die
Stiefel hätte lecken dürfen, aber ich hatte einfach zuviele
Hemmungen und so begnügte ich mich sie ausgiebig zu berühren.
Vielleicht wär doch noch mehr dabei rausgekommen wenn sich nicht
unten die Aufzugtüre geöffnet hätte und zwei Arbeiter
die Treppe raufgekommen wären. Linda meinte ich soll ruhig sein,
sie redet.
Die zwei Typen fragten sofort was wir hier zu suchen haben
und Linda blieb ganz freundlich und sagte, das sie und ihr Bruder (ich,
grins, ihr Bruder) hier im Haus wohnen und sie nicht in die Wohnung
können weil ihre Eltern noch nicht da sind und das wir vorne in
die Albert-Schweizer-Schule gehen. Die beiden hatten vollstes
Verständnis und gaben sich mit dieser Erklärung zufrieden.
Die beiden werkelten dann im Aufzugraum herum und wir fuhren wieder
nach unten wo mir Linda sagte, das man immer eine passende
Erklärung haben sollte wenn man in irgendwelchen blöden
Situationen kommt. Irgendwie bewunderte ich die Frau. Jedenfalls wars
das so ziemlich für den Rest des Tages und ich fuhr dann heim und
an was ich den Rest des Tages dachte könnt ihr euch ja vorstellen.
Ich glaube ich hab mir einige Tage nicht mehr die Hände gewaschen.
Mit Linda ist es nie irgendwas geworden und ihre Stiefel hab ich nie
geleckt und auch nie gespürt und nachdem sie die 9.Klasse beendet
hatte hab ich sie auch nicht mehr gesehen. Ich schätze das sie und
ihre Eltern dann aus München weggezogen sind.
Im Jahr 1973 erschien plötzlich noch ein singender Knabe auf der
musikalische Bildfläche von Ilja Richters Disco. Alvin Stardust.
Ein Typ der unheimlich auf cool machte.
Komplett im schwarzen Leder,
dazu schwarze Haare und ein scharfes Motorrad. Über den
Handschuhen hatte er einige dicke Ringe und er sang "My Coo Ca Choo".
Die Musik, also die von der Gitarre, war gar nicht mal schlecht, aber
irgendwie hatte er eine etwas dünne Stimme der gute Alvin.
Trotzdem wars dann eins der Hauptthemen am Montag danach in der Schule
und irgendwie musste auch jeder die Platte haben. Ich glaub das der
schon allein bei uns an der Schule locker hundert Singles verkauft hat.
Bald drauf setzte er noch eins drauf mit "Jealous Mind", wobei mir das
Lied ehrlich gesagt nicht so besonders gefallen hat. Trotzdem waren wir
uns so ziemlich einig das Gary Glitter viel besser ist und das "My Coo
Ca Choo" nicht gegen "Leader Of The Gang" ankommt. Und noch einiger
waren wir uns das beide zusammen nicht gegen Sweet ankommen.
1973 war
auch das Jahr von Suzi Quatro. Ilja präsentierte "Can The Can" und das wars, das haute rein, das
ging ab, die meisten Jungs aus der Schule und aus der Klasse hatten ein
weibliches Idol. Suzi Quatro.
Ich gebe zu, das mich seit Janis Joplin,
Mariska Veres oder "Big Mama Cass" keine singende Frau mehr so
fasziniert hatte wie Suzi Quatro. Wobei man natürlich sagen muss,
das Janis eher den Blues hatte, Mariska mehr den typischen
holländischen Pop der zwischendurch sehr gute Instrumentaleinlagen
hatte, und Mama Cass voll der Flower-Power war.
Suzi Quatro dagegen,
das war purer Rock, super gesungen mit einer durchdringenden Stimme,
treibendes Schlagzeug, super Gitarre "Can The Can" eben :-)
Noch am Samstagabend habe ich meinen Vater genervt das ich am Montag
unbedingt 5 Mark brauche um mir die Single zu kaufen. Meine Oma hat
gelacht, meine Tante war dagegen weils ja eh nur Geschrei ist, aber
mein Vater sah das ganz anders. So unbedingt gefallen hats ihm zwar
glaub ich auch nicht, aber trotzdem lag am Montag früh ein
5-Mark-Stück auf meinem Nachtkastl und ich konnte es kaum erwarten
bis die Schule aus war und ich zum Kaufhof am Marienplatz fahren
konnte. Der Andy-Thomas kam mit und unterwegs schwärmten wir noch
etwas von Suzi Quatro und dem geilen Lederanzug und überhaupt. Am
Marienplatz angekommen flitzten wir sofort in die Plattenabteilung vom
Kaufhof. Zu jener Zeit wusste ich übrigens auswendig und ganz
genau wo sich in jedem Kaufhaus in München zwischen Rosenheimer
Platz und Hauptbahnhof die Plattenabteilung befindet.
Die mit Abstand
beste Plattenabteilung gabs im Karstadt am Stachus. Dagegen konnte man
so ziemlich alle anderen vergessen, auch die, die dann erst 20 oder 30
Jahre später eröffnet wurden. Beim Karstadt hab ich im Lauf
der Jahre tausende von Mark in die Plattenabteilung getragen und mich
in den Ferien und auch später als Lehrling und auch noch als
richtiger Arbeiter manchmal den ganzen Tag von 9 Uhr früh bis um
18.30 Uhr wenn geschlossen wurde rumgetrieben. Die Auswahl war einfach
gigantisch und die Preise eigentlich auch, und so oft habe ich bei
manchem Doppel oder Dreifach-Album Tage oder Wochen überlegt ob
ich es kaufen soll oder nicht. Damals hätte man jeden der gesagt
hätte das Karstadt in gut 30 Jahren pleite ist sofort eingesperrt
in die geschlossene Anstalt. Zurück zum Kaufhof :-)
"Can The Can", eine Single in weisser Hülle mit schwarzer
Beschriftung, auf der Rückseite abgebildet eine LP. Eine LP von
Suzi Quatro. Boah, wir haben sofort danach gesucht und sie auch
gefunden und soweit ich mich erinnere hat sie um die 20 Mark gekostet.
20 Mark die ich natürlich nicht hatte, aber fest entschlossen war,
sie baldigst zu bekommen.
Mit der Single in der Hand und dem
Versprechen an Andy-Thomas sie ihm auf Band aufzunehmen fuhr ich dann
heim, Plattenspieler raus, Platte drauf, Lautstärke aufgedreht und
ab gings. Ich war ja so begeistert. Tags drauf hab ich dann mächtig
angegeben. Hier sei noch erwähnt das ich entweder Weihnachten 1972
oder zum Geburtstag 1973 einen Kasettenrecorder bekommen habe. Einen
von der Firma "ITT Schaub-Lorenz". Es war einer von der Sorte wo man
den Tonknopf rein und rausschieben konnte und wo man ihn nach links
oder nach rechts gedrückt halten musste wenn man das Band vor oder
zurückspulen wollte. Der den ich hatte, der hatte auch ein
dreistelliges Zählwerk, ein eingebautes Mikro und sogar einen
Anschluß für ein 5-poliges Überspielkabel. 3-Polige
gabs auch, die haben aber nur was getaugt für Monoplatten, der den
ich hatte, der war Stereo. Und das Gerät hatte ich dabei, auf dem
Band "Can The Can" von Suzi Quatro, "Radar Love" von Golden Earring,
"Roll Away The Stone" von "Mott The Hoople" und das von Regina kopierte
"Tomorrow's Dream" von Black Sabbath und natürlich "Smoke On The
Water" von Deep Purple. Wieder einmal war ich der King auf dem
Pausenhof und die Batterien haben auch brav durchgehalten. Ein paar
Tage später erzählte Brian-Robert das ihm sein Vater
die LP gekauft hat von der Suzi Quatro und ich doch nach der Schule mit
dem Recorder zu ihm kommen soll dann kopieren wir die Kassette und
überspielen die LP. Nach der Schule sind wir dann auch zu
ihm gefahren und haben uns sofort an die Arbeit gemacht.
Irgendwie war es schon eine schöne Zeit wenn man so
zurückdenkt wie man damals so manches Lied aufgenommen hat oder
mangels eines Überspielkabels mit dem Mikrofon aufgenommen hat und
man furchtbar aufpassen musste das man nicht hustet, niest oder lacht
während der Aufnahme. So alles zusammengezählt haben wir
einige Aufnahmen doch noch leicht versaut weil entweder irgendwer ins
Zimmer kam oder das Telefon klingelte oder es an der Türe
läutete. Letztendlich wars aber dann nur wichtig das man das Lied
hatte.
Oft sassen wir stundenlang beinander und haben von Recorder zu Recorder
kopiert um dann festzustellen das auf dem Band nix drauf war weil einer
vergessen hatte die Lautstärke auf seinem Recorder hochzudrehen.
Da gabs nämlich so seltsame Geräte die nichts aufnahmen wenn
die Lautstärke auf Null gestellt war, bei anderen wars völlig
egal wie weit der Lautstärkeregler aufgedreht war, die hatten so
eine Art Standartaufnahmelautstärke und was weiss ich was es noch
alles an unvorhergesehenen Problemen bei diversen Aufnahmen gegeben
hat. Ganz schlimm war der sogenannte Bandsalat. Fast schon der sichere
Tod jeder Kassette. Auch ich bin oft mit einem Kugelschreiber im
Zahnrad der Kassette dagesessen und hab ganz vorsichtig den Bandsalat
wieder auf die Spule gedreht, in der Hoffnung, das die Tonqualität
nicht gelitten hat. Noch schlimmer wars wenn sich das Band der Kassette
im Recorder zusätzlich noch um den Tonkopf gewickelt hat. Da
konnte man dann echt davon ausgehen das sie das nicht überlebt. Es
war ja bei solchen Unfällen auch so, das dann auf beiden Seiten
der Kassette die entsprechenden Lieder die sich an der Stelle des
Bandsalates befanden hinüber waren. Oft ist es auch passiert das
eine gerettete, wieder aufgerollte Kassette sich wieder normal
abspielen liess und dann Tage später exakt an dieser Stelle einen
weiteren Bandsalat verursacht hat.
Oft fand man auch auf der Strasse
im Strassengraben, speziell in dem an der Unterhachingerstrasse so
manche aus dem Auto geworfene Kassette inklusive Bandsalat.
Natürlich kams bei den Kassetten auch auf die allgemeine
Qualität an. Da gabs damals die ersten Chromdioxydkassetten und
sauteure Metall-Kassetten, die z.b. dem Brian-Robert sein Vater immer
kaufte. Da merkte man schon was Sache ist wenn man noch eine richtige
Anlage hatte. Ich hatte ja keine richtige Stereo-Anlage sondern meinen
Plattenspieler mit dem Lautsprecher in der Abdeckhaube und dem
5-poligen Stereo-Anschluß und meinen ITT-Recorder. Meine damals
bevorzugten Kassetten waren fast alle von "Welt Funk".
Die hatten einen
gelben Einleger und vorne drauf war eine schwarz gezeichnete Weltkugel
und drunter oder drüber stand "Welt Funk". Die gabs in C60 und
C90. Meiner Meinung nach waren das super Teile die auch nicht so
sauteuer waren wie manch andere. Trotzdem hab ich als Knab oft den
Fehler gemacht billige 08/15 Kassetten zu kaufen, die zwar optisch gut
aussahen aber praktisch dann einen miesen Sound hatten. Da gabs damals
beim Kaufhof sogenannte "Low Noise Cassetten" mit 120 Minuten
Aufnahmezeit die es in unterschiedlichen Farben gab. Die Qualität
vom Sound war allerdings schon gleich nach der Aufnahme beschissen. Von
den
Welt-Funk Bändern habe ich dann gut 30 Jahre später immer
noch welche gehabt und ich muss sagen, der Sound war nach wie vor sehr
gut, und das dann natürlich auf einer Top-Anlage. Von den
08/15nern konnte ich im Lauf der Jahre dann viele wegschmeissen weil
sie sich entweder von selbst zerlegt hatten oder der Sound so mies war
das man es nicht mehr hören konnte. Blöderweise habe ich auf
viele von denen damals massig "Schlager der Woche" aufgenommen. Aber
daraus wurde ich auch schlauer und stieg dann so langsam ebenfalls um
auf Chromdioxid, speziell von Scotch und BASF und AGFA. Im Lauf der
kommenden Jahre gingen die Preise für solche Kassetten auch weit
nach unten und man konnte sich schon einmal einen Zehnerpack leisten.
In vielen Plattenabteilungen gabs auch gigantische Angebote an
Musikkassetten, also an bereits bespielten. So ziemlich jedes Album das
es auf Platte gab gabs auch auf MC. Manchmal fand man sogar MC's die
man auf Platte nicht gefunden hat. Trotzdem hab ich mir nur sehr selten
ein Album auf MC gekauft, wahrscheinlich deswegen weil man bei einer MC
nicht so schnell das gewünschte Lied fand wie auf der Platte und
ausserdem konnte man auf einer MC nicht sehen wo sie sogenannten
"speziellen Teile" bei einem Lied kamen. Also bei einem etwas
längerem Lied auf einer LP konnte man an der Farbschattierung der
Platte im jeweiligen Bereich des Liedes erkennen wo z.b. ein
längeres Solo vorkam oder irgendein längerer ruhiger Teil. Da
hatte ma bei der MC keine Schangs. Die größte Auswahl an
bespielten MC's hatte der Kaufhof am Marienplatz und der Karstadt. MC's
kosteten damals auch um die 22 Mark pro Album, also auch nicht grade
billig.
Irgendwann erschienen dann die sogenannten "20 Greatest Hits" oder "20
Dynamic Hits" oder die "20" in allen möglichen Variationen, meist
von K-Tel oder Arcade. So ein Album hatte zwar ziemlich alle momentan
aktuellen Top-Hits und oft auch so manchen Geheimtip mit drauf, und
kostete 19.90 Mark. Die von K-Tel waren meist gekürzt, also man
hatte entweder eine komplette Strophe rausgeschnitten oder den Refrain
gekürzt, die von Arcade waren besser, die waren zu 99% alle
ungekürzt. K-Tel und Arcade gabs auch auf MC. Später gabs
dann auch noch welche von Polydor und auch einige wo nur deutsche
Lieder drauf waren.
Irgendwie ganz passend dürfte es jetzt sein, das mir gerade
eingefallen ist, das es im Fernsehen zu der Zeit auch noch die genialen
Musiksendungen "Beat Club" und "Musikladen" gab. Beat-Club gabs bereits
Mitte der 1960ger Jahre und der wurde 1972 eingestellt und daraus
entstand dann der Musikladen. Beat-Club hab ich einige gesehen aber vom
Musikladen dürfte ich fast keine verpasst haben. In beiden
Sendungen war auch die absolute Fernseh-Traumfrau Uschi Nerke als
Moderatorin dabei. Eine schwarzhaarige Superfrau und garantiert der
feuchte Traum von so manchem Teenie und sicher auch von so manchem
Vater des Teenies. Ich gebe zu das ich Musikladen oft deswegen
angeschaut habe um Uschi Nerke zu sehen, mit Glück sogar im
Minirock. Durch beide Sendungen habe ich einige interessante Bands und
Interpreten kennengelernt, von denen ich natürlich möglichst
schnell auch die Platten haben musste, welche zum Teil wieder mein
Vater sponsern durfte.
Hier gehts zur Fortsetzung :-)